Das Reich

Das Reich

Das Reich war eine von Mai 1940 bis April 1945 erscheinende nationalsozialistische Wochenzeitung, die vom zum Franz-Eher-Verlag zugehörigen Deutschen Verlag herausgegeben wurde. Die Zeitung hatte ein relativ hohes intellektuelles Niveau, weil die Nationalsozialisten mit ihr die Intelligenz beeinflussen wollten. Die Zeitung war sehr erfolgreich mit einer Auflage von bis zu 1,4 Millionen Exemplaren. Den wöchentlichen Leitartikel schrieb regelmäßig der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Lesender Wehrmachtssoldat, Sowjetunion 1941. Foto im Bundesarchiv

Eine Probenummer ohne die Quadriga im Kopf erschien als Nr. 1 am 15. März 1940. Ab 26. Mai kam das Blatt wöchentlich bis zum 22. April 1945 heraus. Mit der Zeitung wollte die NS-Führung dem Niedergang des deutschen Journalismus entgegen wirken, den sie durch die Vertreibung der guten Journalisten, durch die Förderung von parteinahen aber qualitativ nicht genügenden Journalisten durch das Schriftleitergesetz und durch die Schließung von vielen guten Zeitungen aus politischen Gründen selbst verursacht hatte. Man strebte mit einer Zeitung vom Typus des englischen Observer stärkeren Einfluss auf die deutsche Intelligenz an.[1] Daher sollte sich die Zeitung nach dem Willen des Initiators Rolf Rienhardt durch ein hohes journalistisches Niveau von der propagandistischen Einheitspresse abheben. Rienhardt, Stabsleiter im Verwaltungsamt der NS-Presse, hatte das Konzept bereits 1937 vorgelegt.

Max Amann, Reichsleiter für die Presse der NSDAP und Präsident der Reichspressekammer, machte sich die Idee seines Mitarbeiters zu eigen: „Die Zeitung soll nicht eine unter vielen Zeitungen und Zeitschriften, sondern sie soll die führende große politische Wochenzeitung sein, die das Deutsche Reich für In- und Ausland gleich wirksam eindringlich publizistisch repräsentiert.“ Daran war auch die deutsche Wirtschaft interessiert, die ein seriöses Blatt für ihre Werbung im Ausland brauchte.

Eugen Mündler, zuvor Chefredakteur des vergleichsweise liberalen Berliner Tageblatts, wurde zum Hauptschriftleiter berufen, nachdem DAZ-Chefredakteur Karl Silex abgelehnt hatte. Für seine Redaktion stellte Mündler prominente, zeitgenössische Autoren zusammen, die sich durch journalistische Qualität auszeichnen sollten. Mit Mündler kamen zahlreiche renommierte Journalisten der früher führenden Blätter als Redakteure oder als freie Mitarbeiter. Für die Innenpolitik waren u.a. Erich Peter Neumann und Elisabeth Noelle zuständig.

Als außenpolitische Spezialisten und Kriegsberichterstatter fungierten u.a. Alfred Rapp, Felix Lützkendorf, Jürgen Petersen, Ernst Samhaber, Paul Scheffer, Jürgen Schüddekopf und Hans Schwarz van Berk. Dazu kam nach Rückkehr aus den USA auch Margret Boveri. Rapp und Samhaber nahmen im Nachkriegsdeutschland bedeutsame Positionen ein.[2] Im umfangreichen Kulturteil schrieben u.a. Will Grohmann, Hans Havemann, Theodor Heuss, Werner Höfer, Karl Korn, der zeitweise Chef des Feuilletons war, Wilhelm Emanuel Süskind, und Wolfgang Weyrauch. Den Bereich Wissenschaft und Bildung deckten u.a. Max Planck, Max Bense, Pascual Jordan, Franz Schnabel, Eduard Spranger und Benno von Wiese ab. Im Bereich Literatur schrieben u. a. Manfred Hausmann, Karl Krolow, Kurt Kusenberg, Oskar Loerke, Ernst Penzoldt und Frank Thiess.[3]

Den wöchentlichen Leitartikel behielt sich Joseph Goebbels vor, der dafür pro Woche 2000 Mark einnahm.[4]

Der Einsatz von renommierten Journalisten bedeutete nicht, dass regimekritische Artikel im Reich veröffentlicht wurden. Die platte Propaganda der anderen Zeitungen gab es hier allerdings nicht. Die Ermordung der Juden, der Überfall auf andere Länder und die Knechtung ihrer Bevölkerung waren aber auch kein Thema dieser Zeitung. Es ging etwas intellektueller zu, wie in der überaus lobenden Besprechung Karl Korns über den Film Jud Süß von Veit Harlan: „Die fremde Rasse drang in ... den deutschen Wirtschaftskörper ein und gelangte zu Einfluss und Macht ... Mit dem gleichen Augenblick aber, wo die aus orientalischen Bezirken des römischen Reiches stammenden Juden ans Licht drangen, brach der Hass der sozial Deklassierten, die Rachelust einer Unterwelt, die das Sendungsbewußtsein ... in talmudischen Nihilismus verkehrt hatte, auf ... Damals beginnt der Jude sich im Gehäuse des Reiches einzunisten. Er lebt seine Machtgier, die Jahrhunderte niedergehalten war, aus und nimmt Rache für mehr als ein Jahrtausend des Fluchs.“[5] Wenn Opfer beklagt wurden, waren es deutsche Opfer. Die Journalisten, die hier schrieben, hatten die Schere im Kopf. Was immer die Ursache für ihre Mitarbeit war, ihr Schreiben verschönte das verbrecherische Gesicht des Dritten Reiches.[6] Die Journalisten dienten dem NS-Regime als Aushängeschild.

Nach der Erstausgabe vom 26. Mai 1940 entwickelte sich Das Reich neben dem Völkischen Beobachter zum zweitgrößten Presseorgan Deutschlands. Die geplante Auflage von 100.000 Exemplaren musste schon für die Erstausgabe nachträglich verdoppelt werden. Im Dezember 1942 trat Hauptschriftleiter Eugen Mündler zurück; er wurde durch Rudolf Sparing, einen der Mitgründer, ersetzt. Bis März 1944 stieg die Auflage auf 1,4 Millionen.[7]

Literatur

  • Erika Martens: Zum Beispiel „Das Reich“. Zur Phänomenologie der Presse im totalitären Regime. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1972, ISBN 3-8046-8459-9.
  • Hans Dieter Müller (Hrsg.): Facsimile Querschnitt durch das Reich. Scherz, Bern/München 1964
  • Albrecht Linsen: Der Kulturteil der deutschen Wochenzeitung ‚Das Reich‘. München 1954 (Dissertation).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. s. Peter Reichel, Der schöne Schein des Dritten Reiches: Faszination und Gewalt des Faschismus. Frankfurt 1993, ISBN 3-596-11356-3, S. 176ff.
  2. Hans Dieter Müller (Hrsg.): Facsimile Querschnitt durch das Reich. Scherz, Bern/München 1964, S. 12
  3. Vgl. Peter Reichel, Der schöne Schein des Dritten Reiches: Faszination und Gewalt des Faschismus. Frankfurt 1993, ISBN 3-596-11356-3, S. 177.
  4. Ralf Georg Reuth: Goebbels. Piper, München/Zürich 1990, ISBN 3-492-03183-8. S. 448.
  5. s. Otto Köhler, Unheimliche Publizisten: Die verdrängte Vergangenheit der Medienmacher. München 1995, ISBN 3-426-80071-3, S. 365 f.
  6. s. Peter Reichel, Der schöne Schein des Dritten Reiches: Faszination und Gewalt des Faschismus. Frankfurt 1993, ISBN 3-596-11356-3, S. 178
  7. Müller 1964, S. 7

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