Mosyr (Kaliningrad)

Mosyr (Kaliningrad)
Siedlung
Mosyr/Klein Gnie
Мозырь
Föderationskreis Nordwestrussland
Oblast Kaliningrad
Rajon Prawdinsk
Erste Erwähnung 1567
Frühere Namen Gnye, Klein Gnie (1627–1938),
Kleingnie (1938–1946)
Zeitzone UTC+3
Postleitzahl 238416
Kfz-Kennzeichen 39, 91
OKATO 27 233 813 001
Geographische Lage
Koordinaten 54° 27′ N, 21° 29′ O54.4521.483333333333Koordinaten: 54° 27′ 0″ N, 21° 29′ 0″ O
Mosyr (Kaliningrad) (Russland)
Red pog.svg
Lage in Russland
Mosyr (Kaliningrad) (Oblast Kaliningrad)
Red pog.svg
Oblast Kaliningrad

Mosyr (russisch Мозырь, deutsch Klein Gnie, 1938–1946 Kleingnie), litauisch Mozyras) ist ein Ort in der russischen Oblast Kaliningrad und liegt im Nordosten des Rajon Prawdinsk. Mosyr ist zentraler Ort der Mosyrskoje selskoje posselenije (Landgemeinde Mosyr).

Inhaltsverzeichnis

Geographische Lage

Mosyr am rechten Ufer der Aschwöne (Swine, russisch: Putilowka) liegt 31 Kilometer östlich der Rajonshauptstadt Prawdinsk und 16 Kilometer nordöstlich der ehemaligen Kreisstadt Gerdauen (russisch: Schelesnodoroschny).

Durch Mosyr verläuft die russische Fernstraße R 508 – hier im Abschnitt von Korolenkowo (Oschkin, 1938–1946 Oschern) an der Fernstraße A 197 nach Snamensk (Wehlau) an der Fernstraße R 514. Im Ortszentrum mündet eine Nebenstraße, die von Kamenka ((Groß) Pentlack) (ebenfalls an der A 197 gelegen) kommend über Podlipowo (Hochlindenberg) nach hier führt. Eine weitere allerdings unwegsame Straße führt von Oserki (Georgenfelde) und Borodino (Barraginn, 1938–1946 Georgenhain) nach Mosyr.

Seit 1894 war der Ort Bahnstation (Mosyr-Nowy) an der Bahnstrecke Toruń–Tschernjachowsk, die im Abschnitt auf dem russischen Staatsgebiet allerdings seit 2001 außer Betrieb ist.

Geschichtliches

Der Ort Gnye[1] entstand erst im Laufe des 16. Jahrhunderts auf dem Gebiet des Waldes Gnye und wurde 1567 erstmals urkundlich erwähnt. Durch Teilung entstanden 1627 die Güter Groß Gnie (russisch: Gussewo) und Klein Gnie, wobei Groß Gnie lange Zeit ein Vorwerk von Klein Gnie war.

Klein Gnie gehörte anfangs zum Güterkomplex Wandlacken (russisch: Swerewo) der Familie von Schlieben. Durch Heirat kam Klein Gnie an die Familie Rollas du Rosey, und Maria Rollas du Rpsey (1738–1813) verkaufte es 1770 an Leutnant Jacob Friedrich Hoffmann († 1773). Nach dessen Tod erbte sein Neffe, Kriegsrat Friedrich Farenheid (1747–1834) das Anwesen. Nächster Besitzer war Amtmann Carl Gutzeit (1789–1852), der 1842 das neue klassizistische Guthaus bezog. Bis 1938 blieb das Gut im Besitz der Familie Gutzeit, als es dann der Oberinspektor Fritz Schwill übernahm, der es bereits vorher verwaltet hatte und den 2000 Hektar großen Betrieb so geschickt bewirtschaftete, dass er 1939 von der Landwirtschaftskammer als Musterbetrieb ausgezeichnet wurde.

Am 9. April 1874 wurde Klein Gnie Verwaltungssitz und namensgebender Ort des neuerrichteten Amtsbezirks Klein Gnie[2]. Er gehörte bis 1945 zum Landkreis Gerdauen im Regierungsbezirk Königsberg in der preußischen Provinz Ostpreußen.

Im Jahre 1889 wurden Teile des Gutsbezirks Arklitten in den Gutsbezirk Klein Gnie eingegliedert, 1897 folgten die beiden Landgemeinden Christophsdorf (russisch: Baranowo) und Groß Dwillin (1938–1946 Großwillingen, russisch: Kulibino). Im Jahre 1910 zählte Klein Gnie insgesamt 732 Einwohner[3].

In den 1920er Jahren fanden mehrere Umgliederungen zwischen Klein Gnie und den Nachbargemeinden statt, bis sich dann schließlich die beiden Gutsbezirke Klein Gnie und Sechshuben (russisch: Malodworki) zur neuen Landgemeinde Klein Gnie zusammenschlossen. Die Bevölkerungszahl stieg bis 1933 auf 1030 und betrug 1939 noch 1014[4].

1938 wurde die Änderung der Namensschreibweise in „Kleingnie“ verfügt, die sich jedoch nicht recht durchsetzte.

Am 21. Januar 1945 wurde kriegsbedingt die Flucht der Bevölkerung von Klein Gnie angeordnet. Der Treck zog unter der Leitung des Gutsherrn Fritz Schwill über Pommern bis nach Mecklenburg, wo er unter starken Verlusten eintraf. Die Rote Armee nahm zwei Tage später den Ort kampflos ein, trotzdem brannten das Gutshaus, das Pfarrhaus, das Geschäftshaus und drei Landarbeiterhäuser ab. Klein Gnie kam wie das ganze nördliche Ostpreußen zur Sowjetunion und erhielt 1946 den Namen Mosyr. Außerdem „wechselte“ es vom Landkreis Gerdauen in den Rajon Prawdinsk.

Bis zum Jahre 2009 war Mosyr in der seit 1991/92 russischen Oblast Kaliningrad für 19 Nachbardörfer Zentrum des Mosyrski sowjet (Dorfsowjet Mosyr), und ist seither – aufgrund einer Struktur- und Verwaltungsreform[5] – zentraler Ort der 25 „Siedlungen“ (possjolok) umfassenden Mosyrskoje selskoje posselenije (Landgemeinde Mosyr).

Amtsbezirk Klein Gnie/Gnie

Am 9. April 1874 wurde der neu errichtete Amtsbezirk Klein Gnie[6] aus sieben kommunalen Einheiten gebildet:

Name (bis 1946) Heutiger Name Bemerkungen
Landgemeinden:
Christophsdorf Baranowo 1897 in den Gutsbezirk Klein Gnie eingegliedert
Friedrichsfelde Petschorskoje 1897 in den Gutsbezirk Groß Gnie eingegliedert
Groß Dwillin
1938–1946: Großwillingen
Kulibino 1897 in den Gutsbezirk Klein Gnie eingegliedert
Lönkendorf Prudki 1928 in die neue Landgemeinde Groß Gnie eingegliedert
Gutsbezirk:
Klein Gnie
1938–1946: Kleingnie
Mosyr 1928 in eine Landgemeinde umgewandelt
Vorwerke:
Groß Gnie Gussewo 1897 in einen Gutsbezirk, 1928 in eine Landgemeinde umgewandelt
Sechshuben Malodworki 1928 in die neue Landgemeinde Klein Gnie eingegliedert

1932 wurde der Amtsbezirk Klein Gnie in „Amtsbezirk Gnie“ umbenannt. Er gehörte bis 1945 zum Landkreis Gerdauen im Regierungsbezirk Königsberg der Provinz Ostpreußen.

Dorfsowjet Mosyr

Bis zum Jahre 2009 war Mysyr das Zentrum und namensgebener Ort des Mosyrski sowjet (Dorfsowjet Mosyr), dem 19 Ortschaften zugeordnet waren, von denen heute nicht mehr alle existieren bzw. nachweisbar sind:

Heutiger Name Name (bis 1946)
Baranowo Christophsdorf
Frolowo Annawalde (Gut)
Gordejewo Nonnenhof
Gussewo Groß Gnie
Kljutschi Mauenfelde
Kowalewskoje Trenkensruh
Luschki Petrineusaß
Obuchowo Nubertshöfen
Perowo Sokallen
Petschorskoje Friedrichsfelde
Prudki Lönkendorf
Rogowo Rosanna, 1938-1946: Rosenflur
Scheludjowo Prosit
Sewerny Mulk
Simowskoje Schönwiese
Smolnoje Annawalde
Tichoje Kiehlendorf
Werschiny Werschen
Wjasemskoje Peterehlen
Die Lage der Landgemeinde Mosyr im Rajon Prawdinsk

Landgemeinde Mosyr

Seit 2009 ist Mosyr zentraler Ort der Mosyrskoje selskoje posselenije im Rajon Prawdinsk innerhalb der Oblast Kaliningrad. Insgesamt 25 als „Siedlung“ eingestufte Ortschaften gehören zu ihrem Bezirk, durch den die Fernstraße R 508 verläuft ebenso wie die Bahnstrecke Toruń–Tschernjachowsk (Thorn–Insterburg), wobei letztere allerdings seit 2001 nicht mehr in Betrieb ist.

Zur Landgemeinde Mosyr gehören:

Heutiger Name Name (bis 1946)
Belkino (Белкино) Abelischken, 1938–1946: Ilmenhorst
Borodino (Бородино) Barraginn, 1938–1946: Georgenhain
Bystrjanka (Быстрянка) Budwischken, 1938–1946: Oberndorf
Frunsenskoje (Фрунзенское) Bokellen
Gussewo (Гусево) Groß Gnie
Iwanowka (Ивановка) Nendrinn, 1938–1946: Altlugau
Korolenkowo (Короленково) Oschkin, 1938–1946: Oschern
Krasnoje (Красное) (Groß) Astrawischken, 1938–1946: Astrau
Lasarewo (Лазарево) Grüntann
Linjowo (Линёво) Schönlinde
Liskino (Лискино) Lieskendorf
Malodworki (Малодворки) Sechshuben
Mosyr (Мозырь) Klein Gnie, 1938–1946: Kleingnie
Nowo-Bobruisk (Ново-Бобруйск) Ilmsdorf
Ochotnitschje (Охотничье) Klein Ilmsdorf
Perewalowo (Перевалово) Muldszen/Muldschen, 1938–1946: Mulden
Podlipowo (Подлипово) Hochlindenberg
Scheludjowo (Желудёво) Prosit
Schtscherbinino (Щербинино) Schönrade
Sergejewka (Сергеевка) Klein Pentlack
Sewerny (Северный) Mulk
Tichoje (Тихое) Kiehlendorf
Tschaikowskoje (Чайковское) Lugowen, 1938–1946: Großlugau
Tscherepanowo (Черепаново) Reichau (ab 1928 zu Schönrade)
Werschiny (Вершины) Werschen

Kirche

Kirchengebäude

Die neogotische Kirche[7] von Klein Gnie entstand nach Entwürfen des Architekten Bergmann aus Rastenburg (heute polnisch: Kętrzyn). Sie wurde am 18. April 1901 eingeweiht. Das Gotteshaus hatte einen 45 Meter hohen Spitzturm mit drei Glocken und bot 400 Menschen Platz.

Nach 1945 nutzte eine Schule den Kirchenraum als Turnhalle und baute Klassenzimmer für eine Grundschule an. Das hohe Spitzdach wurde 1965/66 entfernt und durch ein flaches Satteldach ersetzt, das mit Asbestzementplatten belegt wurde.

Kirchengemeinde

Die Kirchengemeinde Klein Gnie mit ihrem ausgedehnten Kirchspiel lag zwischen den Kirchspielen Gerdauen (heute russisch: Schelesnodoroschny) und Nordenburg (Krylowo) im Süden und dem Kirchspiel Muldszen/Muldschen (1938-1946 Mulden, russisch: Perwalowo) im Norden und wurde von der Aschwöne (Swine, russisch: Putilowka) und der Wickerau durchflossen.

Seit 1601 gehörte Klein Gnie zum Kirchspiel Muldszen. Erst 1897 wurde die selbständige Kirchengemeinde Klein Gnie errichtet, wobei die Kirchspielorte aus den drei Pfarreien Gerdauen, Nordenburg und Muldszen umgepfarrt wurden. Im gleichen Jahr wurde eine Pfarrstelle eingerichtet.

In der Zeit der Sowjetunion war kirchliches Leben stark eingeschränkt. Erst in den 1990er Jahren bildeten sich in der seit 1991/92 russischen Oblast Kaliningrad neue evangelische Gemeinden. Mosyr liegt im Bereich der neuerrichteten Gemeinde in Tschernjachowsk, die zur Propstei Kaliningrad innerhalb der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER) gehört[8].

Kirchspielorte

Zum Kirchspiel Klein Gnie[9] gehörten bis 1945 vier Landgemeinden mit insgesamt 26 Ortschaften:

  • Barraginn (1938–1946 Georgenhain, russisch: Borodino) mit: Bettyhof, Georgenfelde (Oserki), Georgenwalde (Poleschajewo) und Nonnenhof (Gordejewo)
  • Groß Gnie (Gussewo) mit: Annawalde, Dorf (Smolnoje), Annawalde, Gut (Frolowo), Bolzhinshof, Friedrichsfelde (Petschorskoje), Lönkendorf (Prudki), Mühlenkrug und Neusorge
  • Klein Gnie (Mosyr) mit: Christophsdorf (Baranowo), Groß Dwillin (1938–1946 Großwillingen, Kulibino), Karlshof, Klein Dwillin (1938–1946 Kleinwillingen, Malejewo), Prosit (Scheludjowo), Rosanna (1938–1946 Rosenflur, Rogowo) und Sechshuben (Malodworki)
  • Wesselowen (1938–1946 Wesselau, Puschkinskoje) mit: Franzenshof (Wasnezowo), Hedwigsfelde (Golowkino), Mulk (Sewerny) und Schönwiese (Simowskoje).

Pfarrer

In der Zeit bis 1945 amtierten in Klein Gnie zwei Pfarrer[10], von denen der erste bereits drei Jahre früher im Vikarsdienst hier tätig war:

  • Julius Bernhard K. Fürstenau, 1898–1902
  • Ernst Lappoehn, 1903–1945.

Kirchenbücher

Die Kirchenbuchunterlagen für das Kirchspiel Klein Gnie sind vollständig erhalten: Taufen, Trauungen, Beerdigungen aus den Jahren 1897 bis 1944 und werden im Evangelischen Zenrtalarchiv in Berlin-Kreuzberg aufbewahrt[11].

Schule

Bereits vor 1945 bestand in Klein Gnie eine eigene Schule[12], deren Gebäude - ebenso wie der Kirchenraum der alten Pfarrkirche - auch heute noch für Schulzwecke genutzt wird.

Verweise

Fußnoten

  1. Mosyr - Klein Gnie und Gusevo - Groß Gnie
  2. Rolf Jehke, Amtsbezirk Klein Gnie/Gnie
  3. Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis
  4. Michael Rademacher, Deutsch-österreichisches Ortsbuch
  5. Nach dem Gesetz über die Zusammensetzung und Territorien der munizipalen Gebilde der Oblast Kaliningrad vom 25. Juni/1. Juli 2009, nebst Gesetz Nr. 476 vom 21. Dezember 2004, präzisiert durch Gesetz Nr. 370 vom 1. Juli 2009
  6. Rolf Jehke, Amtsbezirk Klein Gnie/Gnie (wie oben)
  7. Foto der ehemaligen Kirche in Mosyr (Klein Gnie) aus dem Jahr 2009
  8. Ev.-luth. Propstei Kaliningrad
  9. Das Kirchspiel Klein Gnie
  10. Friedwald Moeller, Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg, 1968
  11. Christa Stache, Verzeichnis der Kirchenbücher im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin, Teil 1: Die östlichen Kirchenprovinzen der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union, Berlin, 1992³
  12. Foto der Schule in Mosyr (Klein Gnie) aus dem Jahr 2009

Literatur

  • Wulf D. Wagner, Kultur im ländlichen Ostpreußen. Geschichte, Güter und Menschen im Kreis Gerdauen, 2008

Weblink


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