Wehrturm

Wehrturm
Wehrtürme im Gefüge einer Burg (Chillon, Schweiz)
Mit Wehrtürmen verstärkte Stadtmauer (Ávila, Spanien)
Wehrtürme zum Schutz einer Brücke (Pont Valentré in Cahors, Frankreich)

Ein Wehrturm ist ein zum Zweck der Verteidigung errichteter Turm.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

In der Antike und im Mittelalter boten Wehrtürme durch ihre Erhöhung über das umliegende Gelände einen wesentlichen Verteidigungsvorteil. Wurfgeschosse erhielten durch die Höhe eine größere Durchschlagskraft und auch die zeitgenössischen Fernwaffen wie Bogen oder Armbrust konnten von erhöhter Position aus wirkungsvoller eingesetzt werden. Um den Einsatz dieser Waffen zu ermöglichen, schließen Wehrtürme mit einer offenen oder überdachten Wehrplattform ab, die von einer Brustwehr umgeben und oft auch mit Zinnen ausgestattet ist. In den darunterliegenden Stockwerken kann der Turm zusätzlich Schießscharten enthalten.

Die Mehrzahl der mittelalterlichen Wehrtürme war in eine größere Befestigungsanlage integriert, beispielsweise in eine Stadtmauer oder in den Baukomplex einer Burg. Frühmittelalterliche Türme waren oft in Holzbauweise errichtet, ab dem Hochmittelalter wird bei größeren Anlagen der Steinbau zur Regel. Steinerne Wehrtürme konnten eine Ringmauer verstärken, als besonders stabil gegen den Einsatz von Belagerungsgerät erwiesen sich runde (oder halbrunde) Türme.

Wehrtürme kamen auch als einzeln stehende Baukörper vor, oft übernahmen sie dabei die Funktion eines vorgelagerten Wachpostens (Wartturm) oder einer Kontrollstation (ein Beispiel hierfür ist der als Zollwachturm dienende Binger Mäuseturm aus dem 14. Jh.). In ländlichen und dünn besiedelten Gegenden konnten sie die Rolle einer kleinen Fliehburg einnehmen. Bisweilen wurden auch befestigte Kirchtürme als Zufluchtsstätten für die ansässigen Bewohner in Notfällen benutzt (vgl. Wehrkirche).

Manchmal hatten Wehrtürme aus taktischen Gründen im Innern eine rechtsdrehende Wendeltreppe, damit heraufsteigende Angreifer den Verteidigern ihre ungeschützte rechte Körperseite zuwenden mussten, die nicht durch den Schild gedeckt wurde.

Insbesondere allein stehende Wehrtürme wurden, wie andere mittelalterliche Befestigungen auch, wenn möglich an schwer zugänglichen und leicht zu verteidigen Stellen errichtet.

Unterarten

Ein Schalenturm ist auf der Rückseite zum Innern der Verteidigungsanlage hin geöffnet
  • Mauerturm: Oberbegriff für Türme, die mit einer Wehrmauer verbunden sind. Während beispielsweise bei den staufischen Burgen die rechteckigen Mauertürme zur Vorderseite mit der Mauer bündig abschließen und diese überragen, springen spätere Mauertürme aus der Mauerflucht hervor (Flankierungsturm) und können dann auch die gleiche Höhe wie die Mauer besitzen.
  • Flankierungsturm (auch Flankenturm): Ein Mauerturm, der auf der Feldseite hervorspringt, wodurch die zwischenliegenden Mauerabschnitte (Kurtinen) von den Turmflanken aus mittels Fernwaffen seitlich bestrichen werden können. Dieses Grundprinzip wurde im neuzeitlichen Festungsbau schließlich zur Bastion weiterentwickelt. Flankierungstürme können auch gleich hoch mit der Mauer sein, so dass Wehrgänge und Wehrplattformen der Türme auf einer durchgängigen Ebene miteinander verbunden sind.
  • Schalenturm (auch Schanzturm oder Halbturm): Ein auf der Rückseite offener Turm in einem äußeren Mauerring. Schalentürme finden sich beispielsweise in Zwingermauern oder in einem vorgelagerten Teil einer Abschnittsburg. Die offene Rückseite verhindert, dass eingedrungene Angreifer im Turm Deckung finden. Von den höher gelegenen inneren Wehranlagen können so die Verteidiger die Eindringlinge unter Beschuss nehmen.
  • Scharwachtturm (auch Echaugette): Ein kleiner Turm, der in der Bauweise eines Erkers über eine Mauer hervorkragt. Scharwachttürme wurden im Spätmittelalter bei Wehrbauten auf den oberen Abschluss einer Mauerecke aufgesetzt (auch bei Turmabschlüssen von größeren Wehrtürmen) und dienten als Schützenstände oder Beobachtungsposten.
  • Batterieturm: Ein in der frühen Neuzeit entwickelter Typus eines runden oder halbrunden Turms, der mit Geschützscharten ausgestattet ist und im Innern die Aufstellung von zahlreichen Geschützen in mehreren Ebenen ermöglicht.

Verweise

Literatur

  • Hans-Klaus Pehla: Wehrturm und Bergfried im Mittelalter. Aachen 1974.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Wehrturm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Wehrturm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wehrturm Lehrensteinsfeld — Wehrturm in Lehrensteinsfeld Der Wehrturm in Lehrensteinsfeld im Landkreis Heilbronn im nördlichen Baden Württemberg ist das älteste Gebäude und Wahrzeichen des Ortes. Er wurde 1466 als Wehrturm erbaut und war später Turmchor und Kirchturm der… …   Deutsch Wikipedia

  • Wehrturm Palterndorf — Wehrturm Der Wehrturm Palterndorf in Palterndorf im Weinviertel (Niederösterreich) wurde 1414 erstmals im Liechtensteiner Urbar erwähnt. Der Turm dürfte aber bedeutend älter sein. Er ist der einzige gotische Dorfturm in Niederösterreich nördlich… …   Deutsch Wikipedia

  • Wehrturm Engelshagen — 51.1629937.3124534 Koordinaten: 51° 9′ 46,77″ N, 7° 18′ 44,83″ O Der Wehrturm Engelshagen ist der Rest eines befestigten Wohnhauses in Engelshagen in Hückeswagen. Es befindet sich in der Ortschaft Engelshagen. Von… …   Deutsch Wikipedia

  • Wehrturm — Wehr|turm, der: (im MA.) befestigter Turm. * * * Wehr|turm, der: (im MA.) befestigter Turm …   Universal-Lexikon

  • Wehrturm — Wehr|turm …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Kaukasischer Wehrturm — Wehrtürme in den Resten eines mittelalterlichen Dorfes in Inguschetien Weh …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Stadttore und Wehrtürme in Brandenburg — Die Liste der Stadttore und Wehrtürme in Brandenburg führt alle erhaltenen Stadttore, städtischen Wehrtürme sowie den Städten vorgelagerte Warttürme in Brandenburg auf. Nicht aufgenommen sind Wiekhäuser und Mauerreste der ehemaligen… …   Deutsch Wikipedia

  • Bertramshof — Der Kühhornshof, Fotos von C. F. Mylius, 1868 Der Kühhornshof in Frankfurt am Main, ausgebaut in den zwanziger Jahren des 14. Jahrhunderts als Knoblauchshof, ab 1660 bekannt als Bertramshof, war ein im Mittelalter angelegter Wehrhof. Er befand… …   Deutsch Wikipedia

  • Knoblauchshof — Der Kühhornshof, Fotos von C. F. Mylius, 1868 Der Kühhornshof in Frankfurt am Main, ausgebaut in den zwanziger Jahren des 14. Jahrhunderts als Knoblauchshof, ab 1660 bekannt als Bertramshof, war ein im Mittelalter angelegter Wehrhof. Er befand… …   Deutsch Wikipedia

  • Kühhornshof — Der Kühhornshof, Fotografien von Carl Friedrich Mylius, 1868. Ansichten von Südwesten (oben) und von Südosten (unten) Der Kühhornshof in Frankfurt am Main, ausgebaut in den zwanziger Jahren des 14. Jahrhunderts als Knoblauchshof, ab 1660… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”