Freie Software

Freie Software

Freie Software (englisch free software) ist Software, die für jeden Zweck verwendet, studiert, bearbeitet und in ursprünglicher oder veränderter Form weiterverbreitet werden darf. Das schließt auch die kommerzielle Nutzung ein. Freie-Software-Lizenzen können eine Copyleft-Klausel enthalten, die besagt, dass bearbeitete und wiederveröffentlichte Versionen der Software ebenfalls frei sein müssen. Aber auch die BSD-artigen Lizenzen, die kein Copyleft erfordern, sind Freie-Software-Lizenzen.

Freier Software steht die unfreie und/oder proprietäre Software gegenüber, die diese Freiheiten nicht oder nicht in vollem Umfang bietet. Diese Unterscheidung wurde von der Free Software Foundation (FSF) geprägt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Abgrenzungen

Offizielles Logo der Free Software Foundation

Die Free Software Foundation definiert Software als Freie Software, wenn ihre Lizenz folgende Freiheiten einräumt:

  • Freiheit 0: Das Programm zu jedem Zweck auszuführen.
  • Freiheit 1: Das Programm zu studieren und zu verändern.
  • Freiheit 2: Das Programm zu verbreiten.
  • Freiheit 3: Das Programm zu verbessern und diese Verbesserungen zu verbreiten, um damit einen Nutzen für die Gemeinschaft zu erzeugen.

Für die Freiheiten (1) und (3) ist der Zugang zum Quelltext Voraussetzung, sonst wird das Verändern eines Programms schwierig bis unmöglich. Sind eine oder mehrere dieser Bedingungen nicht erfüllt, wird die Software als proprietär oder „unfrei“ bezeichnet.

Freeware

In der englischen Sprache bedeutet free nicht nur „frei“, sondern auch „kostenlos“ oder „kostenfrei“. Englischsprachige Entwickler und Aktivisten machen die Unterscheidung mit Free as in Freedom („Frei wie in Freiheit“) und free as in free beer („frei wie Freibier“) deutlich. Bei Freie Software (engl. Originalausdruck: free software) bezieht sich „frei“ auf die erste Definition, auf die Freiheiten für den Nutzer der Software. Zu den garantierten Freiheiten gehört auch, Freie Software zu einem beliebigen Preis verkaufen zu dürfen. Freie-Software-Lizenzen beinhalten eine Copyleft-Regelung (auch: share alike), das heißt, die Freiheiten dürfen bei der Verbreitung der Software nicht eingeschränkt werden.

Freeware hingegen bezieht sich auf die zweite Bedeutung, „kostenlos“. Diese Software räumt dem Benutzer nicht die von der Free Software Foundation aufgelisteten Freiheiten ein, sondern die der individuellen Lizenzvereinbarung mit dem Urheber. Daher gilt sie als „unfreie“ Software.

Open Source

Open Source (zu deutsch „quelloffen“) bezieht sich darauf, dass der Quellcode eines Programmes offenliegt, also nur eingesehen werden darf. Nicht nur das Programm wird verbreitet, sondern auch der Quellcode, auf Grundlage dessen das Programm erstellt wurde. Wer den Quellcode kennt, kann ihn, wie bei Freie Software, untersuchen („studieren“), jedoch je nach individuell gewährter Lizenzvereinbarung des Urhebers, nicht (legal) ändern und neue Programme daraus generieren. Das Bekanntsein des Quellcodes ist wichtig dafür, dass Software frei verbreitet werden kann. Technisch gesehen liegen Freie Software und Open Source nah beieinander, verfolgen allerdings unterschiedliche ethische Denkrichtungen.

Der Begriff „Open Source“ wurde von Eric S. Raymond, Bruce Perens und Tim O’Reilly, Gründer der Open Source Initiative (OSI), eingeführt. Sie glaubten, dass das unangenehme Thema Freiheit potentielle Geldgeber für entsprechende Projekte abschrecken könnte. In der Darstellung der Open-Source-Bewegung wird die Freiheit, die Freie Software den Benutzern gibt, daher nicht erwähnt. Sie betont, dass Open Source zu besserer und preisgünstigerer Software führt als geschlossene, proprietäre Konstruktionen.

Die Free Software Foundation hingegen meint, dass proprietäre Software allein schon aus moralischen Gründen abzulehnen sei, selbst wenn sie besser als quelloffene wäre. Software soll transparent und überprüfbar sein. Richard Stallman von der FSF lehnt die Bezeichnung Open Source und den dahinterstehenden Standpunkt grundsätzlich ab.

Dennoch arbeiten Anhänger beider Lager bei Projekten zusammen. Auch ist die GNU GPL die beliebteste Lizenz selbst bei Projekten, die von Open-Source-Anhängern dominiert werden. Alternative Kompromissbezeichnungen wie „Free/Libre Open Source Software“, die von Anhängern beider Positionen (einschließlich Richard Stallman) akzeptiert werden, sollen diese Gemeinsamkeiten betonen. Der Begriff „Open-Source-Software“ scheint mit der Betonung der Überlegenheit des Entwicklungsprozesses eher aus Sichtweise der Entwickler wiederzugeben, während der Begriff „Freie Software“ auch die Sicht der Anwender einbezieht.

Halbfreie Software

Aus Angst vor kommerzieller Ausnutzung oder amoralischem Gebrauch der eigenen Software gab und gibt es Bestrebungen, nicht alle Freiheiten aus der Definition freier Software in seiner Lizenz zu gewähren. Die Programmierer des Amiga-Emulators WinUae z. B. ärgerten sich darüber, dass das Unternehmen Cloanto den Emulator in einer Kollektion mit diversen Spielen und Hilfsprogrammen als Amiga Forever Pack für ungefähr 60 Dollar verkaufte. Die eMule-Entwickler sahen sich mit Unternehmen wie 3PO Web-Invest konfrontiert, die eine neue proprietäre Version (eMcrypt-Emule) erstellten und kommerziell vertrieben, die sich vom Original nur durch hinzugefügte Spyware unterschied. Solche Vorfälle führen zu Erwägungen eines Modells, das die Freiheiten der freien Software um die kommerzielle Weiterverbreitung vermindert (aber die sonstigen unverändert beibehält). Von der FSF wird so etwas als halbfreie Software (semi-free software) abgelehnt.

Geschichte

Entwicklungen im Vorfeld

1931 gründete Thomas J. Watson Sr. von IBM ein Methods Research Department um das Wissen zum Betrieb seiner Datenverarbeitungsverfahren zu sammeln und effektiv mit seinen Kunden zu teilen[2], was IBM mit den Nutzergruppen SHARE (Society to Help Avoid Redundant Effort) und GUIDE für seine Mainframe-Programmierung fortführte[3]. Bis 1970 wurde Software von IBM kostenlos und inklusive Quellcode zur Verfügung gestellt.[4] Zwischen 1960 und 1970 etablierte sich unter anderem an akademischen US-Einrichtungen (Stanford, Berkeley, Carnegie Mellon und MIT) eine „Hacker-Kultur“, für die es selbstverständlich war, eigene Software-Verbesserungen mit anderen Programmierern zu teilen. Programmierer tauschten die Software frei untereinander aus und gaben häufig den entsprechenden Quelltext weiter. Insbesondere in großen Benutzergruppen wie der DEC User Group (DECUS) war dies üblich. Es war auch gängige Praxis, den Quelltext der mit Computersystemen ausgelieferten Software mitzuliefern. Dadurch kamen viele Vorschläge für Verbesserungen und Fehlerkorrekturen zu den Computerherstellern zurück. Software wurde als Zugabe zu Computern gesehen, um diese nutzbar zu machen.

Am 23. Juni 1969[5] kündigte IBM neue Regeln für die Nutzung und Wartung seiner Software, getrennt von den Hardware-Nutzungsbedingungen an. Für Software wurde urheberrechtlicher Schutz in Verbindung mit Lizenzverträgen eingeführt.[6] Die bislange freie Dienstleistung zur Wartung und Weiterentwicklung von Software wurde gesondert berechnet, was einen eigenen Wirtschaftsmarkt für diesen Dienstleistungssektor begründete. In den späten 1970er Jahren begannen auch andere Unternehmen, „Softwarelizenzen“ einzuführen, welche den Nutzen, die Weitergabe und die Möglichkeit der Veränderung der Programme einschränkte. Außerdem wurden viele Programme nicht mehr im Quelltext geliefert, sondern nur noch in maschinenlesbarer Form, zum Schutz der Software als Geschäftsgeheimnis, was eine Veränderung nahezu unmöglich machte. Zusätzlich wurde es mit dem Aufkommen von finanzierbaren Mikrocomputern von IBM, Apple, Atari oder Commodore üblich, Software getrennt von Computer-Hardware zu verkaufen und den Quelltext vor der Konkurrenz zu verbergen, die Software wurde somit proprietär. Immer mehr Hacker wurden von den Softwareunternehmen angestellt, und die bisher wahrgenommenen Freiheiten wurden stark eingeschränkt, Software wurde zu einem künstlich verknappten Gut.

In diese Zeit fiel die Arbeit von Richard Stallman am „AI Lab“ (Abteilung für Künstliche Intelligenz) des Massachusetts Institute of Technology. Als dort ebenfalls proprietäre Software in den Laboren eingeführt wurde, bemühte Stallman sich darum, durch das Programmieren alternativer Software eine Monopolstellung proprietärer Anbieter zu verhindern. Er folgte damit seinen Prinzipien einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit, die einen freien und ungehinderten Austausch von Software vorsahen.

„Mit dem Verlust meiner Gemeinschaft war es unmöglich, weiterzumachen wie zuvor. Stattdessen stand ich vor einer gänzlich moralischen Entscheidung.
 
Die einfache Wahl wäre es gewesen, der proprietären Software-Welt beizutreten, Vertraulichkeitsvereinbarungen zu unterzeichnen und zu versprechen, meinen Mit-Hackern nicht zu helfen. Sehr wahrscheinlich würde ich auch Software entwickeln, die unter Vertraulichkeitsvereinbarungen ausgegeben würde, und so den Druck auf andere Leute erhöhen, ihre Kameraden auch zu verraten.
 
Ich hätte auf diese Art Geld verdienen und mich vielleicht mit dem Schreiben von Code vergnügen können. Aber ich wusste, dass ich am Ende meiner Karriere auf Jahre zurückblicken würde, in denen ich Wände gebaut habe; Wände, welche die Menschen voneinander trennen. Ich würde dann das Gefühl haben, dass ich mein Leben damit verbracht hatte, die Welt zu einem schlechteren Ort zu machen. […]
 
Eine andere Wahlmöglichkeit, die direkt, aber unerfreulich gewesen wäre, war, mich überhaupt nicht mehr mit Computern zu befassen. Auf diese Art wären meine Fähigkeiten nicht missbraucht worden, aber sie wären andererseits auch verschwendet worden. Ich wäre dann zwar nicht schuld daran, dass Computer-Nutzer voneinander getrennt und eingeschränkt werden, aber ich hätte es auch nicht verhindert.
 
Also suchte ich nach einem Weg, auf dem ein Programmierer etwas Gutes tun kann. Ich fragte mich selbst: Gibt es ein Programm oder Programme, die ich schreiben könnte, um wieder eine Gemeinschaft möglich zu machen?“

Richard Stallman[7]

Die Geburt „Freie Software“

Das Unternehmen AT&T entschied sich 1983, eine proprietäre Version seines UNIX auf den Markt zu bringen: UNIX System V. Im September 1983 gründete Richard Stallman das GNU Projekt mit dem Ziel, ein freies, UNIX-ähnliches Betriebssystem mit Namen GNU zu entwickeln.[8]

Damit die Idee der Freiheit auch rechtlich abgesichert sein würde, mussten freie Lizenzen erdacht werden. Stallman entwarf das Copyleft-Prinzip, das bedeutet, dass alle, die die Software (mit oder ohne Änderungen) weiter verteilen, auch die Freiheit zum Weitergeben und Verändern mitgeben müssen. Das Copyleft garantiert, dass alle Benutzer Freiheit haben. Auf diesem Prinzip beruhen die Lizenzen der GNU-Software.

Eine organisatorische Basis für GNU und Freie Software überhaupt ist die 1985 gegründete, gemeinnützige Stiftung Free Software Foundation (FSF). Für Softwareprojekte bestanden in den frühen und mittleren achtziger Jahren noch jeweils individuelle Lizenzen. Stallman verband die Rahmenpunkte zu einer einzelnen Lizenz und veröffentlichte 1989 die GNU General Public License (GNU GPL). Diese ist die heute am stärksten verbreitete Lizenz für Freie Software.

1991 war das GNU Betriebssystem bis auf den Betriebssystemkern (Kernel) vollständig. Einige Leute erkannten, dass Linux, ein damals proprietärer Betriebssystemkern für Minix, sich für GNU eignen könnte. Nachdem die Entwickler den Betriebssystemkern Linux unter die GNU GPL stellten, konnte man zum ersten Mal ein vollständig freies Betriebssystem einsetzen. Mit der darauffolgenden rasanten Entwicklung und Verbreitung von GNU und Linux, also GNU/Linux, wurde Freie Software von immer mehr Menschen genutzt.

Bekannte Beispiele

Persönlichkeiten

Software

Im Juli 2007 waren über 5000 Software-Pakete im „FSF/UNESCO Free Software Directory“ eingetragen [9], welches 1999 ebenfalls als ein Projekt der FSF startete.

Einige der wichtigsten Projekte sind:

Geschäftsmodelle

Freie Software kann, gemäß den vier Freiheiten, meist nahezu beliebig kopiert und weitergegeben werden. Freie Software darf zwar zu einem beliebig hohen Preis verkauft werden, doch ist sie fast immer auch kostenlos im Internet erhältlich, und so ist ihr Verkaufswert auf Datenträgern meist nicht viel höher als die Selbstkosten. Eine bemerkenswerte Ausnahme ist das GNU-Projekt, das freie Software mit deutlicher Profitspanne anbietet und in den 1980er-Jahren auch einen erheblichen Teil seiner Einnahmen aus dem Verkauf von Software bestritt. Das GNU-Projekt hatte damals jedoch wegen seiner zentralen Rolle bei der Entwicklung freier Software und der damals geringen Verbreitung und Leistungsfähigkeit des Internets eine besondere Rolle, die es heute nicht mehr gibt.

Einige Geschäftsmodelle, die mit freier Software zu tun haben, konzentrieren sich deswegen auf den Dienstleistungsaspekt der Softwareentwicklung, -weiterentwicklung und -anpassung. Wartung und individuelle Anpassung der Software sowie Schulung und technische Unterstützung sind für die Kunden vorrangig. Unternehmen, die allein diese Dienstleistungen als Geschäftsstrategie gewählt haben, sind zum Beispiel MySQL AB, Red Hat und Qt Development Frameworks. Freie Software unterliegt keiner Rivalität und auch nicht der Ausschließbarkeit, ist somit ein reines öffentliches Gut und kann per Definition nicht einem üblichen Marktgeschehen unterliegen. Dennoch betrachten die Herausgeber proprietärer Software sie als eine ernste Bedrohung für ihr Geschäftsmodell der Lizenzierung und versuchen deshalb, potenzielle Kunden von der Benutzung freier Software abzuhalten. Trotzdem sind Hersteller proprietärer Software auch aktive Nutzer von freier Software und unterstützen z. B. die Verfügbarkeit von proprietärer Software auf Plattformen, die auf freier Software basieren.

Als Argumente für ihre Produkte führen Hersteller proprietärer Software unter anderem mehr Garantien, bessere Qualität – besonders im Hinblick auf Benutzerfreundlichkeit und bessere Dienstleistungen – an. Solche Argumente, die auf Versprechungen von Open Source, nicht von freier Software kontern, hat Richard M. Stallman wiederholt als tendenziös und thematisch verfehlt angegriffen; in seinen Augen ist die Entscheidung für oder gegen freie Software primär eine ethische und soziale Entscheidung, von der nicht durch Qualitätsdiskussionen abgelenkt werden darf.

Lizenzen

Es gibt verschiedene Typen von Lizenzen, die die Kriterien freier Software erfüllen:

  • Copyleft-Lizenzen, die GNU General Public License (GNU GPL) ist die am häufigsten verwendete. Der Autor behält das Copyright, und es sind Klauseln enthalten, dass veränderte und weitergegebene Software frei bleibt. Auch der Quellcode muss zur Verfügung gestellt werden.
  • Bei BSD-artigen Lizenzen behält der Autor das Copyright. Diese dem Grundsatz „Ehre, wem Ehre gebührt“ folgende Lizenz enthält den Namen des Autors und oft auch eine Haftungsbeschränkung. Veränderung und Weitergabe in jeder Form ist erlaubt, das heißt sie darf auch in proprietäre Software eingebaut werden. In diese Klasse fallen die Apache-Lizenz und die MIT-Lizenz.
  • Gemeinfreiheit. Der Autor verzichtet auf das Copyright. Damit kann jeder alles mit der Software machen, sie etwa in eigene Programme einbauen, verkaufen oder sie selbst wieder zu proprietärer Software machen. Gemeinfreiheit ist jedoch keine Lizenz, sondern ein gemeinfreies Werk ist besitzlos. In Staaten, in denen keine Gemeinfreiheit von Software möglich ist (etwa in Teilen der Europäischen Union), weil etwa die Urheberrechtsgesetze eine bewusste Übergabe in die Gemeinfreiheit nicht zulassen und die Schutzfristen nach dem Tod eines Autors so lang sind, dass noch keine Gemeinfreiheit jemals geschriebener Software eingetreten ist, wird statt der Gemeinfreiheit eine Lizenzierung verwendet, die dem Lizenznehmer keinerlei Verpflichtungen auferlegt und ihn von allen durch die allgemeinen Copyright-Regelungen auferlegten Beschränkungen befreit (zum Beispiel die Do What The Fuck You Want To Public License (WTFPL)).

Freie Software aus gesellschaftlicher Sicht

Beitrag zur Diskussion über die Wirtschaftsordnung

Einige Menschen sehen in der Freie-Software-Bewegung Ansätze, die Möglichkeiten zur Überwindung des Kapitalismus zu zeigen. In Deutschland beschäftigt sich unter anderem das Projekt Oekonux mit dieser Thematik. Andere sehen in freier Software lediglich einen weiteren Wettbewerber innerhalb der marktwirtschaftlichen Ordnung. Die Freiheit, die Software in andere Sprachen zu übersetzen, kommt besonders denjenigen Sprachgruppen zugute, für die eine Übersetzung bisher kommerziell nicht interessant war.

Beitrag zur Reduktion der digitalen Kluft

Die Freiheit der Software wird vom 3. UNO-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) als schützenswert anerkannt. Sie gehört zu den elementaren Forderungen der Zivilgesellschaft, mit der die „Digitale Kluft“ überwunden werden soll. Unter „digitaler Kluft“ wird die Spaltung in Regionen der Erde bezeichnet, die sich die Schaffung von IT-Infrastruktur und damit vor allem die Teilnahme am Internet leisten können, und solchen, die dies nicht können. Anders als bei proprietärer Software fließt bei der Verwendung freier Software kein Geld in fremde Länder ab, wo die Anbieter proprietärer Software ihren Unternehmenshauptsitz haben. Alle Mittel, die vor Ort für die IT bereitstehen, können daher unmittelbar in die IT-Wirtschaft vor Ort einfließen.

„Durch Freie Software haben Entwickler in anderen Kulturräumen die Freiheit, Programme an ihre Sprache und Gegebenheiten anzupassen, um sie dann kommerziell oder nichtkommerziell weiterzugeben. Bei proprietärer Software ist dies generell verboten und von der Gnade des Herstellers abhängig“

Georg Greve, damaliger Präsident der Free Software Foundation Europe und Vertreter des zivilgesellschaftlichen WSIS Koordinierungskreises in der deutschen Regierungsdelegation, 2003)[10]

Gefahren für freie Software

Proprietäre Schnittstellen

Hardware-Hersteller gehen immer mehr dazu über, die Schnittstellenspezifikationen geheim zu halten, um der Konkurrenz die Nachahmung technischer Lösungsansätze zu verwehren. Der Grund hierfür liegt im zunehmenden Wettbewerbsdruck und darin, dass es billiger ist und schneller geht, einen solchen Schutz technisch einzubauen, als das errungene geistige Gut durch ein Patent für sich zu reservieren. Wenn nicht öffentlich dokumentiert ist, wie die Geräte anzusteuern sind, erleidet die Hardwareunterstützung freier Betriebssysteme mittels freier Treiber einen schweren Rückschlag, da sie allenfalls noch durch Reverse Engineering in Gang gebracht werden kann.

Andererseits haben die Hersteller die Benutzer der wichtigeren freien Betriebssysteme (vor allem GNU/Linux – wobei insbesondere Linux und der X.Org-Server relevant sind) als Kundengruppe erkannt. Viele von ihnen stellen jedoch proprietäre Treiber zur Verfügung. Diese Treiber stoßen unter den Anhängern freier Software auf höchst geteilte Meinungen: einige sind glücklich darüber, dass sie die „Unterstützung“ der Hardware-Hersteller gewonnen haben und deren Hardware durch das von ihnen bevorzugte Betriebssystem nun mehr oder weniger unterstützt wird, andere lehnen proprietäre Treiber grundsätzlich ab.

Von einer generellen Schnittstellenfreigabe würden die Benutzer freier Betriebssysteme sicherlich profitieren. Neben den ideologischen kommen hier auch Fragen der Systemstabilität zum Tragen: sollte beispielsweise ein proprietärer Linux-Netzwerkkartentreiber regelmäßig zu Abstürzen des Systems führen, wären die Linux-Entwickler dagegen machtlos und es hinge vom Gutdünken des Herstellers ab, ob der Fehler behoben wird.

Softwarepatente

Die regelmäßig in den Schlagzeilen auftauchenden Softwarepatente haben auf freie Software einen besonders schwerwiegenden Einfluss, denn es ist zum Teil rechtlich noch nicht einmal möglich, mit freier Software die Patentauflagen zu erfüllen. Diese bestehen nämlich in einigen Fällen auf einer Gebühr pro in Umlauf gebrachter Kopie, aber freie Software verlangt gerade, dass der Herausgeber darauf keinen Einfluss haben darf. Selbst wenn er die Lizenzgebühren zum Beispiel durch Spenden zahlen würde, müsste er eine genaue Zahl der Kopien, die im Umlauf sind, vorlegen können, womit es keine freie Software mehr wäre.

Trusted Computing

Trusted Computing kann Veränderungen an einer Computer-Plattform eindeutig erkennen und damit sowohl externe Software-Angriffe als auch Veränderungen durch den Benutzer, Konfigurationen, Fehlfunktionen, Sicherheitslücken oder von Anwendungsprogrammen eindeutig identifizieren. Die Reaktion auf eine solche Veränderung kann (aber muss nicht) durch ein entsprechendes, sicheres Betriebssystem erfolgen. Trusted Computing kann daher auch zur Absicherung von Digital Rights Management (DRM) und zum Kopierschutz verwendet werden.

Politisch gesehen muss freie Software immer vom Benutzer ersetzbar und veränderbar sein. Software, die in binärer Form zertifiziert sein muss, ist dies nicht. Technisch gesehen kann in freier Software vor dem Benutzer nichts im Binärcode verheimlicht werden, weil der Quellcode für jeden zugänglich sein muss. Somit kann die Verschlüsselung, mit der die Daten vor dem Benutzer „bewahrt“ werden, einfacher hintergangen werden.

Eine weitere Inkompatibilität tut sich mit dem Kopierschutz von DVDs auf: Die Umgehung wirksamer Kopierschutzmaßnahmen ist seit den um die Jahrtausendwende weltweit nach und nach etablierten Reformen zum Copyright (in den USA der Digital Millennium Copyright Act (DMCA)) gesetzlich nur noch mit Zustimmung des Rechteinhabers erlaubt. Dieses Verbot erstreckt sich auch auf die Herstellung oder Verbreitung von Programmen, die diese Maßnahmen umgehen können, so dass freie Abspielsoftware für kopiergeschützte DVDs nicht legal geschrieben werden kann – aus ihren natürlichen Interessen heraus würden die Rechteinhaber ihre Zustimmung dazu niemals erteilen, weil dadurch der Sinn der Maßnahmen ad absurdum geführt würde.

Falls Hardwarehersteller wie Intel oder AMD funktionseinschränkende Verfahren in Chipsätze oder Prozessoren implementieren sollten, könnte freie Software den vollen Funktionsumfang möglicherweise nur noch auf freier Hardware entfalten.

Siehe auch

 Portal:Freie Software – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Freie Software

Literatur

  • Volker Grassmuck: Freie Software zwischen Privat- und Gemeineigentum. 2. Auflage, bpb, Bonn 2004, ISBN 3-89331-432-6 (online, PDF, 1,5 MB; Website zum Buch).
  • Stefan Meretz: Linux & Co. Freie Software – Ideen für eine andere Gesellschaft. AG SPAK Bücher, Neu-Ulm 2000, ISBN 3-930830-16-7.
  • Bernhard E. Reiter: Wandel der IT: Mehr als 20 Jahre Freie Software. In: HMD, Heft 238, August 2004, S. 83–91, ISSN 1436-3011 (online).
  • Edward Viesel: Freiheit statt Freibier. Geschichte und Praxis der freien digitalen Welt – mit einer Einführung in Linux. Unrast Verlag, Münster 2006, ISBN 3-89771-450-7.
Siehe auch: Literatur über Freie und Open-Source-Software

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kategorien freier und unfreier Software – GNU Projekt – Free Software Foundation (FSF)
  2. Pugh, E.W. Origins of software bundling IEEE Annals of the History of Computing, Bd. 24, Nr. 1, Jan.-März 2002 Seiten 57–58 DOI 10.1109/85.988580
  3. Johnson, L. A view from the 1960s: how the software industry began IEEE Annals of the History of Computing, Bd. 20, Nr. 1, Jan.-März 1998 Seiten 36–42 DOI 10.1109/85.646207
  4. Johnson, L., a.a.O. Conclusion, letzter Absatz
  5. Grad, B. A personal recollection: IBM’s unbundling of software and services IEEE Annals of the History of Computing, Bd. 24, Nr. 1, Jan.–März 2002 Seiten 64–71 DOI 10.1109/85.988583
  6. Humphrey, W.S. Software unbundling: a personal perspective IEEE Annals of the History of Computing, Bd. 24, Nr. 1, Jan–März 2002 Seiten 59–63 DOI 10.1109/85.988582
  7. Richard Stallman: Das GNU Projekt auf gnu.org, 22. Oktober 2006
  8. Richard Stallman: Initial Announcement auf net.unix-wizards, net.usoft, 27. September 1983
  9. FSF/UNESCO Free Software Directory auf der Webseite der FSF, 2007
  10. Freiheit der Software wird endlich von der UNO als schützenswert anerkannt, Artikel des Netzwerks Neue Medien, 26. September 2003
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