Schanfigg

Schanfigg
Blick von Praden talaufwärts Richtung Castiel

Das Schanfigg (rätoromanisch: Scanvetg) ist ein langgestrecktes Tal im Schweizer Kanton Graubünden, das im Osten der Hauptstadt Chur bei Maladers auf der Nord- bzw. bei Passugg auf der Südseite beginnt und stetig ansteigend bis zum Kurort Arosa reicht, wo es sich zu einem Kessel weitet. Durchflossen wird das Schanfigg von der Plessur, welche bei Chur in den Rhein mündet.

Im Schanfigg liegen auf der rechten Talseite die Dörfer Maladers, Calfreisen, Castiel, Lüen, Pagig, St. Peter, Molinis, Peist, Langwies und die Sunnenrüti. Links der Plessur liegen Arosa, die Litzirüti, Tschiertschen und Praden.

Inhaltsverzeichnis

Name

Etymologisch hängt Schanfigg mit Hanf zusammen, welcher seit dem Hochmittelalter im Tal angebaut wurde.

Verkehr und Infrastruktur

Verkehrstechnisch erschlossen wird das Tal von der äusserst kurvenreichen, aber mittlerweile gut ausgebauten Schanfiggerstrasse. Im Winter kann es ab Langwies tageweise auch zu einem Kettenobligatorium kommen (Vierradfahrzeuge ausgenommen). Die Rhätische Bahn mit ihrer Linie Chur-Arosa verfügt über spezielle Bahnhofsgebäude, die bei der Bahneröffnung grosse Beachtung fanden. Die Strecke, die während zehn Jahren auch vom Arosa-Express bedient wurde, ist mit Panoramawagen ausgerüstet. Das Postauto verkehrt nur bis Peist.

Architektonisch ragen der Langwieser Viadukt und der Gründjitobel-Viadukt bei Langwies heraus, neuerdings auch die Autobrücke über das Castielertobel. Im Gespräch ist seit Beginn 2005 auch wieder der bereits in den 1970er Jahren vom Bündner Grossen Rat genehmigte, doch bislang noch nicht realisierte Bau der St. Luzibrücke, einer Hochbrücke vom Araschgerrank (auf der Strecke Chur – Lenzerheide bei der Abzweigung nach Tschiertschen) hinüber in Richtung Maladers. Diese Brücke erschlösse das Schanfigg unter Umgehung der verkehrsgeplagten Churer Innenstadt rund um das Obertor.

Ein 2008 erfolgter parlamentarischer Vorstoss für den Bau einer unterirdischen Bahnverbindung vom Schanfigg ins Landwassertal wird zur Zeit von der Bündner Regierung angesichts knapper finanzieller Mittel nicht als prioritär erachtet.[1]

Politische Organisation

Politisch gehört das Schanfigg grösstenteils zum gleichnamigen Kreis, nur die beiden Dörfer auf der Südseite des Tals, Tschiertschen und Praden, sind Teil des Kreises Churwalden. Beide Kreise gehören zum Bezirk Plessur.

Bevölkerung und Sprache

Ethnisch sind die Schanfigger ursprünglich Rätoromanen, welche höchstwahrscheinlich sutselvisch sprachen. Viele romanische Flurnamen, insbesondere ab Peist talauswärts, zeugen heute noch davon. Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts begannen deutschsprachige Walser von Davos aus das innere Schanfigg in Arosa und Langwies – samt den Seitentälern Sapün und Fondei sowie Medergen und Praden – zu besiedeln. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts wechselte auch die Stadt Chur definitiv zum Schweizerdeutschen. Die alträtoromanische Sprache im Schanfigg wurde fortan von zwei Seiten her zunehmend zurückgedrängt. Dabei erwies sich insbesondere Langwies mit seinem weit vorgeschobenen "Aussenposten" Praden als Kristallisationskern und Strahlungszentrum zur Ausbreitung der (walser)deutschen Sprache im Schanfigg.

Die Verdeutschung von Langwies aus vollzog sich schrittweise, als Übertragung von einem Dorf zum andern. Eine ähnliche Entwicklung liess sich auch im benachbarten Prättigau, dort von Klosters und St. Antönien aus, beobachten. Bereits um 1500 sprach man überall im Tal deutsch, ausser in Lüen, Castiel und Calfreisen. Diese drei Gemeinden waren noch um 1570 zweisprachig und erst 1650 war das Rätoromanische überall im Tal verschwunden. Durch das stufenweise Fortschreiten des Sprachwechsels ergaben sich deutliche Unterschiede in der Sprechweise in den einzelnen Dörfer. Diese sind teilweise noch heute deutlich hörbar, insbesondere in der Gegend von Lüen-Castiel.

Amtssprache ist somit heute überall deutsch, als Umgangssprache geht nun jedoch seit dem 2. Weltkrieg das Walserdeutsch seinerseits zunehmend verloren. In der ursprünglich kleinsten Talgemeinde Arosa, welche ab 1890 eine rasante Bevölkerungsentwicklung erlebt hatte, wird schon seit Generationen ein Standard-Bündnerdeutsch gesprochen. Weiter hat der Zweitwohnungsbau in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Auswärtige zu mehrwöchigen oder -monatigen Aufenthalten im Jahr gemacht. Hier verschwimmt – nicht zuletzt auch sprachlich – die Grenze zwischen Einheimischem und Gast. In der Pendlergemeinde Maladers spricht man seit längerem de facto den Dialekt der nahegelegenen Kantonshauptstadt Chur.

Religion

Die Bevölkerungsmehrheit gehört seit der Reformationszeit in ungebrochener Folge der evangelisch-reformierten Konfession an. Evangelische Pfarrämter bestehen in St. Peter (Pastorationsgemeinschaft mit Molinis und Peist und seit 2008 mit Castiel und Lüen), in Langwies (einschliesslich Litzirüti), in Arosa und in Tschiertschen (mit Praden und der Nicht-Schanfigger-Ortschaft Passugg-Araschgen fusioniert in der Kirchgemeinde Steinbach, welche seit 2008 eine Pastorationsgemeinschaft mit Maladers unterhält).

In Arosa gibt es das einzige römisch-katholische Pfarramt der Talschaft sowie die grösste (und neben Maladers einzige) katholische Kirche. Die katholische Bevölkerung in Castiel, Lüen und Maladers ist auch in einer Pfarrei mit Kirche in Maladers organisiert, doch wird diese Kirchgemeinde von auswärts betreut.

Medien

Im Tal ist das meistgelesene Publikationsorgan die einzige Lokalzeitung, die – unter beiden Namen figurierende, inhaltlich identische – Aroser Zeitung bzw. Schanfigger Zeitung.

Tourismus

Der Tourismus konzentrierte sich früher in erster Linie auf Arosa. In den letzten Jahren haben aber durch Kooperationen mit Arosa Tourismus und durch den Schanfigger Höhenweg, auch die anderen Gemeinden ihr Angebot erweitert, vor allem Litzirüti und Langwies. Im weit geringerem Ausmass entwickelt sich der mittlere Teil des Tals, St. Peter mit Skigebiet Hochwang und Tschiertschen weiter. Die Fremdenverkehrsorganisation Schanfigg-Tourismus besteht derzeit (Stand: 2011) aus den Gemeinden Tschiertschen, Praden, St.Peter/Pagig, Castiel, Molinis und Peist. Der Grund liegt in der Vorgabe der Bündner Kantonsregierung, zukünftig nur noch Regionen finanziell zu unterstützen.

Auf beiden Talseiten verläuft auf einer Länge von rund 70 Kilometern eine Rundwanderroute, der Schanfigger Höhenweg. Die touristische Erschliessung des Tales wird im Schanfigger Heimatmuseum in Arosa anschaulich gemacht.

Projekt Gemeindefusion Schanfigg

Seit Anfang 2010 beschäftigen sich die Schanfigger Talgemeinden – ohne Maladers, das an einer verstärkten Zusammenarbeit mit Chur interessiert ist – mit der Möglichkeit einer zukunftsweisenden Gemeindefusion. Das Ziel des vom Kanton Graubünden unterstützten und finanziell stark geförderten Projekts ist die Schaffung einer politischen Grossgemeinde von Calfreisen bis Arosa inklusive Tschiertschen-Praden. Den Überlegungen zugrunde liegt die Überzeugung der Initianten und des Kantons, den in den vergangenen Jahrzehnten veränderten politischen, touristischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen und künftig in einem grösseren Verband über mehr Gewicht und bessere steuerliche und finanzielle Möglichkeiten zu verfügen.

Die geplante Gemeinde würde eine Fläche von 18'253 ha aufweisen und mit aktuell 3'715 Einwohnern zu den zehn grössten Bündner Gemeinden gehören. Die Projektleiter erwarten, dass sich aus einer verstärkten Anbindung zum Tourismuszentrum Arosa und zur Hauptstadt Chur mannigfaltige Vorteile für das Schanfigg ergeben würden. Offene Fragen betrafen bisher hauptsächlich die Organisation des Schulwesens und den Ausbau der Strasse zwischen Tschiertschen und Molinis. Eine spezielle Homepage und eine Informationsbroschüre informieren die Einwohner über die Details. Sofern die auf Ende November 2011 angesetzte Volksabstimmung in sämtlichen betreffenden Gemeinden angenommen wird, könnte die Fusion auf Anfang 2013 in Kraft gesetzt werden.

Galerie

Weblinks

Literatur

  • Schanfigg und Arosa, in: Terra Grischuna, 70. Jahrgang, Heft 1, Terra Grischuna Verlag, Chur 2011, ISSN 1011-5196.
  • Region Schanfigg-Arosa, in: Terra Grischuna, 59. Jahrgang, Heft 1, Terra Grischuna Verlag, Chur 2000, ISSN 1011-5196.
  • Vereinigung für Walsertum (Hrsg.): Die Walser - Ein Arbeitsheft für Schulen, 3. Auflage, Verlag "Wir Walser", Brig 1998.
  • Hans Danuser/Walser-Vereinigung Graubünden (Hrsg.): Alte Wege im Schanfigg, Verlag Walser-Vereinigung Graubünden, Splügen 1997.
  • Schanfigg-Arosa, in: Terra Grischuna, 48. Jahrgang, Heft 1, Terra Grischuna Verlag, Chur 1990, ISSN 1011-5196.
  • Hans Danuser, Ruedi Homberger: Arosa und das Schanfigg, Eigenverlag Danuser/Homberger, Arosa 1988, S. 143 ff., 178 ff.
  • Christian Patt: Schanfigger Wörter - Eine Ergänzung zum Davoser Wörterbuch, Verlag Walservereinigung Graubünden, Chur 1986.
  • Peter Masüger: Vom Alträtoromanischen zum "Tschalfiggerisch", in: Terra Grischuna, 48. Jahrgang, Heft 1, Terra Grischuna Verlag, Chur 1990, ISSN 1011-5196.
  • E. Rud: Das Schanfigg, Buchdruckerei AG Arosa, Arosa o.J. (um 1920).
  • Dr. C. Fischer: Land und Leute im Tale Schanfigg, Manatschal Ebner & Cie., Chur 1905.

Einzelnachweise

  1. Auftrag Jenny betreffend Ausarbeitung einer Zweckmässigkeits- und Machbarkeitsstudie für einen Bahntunnel Schanfigg – Davos vom 21. Oktober 2008.
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