Schlacht um Monte Cassino

Schlacht um Monte Cassino
Schlacht um Monte Cassino
Teil von: Zweiter Weltkrieg
Die Stadt Cassino nach der Schlacht.
Die Stadt Cassino nach der Schlacht.
Datum 17. Januar18. Mai 1944
Ort Monte Cassino (Italien)
Ausgang Sieg der Alliierten nach deutschem Rückzug
Konfliktparteien
Befehlshaber
Harold Alexander
Mark W. Clark
Oliver Leese
Bernard Freyberg
Władysław Anders
Alphonse Juin
Albert Kesselring
Heinrich von Vietinghoff
Richard Heidrich
Fridolin von Senger und Etterlin
Truppenstärke
105.000 Soldaten 80.000 Soldaten
Verluste
12.000[1][2][3] – 55.000 Soldaten[4] 20.000 Soldaten

Die Schlacht um Monte Cassino (17. Januar bis 18. Mai 1944) war mit vier Monaten Dauer eine der längsten und blutigsten Schlachten des Zweiten Weltkrieges, mit schweren Verlusten auf beiden Seiten. Sie wird wegen der vielen unter den Alliierten kämpfenden Nationalitäten auch als die Vielvölkerschlacht des Zweiten Weltkrieges bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Ausgangslage

Der Montecassino war ein wichtiger strategischer Punkt einer quer durch Italien gezogenen deutschen Verteidigungslinie, der Gustav-Linie. Auf dem Gipfel des Berges liegt in 516 m Höhe das 1.300 Jahre alte benediktinische Kloster. Es bildete aufgrund dieser Lage einen deutlichen taktischen Vorteil für seine Verteidiger, da es eine weiträumige Sicht- und Schusslinie verschaffte.

Auch aus strategischen Gründen waren die deutschen Stellungen hier im Westen Italiens am stärksten ausgebaut, denn das Vordringen der Alliierten durch das Liri-Tal in Richtung Rom sollte verhindert werden. Tatsächlich kam deren Vorstoß trotz enormer Übermacht an Menschen und Material Ende 1943 an der Linie vor Cassino zum Stillstand.

Angriffswellen

Am 17. Januar 1944 begannen die alliierten Truppen mit Angriffen auf die Stellungen der deutschen 1. Fallschirmjäger-Division unter Generalleutnant Richard Heidrich um die Stadt und den Berg, ab 25. Januar als Daueroffensive. Diese Vorstöße blieben ohne Erfolg und brachten den angreifenden US-Einheiten hohe Verluste. Sie zogen sich darauf zurück und wurden von Neuseeländern abgelöst. Für eine zweite Angriffswelle verlangte der Kommandeur der 2. Neuseeländischen Division, Generalleutnant Bernard Freyberg, die Bombardierung der deutschen Stellungen und des Klosters, in dem eine deutsche Funkstation vermutet wurde. Allerdings hatte bis dahin lediglich General von Senger und Etterlin das Kloster alleine betreten und den Verzicht auf deutsche Stellungen in und nahe diesem Gebäude den Alliierten auch offiziell mitteilen lassen. Zu einer Umgehung des Klosters, die mit einer aufwändigen Kesselbildung verbunden gewesen wäre, sahen sich die Alliierten zu diesem Zeitpunkt aufgrund ihrer hohen Verluste nicht in der Lage.

Zerstörung des Klosters

Lkw-Verladung der in Holzkisten verpackten Kunstwerke

Wegen der besonderen historischen Bedeutung hatte der deutsche Oberbefehlshaber in Italien, Generalfeldmarschall Albert Kesselring, verboten, das Kloster in die deutschen Stellungen einzubeziehen; diese Entscheidung ließ er den Alliierten auch mitteilen.

Als die Alliierten weiter nach Norden auf das Kloster vorstießen, stellten sich Truppen der Fallschirm-Panzer-Division Hermann Göring unter Oberstleutnant Julius Schlegel den Mönchen des Klosters zur Verfügung, um die einzigartigen Kulturschätze, darunter etwa 1200 historische Bücher und Dokumente, Bilder von Leonardo da Vinci, Tizian und Raffael sowie die sterblichen Überreste des Benedikt von Nursia vor dem Angriff in die Engelsburg nach Rom in Sicherheit zu bringen. Allerdings wurden Kulturgüter des Klosters von deutschen Truppen nicht nur gerettet, sondern auch geraubt. 13 Meisterwerke aus Montecassino fand man nach Kriegsende in einem Stollen des Salzbergwerks Altaussee, wo Hitler und Göring ihre Kunstsammlungen untergebracht hatten.[5]

Deutsche Fallschirmjäger mit einem Mörser

Die deutschen Fallschirmjäger hatten ihre Verteidigungsstellungen 300 Meter von den Gebäuden entfernt in den Berghängen aufgebaut und hatten Befehl, sich dem Kloster nicht weiter zu nähern.

Nach ersten hohen Verlusten forderte General Freyberg amerikanische Luftunterstützung an und befahl die Bombardierung. Tags zuvor hatten die Alliierten die im Kloster anwesenden Menschen über den bevorstehenden Luftangriff unterrichtet und mit Flugblättern zum Verlassen der Abtei aufgefordert.[6] In zwei Angriffswellen warfen am 15. Februar 225 US-Bomber der 12. und 15. Luftflotte insgesamt 435 (nach anderen Quellen: 567) Tonnen Spreng- und Brandbomben auf die Klosteranlage. Zusammen mit zusätzlichem Artilleriebeschuss wurde das Kloster an diesem Tag binnen dreier Stunden mit Ausnahme der Krypta völlig zerstört. Zu Beginn der Angriffe hielten sich im Kloster und dessen Kellergewölben etwa 800 Menschen auf, in der Mehrzahl Mönche und schutzsuchende Flüchtlinge, von denen 250 (nach anderen Quellen: 427) Opfer des Bombardements wurden.

Fallschirmjäger im Kloster

Nach der Zerstörung besetzten deutsche Truppen am 17. Februar die Klosterruinen und bezogen sie in ihre Verteidigungsstellungen ein. Auch in den nächsten Monaten konnten sie den Berg – trotz weiterer schwerer Angriffe und unter hohen Verlusten auf beiden Seiten – halten.

Die Zerstörung des Klosters, das monatelange Halten der Stellungen und die hohen alliierten Verluste wurden von der deutschen Kriegsberichterstattung genutzt, um einerseits in Zeiten des Rückzugs die Moral der Truppe und der Bevölkerung zu stärken und andererseits den Feind zu diskreditieren. Der Vatikan erklärte später, vor der Bombardierung hätten sich weder deutsche Soldaten noch Kriegsgerät im Kloster befunden. Die Zerstörung des Klosters führte zu einer erheblichen diplomatischen Verstimmung zwischen dem Heiligen Stuhl und den westlichen Alliierten.

Schlussoffensive

Gefangene deutsche Fallschirmjäger

Am 12. Mai 1944 begann die entscheidende alliierte Offensive. Während die Hauptzahl der Einheiten links und rechts zur Umgehung des Berges ansetzten, erhielt das 2. Polnische Korps unter Generalleutnant Wladyslaw Anders den Auftrag, die Klosterruine im Frontalangriff zu nehmen.

Den algerischen und marokkanischen Einheiten im französischen Expeditionskorps gelang die Umgehung des Berges und damit der Einbruch in die Gustav-Linie, die nun von den deutschen Fallschirmjägern nicht länger zu halten war. Am Morgen des 17. Mai besetzte die polnische Dywizja Kresowa den Colle Sant’ Angelo, die polnische Dywizja Karpacka eroberte den Berg 593.

Aufgrund der nicht nachlassenden, wenn auch verlustreichen polnischen Vorstöße, der katastrophalen eigenen Verluste und der sich verändernden militärischen Gesamtlage in Italien erteilte Oberbefehlshaber Kesselring am 17. Mai 1944 dem Rest seiner Fallschirmjägereinheit den Befehl, Monte Cassino aufzugeben.

Etwa 100 Fallschirmjäger ergaben sich den Briten, andere versuchten, aus dem Kessel auszubrechen. Am Morgen des 18. Mai hissten die Deutschen die weiße Fahne. Nachdem die polnischen Verbände die Klosterruinen nunmehr kampflos eingenommen hatten, zog Leutnant Kazimierz Gurbiel auf den Klosterruinen um 9:50 die polnische Flagge auf.

Bedeutung

Zerstörungen

Der lange, sehr verlustreiche Kampf hatte den Vormarsch der Alliierten aufgehalten. Als das Hindernis von Monte Cassino überwunden war, wurde der alliierte Vormarsch auf Rom fortgesetzt.

Die Schlacht um Monte Cassino, bei der 105.000 alliierte (unter anderem US-amerikanische, britische, französische, polnische, Gurkhas, anglo-indische, neuseeländische, algerische, marokkanische) und 80.000 deutsche Soldaten kämpften, kostete rund 20.000 deutschen und bis zu 55.000 alliierten Soldaten das Leben.

Nach der Schlacht wurde die Kampfmoral der deutschen Fallschirmjäger in der deutschen Propaganda glorifiziert, während der deutsche Abzug nicht erwähnt wurde.

In Polen gilt die Eroberung der Ruinen von Monte Cassino als ein nationales Symbol für den Tod tausender polnischer Soldaten, die im Exil auf Seiten der Alliierten für die Befreiung Europas vom Nationalsozialismus ihr Leben ließen. Das Lied Czerwone maki na Monte Cassino (dt. Roter Mohn am Monte Cassino) glorifiziert den verlustreichen Kampf des polnischen Korps.

In vielen Ländern gilt die Schlacht um Monte Cassino als Synonym für die Sinnlosigkeit des Krieges, die Zerstörung und der Wiederaufbau des Klosters als ein Mahnmal gegen den Krieg und für den Frieden.

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Jordan, D., 2004, Atlas of World War II. Barnes & Noble Books, p. 91
  2. Zentner, C.: Der Zweite Weltkrieg. Tosa Verlag, Wien, 1998, ISBN 978-3-85001-863-0 S. 379
  3. Esser, B., Venhoff, M.: Chronik des Zweiten Weltkrieges. Weltbild Verlag, 1997, ISBN 978-3-86047-136-4 S. 335
  4. Axelrod, A.: Real History Of World War II: A New Look at the Past. 2008, S. 208
  5. Gerhard Schreiber: Das Ende des nordafrikanischen Feldzuges und der Krieg in Italien 1943 bis 1945 in: Karl-Heinz Frieser/ Klaus Schmider/ Klaus Schönherr/ Gerhard Schreiber/ Krisztián Ungváry/ Bernd Wegner: Die Ostfront 1943/44 - Der Krieg im Osten und an den Nebenfronten, im Auftrag des MGFA hrsg. von Karl-Heinz Frieser, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-421-06235-2, S. 1146ff.
  6. Gerhard Schreiber: Das Ende des nordafrikanischen Feldzuges und der Krieg in Italien 1943 bis 1945 in: Karl-Heinz Frieser/ Klaus Schmider/ Klaus Schönherr/ Gerhard Schreiber/ Krisztián Ungváry/ Bernd Wegner: Die Ostfront 1943/44 - Der Krieg im Osten und an den Nebenfronten, Im Auftrag des MGFA hrsg. von Karl-Heinz Frieser, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-421-06235-2, S. 1146

Weblinks

 Commons: Schlacht um Monte Cassino – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Der polnische Soldatenfriedhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Der deutsche Soldatenfriedhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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