Karl Duncker

Karl Duncker

Karl Duncker (* 2. Februar 1903 in Leipzig; † 23. Februar 1940 im amerikanischen Exil) zählt zu den bedeutendsten Vertretern der Gestalttheorie. Seine Eltern waren die kommunistischen Politiker und Propagandisten Hermann Duncker und Käte Duncker.

Karl Duncker war bis zur Auflösung des Psychologischen Institutes im Jahr 1935 Schüler und Mitarbeiter der Begründer der Gestaltpsychologie der Berliner Schule, Max Wertheimer, Wolfgang Köhler und Kurt Koffka. Zu seinen wesentlichsten wissenschaftlichen Beiträgen zählen seine Arbeiten zum produktiven Denken und zu schöpferischen Problemlösungsprozessen, zur Kritik des Behaviorismus, zur Phänomenologie der Gefühle und Empfindungen und zur Psychologie der Ethik. Von Bedeutung ist der durch ihn geprägte Begriff Funktionale Gebundenheit beim Problemlösen.

1934 scheiterte seine Habilitation in Berlin an politischen Einwänden, die Habilitationsschrift konnte aber 1935 erscheinen. Im selben Jahr fand er im Exil in England, in Cambridge bei Frederic Charles Bartlett ein Anstellung und wurde dann von Wolfgang Köhler an das Swarthmore College in Pennsylvania berufen. Kurz nach seinem 37. Geburtstag nahm er sich das Leben.

Inhaltsverzeichnis

Werk

Der von Duncker geprägte Begriff Funktionale Gebundenheit wird verwendet, wenn beim Problemlösen die Funktion eines Elementes innerhalb der Aufgabenstruktur schon gegeben ist. Die bestehende Funktion des Elementes ist innerhalb der Aufgabe bereits so gut verankert, dass ihre zur Lösung notwendige Veränderung erhebliche Schwierigkeiten bereitet.

In einem Experiment bestand das Problem darin, Kerzen an eine Wand zu montieren. Die dazu benötigte Schachtel war aber in der Aufgabensituation als Behälter für die Kerzen vorhanden. Ihre Funktion war also gebunden und gerade diese funktionale Gebundenheit musste überwunden werden, damit der Weg zur Lösung frei wurde. Dann konnte die neue Funktion der Schachtel (als Kerzensims) erfasst werden. Die Aufgabenstellung wurde durch diese Funktionsveränderung umstrukturiert.

Weitere Beispiele für das Überwinden der funktionalen Gebundenheit sind Aufgaben, in denen z.B. ein Elektromagnet als Pendel, ein Ast als Verlängerung eines Armes oder ein Ziegelstein als Briefbeschwerer benutzt werden muss, oder wenn die Doppeldeutigkeit eines Wortes zu suchen ist, welches im Satzzusammenhang nur eine bestimmte Bedeutung haben kann. Bei visuellen Problemen sind es z.B. Vexierbilder, bei welchen das Überwinden der funktionalen Gebundenheit von Elementen eine Rolle spielt.

Veröffentlichungen

  • Zur Psychologie des produktiven Denkens, Springer, Berlin 1935
  • Behaviorismus und Gestaltpsychologie. In: Erkenntnis 3, S. 162-176
  • Lernen und Einsicht im Dienst der Zielerreichung. In: Acta Psychologica, Hague, 1, S. 77-82
  • Ethical Relativity? An enquiry into the psychology of ethics. In: Mind 48, S. 39-57 (Deutsche Übersetzung erschienen in Gestalt Theory 25, 1/2-2003, S. 33-52)
  • On Pleasure, Emotion, and Striving. In: Philosophy and Phenomenological Research 1, S. 391-430. (Deutsche Übersetzung erschienen in Gestalt Theory 24, 2/2002, S. 75-116)
  • Erscheinung und Erkenntnis des Menschlichen. Aufsätze 1927-1940. Herausgegeben von H. Boege und H.-j. P. Walter, Verlag Krammer, Wien 2008 (ISBN 3-901811-26-5)

Literatur

  • D. Brett King, Michaella Cox, Michael Wertheimer: Karl Duncker - Productive Problems with beautiful Solutions. In: Gestalt Theory 25, 1/2-2003, S. 95-110
  • Hans-Jürgen Walter: "Man kann einen Unterschied nicht töten" - Zum 100. Geburtstag Karl Dunckers. In: Gestalt Theory 25, 1/2-2003, S. 7-52

Weblinks


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