Fernsehnorm

Fernsehnorm

Eine Fernsehnorm legt fest, wie die Bild- und Tondaten beim Fernsehen während der Übertragung vom Sender zum Empfänger übertragen werden. Dabei ist es sinnvoll, zwischen drei verschiedenen Stufen der Übertragung zu unterscheiden:

  • HF-Übertragung: Modulation (analog) oder Modulation (digital)
  • Signalübertragung im Basisband (analog) bzw. eingesetzte Quellkodierung (digital)
  • Bildparameter
Verbreitung verschiedener analoger Fernsehnormen

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Fernsehnorm

Fast gleichzeitig mit der Entwicklung des Fernsehens überhaupt experimentierte man auch mit dem Farbfernsehen. Bei den ersten Versuchen wurde entweder mit drei Kanälen gearbeitet (in jedem Kanal wurde jeweils ein Teilbild in einer der drei Grundfarben übertragen) oder der Übertragung über einen Kanal und synchronisiert rotierender Farbfilter vor Kamera und Empfänger. Hierbei musste allerdings eine wesentlich höhere Anzahl von Einzelbildern übertragen werden, damit der Eindruck eines flimmerfreien Bildes entsteht. Der amerikanische Fernsehsender CBS stellte 1943 ein Farbfernsehsystem mit schnell rotierendem Farbfilter vor. Übertragen wurden Fernsehbilder mit nur 405 Zeilen und 144 Bildern pro Sekunde. Das Bild war zwar sehr gut, jedoch waren die Empfänger durch die sehr viel größere Farbfilterscheibe vor dem kleinen Bildschirm sehr klobig, laut und nicht kompatibel mit dem inzwischen eingeführten System mit 525 Zeilen und 25 Vollbildern pro Sekunde.

Frankreich führte 1948 einen neuen Sendestandard mit 819 Zeilen pro Bild ein.

Im September 1948 beschloss in Westdeutschland eine 34-köpfige Expertengruppe zur Festlegung einer zukünftigen Sendenorm unter der Leitung des Technischen Direktors des NWDR Werner Nestel eine Zeilennorm von 625 Zeilen mit einem 2:1 Zeilensprungverfahren und einer Bildaufbaufrequenz von 50 Hz vor, das bedeutet: 25 mal in der Sekunde wurde je ein aufeinanderfolgendes Filmbild elektronisch in 625 Zeilen zerlegt, wobei in den ungeraden 50stel Sekunden jeweils nur die Zeilen der ungeraden Anzahlen 1, 3, 5, usw. des ersten Bildes und in den geraden 50stel Sekunden anschließend die geraden Zeilen der geraden Anzahlen 2, 4, 6 usw., also 2*25=50 Halbbilder pro Sekunde, übertragen wurden. Diese Parameter ergaben sich zum einen aus der traditionellen Frequenz des Netzwechselstomes in Europa von 50 Hz, zum Anderen entsprach die Festlegung auf 625 Zeilen einer annähernden Umrechnung des US-amerikanischen Standards NTSC auf diese gewachsenen europäischen technischen Gegebenheiten: 30 Bilder * 525 Zeilen ergeben insgesamt 15750 zu bildende Zeilen in der Sekunde. 25 Bilder * 625 Zeilen entsprechen 15625 Zeilen pro Sekunde.

Dieser Normenvorschlag wurde dann von dem zuständigen Gremium CCIR (Comité Consultatif International des Radiocommunications) der Internationalen Fernmeldeunion in Genf als Grundlage für eine einheitliche europäische Fernsehsendenorm behandelt und mit gewissen Abänderungen (insbesondere die Festlegung der Kanalbandbreite auf 7 MHz) dann auch zum offiziellen Normenvorschlag, der sogenannten "Gerber-Norm", benannt nach dem Vorsitzenden der CCIR -Arbeitsgruppe Walter Gerber ), des CCIR erklärt. Die osteuropäischen Länder und andere dagegen erweiterten die Frequenzbänder auf 8 MHz bei allerdings ebenfalls 625 Zeilen und 50 Hz. [1]

HF-Übertragung (analog)

Unberücksichtigt bleiben bei dieser Betrachtung antennenspezifische Parameter, die zum Einfangen des Signals notwendig sind, wie Antennenrichtung, Polarisation, Antennenstandort.

Terrestrische Übertragung

Bei klassischer terrestrischer Übertragung sind die Parameter:

  • Bildträgerfrequenz (es gibt festgelegte Kanalraster für jede Norm, auch wenn dies bei modernen Empfängern aufgrund der kontinuierlichen Durchstimmbarkeit nicht mehr von Belang ist),
  • Größe des größeren und des kleineren Seitenbandes sowie die Lage des größeren Seitenbandes,
  • Positiv- oder Negativmodulation, Schwarz- und Weißpegel,
  • Abstand und Richtung des Tonträgers,
  • Modulation des Tonträgers (AM oder FM), bei FM verwendete Präemphase,
  • diverse Zweikanaltonverfahren zur Übertragung von mehreren Audiokanälen.

Kabelgebundene Übertragung

Kabel nutzt genau die gleichen Parameter wie die klassische terrestrische Übertragung. Es sind aber weitere Frequenzen zulässig, die bei der klassischen terrestrischen Übertragung für nicht-Fernseh-Zwecke reserviert sind; diese liegen

Satelliten-Übertragung

Bei der klassischen, analogen Satelliten-Übertragung sind die Parameter:

  • Mittenfrequenz FM-Träger,
  • Nominalhub,
  • Video-Preemphasis,
  • Hubbegrenzung,
  • Abstand der Tonträger,
  • Modulation des Tonträgers (FM oder QPSK bei ADR), bei FM verwendete Preemphasis.

HF-Übertragung (digital)

DVB, ATSC, ISDB

Digital terrestrisch

DVB-T 
Die verwendete Modulation ist OFDM mit QPSK, 16QAM oder 64QAM auf jedem Einzelträger.
DVB-H (mobile Geräte) 
Die verwendete Modulation ist ebenfalls OFDM.

Digital Satellit

DVB-S 
Die verwendete Modulation ist QPSK,
DVB-S2 
im Gespräch für zukünftige Erweiterungen ist 8PSK.

Digital Kabel

DVB-C 
Es werden verschiedene Quadraturamplitudenmodulation verwendet (4QAM, 16QAM oder 64QAM oder 256QAM), je nach gewünschter Robustheit.

Signalübertragung im Basisband (analog)

Bei analoger Übertragung im Basisband kommt jetzt noch als Bildparameter dazu:

  • Farbmodulation (PAL, NTSC, SECAM)
  • Farbträgerfrequenz (3,58… MHz: NTSC-3.58, 4,43… MHz: PAL-4.43 und NTSC-4.43, 4.25 und 4.406… MHz: SECAM)
  • Größe der horizontalen Austastlücke (12 von 64 µs)
  • Größe der vertikalen Austastlücke (24,5…25 Zeilen bei CCIR, 19,5…22,5 bei FCC)

Signalübertragung im Basisband (digital)

Für die digitale Übertragung des Bildes wird MPEG-2 verwendet (selten MPEG-1), für Ton kommt sowohl MPEG-1 und MPEG-2 Audio wie auch Digital Dolby zum Einsatz, wobei MPEG Audio obligatorisch ist. Üblicherweise gibt es aber Einschränkungen:

  • bestimmte Bildformate
  • maximale Datenrate
  • GOP-Länge
  • zeitlicher Bild-Ton-Offset

Bildparameter

Folgende Parameter sind dann die eigentlichen Bildparameter:

  • Bildfrequenz
  • Verwendung von Zeilensprung oder progressiver Abtastung
  • Zeilenanzahl
  • Lage der Primärfarben im CIElab-Farbraum
  • Gammawert für die Zuordnung zwischen Wert und Helligkeit
  • Bei analoger Übertragung: horizontale Auflösung
  • Bei digitaler Übertragung: horizontale Pixelanzahl
  • Pixelgeometrie bzw. Verhältnis von Bildhöhe und Bildbreite

Liste der analogen Übertragungsnormen

Kanalraster VHF

  • System B: E-2…E-12 (CCIR außer F, Monaco, Italien)
  • System M: A-2…A-13 (FCC)
  • System D: R I…R XII (OIRT)
  • System A: B-1…B-14 (UK alt)
  • System I: I-B, I-D, I-F, I-H, I-J (Irland)
  • System F: F-2, F-4…F-12, F-8 A (F)
  • System B: A, B, C, D, E, F, G, H, H1 (Italien)
  • System B’: 4…10 (Marokko)
  • System B": 0…11, 5 A (Australien)
  • System B: 1…9 (NZ)
  • System M: J-1…J-12 (Japan)

Kanalraster UHF

  • System G: E-21…E-72 (nicht FCC)
  • System M: A-14…A-83 (FCC)
  • System M: J-45…J-62 (Japan)

Analoge Fernsehnormen

Schwarz-weiß

In der Anfangszeit des Fernsehens (1930er bis 1950er Jahre) erfolgte die Übertragung lediglich schwarz-weiß. Bereits in dieser Zeit entwickelten sich die technischen Normen in verschiedenen Ländern auseinander. Während des Zweiten Weltkrieges unterbrachen viele Länder ihre Fernsehaktivitäten, und stiegen bei der Wiederaufnahme zum Teil auf eine andere Norm um.[3]

Die nach dieser Umbruchphase noch gebräuchlichen Normen wurden vom CCIR mit Großbuchstaben bezeichnet und wie folgt klassifiziert:

Code Zeilen Bildrate Ton/Bild-Abstand Farbhilfsträger Kanalbreite Bildsignal Restseitenband Modulation Band
(Hz) (MHz) (MHz) (MHz) (MHz) (MHz) Bild Ton
A [Anm. 1] 405 25 −3,50 2,66 5,00 3,0 0,75 positiv AM VHF
B 625 25 +5,50 4,43 7,00 5,0 0,75 negativ FM VHF
C 625 25 +5,50 4,43 7,00 5,0 0,75 positiv AM VHF
D 625 25 +6,50 4,43 8,00 6,0 0,75 negativ FM VHF
E [Anm. 2] 819 25 +11,15 8,37 14,00 10,0 2,00 positiv AM VHF
F [Anm. 3] 819 25 +5,50 ./. 7,00 5,0 0,75 positiv AM VHF
G 625 25 +5,50 4,43 8,00 5,0 0,75 negativ FM UHF
H 625 25 +5,50 4,43 8,00 5,0 1,25 negativ FM UHF
I 625 25 +6,00 4,43 8,00 5,5 1,25 negativ FM UHF
K 625 25 +6,50 4,43 8,00 6,0 0,75 negativ FM UHF
K'(K1) 625 25 +6,50 4,43 8,00 6,0 1,25 negativ FM UHF
L 625 25 +6,50 4,43 8,00 6,0 1,25 positiv AM UHF
M [Anm. 4] 525 30 +4,50 3,58 6,00 4,2 0,75 negativ FM UHF/VHF
N 625 25 +4,50 3,58 6,00 4,2 0,75 negativ FM UHF/VHF
Anmerkungen
  1. Britische Vorkriegsnorm, außer Betrieb seit 1985.[1] Regelbetrieb bis zuletzt in Schwarz-weiß; Farbübertragung nur experimentell mit NTSC.[2]
  2. Französische Nachkriegsnorm, außer Betrieb seit 1986. Regelbetrieb bis zuletzt in Schwarz-weiß; Farbübertragung nur experimentell in SECAM.
  3. Belgische Abwandlung von Norm E.
  4. Seit der Farbübertragung ist die Bildrate 30/1,001 ≈ 29,97 Hz.

Zum Vergleich: Die deutsche Vorkriegsfernsehnorm von 1938 sah 441 Zeilen mit positiver Bildmodulation und amplitudenmoduliertem Tonsignal vor. Der Tonträger lag 2,8 MHz vom Bildträger entfernt.

Die wichtigsten Parameter sind die Zeilenzahl, Bildwechsel pro Sekunde, Bild/Ton-Abstand und -Modulation (positiv oder negativ bzw. FM oder AM). Die übrigen Spalten beziehen sich auf die Bandbreite, die ein TV-Kanal im Spektrum jeweils benötigt.

All diesen TV-Normen gemeinsam ist das Zeilensprungverfahren (Interlacing), d. h. jedes Vollbild wird in zwei aufeinanderfolgenden Halbbildern übertragen, so dass sich die doppelte Halbbildfrequenz ergibt.

Farbe

Das Farbfernsehen kam später hinzu (USA: 1950er Jahre, übrige Welt 1960er Jahre oder später). Da es abwärtskompatibel zum Schwarz-Weiß-Fernsehen bleiben sollte, wurden die bestehenden Normen beibehalten und lediglich ein Farbsignal in Form eines Hilfsträgers zur Colorierung hinzugefügt.

Schwarz-Weiß-Empfänger können dieses Zusatzträger nicht dekodieren und empfangen Farbsendungen daher wie gewohnt in Schwarz-weiß; so wird die Kompatibilität hergestellt. Farbempfänger dekodieren Schwarz-weiß- und Farbsignal und generieren aus beiden zusammen das Farbbild. Dieses Verfahren ist allen terrestrischen Analog-Normen gemeinsam.

Das hinzugefügte Farbsignal kann auf drei verschiedene Arten moduliert werden: PAL, SECAM oder NTSC. Grundsätzlich kann jede der drei Farbnormen mit jeder der Schwarz-Weiß-Normen A–N kombiniert werden. Tatsächlich werden PAL und SECAM jedoch meistens mit einer der 625/25-Normen und NTSC ausschließlich mit Norm M verwendet. Es existieren allerdings auch „Hybride“ wie z. B. PAL auf Norm M in Brasilien.

Terminologie

Es ist daher im verkürzten Sprachgebrauch üblich geworden, „PAL“ als Abkürzung für „625 Zeilen/25 Bildwechsel pro Sekunde mit PAL-Farbträger“ und „NTSC“ als Abkürzung für „525 Zeilen/30 Bildwechsel pro Sekunde mit NTSC-Farbträger“ zu verstehen. Die genaue Angabe der TV-Norm eines Landes ist jedoch Schwarz-weiß-Norm + Farbnorm. So verwenden z. B. die USA die Norm M mit NTSC, der größte Teil Westeuropas Norm B/G mit PAL, die frühere DDR Norm B/G mit SECAM, der größte Teil Osteuropas Norm D/K mit SECAM oder PAL, Frankreich Norm L mit SECAM. Viele ehemalige SECAM-Länder sind inzwischen zu PAL migriert, behalten jedoch in der Regel die unterliegende Schwarz-weiß-Norm bei.

Zusatzfunktionen

Weiterhin gibt es beim analogen Fernsehen unterschiedliche Normen für

Zuordnung der Länder zu Normen siehe 4.

(Teil-)Digital

  • PALplus : eine Erweiterung von PAL, abwärtskompatibel
  • D2-MAC : brachte vor allem durch getrennte (Zeitmultiplexte) Übertragung des Bildsignals, des Farbsignals und des Digitalen Tonsignales eine Qualitätsverbesserung, wurde hauptsächlich über Satellit übertragen, konnte sich nicht durchsetzen.
  • HDTV : Sammelbegriff für Fernsehnormen mit höheren Auflösungen
  • DVB : Digital Video Broadcasting, Sammelbegriff für verschiedene digitale Fernsehnormen

Die digitalen Fernsehnormen orientieren sich an einigen Kenndaten der analogen Fernsehnormen, wie Zeilenzahl und Bildfrequenz. Zur Komprimierung der Daten wird in der Regel der MPEG-2-Standard verwendet.

Im Unterschied zu analogen Fernsehnormen existiert bei digitalen Fernsehnormen als weiteres Merkmal die Anzahl Spalten eines Bildes. Zusammen mit der Anzahl Bildzeilen erhält man so die so genannte Auflösung des Bildes in Bildpunkten (Pixel). Die Spaltenzahl wird dabei idealerweise so gewählt, das sich bei der Bilddarstellung die Höhe der einzelnen Pixel nicht wesentlich von ihrer Breite unterscheidet. Statt des traditionellen Bildverhältnisses von 4:3 wird verstärkt 16:9 eingesetzt.

Literatur

  • Charles Poynton: Digital Video and HDTV Algorithms and Interfaces, Morgan Kaufmann Publishers, 2003. ISBN 1-55860-792-7

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lit.: Bischoff, Jürgen: Die politische Ökonomie von HDTV. Frankfurt am Main, 1993

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