Kloster Schönau (Odenwald)

Kloster Schönau (Odenwald)
Zisterzienserabtei Schönau
Das ehemalige Herrenrefektorium, heute als evangelische Stadtkirche genutzt
Das ehemalige Herrenrefektorium,
heute als evangelische Stadtkirche genutzt
Lage Deutschland
Baden-Württemberg
Koordinaten: 49° 26′ N, 8° 49′ O49.43598.8094Koordinaten: 49° 26′ 9″ N, 8° 48′ 34″ O
Ordnungsnummer
nach Janauschek
202
Gründungsjahr 1142
Jahr der Auflösung/
Aufhebung
1558
Mutterkloster Kloster Eberbach
Tochterklöster

Kloster Bebenhausen (1190)

Inneres des Refektoriums (um 1900)
Inneres des Herrenrefektoriums (Februar 2009)
Glasfenster im Herrenrefektorium

Das Kloster Schönau in der Gemeinde Schönau im Odenwald wurde 1142 als Zisterzienserkloster von Kloster Eberbach aus gegründet und bestand bis zu seiner Aufhebung im Zuge der Reformation 1558. Es galt nach dem Kloster Maulbronn als bedeutendstes Kloster der Kurpfalz. Außer geringen Resten der mächtigen Klosterkirche haben sich von der großen Konventanlage nur die markante Klosterpforte und das sogenannte Herrenrefektorium erhalten, das heute als evangelische Kirche dient. Der Ort Schönau entwickelte sich durch die nachfolgende Besiedlung mit Flüchtlingen bis 1600 zur Stadt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Kloster Schönau wurde vom Bistum Worms bzw. dessen Kloster Eberbach im Jahr 1142 gegründet. Worms hatte den südlichen Odenwald bereits seit 1012 besessen, jedoch teilweise an verschiedene Adelige verliehen gehabt. Unter Bischof Buggo (Burchard II.) kam die Gemarkung des Klosters 1142 wieder unmittelbar an Worms zurück und daraufhin erfolgte die Klostergründung. Die Zisterzienser erhielten von Buggo die breite Talsohle des Steinachtals und ein südlich angrenzendes Waldstück, das 1172 durch Bischof Konrad II. erheblich vergrößert wurde. Zunächst bestanden wohl provisorische Holzbauten, die um 1200 durch von einer Ringmauer umgebene massive Gebäude ersetzt wurden.

1169 befand sich das Kloster unter kaiserlicher Schutzherrschaft, an deren Stelle noch im 12. Jahrhundert die Schirmherrschaft der Pfalzgrafen bei Rhein trat, deren Hauskloster, beliebter Aufenthaltsort und Grablege das Kloster wurde. Die Pfalzgrafen halfen dem Kloster auch, eine wirtschaftliche Krise im 14. Jahrhundert zu überwinden.

Die Klosteranlage war nach dem üblichen Klosterschema der Zisterzienser gestaltet: die 84 Meter lange Kirche war nach Osten ausgerichtet, südlich daran schloss sich der rechteckige Kreuzgang an, dem westlich das Konversenhaus für weltliche Brüder beigestellt war. Der Südflügel des Kreuzgangs führte zum Speisesaal (heutige evang. Stadtkirche) mit angebauter Küche. Gegenüber dem Speisesaal befand sich eine Brunnenhalle. An den Ostflügel des Kreuzgangs schloss sich der Kapitelsaal mit darüberliegendem Schlafsaal der Mönche an, weiter östlich der Krankenbau. Ab 1275 entstand außerdem noch ein Spital.

Im 13. Jahrhundert lebten etwa 300 Mönche in Schönau und das Kloster galt neben dem Kloster Maulbronn als bedeutendstes Kloster der Kurpfalz. Von Schönau aus wurde bereits 1190 das Tochterkloster Bebenhausen gegründet. Der jeweilige Abt von Schönau hatte nach dessen Gründung 1386 die Aufsicht über das Studienkolleg St. Jakob in Heidelberg, das alle süddeutschen Zisterzienser-Studenten besuchten. Außerdem unterstanden das Kloster Ramsen, das Kloster Neuburg und das Kloster Lobenfeld zeitweilig dem Schönauer Abt.

Der Besitz des Klosters entstand überwiegend durch Schenkungen im 12. und 13. Jahrhundert und erstreckte sich von Hirschhorn westlich bis jenseits des Rheins und nördlich bis in den Raum Frankfurt. Das Kloster hatte Stadthäuser in Heidelberg, Speyer, Worms und Frankfurt am Main. Der Frankfurter Außenbesitz wurde im 15. Jahrhundert aufgegeben, dafür konnte das Kloster 1480 die Propstei Wiesenbach erwerben.

Im Rahmen der Reformation wurde das Kloster 1558 durch Kurfürst Ottheinrich aufgehoben. Die bis heute bestehenden Pflege Schönau übernahm die Verwaltung der Liegenschaften und die grundherrlichen Rechte. Die Pflege gab die Landwirtschaftsflächen an Hofbauern aus und siedelte im Jahr 1562 calvinistische Glaubensflüchtlinge aus Wallonien (damals: Spanische Niederlande) im Kloster an, wodurch sich der Ort Schönau bis 1600 zur Stadt entwickelte. Zwar soll den Siedlern 1562 ausdrücklich die Erhaltung der Klosteranlagen verordnet worden sein, jedoch fanden bis 1583 bereits zahlreiche Umbauten und Zerstörungen statt, so dass die Klosteranlage rasch im sich entwickelnden Stadtkern aufging und nur noch Fragmente erhalten sind.

Die Geschichte der Zisterzienserabtei Schönau ist nur unzureichend erforscht. Das liegt vor allem daran, dass bis heute kein vollständiges Urkundenbuch des Klosters existiert. Wer sich mit der Geschichte der Abtei befassen will, muss auf ein Urkundenbuch des 18. Jahrhunderts zurückgreifen (Gudenus), das den größten Teil der Urkunden von 1142 bis ca. 1300 enthält. Weitere Schönauer Urkunden wurden im 19. Jahrhundert in der "Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins" abgedruckt. Die Urkunden des 14., 15. und 16. Jahrhunderts sind dagegen bis heute ungedruckt - trotz der räumlichen Nähe Schönaus zu Heidelberg und seiner berühmten Universität.

Grundlegende Forschungen zur Geschichte Schönaus stammen von Maximilian Huffschmid, Robert Edelmaier und Meinrad Schaab (s. Literatur). Vor allem die Monographie Schaabs aus den 1960er Jahren wird bis heute benutzt, obwohl das Buch natürlich etwas veraltet ist, Fehler enthält, wichtige Quellen nicht berücksichtigt und auch kein Register besitzt. Die Schönauer Inschriften wurden von Renate Neumüllers-Klauser zusammengetragen. Allerdings ist auch dieses Buch von 1970 längst überholt, da auf dem ehemaligen Klostergelände bis heute laufend neue Inschriften ausgegraben werden.

Eine Chronik des Klosters Schönau hat sich leider nicht erhalten. Allerdings sind wir über viele Ereignisse der frühen Klostergeschichte durch hagiographische Zeugnisse informiert. Vor allem die Geschichte der Hl. Hildegund von Schönau, einer jungen Frau, die im 12. Jahrhundert unerkannt als Novize Joseph im Kloster lebte, wurde von den Vitenschreibern und Dichtern des späten 12. und frühen 13. Jahrhunderts begeistert aufgegriffen. Insgesamt fünf Mal wurde dieser Stoff bearbeitet, u.a. auch von Caesarius von Heisterbach. Ein weiteres wichtiges Ereignis, die berühmte "Stiefelrevolte" der Schönauer Laienbrüder, berichtet Konrad von Eberbach. Auch in der Biographie des seligen Eberhard von Kumbd spielt das Zisterzienserkloster im Odenwald eine wichtige Rolle: Eberhard, ein Diener des Pfalzgrafen Konrad von Staufen, versuchte drei Mal vergeblich, in das Kloster aufgenommen zu werden. Darüber hinaus wird Schönau des Öfteren im "Dialogus miraculorum" des Caesarius erwähnt. Die wichtigsten Ereignisse der frühen Geschichte Schönaus wurden im 16. Jahrhundert als mit lateinischen Versen unterlegte Zeichnungen festgehalten. Aus Schönau sind des Weiteren einige wenige Gelegenheitsdichtungen (vorwiegend Epitaphien) überliefert. Die Handschriften des Klosters befinden sich zum größten Teil seit dem 17. Jahrhundert in der Bibliotheca Apostolica Vaticana in Rom.

Kulturhistorisches Museum Hühnerfautei

Im Dezember 2008 wurde in Schönau feierlich das Kulturhistorische Museum Hühnerfautei eingeweiht, in dem anhand zahlreicher Fundstücke die Geschichte des Zisterzienserklosters dargestellt wird.

Persönlichkeiten, die im Kloster Schönau gewirkt haben

  • Abt Daniel, wird als Seliger verehrt (27. Juni)
  • Hildegund von Neuß, gab sich als Mann aus und starb während des Noviziatsjahrs 1188 in Schönau, wird als Heilige verehrt (20. April)

Persönlichkeiten, die im Kloster Schönau zu Grabe gelegt wurden

Sehenswürdigkeiten

  • das Klostertor (um 1200)
  • die Klosterkirche (um 1230)
  • die „Hühnerfautei“ (um 1250)
  • das zweischiffige ehemalige Herrenrefektorium
  • das „Wallonenhaus“, die 1558 von den Wallonen aufgestockte ehemalige Klosterschmiede
  • der „Marktplatzbrunnen“, Brunnenschale (großes Wasserbecken; Lavatorium) aus dem Brunnenhaus des Klosters
  • die Abtwohnung, im Osten Richtung Greiner Tal, Zugang über Obere Gasse (später über 200 Jahre als Forsthaus genutzt (Evangelische Stiftung Pflege Schönau) mit Forstgarten und dem ehemaligen Fischteich der Zisterzienser. Der Forstgarten ist noch teilweise von Resten der ehemaligen Ringmauer umgeben.

Einzelnachweise

  1. Johannes MadeyKonrad II. von Hildesheim. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 4, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-038-7, Sp. 392–393.
  2. Zu Kurfürstin Beatrix und ihrer Begräbnisstätte

Literatur

  • Virto-Christian Rothfuss: Die Schönauer Epitaphien der Pfalzgrafen bei Rhein. in: Der Odenwald 54 (2007), S. 99-102.
  • Kreisarchiv und Referat für Öffentlichkeitsarbeit des Rhein-Neckar-Kreises in Verbindung mit der Stadt Schönau und dem Verein Alt Schönau e.V. (Hg.): Kloster und Hühnerfautei Schönau. Heidelberg 2002, ISBN 3-932102-08-8
  • Jürgen Kaiser und Götz von Roman: Schönau. Evangelische Stadtkirche, ehemalige Zisterzienserabtei. Schnell & Steiner, Regensburg 2000, ISBN 3-7954-5442-5
  • Meinrad Schaab: Die Zisterzienserabtei Schönau im Odenwald. 2. unveränderte Auflage. Winter, Heidelberg 1990, ISBN 3-533-04256-1 (Heidelberger Veröffentlichungen zur Landesgeschichte und Landeskunde, 8)
  • H.U.Berendes: Die Bischöfe von Worms und ihr Hochstift im 12. Jahrhundert. Diss. Köln 1984.
  • Renate Neumüllers-Klauser: Die Inschriften der Stadt und des Landkreises Heidelberg. Stuttgart 1970.
  • Herbert Derwein: Das Zisterzienserkloster Schönau. Mit den Zeichnungen des 16. Jahrhunderts aus dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Franzmathes, Frankfurt 1931. Online-Publikation der Universitätsbibliothek Heidelberg.
  • Die Stadt- und Landkreise Heidelberg und Mannheim. Amtliche Kreisbeschreibung. Heidelberg 1968
  • Maximilian Huffschmid: Beiträge zur Geschichte der Cisterzienserabtei Schönau bei Heidelberg. in: ZGO 45 (1891), S. 415-449; ZGO 46 (1892), S. 69-103.
  • V.F. de Gudenus: Sylloge I variorum diplomatariorum monumentorumque veterum ineditorum adhuc et res germanicas in primis vero moguntinas illustrantium. Frankfurt 1728.
  • Robert Edelmaier: Das Kloster Schönau bei Heidelberg. Ein Beitrag zur Baugeschichte der Cisterzienser. (Dissertation TH Karlsruhe 1913). Gustav Koester, Heidelberg 1915.

Weblinks


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