Franz Reinisch

Franz Reinisch

Franz Dionysius Reinisch SAC (* 1. Februar 1903 in Feldkirch-Levis, Vorarlberg; † 21. August 1942 im Zuchthaus Brandenburg-Görden, Deutschland) war Pallottiner und Mitglied der Schönstatt-Bewegung. Er war der einzige Priester[1], der den Fahneneid auf Hitler verweigerte, und wurde hingerichtet.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Franz Reinisch wurde am 1. Februar 1903 in Feldkirch in Österreich geboren. Schon einen Tag später wurde er getauft. Bei seiner Taufe weihten ihn seine Eltern der Gottesmutter. Franz Reinisch wuchs mit zwei Brüdern und zwei Schwestern auf. Sein Vater, Hofrat Dr. Franz Reinisch, ein Finanzbeamter, wurde in Franz Reinischs Kinderzeit oft versetzt. So zog die Familie von Feldkirch nach Bozen, Bruneck und schließlich nach Innsbruck. Während seiner Bozener Zeit überstand Franz Reinisch eine schwere Krankheit.

Schulzeit und Jugend

Ab Herbst 1914 besuchte Franz Reinisch mit seinem Bruder Andreas das Gymnasium der Franziskaner in Hall in Tirol. 1919 suchten sich die Brüder eine gemeinsame Wohnung, um unabhängiger zu sein. Franz, der sich in dieser Zeit verliebte, ließ in seinen schulischen Leistungen stark nach. Zudem war er begeistertes Mitglied der Gymnasialverbindung Sternkorona im MKV. Im Sommer 1922 legte Franz Reinisch die Matura ab.

Studienzeit

Franz Reinisch begann am 28. September 1922 das Jurastudium an der Leopold-Franzens-Universität in Innsbruck. Sein eigener Wahlspruch für diese Zeit, abgeleitet aus dem Motto seiner Studentenverbindung K.Ö.H.V. Leopoldina, lautete: „Unverrückbar wie die Berge der Heimat steht unser Glaube an Jesus Christus und Maria.“ Ein Jahr später studierte er in Kiel Gerichtsmedizin und wurde dort Mitglied der A.V. Rheno-Guestfalia Kiel. In dieser Zeit nahm er an einer vierwöchigen Exerzitienzeit teil. Durch die Erlebnisse in der Hafenstadt und den Gedanken der Besinnungstage fasste er den Entschluss, Priester zu werden. In Innsbruck begann er im Herbst 1923 das Studium der Theologie und Philosophie. Mit 22 Jahren trat Reinisch in das Priesterseminar Brixen ein. Hier hatte er zum ersten Mal Kontakt mit den Pallottiner-Patern. Durch sie kam er später nach Schönstatt. Im Advent nahm er an einer Wallfahrt nach Rom teil. Höhepunkt dieser Pilgerreise war eine Papstaudienz am Heiligen Abend 1926. Zwei Jahre später, am 29. Juni 1928, wurde er im Innsbrucker Dom zum Priester geweiht. Noch im selben Jahr trat er am 3. November in das Pallottiner-Kloster Untermerzbach bei Bamberg ein. Hier wurde er mit strengen Hausregeln konfrontiert. Er lernte den Verzicht auf Dinge wie das Rauchen. Gleich zu Beginn der Studienzeit musste Franz Reinisch 150 Zigaretten abgeben. Schon nach drei Wochen im Noviziat plante er, dieses durch Flucht zu verlassen. Reinisch wollte über die Mauer des Noviziates an einer besonders günstigen Stelle am frühen Abend in die Freiheit flüchten. Als er jedoch an der Lourdes-Grotte vorbeikam, konnte er nicht weitergehen. Er begründete dies damit, es sei, als hätte ihn jemand festgehalten. Dieser Abend wurde für ihn zum Schlüsselerlebnis seiner Berufung. In Salzburg beendete er im Herbst 1932 sein Theologiestudium.

Die Zeit in Schönstatt

1933 wurde Franz Reinisch nach Friedberg bei Augsburg versetzt. Hier war er für die Jugendarbeit zuständig und schnell zeigte sich sein Talent für das Reden halten und Predigen. Besonders unter den jungen Menschen fand er viele begeisterte Zuhörer. Durch eine Priesterzeitschrift erfuhr er das erste Mal von Schönstatt. Fünf Jahre später, im Jahre 1938, nach mehreren Versetzungen nach Konstanz, Hohenrechberg, ans St. Paulusheim in Bruchsal, nach Salzburg und Untermerzbach, kam er schließlich nach Schönstatt. Hier wurde Franz Reinisch mit der Missionsarbeit und Männerseelsorge beauftragt. Er hielt hier besonders viele Einkehrtage, Exerzitien und Tagungen. Von Schönstatt aus unternahm er viele Reisen durch ganz Deutschland. Auch baute er eine enge Beziehung zu Pater Josef Kentenich auf. Sein Schicksal begann, als die Gestapo auf seine Reden aufmerksam wurde, in denen er ganz offen die Unvereinbarkeit des christlichen Glaubens mit den Vorstellungen des Nazi-Regimes thematisierte. Aus diesem Grunde erhielt er am 12. September 1940 Predigt- und Redeverbot. Um dennoch für die Kirche arbeiten zu können, übersetzte er kirchliche Nachrichten und Texte aus italienischen Zeitschriften ins Deutsche. Seinem Gewissen treu folgend besuchte er trotz des Redeverbotes Gruppen und stärkte diese im Glauben.

Seine Gewissensentscheidung

„Ich kann als Christ und Österreicher einem Mann wie Hitler niemals den Eid der Treue leisten. Es muss Menschen geben, die gegen den Missbrauch der Autorität protestieren; und ich fühle mich berufen zu diesem Protest.“

Franz Reinisch[2]

Am 12. September 1941 erhielt Reinisch den Gestellungsbefehl zum Eintritt in die Wehrmacht. Franz Reinisch, der davon überzeugt war, dass Hitler die Personifizierung des Antichristen sei, lehnte den Fahneneid auf Hitler ab, obwohl Kriegsdienstverweigerer schwere Strafen erwarteten. Obwohl viele ihm davon abrieten, bestärkte ihn in seiner Entscheidung Pater Josef Kentenich, der zu dieser Zeit bereits im Konzentrationslager Dachau inhaftiert war[1]. In der Zeit seiner Gewissensentscheidung betete er oft vor dem Marienbild im Heiligtum von Schönstatt und folgte er seinem Ideal „Liebe MTA, laß mich als liebesglühender Schönstatt-Apostel leben und sterben!“ Am Osterdienstag des Jahres 1942 erhielt er den Stellungsbefehl zum Eintritt in die Wehrmacht. Während seiner Gebete fiel die letzte Entscheidung, den Fahneneid nicht zu leisten. Bei einem letzten Besuch in Innsbruck teilte er seinen Eltern bei einem Friedhofspaziergang seine Entscheidung mit.

Am 15. April 1942 traf Franz Reinisch bewusst einen Tag später als befohlen in der Kaserne in Bad Kissingen ein und erklärte sofort seine Weigerung, den Fahneneid auf Hitler zu leisten. Er wurde verhaftet und vor das Kriegsgericht gebracht. Sein Prozess zog sich in die Länge, so dass er im Mai in das Gefängnis Berlin-Tegel gebracht wurde. Im August wurde Franz Reinisch nach Brandenburg bei Berlin verlegt, wo ihm der Richterbeschluss mitgeteilt werden sollte. Im Gefängnis schrieb er das Lied „Du bist das Große Zeichen“, gleichsam als sein Sterbelied in der Erwartung des Todesurteils. Am 20. August 1942 wurde um 20:00 Uhr das Todesurteil durch den Staatsanwalt verlesen, das er mit dem Ausspruch „Der Verurteilte ist kein Revolutionär, das heißt Staats- und Volksfeind, der mit Faust und Gewalt kämpft, er ist ein katholischer Priester, der die Waffen des Geistes und des Glaubens gebraucht. Und er weiß, wofür er kämpft.“[3] Franz Reinisch betete die ganze Nacht und schrieb noch einen Abschiedsbrief an seine Eltern und Geschwister. Eines der letzten Grußworte aus der Gefängniszelle war „Lieben und Leiden in Freuden. F. Reinisch“[4]. Am 21. August 1942 legte er um Mitternacht noch einmal die heilige Beichte ab. Um 1:00 Uhr empfing er die heilige Kommunion. Um 3:00 Uhr gab er alle Dinge ab, die er noch bei sich hatte: das Tüchlein, in das die Eucharistie gehüllt war, das Sterbekreuz, den Rosenkranz, einige Bücher und den Abschiedsbrief. Um 3:30 Uhr nahm man ihm Schuhe und Strümpfe ab, fesselte seine Hände auf dem Rücken und führte ihn in den Keller vor dem Hinrichtungsraum. Um 5:03 Uhr wurde Franz Reinisch enthauptet. Er war der einzige katholische Priester, der den Fahneneid verweigerte und hingerichtet wurde und gehört zur sogenannten Gruppe der „Märtyrer aus Nordtirol“. Er wird auch als „Märtyrer des Gewissens“ bezeichnet[3]. Seine Urne ist heute neben dem Urheiligtum in Schönstatt begraben.

Die Nachricht von der Hinrichtung Reinischs bestärkte auch den aus gleichen Motiven inhaftierten Franz Jägerstätter in seiner Entscheidung, den Kriegsdienst zu verweigern. Jägerstätter wurde 1943 hingerichtet.

Ehrungen

Der Seligsprechungsprozess wird vorbereitet.[5]

Sein Gedenktag ist der 21. August. Seit 1962 wird in der Nacht vom 20. auf den 21. August in der Reinisch-Vigil seiner gedacht.[6]

In Schwäbisch Gmünd erinnert eine am Kulturzentrum „Prediger“ angebrachte Tafel an die örtlichen Opfer des Nationalsozialismus, darunter auch Pater Reinisch. Im „Prediger“ waren ab 1938 auch Dienststellen der Gestapo eingerichtet.

In seiner Geburtsstadt Feldkirch ist der Franz-Reinisch-Weg nach ihm benannt, und in Innsbruck/Wilten bezeichnet seit 1983 eine Straßentafel den Pater-Reinisch-Weg[7]. Seit 2001 erinnert in der Verbandsgemeinde Vallendar die Pater-Franz-Reinisch-Brücke[8] an ihn. In Deutschland ist in Friedberg (Bayern) eine Straße nach ihm benannt, und die Schönstattjugend der Diözese Bamberg gab dem Reinisch-Haus seinen Namen[9]. Bad Kissingen erinnert an Reinisch seit 2001 durch einen Gedenkstein.[10] In Bad Kissingen steht auch das Pater-Reinisch-Haus der Schönstattbewegung im Bistum Würzburg, das seit 1979 seinen Namen trägt.[11]

Einzelnachweise

  1. a b Joachim Schmiedl: Reinisch, Franz in: Schönstatt-Lexikon. Fakten – Ideen – Leben. Patris-Verlag, Vallendar. 1996. ISBN 3-87620-195-0
  2. Gott in der Reichskanzlei und im KZ. Religion und Nationalsozialismus: Ein Aufriss von Robert Streibel, abgerufen am 27. April 2011
  3. a b Ekkart Sauser: Reinisch, Franz. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 7, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-048-4, Sp. 1558–1559.
  4. Spuren eines Blutzeugen auf der Website des Bistums Würzburg (23. März 2010), abgerufen am 27. April 2011
  5. Katholische Kirche in Österreich, abgerufen am 8. September 2009
  6. „Eine lebendige Tradition in Brandenburg – auch 2009 wieder“ von Markus O. Heinrich, abgerufen am 8. September 2009
  7. Ausstellung „Verkehrsflächen“ von Werner Kaligofsky, Galerie im Taxispalais Innsbruck, 2001
  8. „Heimatecho - Wochenzeitung der Verbandsgemeinde Vallendar“, zit. in „Schönstatt-Begegnungen“, abgerufen am 8. September 2009
  9. Erzbistum Bamberg, abgerufen am 8. September 2009
  10. „Standhaft bis in den Tod“ Schönstatt-Begegnungen 2001, abgerufen am 8. September 2009
  11. Pressestelle des Ordinariates Würzburg, veröffentlicht am 21. April 2008

Literatur

  • H. Kreutzberg: Franz Reinisch - ein Märtyrer unserer Zeit. Limburg an der Lahn, 1953.
  • Klaus Brantzen (Hrsg.): Im Angesicht des Todes. Tagebuch aus dem Gefängnis. Neuwieder, Neuwied 1987.
  • Klaus Brantzen (Hrsg.): Märtyrer der Gewissenstreue. Neuwieder, Neuwied 1987.
  • Karl von Vogelsang-Institut (Hrsg.): Gelitten für Österreich. Christen und Patrioten in Verfolgung und Widerstand. Norka, Wien 1989, ISBN 3-85126-007-4.
  • Provinzialat der Süddeutschen Pallottinerprovinz (Hrsg.): Widerstand aus dem Glauben. Dokumentation. Vorträge und Gottesdienst zum 50. Todestag von Pater Franz Reinisch SAC. Hofmann-Dr., Friedberg bei Augsburg 1992.
  • Jutta Dirksen: Wagnis Freiheit. Pater Franz Reinisch. Patris, Vallendar-Schönstatt 1993, ISBN 3-87620-167-5.
  • Klaus Brantzen: Pater Franz Reinisch - sein Lebensbild. Ein Mann steht zu seinem Gewissen, Neuwieder, Neuwied 1993.
  • Klaus Brantzen: Materialien über Franz Reinisch. Forschungsinst. Brenner-Archiv, Innsbruck 1996.
  • Wojciech Kordas: Mut zum Widerstand. Die Verweigerung des Fahneneids von P. Franz Reinisch als prophetischer Protest. EOS, St. Ottilien 2002, ISBN 3-8306-7109-1.
  • Heribert Niederschlag: Prophetischer Protest. Der Entscheidungsweg von P. Franz Reinisch. Patris, Vallendar-Schönstatt 2003, ISBN 3-87620-252-3.
  • Ekkart SauserReinisch, Franz. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 7, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-048-4, Sp. 1558–1559.

Weblinks


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