William James

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William James (* 11. Januar 1842 in New York; † 26. August 1910 in Chocorua, New Hampshire) war ein US-amerikanischer Psychologe und Philosoph (Pragmatist) und der Begründer der amerikanischen Psychologie[1]. Er war von 1876 bis 1907 Professor für Psychologie und Philosophie an der Harvard University.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

William James wurde 1842 im luxuriösesten Hotel der Stadt New York geboren, dem Astor House. Da sein Vater Henry James Senior ein stattliches Vermögen geerbt hatte, konnte er sich aufopferungsvoll um seine Kinder kümmern, ohne dass die James' sich jemals um ihr Auskommen hätten sorgen müssen. Für William bedeutete dies, dass er von klein auf gefördert wurde. Dies resultierte darin, dass er in der Zeit zwischen 1847 und 1860 zahlreiche öffentliche und private Schulen in New York, London, Paris (1856), Newport (1858), Genf (1859) und Bonn (1860) besuchte. Angesichts der zahlreichen Schulwechsel konnte er letztendlich keinen Schulabschluss erlangen. Er war ein älterer Bruder des amerikanischen Schriftstellers Henry James.[2]

Im Jahr 1860 kehrte die Familie endgültig nach Newport in die USA zurück. Dort studierte William James 1860/61 zunächst Malerei. Dieses Studium brach er aber nach kurzer Zeit ab und begann im Winter 1861 an der Lawrence Scientific School in Harvard mit dem Studium der Chemie. In dieser Zeit lernte er auch den jungen Charles S. Peirce kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte. James wechselte dann wiederholt die Fachrichtung und begann ab 1863 Medizin zu studieren. 1864 begleitete er den Geologen Louis Agassiz auf einer Expedition nach Brasilien an den Amazonas. Danach erkrankte er, was ihn davon abhielt, kontinuierlich auf einen weiteren Abschluss hinzuarbeiten. Seine krankheitsbedingten Aufenthalte in diversen deutschen Heilbädern verschafften ihm aber die Gelegenheit, im Jahre 1867 in Berlin Vorlesungen zur Physiologie und Psychologie zu besuchen. Nach seiner Rückkehr aus Deutschland schloss James sein Studium der Medizin 1869 erfolgreich mit dem M.D. (Doctor of Medicine) ab. So erfolgreich James akademisches Fortkommen war, ist doch zu bemerken, dass den Wissenschaftler sein Leben lang chronische Rücken- und Augenleiden, Schlafstörungen und Depressionen quälten.

Auf James‘ Initiative geht maßgeblich die Gründung des „Metaphysical Clubs“ zurück, der als eine Art intellektuelle Keimzelle des Pragmatismus angesehen werden kann.[3]

Von 1872 bis 1907 arbeitete William James als Dozent an der Harvard University. Von 1873-1876 lehrte er Anatomie und Physiologie. 1875 gab er die ersten Lehrveranstaltungen über experimentelle Psychologie auf amerikanischem Boden. 1876 wurde er zum Professor für Psychologie ernannt und erhielt zugleich den Titel eines Assistenzprofessors für Philosophie. 1885 wechselte er auf eigenen Wunsch vollständig zur Philosophie. Von seinen Studenten wurde er für seinen Humor und seine unkonventionelle Vorlesungsführung geschätzt, denn bei ihm war es - im Gegensatz zu vielen anderen Professoren seiner Zeit - möglich, während der Lehrveranstaltungen Zwischenfragen zu stellen.

Nach einer bewegten Karriere - verbunden mit internationaler Anerkennung durch sein Hauptwerk "Principles of Psychology" - und durch seine philosophischen Leistungen, ging er schließlich in Ruhestand und starb am 26. August 1910 in seinem Landhaus in New Hampshire.

Neben seinem wissenschaftlichen Wirken war James 1898 Mitbegründer der American Anti-Imperialist League und protestierte gegen den Philippinisch-Amerikanischen Krieg.[4]

Leistungen

Einführung des Fachbereichs Psychologie an amerikanischen Universitäten. Er ist ein Mitbegründer des philosophischen Pragmatismus. Seine psychologischen Theorien nahmen Grundideen der Gestaltpsychologie und des Behaviorismus vorweg und sind eine wichtige Grundlage der Religionspsychologie. Er gilt als der erste amerikanische Philosoph von internationaler Bedeutung. 1894 bis 1895 war er Präsident der Society for Psychical Research, ebenso war er Mitglied der Theosophischen Gesellschaft Adyar.[5]

Religion erscheint ihm in The Varietes of Religious Experience als ein zutiefst subjektives Phänomen, dessen 'innere Seite' er gerne weitgehend unabhängig von religiösen Begriffen und theologischen Systemen freilegen möchte: d.i. das einfache oder ursprüngliche Sinnesdatum, die „originale“ Erfahrung, die „radikale Qualität“ der Empfindung. Dabei handelt es sich zunächst um vage und unbenannte Elemente der Erfahrung, die aus dem Bereich des Bewußtseins stammen, den James als „subliminal self“ bezeichnet. Darin wird, da er ja eine Schicht des Bewusstseins bildet, über das Empfinden von Gefühlen hinaus auch etwas kognitiv „gewusst“: nämlich dass es eine weitere Dimension der Wirklichkeit, ein Mehr an Realität gibt.

Psychologie

Die Principles of Psychology hat James auf Wunsch des Verlegers Henry Holt verfasst, der namhafte Autoren für eine Reihe von Lehrbüchern verschiedener Disziplinen zu gewinnen suchte. An dem mehr als tausend Seiten umfassenden Werk, das eine Summe der Psychologie des 19. Jahrhunderts in nahezu seiner ganzen Breite bietet, hat James über 20 Jahre gearbeitet. Zwei Jahre nach dem Erscheinen kam eine stark gekürzte und in Teilen umgearbeitete Fassung Psychology: Briefer Course (1892) auf den Markt, die dem verlegerischen Profil wohl mehr entsprochen haben dürfte und zu der James gegenüber Holt selbstironisch anmerkt, dass dieser „tome of pedagogic classic [...] will enrich both you and me, if not the student’s mind.“ (Brief an Henry Holt, 24. July 1891).

Das in einer bemerkenswerten Wissenschaftsprosa verfasste Werk ist zum einen aus einer wissenschaftshistorischen Perspektive interessant, da es einen breiten Überblick über den Forschungsstand der Psychologie gegen Ende des 19. Jahrhunderts bietet und sich mit damals vorherrschenden theoretischen Positionen von Autoren wie Wilhelm Wundt, Ernst Mach und Gustav Theodor Fechner diskursiv auseinandersetzt. Darüber hinaus bezieht James etwa in der Theorie des „Selbst“ philosophisch einschlägige Positionen, wie die von David Hume, Immanuel Kant und John Stuart Mill in die Darstellung mit ein. Daher geben insbesondere die Kapitel „The Stream of Thought“, „The Consciousness of Self“, „The Perception of Reality“ und „Will“ bereits eine Grundlage für das Verständnis des philosophischen Denkens von James ab.

Auch wenn James keinen eigenständigen Ansatz in der Psychologie begründet hat, so kann man festhalten, dass sich die Principles of Psychology insbesondere durch ihre methodologische Offenheit auszeichnen sowie durch den Umstand, dass James in diesem ersten amerikanischen Standardwerk der Psychologie auch wiederholt auf die Grenzen der Psychologie als empirischer Wissenschaft hinweist. Ein psychologisches Theorem, das James in etwa zeitgleich und unabhängig von dem dänischen Physiologen Carl Lange (1834 – 1900) aufgestellt hat, ging als die sog. James-Lange-Theorie wiederholt in die Diskussion um eine Theorie der Emotion ein. Ferner ist auch James Beschreibung des Selbst in den „Principles“ mit seiner Unterteilung von „Ich“ (engl. „I“ das heißt der eigene Bewusstseinsstrom) und dem „Selbst“ (engl. „Me“ das heißt die reflektivierbare Identität) in die Geschichte der Entwicklungspsychologie eingegangen

Die populär-philosophischen Schriften

Über die Principles of Psychology hinaus hat James keine weitere Monographie verfasst. Als erste Textsammlung wurde 1897 The Will to Believe and Other Essays in Popular Philosophy veröffentlicht. Die Mehrzahl der darin versammelten Essays gehen auf Vorträge zurück, die James als Gastreferent in unterschiedlichen akademischen Zirkeln gehalten hat. Neben „The Will to Believe“ befassen sich, wie James selbst angibt, noch drei weitere Essays mit der Verteidigung der Rechtmäßigkeit des religiösen Glaubens. Dabei bezog er insbesondere Position gegen William Kingdon Clifford.

Auch wenn James in Replik auf Pascals Wette anmerkt, dass jemandem, der auf jene kalkulierende Weise zum Glauben kommt, sicherlich „the inner soul of faith's reality“ fehle, so dass wir wohl schadenfroh zusehen würden, wenn Gott ihm den ewigen Lohn verweigert, ist seine eigene Rechtfertigungsstrategie gar nicht so weit entfernt. Den Ausgangspunkt bildet die Behauptung, dass wir auf der Grundlage rationaler Erwägungen weder eine Evidenz für noch gegen den religiösen Glauben erhalten können. Daraus ergibt sich eine schwache Rechtfertigung, die besagt, dass vonseiten des Rationalismus keine legitimen Einwände gegen die Annahme eines religiösen Glaubens hervorgebracht werden können. Die stärkere Form der Rechtfertigung knüpft nun an Pascals Gedanken an, dass sich mit der Annahme des religiösen Glaubens ein Gut verbindet, das wir unweigerlich verlieren, wenn wir uns gegen die Annahme entscheiden oder indifferent bleiben. Wenn wir unserer „passional and volitional nature“ in dieser Frage das Feld überlassen, was legitim ist, da der Verstand zu keiner Lösung kommt, so werden wir laut James nach diesem Gut streben und den religiösen Glauben annehmen. In „The Dilemma of Determinism“ entwickelt James ein Argument für die Annahme des freien Willens, das Parallelen zu der gerade dargestellten Argumentation aufweist.

Zu den populär-philosophischen Schriften kann man auch die „Talks to Students on Some Life’s Ideals“, die erstmals 1899 als zweiter Teil der „Talks to Teachers on Psychology“ erschienen und in zahlreiche Neuauflagen gegangen sind, zählen. Unter Verwendung erzählender und poetischer Elemente stärkt James hier zum einen das Bewusstsein für den Wert und die Einzigartigkeit des individuellen Lebens und fordert zum anderen als Konsequenz den unbedingten Respekt gegenüber jeder Lebensform ein.

William James ist einer der wichtigsten Vertreter der panpsychistischen Weltanschauung.

Fußnoten

  1. E. Aronson, T. D. Wilson, R. M. Akert: Sozialpsychologie. 6. Auflage. Pearson Studium, 2008, ISBN 978-3-8273-7359-5, S. 127.
  2. http://www.nybooks.com/articles/20678
  3. vgl dazu: Menand, Louis: The Metaphysical Club, New York: Farrar, Louis and Giroux 2002.
  4. Howard Zinn: A People’s History of the United States. Harper Perennial, New York 2005, ISBN 0-06-083865-5, S. 314.
  5. Is Theosophy a Religion?

Werke

  • Are we automata? Mind 4 (1879), 1-22.
  • What is an emotion? Mind 9 (1884), 188-205.
  • The Principles of Psychology. 2 Bände. Holt and Macmillan, New York/London 1890.
  • Psychology: Briefer Course. Holt, New York 1892.
  • The will to believe, and other essays in popular philosophy. Longmans, Green & Co., New York 1897.
  • Talks to teachers on psychology: and to students on some life's ideals. Holt and Longmans, Green & Co., New York/London 1899.
  • The varieties of religious experience. Longmans, Green & Co., New York/London 1902.
  • Pragmatism: a new name for some old ways of thinking. Longmans, Green & Co., London/New York 1907.
  • A pluralistic universe. Hibbert Lectures at Manchester College on the present situation in philosophy. Longmans, Green & Co., New York/London 1909.
  • The meaning of truth, a sequel to "Pragmatism". Longmans, Green & Co., New York/London 1909.
  • Essays on radical empiricism. Longmans, Green & Co., New York/London 1912.

Werkausgaben

  • The Works of William James. 17 Bände, Harvard University Press, Cambridge (Mass.) 1975-1988.
  • The Writings of William James. A comprehensive edition. (Hrsg.) McDermott, John J., The University of Chicago Press, Chicago/London 1977.

Übersetzungen

  • Die Vielfalt religiöser Erfahrung. Eine Studie über die menschliche Natur. Insel Taschenbuch, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-458-33484-X.
  • Klaus Oehler (Hrsg.): Der Pragmatismus. Übersetzt von Wilhelm Jerusalem. 2. Aufl. Meiner, Hamburg 1994, ISBN 3-7873-1150-5.
  • Claus Langbehn (Hrsg.): Pragmatismus und radikaler Empirismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-29375-3.
  • Felicitas Krämer, Helmut Pape (Hrsg.): Der Sinn des Lebens. Ausgewählte Texte. übers. v. Andreas Hetzel. WBG, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-22055-7

Literatur

  • Richard M. Gale: The Divided Self of William James. Cambridge University Press, Cambridge 1999.
  • Gerald E. Myers: William James, his life and thought. Yale University Press, New Haven/London 1986.
  • Helmut Pape: Der dramatische Reichtum der konkreten Welt. Der Ursprung des Pragmatismus im Denken von Charles S. Peirce und William James. Velbrück Wissenschaft, Weilerswirst 2002.
  • Johannes Linschoten: Auf dem Wege zu einer phänomenologischen Psychologie. Die Psychologie von William James. de Gruyter, Berlin 1961.
  • Christoph Seibert: Religion im Denken von William James. Eine Interpretation seiner Philosophie. Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2009, ISBN 978-3-16-150022-0.

Weblinks

 Commons: William James – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Werke
Sekundärliteratur

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