Schienenverkehr in Namibia

Schienenverkehr in Namibia

Der Schienenverkehr in Namibia wird auf einem weitmaschigen, 2626 Kilometer[1] langen Streckennetz betrieben. Betreiber ist heute das staatliche Unternehmen TransNamib.

Das Streckennetz stammt in seiner Länge und Ausstattung zum Großteil noch aus der Zeit Deutsch-Südwestafrikas, wird jedoch seit Mitte der 1990er Jahre saniert und ausgebaut.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Netz

Deutsche Kolonialzeit

Der Beginn

Die Grundstruktur des namibischen Eisenbahnnetzes stammt aus der Zeit, als das Land als Deutsch-Südwestafrika eine Kolonie des Deutschen Reichs war.

Das aride Südwestafrika war landwirtschaftlich nicht sehr ergiebig, so dass am Anfang der gesamte Überlandtransport mit Ochsenwagen erfolgte. Dieses Verkehrssystem brach nach einer Rinderpest 1897 weitestgehend zusammen.

Da aufgrund der nun extrem prekären Transportsituation schnell reagiert werden musste, wurde die Entscheidung getroffen,

  1. eine Bahnstrecke vom deutschen Hafen Swakopmund nach Windhoek zu errichten,
  2. dafür vorhandenes, militärisches Feldbahn-Material der 600-mm-Spur zu verwenden und
  3. eine Eisenbahnbrigade mit dem Bau zu beauftragen, der im September 1897 begonnen wurde.

Der Betrieb der Gesamtstrecke wurde am 19. Juni 1902 aufgenommen.

Netzaufbau

Eisenbahnbrücke über den Swakop bei Okahandja, um 1910
Bahnhof Karibib 1920

Der an diese erste Strecke anschließende Eisenbahnbau, richtete sich teils nach militärstrategischen Gesichtspunkten in Konsequenz aus dem Aufstand der Herero und Nama, zum Teil nach wirtschaftlichen Erfordernissen. So entstanden bis zum Ersten Weltkrieg die Strecken (Jahr der vollständigen Inbetriebnahme):

Werksbahn der Diamantenfelder

Die Werksbahn der Diamantenfelder zwischen Kolmannskuppe und Bogenfels in 600-mm-Spur wurde seit 1911 elektrifiziert und war damit die bis heute einzige elektrisch betriebene Eisenbahn Namibias. Da der Diamantenabbau immer weiter nach Süden wanderte, wurde der nördliche Teil der Bahn bis Pomona 1931 aufgegeben und das Material zum Teil für die Erweiterung der Bahn Richtung Oranjemund verwendet. Der südliche Abschnitt wurde mit Dieseltraktion betrieben. Die Bahn existiert heute nicht mehr, der Abbau erfolgt heute mit Bulldozern und Lkw.

Erster Weltkrieg und danach

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs räumte die deutsche Schutztruppe die Küste, zog sich ins Landesinnere zurück und zerstörte dabei die Otavibahn und die alte Staatsbahntrasse in Richtung Karibib bis Rössing. Die Briten setzten von der britischen Enklave Walfischbucht sofort nach und errichteten noch 1914 eine 37 Kilometer lange Bahn nach Swakopmund in Kapspur. Auch der Wiederaufbau der Otavibahn in Richtung Karibib erfolgte in Kapspur, wobei das letzte Stück zwischen Usakos und Karibib neu trassiert wurde. Das Netz nördlich von Usakos verblieb im 600-mm-Betrieb. Die Werkstatt für beide Betriebsarten wurde in Usakos zusammengefasst, die in Karibib geschlossen.

Das benachbarte Südafrika war ebenfalls Kriegsgegner des Deutschen Reichs. Von dort wurde – in Verlängerung der Strecke De AarPrieska – der Eisenbahnbau vorangetrieben, um einen sicheren Nachschubweg für die südafrikanischen Truppen zu erhalten. 1916 wurde das Gleis in Kalkfontein/Karasburg an das deutsche Netz angeschlossen.

Netzaufbau

Personenzug in Namibia zur Zeit der südafrikanischen Besetzung

Unter südafrikanisch/britischer Regie entstanden so die Strecken (Jahr der vollständigen Inbetriebnahme):

  • 1914: Walfishbay–Swakopmund in 1067-mm-Spur
  • 1915: Swakopmund–Karibib: Wiederaufbau in 1067-mm-Spur
  • 1915/1916: (De Aar)–Nakop (Grenze)–Kalkfontein in 1067-mm-Spur
  • 1921: Otjiwaronge–Outjo in 600-mm-Spur (beruhte auf deutschen Vorarbeiten)
  • 1929: Bahnstrecke Windhoek–Gobabis in 1067-mm-Spur
  • Ab 1958 wurde die Otavibahn nördlich von Usakos schrittweise auf 1067 mm umgespurt, wobei die Trasse parallel aber überwiegend neu zur bestehenden angelegt wurde; Inbetriebnahme 1961.

Mandatszeit

Seit August 1915 wurde das Eisenbahnnetz von Südwestafrika de facto von der South African Railways betrieben und ihr 1922 auch offiziell zugeschlagen.

Seit 1959 wurden schrittweise die Dampflokomotiven durch Diesellokomotiven ersetzt, für die ein Bahnbetriebswerk in Windhoek errichtet wurde. Dies erleichterte den Betrieb sehr, da in Namibia das Wasser knapp ist und die Kohle für die Maschinen ebenfalls aus dem Transvaal herbeigeschafft werden musste.

Gegenwart

Güterzug südlich von Keetmanshoop

Das Eisenbahnnetz wird seit der Unabhängigkeit Namibias von TransNamib betrieben. Aufgrund der mehr als 100 Jahren alten Grundstruktur werden seit Mitte der 1990er-Jahre zahlreiche Streckenabschnitte saniert. Da dieses Sanierungen bei Weitem noch nicht abgeschlossen sind, wurden zahlreiche Streckenabschnitte für den Personenverkehr in den letzten Jahren gesperrt.[3]

Netzaufbau

Alle neu gebauten beziehungsweise sanierten Bahnstrecken wurden in 1067-mm-Spur (Kapspur) errichtet.

2006: Die Bahnstrecke Tsumeb–Oshikango ist in ihrem ersten Abschnitt bis Ondangwa 2006 als komplette Neubaustrecke in Betrieb genommen worden. Der zweite Streckenabschnitt bis Oshikango geht aufgrund finanzieller Probleme nur langsam voran.[4] In einer dritten Phase soll Oshakati angeschlossen werden. Langfristig wird sogar eine Verbindung mit den angolanischen Bahnen (CFA) angestrebt.

Am 8. März 2010 wurde zudem ein Vertrag über den Bau einer Bahnstrecke von Otavi zur Zementfabrik Ohorongo geschlossen,[5][6] die im März 2011 betriebsbereit war.[7]

Nach etwa 11 Jahren Bauzeit soll 2012 die Sanierung der Südbahn (Bahnstrecke Lüderitz–Seeheim) zwischen Aus und Lüderitz abgeschlossen werden. Die Sanierung und Ausbau soll dann mehr als 675 Millionen Namibia-Dollar gekostet haben.[8]

Geplante Strecken

Es ist der Bau einer Dreiländer-Bahnstrecke zum Abtransport von Kohle aus Botsuana und Südafrika geplant. Diese Strecke soll den geplanten Hafen Angra Fria im Norden Namibias erschließen (Arbeitsbezeichnung: „Trans-Caprivi Railway Line“).[9]

Die sogenannte Ostbahn oder auch Trans-Kalahari-Bahn (Arbeitsbezeichnung: „TransKalahari Railway Line Development“) befindet sich derzeit in der Planungsphase.[10][11]

Museum

Panzerfahrzeug aus der Zeit der südafrikanischen Besetzung im TransNamib-Museum in Windhoek
  • Das TransNamib-Museum ist das zentrale Eisenbahnmuseum von Namibia. Es ist im ersten Stock des historischen Empfangsgebäudes des Bahnhofs von Windhoek untergebracht. Einige Fahrzeuge werden auch auf dem Freigelände vor dem Bahnhof gezeigt.
  • Ein Zug der 600-mm-Spur ist im Namibischen Nationalmuseum in Windhoek ausgestellt – einschließlich für diese Spurweite unüblicher Schlafwagen.
  • Weitere historische Züge befinden sich unter anderem in Usakos und Otjiwarongo

Siehe auch

Literatur

  • Brenda Bravenboer und Walter Rusch: The First 100 Years of State Railways in Namibia, Windhoek 1997, ISBN 0-86976-401-2
  • Günther Klebes: Die Lokomotiven der Eisenbahnen in den ehemals Deutschen Schutzgebieten im Bild. Verlag und Büro für spezielle Verkehrsliteratur Rohr, Krefeld 1978, ISBN 978-3884900864.
  • Helmut Schroeter: Die Eisenbahnen der ehemaligen deutschen Schutzgebiete Afrikas und ihre Fahrzeuge = Die Fahrzeuge der deutschen Eisenbahnen 7, Frankfurt 1961.
  • Beat H. Schweizer: Bahnen in Namibia, 110 Jahre Schienentransportsystem im ehemaligen Deutsch Südwest-Afrika. TrevorB Editions, Somerset West 2007, ISBN 3-907579-99-2

Einzelnachweise

  1. Schienenstrecke wird ersetzt, Allgemeine Zeitung, 31. Januar 2011
  2. Angabe nach Schroeter; Bravenboer erwähnt die Bahn nicht.
  3. Bahnnetz soll Priorität genießen, Allgemeine Zeitung, 14. Juli 2010
  4. Notschrei für Bahnsanierung, Allgemeine Zeitung, 30. Juni 2009
  5. Vertrag für Bau von Bahnanschluss, Allgemeine Zeitung, 9. März 2010
  6. Anschluss per Gleis, Allgemeine Zeitung, 19. Mai 2010
  7. Desie Heita: Ohorongo cement now available, 4. März 2011, Zugriff am 15. September 2011
  8. Südbahn kommt nur langsam in Fahrt, Allgemeine Zeitung, 14. Dezember 2009
  9. Transport durch drei Länder, Allgemeine Zeitung, 17. Dezember 2009
  10. Kleine Schritte zur Ostbahn, Allgemeine Zeitung, 5. Januar 2011
  11. Entwicklungsprojekte des Ministerium für Öffentliche Arbeiten und Verkehr abgerufen am 25. Februar 2011

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