- Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde
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Die Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e.V. (GBM) wurde am 3. Mai 1991 in Berlin von Künstlern, Vertretern von Sozialverbänden, Theologen sowie entlassenen DDR-Wissenschaftlern, Juristen und MfS-Mitarbeitern gegründet.[1] Die Gründung erfolgte als Reaktion eines Teils der ehemaligen DDR-Bevölkerung und linker Gruppierungen im westlichen Teil Berlins auf den Verlauf der Deutschen Wiedervereinigung und um sich gegen die empfundene Diskriminierung von Bürgern aus den neuen Ländern zur Wehr zu setzen. Diese Klagen über eine Ungleichbehandlung und Herabsetzung bestimmter Bevölkerungsschichten werden von der GBM aufgegriffen, thematisiert und in ihren sozialen, rechtlichen und kulturellen Auswirkungen analysiert. Seit dem 10. Dezember 1992 ist sie im Vereinsregister des Amtsgerichts Charlottenburg als Verein eingetragen.[2]
Inhaltsverzeichnis
Gesellschaftlicher Hintergrund
Medien
Die GBM gibt die monatliche Zeitschrift Akzente und die vierteljährliche Zeitschrift für soziale Theorie, Menschenrechte und Kultur: Icarus heraus. Daneben ist die GBM Herausgeber verschiedener politischer Bücher über die Nachwendezeit sowie einiger Karikaturbände. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes des Landes Berlin 2007 „lassen die GBM-Publikationen ... eine deutliche Distanz der Autoren zur Bundesrepublik Deutschland und ihrem politischen System erkennen“.[2]
Mitgliederstruktur
Prägend für das Bild in der Öffentlichkeit sind ältere Personen mit und ohne SED-Kader-Vergangenheit, die nach 1990 ihre Ämter oder Reputation als Angehörige der DDR-Funktionselite oder als Künstler, Wissenschaftler oder Juristen verloren haben.[2] Die GBM selbst sieht sich als parteiunabhängig an.
Die GBM hat nach eigener Aussage 2500 natürliche Mitglieder in dreißig Ortsverbänden im Osten Deutschlands. Zunehmend beschäftigt sich die GBM auch mit Fragen der internationalen Wahrung von Menschenrechten. Sie kooperiert dabei vor allem mit ost- und mitteleuropäischen Menschenrechtsorganisationen.
Angeschlossen als korporative Mitglieder sind verschiedene weitere Vereine, u. a. die Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung. Deren Mitglieder werden nicht zu den GBM-Mitgliedern gerechnet.
GBM-Logo
Das GBM-Zeichen ist eine „Blaue Rose“. Das Logo wurde von Walter Womacka [3] – mehrfacher Träger des Nationalpreises der DDR – entworfen.
Einordnung durch Dritte
Der Historiker Christian von Ditfurth ordnete 1998 die GBM als eng verflochten mit der PDS ein, ebenso wie die Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung und die Initiativgemeinschaft zum Schutz der sozialen Rechte.[4] Gleichlautend äußerten sich auch der DDR-Bürgerrechtler Konrad Weiß[5] sowie eine Referatsleiterin im Thüringer Sozialministerium, die erklärte, die „Stasi-Leute“ seien heute gut organisiert in Vereinigungen wie der „Gesellschaft für Bürgerrechte und Menschenwürde“ oder der „Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstützung“.[6] Der Historiker Hubertus Knabe bezeichnete die Mitglieder 2007 als „DDR-Nostalgiker“, deren Tätigkeit „ein organisierter Kampf für die Interessen von Stasi- und SED-Kadern“ sei.[7]
Die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit nannte sie als ein Beispiel für Organisationen, die sich mit der politischen und juristischen Unterstützung von SED- und MfS-Aktiven befassen.[8]
2004 erwirkte die GBM durch Gerichtsurteil eine Unterlassungsverfügung gegen die Autorin Anna Funder, die in ihrem Buch „Stasiland“ Anschuldigungen gegen die GBM erhoben hatte.[9] Der NDR verpflichtete sich, „zukünftig zu unterlassen, zu behaupten oder zu verbreiten, Stasi-Offiziere hätten die Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde gegründet“. Das war in der Talkshow Anne Will – Unrecht vergeht nicht: der lange Schatten der DDR am 30. September 2007 behauptet worden. Die Berliner Innenverwaltung sah die GBM als Zusammenschluss ehemaliger MfS-Angehöriger,[10] die das System der DDR rechtfertigten. Der Berliner Verfassungsschutz schätzte ein: „Das Demokratie- und Legitimitätsverständnis der GBM entspricht immer noch dem der SED von 1946 bis 1989.“[1] Er sieht die GBM als „Plattform für Personen, die nach 1990 ihre Ämter oder Reputation als Angehörige der DDR-Funktionselite oder als Künstler, Wissenschaftler oder Juristen verloren haben“.[11]
Ziele und Aktivitäten
Als obersten Zweck nennt der Verein den Schutz der Menschenwürde, die Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen und Beiträge zur „inneren Einheit Deutschlands“. Die Vereinssatzung verpflichtet die GBM zu religiöser, weltanschaulicher und parteipolitischer Neutralität. Der Verfassungsschutz des Landes Berlin schätzte 2007 ein, dass „im Vordergrund der Vereinsarbeit [...] die Wahrung von DDR-Traditionsbeständen [steht]“[2].
Die GBM setzt sich nach eigener Einschätzung ein gegen:
- „einigungsbedingte Menschenrechtsverletzungen“ (insbesondere auf dem Gebiet der DDR)
- Berufsverbote (insbesondere „einigungsvertragsbedingte Kündigungen“)
- „Diskriminierung ostdeutscher Wissenschaft, Bildung und Kultur“
- das Ausbleiben einer Angleichung der Renten in Ost und West
Darüber hinaus beschäftigt sie sich intensiv mit Wahlen und Bürgerbewegungen in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion.
Im Jahre 1997 schloss sich das zuvor selbständige „Insiderkomitee zur kritischen Aufarbeitung der Geschichte des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS)“ der GBM an.
Im Mai 2011 legte die GBM dem UN-Ausschuss über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte eine Beschwerde über die Verletzung von wirtschaftlichen und sozialen Rechten insbesondere von Menschen in den östlichen Bundesländern vor,[12] die der Ausschuss in seinem Bericht vom 12. Juli 2011 teilweise übernahm.[13] Weiterhin war die GBM an einem Bericht mehrerer Organisationen an den UN-Ausschuss beteiligt.[14] In einem Artikel des Spiegels vom 11. Juli 2011 wurde die Arbeitsweise des Ausschusses kritisiert.[15]
Arbeitskreise
- Menschenrechte
- Freundeskreis „Kunst aus der DDR“,
- Deutsche Sektion des Europäischen Friedensforums epf
- Berliner Alternatives Geschichtsforum,
- Insiderkomitee zur kritischen Aufarbeitung der Geschichte des MfS
- Solidarität / Kultur- und Bildungsreisen
Herausgeberschaft
Die GBM gab seit 1992 mehrere Weißbücher heraus unter dem Generalthema „Unfrieden in Deutschland“:
- Weißbuch I: Diskriminierung in den neuen Bundesländern, Berlin 1992, ISBN 3-928556-06-1.
- Weißbuch II: Wissenschaft und Kultur im Beitrittsgebiet, Berlin 1993, ISBN 3-928556-13-4.
- Weißbuch III: Bildungswesen und Pädagogik im Beitrittsgebiet, Berlin 1994, ISBN 3-928556-29-0.
- Weißbuch IV: Kirche im Sündenfall. Als Pfarrer in Kapellendorf. Mit einem Nachwort von Dieter Frielinghaus, Berlin 1995, ISBN 3-929994-42-9.
- Weißbuch V: Unrecht im Rechtsstaat. Strafrecht und Siegerjustiz im Beitrittsgebiet, Berlin 1995, ISBN 3-929994-43-7.
Sonstige Aktivitäten
Regelmäßig veranstaltet die GBM Rentensprechstunden und Kunstausstellungen. 2010 wurde ein Künstlerlexikon der DDR vorgelegt:
- Dietmar Eisold (Hg.): Lexikon Künstler in der DDR. Ein Projekt der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e.V., Verlag neues leben Berlin, 2010, ISBN 978-3-355-01761-9.
Mitgliedschaft in Organisationen
- Mitglied im Internationalen Forum nationaler Bürgerbewegungen
- Mitglied des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden e. V.
- Mitglied des Forums Menschenrechte e. V.
Menschenrechtspreis
Die GBM vergibt jährlich einen Menschenrechtspreis. Bisherige Preisträger sind:
- 1996: Pastor Dieter Frielinghaus (Brüssow)
- 1997: Rechtsanwalt Pierre Kaldor (Paris)
- 1998: Fidel Castro (Havanna)
- 1999: Pastorin Bé Ruys (Berlin)
- 2000: Schauspielerin Käthe Reichel (Berlin)
- 2001: Velko Valkanov (Sofia)
- 2002: Rechtsanwalt Friedrich Wolff (Berlin)
- 2003: Michel Chossudovsky (Ottawa)
- 2004: Angela Davis (USA)
- 2005: Hermann Klenner (Berlin)
- 2006: Rechtsanwältin Felicia Langer (Tübingen)
- 2007: Vojtěch Filip (Tschechien)
- 2008: Fritz Vilmar
- 2009: Heidrun Hegewald (Berlin), Willi Sitte (Halle), Walter Womacka (Berlin)
Einzelnachweise
- ↑ a b Vgl. Berliner Zeitung vom 3. Juli 2008: GBM sieht sich als Stasi-Verein verunglimpft.
- ↑ a b c d Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Abteilung Verfassungsschutz: Bericht im Ausschuss für Verfassungsschutz des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 14. März 2007 und 18. April 2007.
- ↑ lemo /dhm
- ↑ Christian v. Ditfurth Ostalgie oder linke Alternative, Verlag Kiepenheuer & Witsch, ISBN 3462027069
- ↑ Berliner Morgenpost vom 12. April 1999 Wo die DDR beatmet wird
- ↑ Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. November 2006: Die Opfer leiden immer noch
- ↑ Hubertus Knabe Die Täter sind unter uns, Propyläen Verlag 2007, ISBN 3-549-07302-X, S. 43.
- ↑ http://www.km.bayern.de/blz/eup/02_06/1.asp
- ↑ Die Welt vom 8. August 2006: Anna Funder dreht einen Film über die alten Kader der DDR-Staatssicherheit - Interview
- ↑ Vgl. Tagesspiegel 6. April 2008: Stasi-Vorwürfe gegen Verein in Lichtenberg SPD-Fraktion: Bezirk soll Zusammenarbeit beenden.
- ↑ Berichte im Ausschuss für Verfassungsschutz (VSA) des Abgeordnetenhauses von Berlin, behandelt in öffentlicher und nicht-öffentlicher Sitzung am 14. März 2007 und am 18. April 2007, S. 4
- ↑ Comments of the Society for the Protection of Civil Rights and Human Dignity (GBM) relating to the implementation of the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights in the Federal Republic of Germany, presented to the Committee on Economic, Social and Cultural Rights in view of its consideration of the fifth periodic report of the Federal Republic of Germany in May 2011, abgerufen am 19. September 2011
- ↑ Consideration of reports submitted by States parties under articles 16 and 17 of the Covenant, abgerufen am 19. September 2011
- ↑ Parallel Reprt On Economic, Social and Cultural Rights
- ↑ Alexander von Neubacher: „Düsteres Bild. Ein Bündnis aus ehemaligen Psychiatriepatienten, Intersexuellen und DDR-Veteranen brachte die Uno dazu, Deutschland ein vernichtendes Zeugnis auszustellen“, in: Der Spiegel, 11. Juli 2011.
Literatur
- Scott Calnan: The effectiveness of domestic human rights NGOs: a comparative study. Hotei Pub, 2008, ISBN 978-9004170216 (auf Google Books)
Weblinks
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