Coverversion

Coverversion

Eine Coverversion ist in der Musik eine zeitlich dem Original nachfolgende Neufassung eines Musikstücks durch einen anderen Interpreten.

Inhaltsverzeichnis

Grundsätzliche Begriffsabgrenzung

Grundsätzlich abzugrenzen von der Coverversion sind:

  • das Remake, eine Neuinterpretation durch denselben Interpreten
  • das Zitat, das nur Elemente eines anderen Stückes aufgreift und darauf im Kontext einer originären, kreativen Leistung verweist (zum Beispiel in Beatle Bones and Smokin’ Stones von Captain Beefheart)
  • die Paraphrase, die ein eigenständiges Stück ist, aber sich durch umfangreiche Referenzen an eine Epoche, einen Interpreten oder ein Stück daran abarbeitet
  • das Plagiat, welches ein Musikstück nachahmt, ohne den Urheber zu nennen und damit den Eindruck der Originalität erweckt. Wenn dies ausbleibt, spricht man von einem Plagiat (zum Beispiel My Sweet Lord von George Harrison, ein (laut Harrison „unbewusstes“) Plagiat von He’s So Fine der Chiffons).
  • Beim Remix werden die einzelnen Stimmen beziehungsweise Tonspuren einer bestehenden Aufnahme neu abgemischt. Hierbei bleibt es in der Regel bei der bereits vorhandenen ersten Aufnahme, sodass kein neuer Tonträger und dementsprechend auch kein weiteres Tonträgerherstellerrecht nach § 85 UrhG[1] entsteht. Beim Remix wird zumeist eine Originalaufnahme mit neuen Spuren unterlegt und ist damit eine Bearbeitung der Originalaufnahme. Der Urheber (insbesondere Komponist, Texter) beziehungsweise stellvertretend sein Musikverlag muss deshalb nach seinem Einverständnis gefragt werden. Da die Originalaufnahme verwendet wird, bedarf es auch der Genehmigung der Plattenfirma, die den Originaltitel veröffentlicht hatte.

Allgemeines

Die klassische Musik ist komponistenorientiert, sodass es nicht auf Interpreten ankommt. Zudem wird in der Klassik das Prinzip der Werktreue beachtet, das von den Interpreten eine strikte Orientierung an der Komposition verlangt. Aus diesen Gründen spielt die Frage nach Original und Coverversion hier keine Rolle. Die Unterhaltungsmusik (Pop, Country & Western, Soul, Blues, Rhythm & Blues und Jazz) hingegen ist interpretenorientierte Musik, wodurch der Unterscheidung zwischen Original und Coverversion große Bedeutung zukommt. Hier besteht keinerlei Zwang, sich strikt an das Original zu halten; Interpreten sind frei, sich mehr oder weniger stark am Original auszurichten.

Rechtsfragen

Coverversionen sind Gegenstand des Urheberrechts, das in Deutschland im Urheberrechtsgesetz (UrhG) kodifiziert ist. Rechtlich ist die Coverversion stets eine „andere Umgestaltung“ im Sinne des § 23 UrhG, selbst wenn sie originalgetreu nachgespielt wird. Der Bundesgerichtshof bezeichnet als Coverversion die Neueinspielung einer Bearbeitung eines Originalwerkes,[2] während die Musikindustrie in der Coverversion die erneute Produktion und Veröffentlichung eines vorbestehenden und bereits veröffentlichten Musikwerkes sieht.[3]

Urheberrechtlich von Bedeutung ist die Frage, ob die Coverversion eine nahezu vollständige Übereinstimmung mit dem Original darstellt oder ob eine eigene schöpferische Leistung vorliegt. Im letzten Fall handelt es sich musikalisch um eine Bearbeitung nach § 3 UrhG. Wird die Coverversion schließlich öffentlich wiedergegeben oder auf Tonträger vervielfältigt, entsteht ein geschützter Vergütungsanspruch des Urhebers. War das Original veröffentlicht und bei einer Verwertungsgesellschaft (in Deutschland: GEMA) registriert, ist kein Einverständnis des Urhebers vom Original erforderlich; die Anmeldung der wiedergegebenen Coverversion bei der Verwertungsgesellschaft genügt. Der Musikverlag des Urhebers muss nur dann genehmigen, wenn eine Bearbeitung mit einem eigenständigen schöpferischen Anteil durch Veränderungen der melodisch-harmonischen Form und/oder des Textes vorgenommen wurde. Dann nämlich weist das Cover eine genehmigungspflichtige Schöpfungshöhe auf.[4] Der BGH hat die branchenübliche Verwendung des Begriffs Coverversion für die Fälle der Neueinspielung einer Bearbeitung eines Originalwerkes übernommen und spricht von der bloßen Interpretation eines Originalwerkes, welches im Rahmen der Neueinspielung in seiner Substanz unberührt bleibt, sodass eine Bearbeitung im urheberrechtlichen Sinne nicht vorliegt.[5] Ein Musikteil genießt nach ständiger Rechtsprechung des BGH (nur) dann Urheberrechtsschutz nach § 2 UrhG, wenn es als solches die Schutzvoraussetzungen des Gesetzes erfüllt, also für sich allein die notwendige Individualität als eigentümliche geistige Schöpfung aufweist. Wenn der Refrain infolge einer in der Popularmusik ungewöhnlichen Phasenverschiebung eine unregelmäßige Melodie habe und damit eine individuelle ästhetische Ausdruckskraft erhalte, dann liege darin die schöpferische Eigentümlichkeit bei Musikwerken. Das zeige sich auch für den Laien auf dem Gebiet der Musik darin, dass er diese Melodie beim abermaligen Hören als bekannt erfasse und dem Komponisten zuordne.[6] Bei Musikwerken stellt die Rechtsprechung geringere Anforderungen an diese Schöpfungshöhe nach dem Grundsatz der sogenannten „kleinen Münze“.[7]

Coverversionen müssen erkennbar auf das zugrunde liegende Original durch Nennung des Urhebers und Musikverlages Bezug nehmen. Verletzungen des Namensnennungsrechts treten eher in dem Bereich auf, wo die Abhängigkeit des Werkes von einem bestimmten vorbestehenden Werk bezweifelt wird. Fehlt es an der pflichtgemäßen Angabe der Originalquelle, liegt ein rechtswidriges Plagiat vor.

Abgrenzung

Conway Twitty - Lonely Blue Boy

Die musikologische Abgrenzung von Original und Coverversion fällt nicht immer leicht. Das Original ist die Erstfassung einer bisher noch nicht produzierten Komposition, die zeitlich als erste Version aufgenommen wurde. Genau genommen entscheidet musikologisch - anders als im Urheberrecht - das Aufnahmedatum einer Komposition und nicht deren Veröffentlichungsdatum darüber, ob ein Original oder eine Coverversion vorliegt. Dadurch ist es theoretisch möglich, dass ein zeitlich früher veröffentlichter Song später aufgenommen wurde als eine später veröffentlichte Version; die später veröffentlichte Version ist damit jedoch das Original. Oft liegen die exakten Daten nicht vor, sodass es ohne weitere Information offen bleiben muss, welche Version als Original zu klassifizieren ist.

Ein Beispiel für die schwierige Abgrenzung liefert Conway Twitty mit seinem Hit Lonely Blue Boy (MGM #12857), der am 11. November 1959 aufgenommen und am 21. Dezember 1959 veröffentlicht wurde; der Song erreichte einen sechsten Platz der Pop-Charts. Dadurch wurde er der Öffentlichkeit bekannt und das Original Conway Twitty als Interpreten zugeschrieben. Komponiert von Fred Wise und Ben Wiseman, wurde der Song jedoch bereits am 23. Januar 1958 von Elvis Presley als „Danny“ aufgenommen und lediglich im Film King Creole verwendet, der am 2. Juli 1958 in den USA in die Kinos kam. Eine Tonträgerveröffentlichung hiervon wurde jedoch erst posthum am 1. Dezember 1978 auf der LP A Legendary Performer Vol. 3 („includes 8 previously unavailable performances“) vorgenommen. Die Beweisführung, dass damit Elvis Presley das Original gesungen hat, wird durch den unterschiedlichen Titel erschwert.[8]

Formen

Oft werden erfolgserprobte Originalvorlagen ausgewählt, häufig aber auch völlig unbekannt gebliebene Songs, die erst in der Coverversion zu Erfolg kommen.

Wiedererkennbarkeit

Es gibt sowohl Coverversionen, die sich im Arrangement und Sound streng an das Original halten, als auch Versionen, die kaum wiederzuerkennen sind.

Zu Ersterer Form gehört Chubby Checkers Version von The Twist, dessen Original von Hank Ballard komponiert wurde und am 11. November 1958 aufgenommen worden war. Checkers Version, die im Jahre 1960 aufgenommen wurde, wies derart frappierende Ähnlichkeiten mit dem Original auf, dass Hank Ballard beim Radiohören dachte, es sei sein Stück.[9] Checkers Version war identisch in Tonhöhe, Rhythmus und Gesang. Während das Original – zumal B-Seite – unterging, entwickelte sich Checkers Coverversion zum Millionenseller.

Vanilla Fudge - You Keep Me Hanging On

You Keep Me Hanging On stammte im Original von den Supremes, die den temporeichen Song mit der typischen Rimshot-Technik am 30. Juni und 1. August 1966 aufnahmen und am 12. Oktober 1966 (Motown #1101) veröffentlichten. Das Stück weist sämtliche Charakteristika des Motown-Sounds auf, ist mit einer Spieldauer von 2 Minuten 47 – wie alle Motown-Singles jener Zeit – zum Airplay prädestiniert und erreichte den ersten Platz der Pop-Charts.

Vanilla Fudge brachte am 5. Juni 1968 eine völlig gegensätzliche Version heraus, die kaum noch Gemeinsamkeiten mit dem Original aufwies. Der Sound hat psychedelische Ansätze, der Rhythmus ist bis zum „traumatischen Zeitlupentempo“ heruntergeschraubt, garniert mit „zerdehnten Gitarrenbreaks“ und bis an die „Grenze der psychischen Erträglichkeit“ verfremdet.[10] Mit einer auf 2 Minuten 50 heruntereditierten Spieldauer besaß die von George „Shadow“ Morton produzierte Single (Atco #6590) auf der zuvor im September 1967 erschienen LP Vanilla Fudge eine Dauer von 7 Minuten 20 (aufgenommen in nur einem take). Die Single erreichte einen sechsten Platz der Pop-Hitparade.

Kim Wilde schaffte im Juni 1987 erneut mit ihrer Version wie die Supremes einen ersten Rang der US-Popcharts.

„Schwarze“ Originale

Viele Kompositionen afroamerikanischer Musiker (Blues, Rhythm & Blues, Doo-Wop) wurden von „weißen“ Interpreten – oft mit „bereinigten“ Texten – gecovert, um damit in der Pop-Hitparade erfolgreich zu sein und das Original aus den Rhythm-&-Blues-Charts herauszuführen.

Elvis Presley übernahm am Anfang seiner Karriere einen Bluessong, der im Original von Willie Mae „Big Mama“ Thornton stammte. Diese hatte Hound Dog, der verbale Vergleich eines Jagdhunds mit ihrem Freund, am 13. August 1952 für Peacock Records (#1612) aufgenommen und erreichte nach der Erstveröffentlichung im Januar 1953 den ersten Rang der Rhythm-&-Blues-Hitparade. Mit 500.000 Exemplaren verkaufte sich das Original nicht schlecht; die am 2. Juli 1956 von Presley aufgenommene Fassung jedoch ging sechs Millionen mal über die Ladentheke.[11]

Normalerweise war die bloße Platzierung in den R&B-Charts nicht ausreichend, um größere Plattenumsätze erzielen zu können. Wenn Plattenverantwortliche bei einem Major Label von einem Blues- oder R&B-Titel erfuhren, dem sie Hitpotenzial zuschrieben, wurde möglichst schnell ein weißer Interpret gesucht, mit dem die Erfolgsbestandteile des Originals unter Glättung möglicher textlicher Probleme zu einer „weißen“ Coverversion zusammengeführt wurden.[12] Insbesondere zwei Labels, nämlich Dot Records mit Pat Boone und Coral Records mit den McGuire Sisters, hatten sich dieser Strategie verschrieben. Diese Praxis begann intensiv ab 1954 mit Earth Angel, das im Original im September 1954 von den Penguins veröffentlicht wurde, bis zum achten Rang der R&B-Charts vordrang und sich zum Millionenseller entwickelte. An diesem Erfolg sollten die weißen Crew Cuts teilhaben und brachten ihrerseits im Januar 1955 ihre Version auf den Markt – sie wurde kein Millionenseller. Das gelang jedoch Pat Boone mit Ain’t That a Shame. Das Original wurde von Fats Domino am 15. März 1955 in Cosimo Matassas Studio aufgenommen und entwickelte sich nach Veröffentlichung im April 1955 zum Millionenseller. Dot Records zog nach und veröffentlichte bereits im Juni 1955 die Coverversion, von der ebenfalls über eine Million Platten verkauft wurden. Während Boones Version mühelos den ersten Rang der Pop-Charts erklomm, musste sich Fats Domino mit dem zehnten Platz begnügen.

Deutsche Schlager als Coverversion

Deutsche Schlager benutzten häufig amerikanische oder britische Originale, um mit einem deutschen Text den heimischen Markt zu erschließen. Diese Strategie wurde bereits seit Gründung der deutschen Plattenindustrie angewandt und kam mit Wochenend und Sonnenschein von den Comedian Harmonists zur vorläufigen Blüte. Von den Harmonists aufgenommen am 22. August 1930, handelte es sich um eine Version von Happy Days Are Here Again, das am 20. November 1929 von Leo Reismans Orchester aufgenommen wurde.

Diese Strategie, englischsprachige Originale als deutsche Fassung zu präsentieren, wurde ab 1956 intensiviert. Ein erster Erfolg war Freddy Quinn beschieden, der mit Heimweh nach Veröffentlichung im Mai 1956 zwei Millionen Platten umsetzte und damit Memories Are Made of This von Dean Martin übertraf, der hiermit im November 1955 über eine Million Platten verkaufte.[13] Erfolgreich war auch Fred Bertelmann mit dieser Strategie, denn sein Lachender Vagabund verkaufte nach Veröffentlichung im Februar 1957 mit 3,5 Millionen Exemplaren mehr Platten als das Original von Jim Lowe, das im April 1953 erschienen war.

Es ist bemerkenswert, dass die deutschen Texte vieler Titel inhaltlich in keinerlei Zusammenhang mit den ursprünglich englischsprachigen Originalen standen. Hierbei kommt es oft zu kuriosen Versionen von Stücken: beispielsweise Cindy & Berts Der Hund von Baskerville basierte auf Black Sabbaths Paranoid. Dies kam mitunter auch dann vor, wenn der Originalinterpret selbst die deutsche Fassung übernahm – oft ohne selbst zu wissen, was er sang –, wie Sandie Shaw, die ihr Puppet on a String als Wie ein Wiedehopf im Mai auf Deutsch sang. Unter dem Reihentitel 1.000 Nadelstiche (benannt nach der deutschen Version von Needles and Pins von Jackie DeShannon, später unter anderem von den Searchers und Smokie gecovert), existiert eine CD-Sammlung und ein ausführliches Begleitbuch (Bear Family Records), das das Phänomen deutscher Versionen der Original-Interpreten dokumentiert. Die Liste deutscher Schlager als Coverversion zeigt eine Auswahl der oben genannten und einiger weiterer gecoverter Lieder. Der Interpret und der deutsche Titel werden dem Originaltitel, dem Komponist und früheren Interpreten des Originals gegenübergestellt.

Italienische, französische oder spanische Originale

Deutsche oder englischsprachige Coverversionen entstanden immer wieder von italienischen oder französischen Originalen. André Claveau brachte im Jahre 1950 sein Chanson Cerisier Rose et Pommier Blanc heraus (für den Texter Jacques Larue (Musik von Luis Guglielmi) waren Kirschblüten rosa und Apfelblüten weiß), an dessen Titel sich Cherry Pink and Apple Blossom White in der am 23. August 1954 aufgenommenen Fassung des Mambo-Orchesters Pérez Prado hielt, sich im März 1955 für zehn Wochen am ersten Platz festsetzte und zum Millionenseller entwickelte.

Nicht immer war die Übersetzung so nah am Original wie bei diesem Stück. Anna Identici präsentierte im Februar 1968 (Ariston #AR0242) den Originaltitel von Quando m’innamoro (Musik: Roberto Livraghi, Text: Mario Panzeri, Daniele Pace) auf dem Sanremo-Festival, wo sie hiermit den sechsten Platz belegte. Am 10. März 1968 nahm Engelbert Humperdinck mit einem englischen Text von Barry Mason den Song mit dem Titel A Man Without Love auf. Der im April 1968 veröffentlichte Titel erreichte einen zweiten Rang der britischen Charts.

Aus dem spanischen Nummer-eins-Hit El Chico De La Armonica von Micky vom März 1972 titulierte man Der Junge mit der Mundharmonika, den auch Bernd Clüver nach Veröffentlichung im Februar 1973 zur deutschen Nummer Eins führte und 500.000 mal verkaufte.

Beatmusik

Insbesondere während der Anfangsphase der Beatmusik war es nicht ungewöhnlich, dass Bands ihre Karriere mit Coverversionen ihrer Vorbilder begannen. Beste Beispiele sind die Beatles und die Rolling Stones, die beide zahlreiche Stücke Chuck Berrys und von Blueskomponisten im Repertoire hatten. Häufig wurden auch gezielt Coverversionen lanciert, um deren Originalinterpreten und Autoren zu größerer Popularität zu verhelfen. So wurde etwa der Song Blowin’ in the Wind von Bob Dylan zunächst in der Version von Peter, Paul and Mary ein Hit, bevor seinem Autor der Durchbruch gelang. In den 1960er-Jahren war es auch üblich, dass britische Interpreten für den britischen Markt die Stücke coverten, die zuvor in den USA von amerikanischen Interpreten auf den US-Markt gebracht wurden. Ein Beispiel hierfür ist Bend Me, Shape Me von den American Breed, das in seiner britischen Version der Amen Corner lediglich ein halbes Jahr später im Juni 1968 veröffentlicht wurde. Konnte der Millionenseller der American Breed der britischen Amen Corner nicht verborgen bleiben, so war dies bei Wild Thing von der amerikanischen Gruppe Wild Ones allerdings der Fall. Als deren Original am 1. November 1965 erschien, blieb es ohne Hitparadenresonanz und geriet in Vergessenheit. Erst als die britische Band The Troggs diese frühe Punk-Produktion im Februar 1966 aufgriff, wurde ein Millionenseller daraus.

Erfolgreicher als das Original

In einigen Fällen wurden Coverversionen sogar erfolgreicher und populärer als die Originalaufnahmen, wie etwa All Along the Watchtower, das zwar im Original von Bob Dylan stammt, der jedoch für spätere Liveversionen das Arrangement der Coverversion von Jimi Hendrix übernahm, oder I Will Always Love You von Whitney Houston, das im Original von Dolly Parton stammt. Ein weiteres Beispiel ist Black Magic Woman, im Original von Fleetwood Mac, die weitaus bekanntere Version des Liedes stammt aber von Santana. I Love Rock ’n’ Roll von Joan Jett war ursprünglich die B-Seite einer Single von der Band Arrows. Für Deutschland wäre hier Über sieben Brücken musst du gehn zu nennen, das Peter Maffay 1980 von der DDR-Band Karat coverte. Einige Stücke und Komponisten sind beliebt und werden immer wieder gecovert, so etwa die Cat-Stevens-Songs The First Cut Is the Deepest (beispielsweise von Rod Stewart oder Sheryl Crow) und Father and Son (Coverversion zum Beispiel von Ronan Keating). Teilweise werden diese Versionen bekannter als das Original (etwa Sinéad O’Connors Version von PrinceNothing Compares 2 U, Leona Lewis' Version von Run, welches von Snow Patrol stammt oder Janis Joplins Fassung von Me and Bobby McGee, das im Original von Kris Kristofferson stammt).

Keine Coverversion

Eine Möglichkeit sind Eigeninterpretationen von Liedern, die unterschiedlich motiviert sein können. Neben der reinen Sympathie für ein Stück oder die Verwendung als Füllwerk bei fehlendem Eigenmaterial werden häufig Epochen, Interpreten oder Stücke in Bezug auf das eigene Selbstverständnis referenziert (vielfach im Britpop). Eine andere Option ist die kommentierende, die meist eine kritische Haltung zum ursprünglichen Stück wiedergibt, beispielsweise in Sid Vicious’ parodistischer Interpretation von Frank Sinatras My Way oder dem musikalischen Zerfetzen der US-amerikanischen Nationalhymne Star-Spangled Banner durch Jimi Hendrix, das die tiefe Abneigung und Gespaltenheit der amerikanischen Jugend Ende der 1960er-Jahre ihrem Land gegenüber illustrierte. Beides sind Beispiele für eine Bearbeitung.

Kommerzielle Coverversionen der letzten Jahre

In den 1990er-Jahren entstanden durch Sampling neue Formen der Coverversion, die besonders vertraute Popmusik der 1970er und 1980er mit hohem Wiedererkennungswert nutzten. Musikologisch mag man Sampling noch als Coverversion betrachten, rechtlich wird meistens Bearbeitung vorliegen. Während die Samples in Europa besonders häufig mit Technobeats unterlegt wurden, kombinierten amerikanische Hip-Hop-Produzenten prominente Samples mit neuen Rap-Texten. Ein Beispiel hierfür ist der Song He Got Game von der Gruppe Public Enemy (1998), dessen Musik von dem Buffalo Springfield-Song For What It’s Worth (1967) stammt, wobei Stephen Stills, der Autor des Originals, die markanten Gitarrenparts für die Coverversion neu einspielte.

Die Intention verschob sich aber von einer rein künstlerischen stark zu einer rein kommerziellen Angelegenheit. Vielfach wurden die bekannten, eingängigen alten Melodien mit einer Bassspur und monotonem, oftmals mit dem Computer verfremdeten, Gesang unterlegt. Vor allem im Techno- und Dance-Bereich beschränken sich viele Interpreten darauf, lediglich alte Titel unterschiedlichster Interpreten und Jahrzehnte neu aufzulegen. Beispiele hierfür sind etwa Novaspace, Groove Coverage oder Jan Wayne. Oftmals haben diese Coverversionen mit den Originalen nur noch wenig gemeinsam, zum Beispiel der im Original von Alice Cooper gesungene und später von Groove Coverage gecoverte Titel Poison.

Eine besonders wichtige Motivation für Coverversionen ist das wirtschaftliche Interesse. An Coverversionen verdienen nicht nur Interpreten, Produzent und Label der neuen Version, sondern auch die Autoren und der Musikverlag des gecoverten Werks. Der kommerzielle Hintergedanke von Coverversionen spielte zwar schon immer eine Rolle, aber besonders seit den späten 1990er-Jahren lässt sich vermehrt ein „Ausschlachten“ der Originale beobachten. Vor allem die Anzahl an gecoverten Titeln im Vergleich zu neuen Liedern nahm wieder zu. Waren in den 1980er-Jahren hin und wieder einmal einzelne Coverversionen älterer Titel in den Charts (zum Beispiel You Keep Me Hangin’ On von Kim Wilde), wurde vor allem zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine gewisse Anzahl an Coverversionen in den Charts zur Regelmäßigkeit. So waren am 3. September 2001 beispielsweise sieben Titel der in den Top-10 der deutschen Singlecharts platzierten Lieder Coverversionen.[14]

Ungewöhnliche Coverversionen

Seit Beginn der Punkmusik haben Bands klassische Rock- und Popsongs auf „Punkweise“ gecovert, dekonstruiert und neu interpretiert. Ein Beispiel ist Satisfaction, im Original von den Rolling Stones, in der Version von Devo. Die neu arrangierten Stücke klingen oft lauter (voluminöser), schneller und härter als die Originale. Viele Punk-Coverversionen beinhalten kleine Ska-/Reggaeparts. In den 1980er-Jahren erfolgreiche Bands wie Heaven 17, Siouxsie and the Banshees und andere veröffentlichten Alben, die ausschließlich Coverversionen enthielten. Die Toten Hosen coverten auf ihrem Album Never Mind the Hosen zahlreiche deutsche Schlager.

Seit Anfang des 21. Jahrhunderts ist es populär geworden, bekannte Hits in ein anderes musikalisches Genre zu übertragen. So gibt es eine ganze Reihe Bands, wie etwa die Berliner The BossHoss oder Texas Lightning, die Pop-Hits im Country-Musik-Stil spielen, die französische Band Nouvelle Vague überträgt New-Wave-Songs zu Bossa Nova, der amerikanische Sänger Richard Cheese spielt Pop, Hip-Hop und Metal als Swing- beziehungsweise Lounge-Musik, die Briten Ten Masked Men verwandeln Popsongs in Death Metal und Me First and the Gimme Gimmes Lieder verschiedenster Arten in Punkmusik. Bereits 1996 erregten The Mike Flowers Pops Aufsehen mit Easy-Listening-Versionen von Rocksongs wie Wonderwall von Oasis und Light My Fire von The Doors.

Rekorde

Laut dem Guinness-Buch der Rekorde ist Yesterday von den Beatles mit über 1600 Versionen zwischen 1965 und 1985 das bislang am häufigsten auf Tonträgern gecoverte Lied.[15] Die BMI geht davon aus, dass der Song weltweit über sieben Millionen mal aufgeführt worden ist. In Fachkreisen besteht zudem weitgehende Einigkeit, dass Summertime von George Gershwin mit etwa 2600 Versionen ebenfalls zu den am meisten gecoverten Songs der Popmusik zu rechnen ist.[16] Die Überprüfung solcher Rekorde gestaltet sich schwierig, da als einzige Quelle die Verwertungsgesellschaft zur Verfügung steht. Die für Yesterday zuständige britische Performing Right Society (PRS) ist hierbei jedoch nicht transparent.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. § 85 UrhG
  2. BGH NJW 1998, 1393 ff.
  3. vgl. Hertin, Grundlagen des Musikurheberrechts in Moser/Scheuermann, Handbuch der Musikwirtschaft, 2. Auflage, S. 753, 765
  4. Im Falle eines Klingeltones für Mobiltelefone hatte der BGH bestätigt, dass im Normalfalle keine zusätzliche Einwilligung des Urhebers bei der Umwandlung eines Musikstückes in einen Klingelton erforderlich ist (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008, Az.: I ZR 23/06).
  5. BGH GRUR 1998, S. 376 ff.; BGH NJW 1998, S. 1393 ff.
  6. BGH, a.a.O., S. 377 f.
  7. Hansjürgen Homann: Praxishandbuch Musikrecht: Ein Leitfaden für Musik- und Medienschaffende, 2006, S. 8
  8. Twitty ersetzt in seiner Coverversion das „Danny“ des Originals durch „Lonely Blue Boy“
  9. Fred Bronson: The Billboard Book of Number One Hits, 1985, S. 74.
  10. Barry Graves/Siegfried Schmidt-Joos, Das neue Rock-Lexikon, Bd. 2, 1990, S. 832.
  11. Joseph Murrells: Million Selling Records, 1985, S. 100.
  12. Arnold Shaw: Dictionary Of American Pop/Rock, 1982, S. 96.
  13. Salvatore John LaGumina: The Italian American Experience, 2000, S. 360.
  14. Deutsche Singlecharts vom 3. September 2001.
  15. Guinness World Records.
  16. Am 27. März 2008 meldete die „Summertime Connection“, eine internationale Sammler-Vereinigung, dass von Summertime wenigstens 22.350 öffentliche Aufführungen gezählt wurden, von denen 15.801 aufgenommen worden wären.

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