Arno Borst

Arno Borst

Arno Borst (* 8. Mai 1925 in Alzenau; † 24. April 2007 in Konstanz) war ein deutscher Historiker. Er gilt als einer der bedeutendsten Mediävisten des 20. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Borst studierte von 1945 bis 1951 an der Georg-August-Universität Göttingen und Ludwig-Maximilians-Universität München, dort als Stipendiat der Stiftung Maximilianeum, und wurde 1951 in Göttingen mit einer Arbeit über die Katharer zum Dr. phil. promoviert. Anschließend war Borst Assistent an der Universität Münster bei Herbert Grundmann, wo er sich 1957 habilitierte. Ab 1961 war er in Münster als außerplanmäßiger Professor tätig und folgte 1962 einem Ruf als ordentlicher Professor an die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Sechs Jahre später wechselte er an die neu gegründete Universität Konstanz auf den Lehrstuhl für mittlere und neuere Geschichte. Von 1987 bis 1990 war er Inhaber einer besonderen Stiftungsprofessur des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft in Konstanz. 1990 wurde er emeritiert. Von 1969 bis 1970 war Arno Borst Prorektor der Universität Konstanz.

Wirken

Ein Schwerpunkt von Borsts Forschungen liegt auf der mittelalterlichen Geschichte. Borst war einer der wenigen Historiker, der nahezu die ganze Bandbreite des Mittelalters von ca. 500 bis 1500 abdeckte. International bekannt wurde er mit seinem 1973 erschienenen und mehrfach neu aufgelegten Werk Lebensformen im Mittelalter. Er beschäftigte sich insbesondere mit den Mönchen am Bodensee wie auch denen aus Weingarten, St. Gallen und Einsiedeln. Seine Lieblingsgestalt war der Benediktiner Hermann der Lahme, der Reichenauer Universalgelehrte.

Daneben beschäftigte er sich auch mit der lateinischen Philologie des Mittelalters, der neueren Geschichte und der Komputistik. Besondere Bekanntheit erlangte er mit seiner Habilitationsschrift, einem monumentalen, sechsbändigen Werk über das Phänomen der Vermehrung und Verwirrung der Sprachen - Babylon: Der Turmbau von Babel über die Geschichte der Meinungen über Ursprung und Vielfalt der Sprachen, für das er eine Fülle spätantiker und mittelalterlicher Quellen auf die Entstehung und Abgrenzung der Volkssprachen vom Lateinischen hin untersuchte. Für dieses Werk, das zwischen 1957 und 1963 in vier Bänden, von denen zwei in jeweils zwei weitere Unterbände gegliedert sind, veröffentlicht wurde, erhielt er 1966 den Preis der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.

Borst war seit 1949 Mitglied der Stiftung Maximilianeum, seit 1982 ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, seit 1986 korrespondierendes Mitglied der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft und zudem seit 2003 korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Darüber hinaus war er von 1983 bis 1996 ordentliches Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica. Seit 1996 war Arno Borst außerdem Vorsitzender der von ihm ins Leben gerufenen Arno-Borst-Stiftung zur Förderung der mediävistischen Geschichtswissenschaften.

Auszeichnungen

Schriften (Auswahl)

  • 1953 Die Katharer
  • 1957–1963 Der Turmbau von Babel (6 Bände)
  • 1973 Lebensformen im Mittelalter
  • 1975 Mönchtum, Episkopat und Adel zur Gründungszeit der Reichenau
  • 1976 Rittertum im Mittelalter
  • 1978 Mönche am Bodensee, Neuauflage Dezember 2009, Libelle Verlag, Lengwil, Schweiz, ISBN 978-3-905707-30-4
  • 1986 Das mittelalterliche Zahlenkampfspiel
  • 1988 Barbaren, Ketzer und Artisten
  • 1988 Computus. Zeit und Zahl im Mittelalter
  • 1992 Ritte über den Bodensee. Rückblick auf mittelalterliche Bewegungen, Libelle Verlag, Lengwil, Schweiz, ISBN 978-3-909081-52-3
  • 1994 Das Buch der Naturgeschichte. Plinius und seine Leser
  • 1998 Die karolingische Kalenderreform
  • 2001 Der karolingische Reichskalender
  • 2004 Der Streit um den karolingischen Kalender
  • 2006 Schriften zur Komputistik im Frankenreich von 721 bis 818
  • 2009 Meine Geschichte (Autobiographie, postum erschienen), Libelle Verlag, Lengwil, Schweiz, ISBN 978-3-905707-26-7

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Borst — ist der Familienname folgender Personen: Alexander Borst (* 1957), deutscher Neurobiologe Arno Borst (1925–2007), deutscher Historiker Bernhard Borst (1883–1963), deutscher Architekt Els Borst (* 1932), niederländische Medizinerin und Politikerin …   Deutsch Wikipedia

  • Rithmomachie — Spielbrett nach der Darstellung bei Claude de Boissière (1556) Das Zahlenkampfspiel (lat. numerorum conflictus oder griechisch lateinisch rithmomachia oder Rithmomachie, später auch Philosophenspiel) war ein mittelalterliches Brettspiel basierend …   Deutsch Wikipedia

  • Zahlenkampfspiel — Spielbrett nach der Darstellung bei Claude de Boissière (1556) Das Zahlenkampfspiel (lat. numerorum conflictus oder griechisch lateinisch rithmomachia oder Rithmomachie, später auch Philosophenspiel) war ein mittelalterliches Brettspiel,… …   Deutsch Wikipedia

  • Herimannus Augiensis — Hermann von Reichenau (rechts) mit einem Astrolabium mittelalterliche Darstellung Reliquie …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Contractus — Hermann von Reichenau (rechts) mit einem Astrolabium mittelalterliche Darstellung Reliquie …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann der Lahme — Hermann von Reichenau (rechts) mit einem Astrolabium mittelalterliche Darstellung Reliquie …   Deutsch Wikipedia

  • Hermannus Contractus — Hermann von Reichenau (rechts) mit einem Astrolabium mittelalterliche Darstellung Reliquie …   Deutsch Wikipedia

  • Hermannus Contractus Augiensis — Hermann von Reichenau (rechts) mit einem Astrolabium mittelalterliche Darstellung Reliquie …   Deutsch Wikipedia

  • Hermanus Contractus — Hermann von Reichenau (rechts) mit einem Astrolabium mittelalterliche Darstellung Reliquie …   Deutsch Wikipedia

  • Katharer — Der Begriff Katharer (von griechisch: καθαρός, katharós, ‚rein‘) steht für die Anhänger einer christlichen Glaubensbewegung vom 12. Jahrhundert bis zum 14. Jahrhundert vornehmlich im Süden Frankreichs, aber auch in Italien, Spanien und… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”