Hans-Heinrich Jescheck

Hans-Heinrich Jescheck

Hans-Heinrich Jescheck (* 10. Januar 1915 in Liegnitz, Schlesien; † 27. September 2009 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Rechtswissenschaftler.

Sein Vater war Rechtsanwalt und Notar. 1924 kam er an das humanistische Gymnasium in Liegnitz, der Ritterakademie. Beeindruckt hat ihn eine „Hellas-Fahrt“ in die Magna Graecia 1932 unter der Leitung von Wilhelm Dörpfeld. Im März 1933 legte er sein Abitur ab. Er hielt die Abiturrede über den Tag von Potsdam. Jescheck studierte in Freiburg im Breisgau, in München und in Göttingen Rechtswissenschaften. Er wurde Mitglied der Burschenschaft Franconia Freiburg.[1] Er hörte Fritz Pringsheim, Erik Wolf und Eduard Kern. Bei Kern promovierte er 1937 nach seinem ersten Staatsexamen 1936 über die Juristenausbildung und habilitierte er 1949 über das Völkerstrafrecht (Verantwortlichkeit der Staatsorgane). Im November 1937 wurde er zum Wehrdienst eingezogen und kam zur 18. Infanterie-Division die bei Liegnitz lag. Kurz vor Ende der Dienstzeit brach der Zweite Weltkrieg aus. Als Angehöriger der 18. Infanterie-Division kam er durch ganz Europa: Polen 1939 (Unteroffizier und Kompanietruppführer), Frankreich 1940 (Leutnant und Ordonnanzoffizier), Sowjetunion 1941 (Leutnant und Panzerjägerzugführer). 1942 wurde er Oberleutnant. 1943 legte er die Notassessorprüfung ab. Im selben Jahr wurde er Hauptmann. 1944 kam wieder an die Ostfront und wurde verwundet. Er geriet 1945 in französische Kriegsgefangengenschaft. Im Lager Mulsanne bei Le Mans unterrichtete er in der Lageruniversität u.a. mit Carl Hermann Ule. Später kam er nach St. Denis in ein „Centres d'études pour prisonniers de guerre allemandes“, wo er mit des den Spitzen der französischen Gesellschaft in Kontakt kam: Joseph Rovan, André Maurois, Raymond Aron, Emanuel Mounier, André François-Poncet. Juni 1947 wurde er aus der Kriegsgefangenenschaft entlassen. In Freiburg wurde er als Richter am Landgericht angestellt und Zivil- und Strafrecht zugeteilt. Später wurde Oberlandesgerichtsrat. Kurz vor Ende der Habilitation 1949 wurde Jescheck alleinerziehender Witwer. Im Oktober 1952 wurde er durch Walter Strauß angefordert an das Bundesjustizministerium abgeordnet. Dort freundete er sich mit Eduard Dreher und Karl Lackner an. In Bonn hatte er erneut geheiratet. In der Bonner Zeit nahm er an den Verhandlungen über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft teil. 1954 wurde er in die Große Strafrechtskommission berufen (bis 1959).

1954 übernahm er den Lehrstuhl für Straf- und Strafprozessrecht des zuvor verstorbenen Adolf Schönke in Freiburg im Breisgau (bis 1980). Am gleichen Lehrstuhl wurde er Direktor des Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht, das seit 1966 als Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht firmiert (bis 1982). Während seiner Lehrtätigkeit wurde er 1962 zum Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät und 1964 zum Rektor der Universität Freiburg im Breisgau gewählt. Jescheck war zugleich seit 1954 Richter im Nebenamt am Oberlandesgericht Karlsruhe (bis 1975). Von 1974 bis 1983 war er Präsident der Gesellschaft für Rechtsvergleichung.Von 1979 bis 1989 war er Präsident der Association Internationale de Droit Pénal, dessen Generalsekretär bereits 1950 war. 1990/91 hielt er aushilfsweise Vorlesungen in Greifswald.

Nach seiner Meinung ist „das Strafrecht (…) ohne die Kriminologie blind, Kriminologie ohne Strafrecht (…) uferlos“.

Jescheck war Träger mehrerer Ehrendoktorwürden, des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland (verliehen 1984) und der Beccaria-Medaille. Er war Mitherausgeber der Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft.

Inhaltsverzeichnis

Festschrift zum 90. Geburtstag

Literatur

  • Ulrich Sieber: Hans-Heinrich Jescheck †. In: NJW. 2009, S. 3291.
  • Ulrich Sieber: Hans-Heinrich Jescheck zum Gedächtnis. In: ZStW. 121, Heft 4, 2009, S. 813ff.
  • Eric Hilgendorf (Hrsg.): Die deutschsprachige Strafrechtswissenschaft in Selbstdarstellungen. Berlin, New York 2010, S. 167ff.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Willy Nolte (Hrsg.): Burschenschafter-Stammrolle. Verzeichnis der Mitglieder der Deutschen Burschenschaft nach dem Stande vom Sommer-Semester 1934. Berlin 1934. S. 1031.


Vorgänger Amt Nachfolger
Bernhard Panzram Rektor der Universität Freiburg
1964-1965
Helmut Baitsch

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