Christian Gottlieb Friedrich Witte

Christian Gottlieb Friedrich Witte
Christian Gottlieb Friedrich Witte

Christian Gottlieb Friedrich Witte (* 12. Januar 1802 in Rotenburg (Wümme); † 5. November 1873 in Utrecht, Niederlande), war ein deutsch-niederländischer Orgelbauer. Er gilt als einer der bedeutendsten Orgelbauer des 19. Jahrhunderts in den Niederlanden. Eine Vielzahl der Bätz-Witte Orgeln ist bis heute erhalten.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Witte wurde als viertes und jüngstes Kind des Pastors Johann Nikolaus Witte (1762–1817) und seiner Ehefrau Sophia Dorothea Friederika Witte, geb. Caulier (1768–1824) geboren.[1] Er hatte einen Bruder, Johann Nicolaus Christian (1796–1861) sowie zwei Schwestern, Sophia Dorothea Friederica (1793–1862) und Elisabeth Catharina Ernestine Amalie (1799–1864).

Witte, eigentlich für das Predigeramt bestimmt, hatte den Wunsch nach einem handwerklichen Beruf. Auf Reisen in den Harz kam er mit der dortigen Orgelkultur in Berührung, was sein Interesse am Orgelbau weckte. Er begann er im Alter von 15 Jahren beim königlichen Hoforgelbaumeister Christian Bethmann in Hannover eine Ausbildung zum Orgelbauer. In seiner Freizeit beschäftigte er sich mit Musik, Naturkunde und Zeichnen. Bei den Arbeiten an der Braunschweiger Domkirche lernte er Ernst Florens Friedrich Chladni kennen, für dessen Klanglehre und Erfindungen er sich begeisterte. Nach Beendigung der Lehrzeit ging er 1824 auf Wanderschaft, um eine passende Arbeitsstelle zu finden, zugleich aber auch um seine Kenntnisse des Orgelbaus zu erweitern und den Orgelbau in Süd-Deutschland, der Schweiz, Holland und Frankreich kennenzulernen. Sein angestrebtes Ziel war es, sich danach als selbständiger Orgelbauer in Deutschland niederzulassen. Auf der sechswöchigen Wanderung ausgehend von Achim, wo sein Bruder wohnte, suchte er auf dem Weg nach Frankfurt am Main und weiter in die Niederlande bekannte Orgel- und Instrumentenbauer auf, ohne ein Beschäftigungsangebot zu erhalten.

In Utrecht begegnete er Abraham Meere und Jonathan Bätz, die jedoch keine sofortige Verwendung für ihn hatten. Über Gouda, Haarlem, Leiden und Delft gelangte er schließlich nach Amsterdam. Auf Rat des Orgelbauers van den Brink, nahm er im Juni 1824 das Angebot von Orgelbauer Tewes an, das Arbeit und Logis beinhaltete. Witte wechselte zwei Jahre später zur Firma J. Bätz & Co. nach Utrecht, die in dritter Generation von den Gebrüdern Jonathan und Johan Martin Willem Bätz geleitet wurde. Nach dem Ausscheiden von J.M.W. Bätz wurde Witte 1833 Teilhaber. Nach dem Tod von Jonathan Bätz im Jahr 1849 übernahm Witte als Alleininhaber die Firma J. Bätz & Co. und führte sie unter diesem Namen bis zu seinem Tod im Jahr 1873 weiter.

Die Familie

Witte heiratete 1839 Paulina Dorothea Antoinetta Lagers (1810–1884), Tochter eines in Hamburg geborenen und seit 1787 in den Niederlanden lebenden lutherischen Pastors Georg Hendrik Lagers und dessen zweiter Frau Johanna Maria, geb. Bätz. Die Familie Lagers hatte Witte bei den Arbeiten an der von Bätz gebauten Orgel für die runde Maarten Luther Kerk in Amsterdam kennengelernt, an der Pastor Lagers tätig war. Inzwischen hatte sich Witte zu seinem Lebensmittelpunkt in Utrecht entschieden und betrachtete sich selbst nunmehr als Holländer.

Aus der Ehe gingen sechs Söhne hervor, von denen der älteste, Johan Frederik Witte (1840-1902), als gelernter Orgelbauer nach dem Tod des Vaters 1873 den Betrieb übernahm und diesen bis zu seinem eigenen Ableben weiter führte. Die einzige Tochter, Clara Witte (1880-1940), die aus der Ehe von Witte mit Johanna Gehardina, geb. Broekmeijer, hervorging, wurde nicht für die nachfolgende Leitung des Betriebs bestimmt, so dass die Firma Bätz & Co. 1903 liquidiert wurde.

Im Nachruf des Orgelbauer M. Maarschalkerweerd vom 07. Februar 1902 heißt es: „Sicher ist, so lange wie die Orgelbaukunst besteht, wird der Name der Firma Bätz und vor allem der der Herren Witte, Vater und Sohn, im ruhmreichen Gedächtnis bleiben und alle gegenwärtigen und zukünftigen Orgelbauer werden mit mir einstimmen müssen in das hohe Lob, das der wahren Kunst geschuldet ist und das dem verstorbenen Künstler in so großem Maße zukommt”. (Weekblad voor Muziek, 15 februari 1902)

Bedeutung erhielt auch sein zweitälteste Sohn Georg Hendrik Witte (1843–1929), der als Musikdirektor von 1871 bis 1911 in Essen wirkte. Dessen in den Niederlanden verbliebene Brüder waren Johann Christiaan (1845–1909), Rudolf (1847–1847) und Rudolph (1850–1905). Der letzte holländische Nachkomme von C.G.F. Witte war Paul Christiaan Witte (1884–1969), Sohn des Rudolph Witte. Alle übrigen noch lebenden Nachfahren des Orgelbauers C.G.F. Witte sind in Deutschland sesshaft.

Werk

In den Jahren von 1850 bis 1873, in denen die Firma Bätz unter der Leitung von C.G.F. Witte stand, wurden etwa fünfzig neue Orgeln ausgeliefert. Witte stellte höchste Ansprüchen an Material und Bearbeitung. Dabei hatte er ein konservatives, auf Tradition basierendes Qualitätsbewusstsein. Von technischen Neuerungen machte er erst dann Gebrauch, wenn sie sich hinreichend bewährt hatten. Das mag erklären, weshalb viele der von ihm gebauten Instrumente bis heute erhalten geblieben sind.

Die Orgeln des 19. Jahrhunderts entsprachen in ihrer Konzeption der in protestantischen Kirchen vorherrschenden Absicht, in erster Linie den Gesang der Gemeinde zu unterstützen und zu verbessern. Die individuelle Disposition einer Orgel wurde durch die Größe der Kirche und die verfügbaren finanziellen Mittel bestimmt. Mit Ausnahme eines Auftrags aus Paramaribo in Surinam, einer damaligen holländischen Kolonie, bediente die Firma Bätz ausschließlich den holländischen Markt. Wegen der evangelisch-lutherischen Herkunft der Familien Bätz und Witte zählten die protestantischen Gemeinden zu den wichtigsten Auftraggebern.

Werkliste

Die Größe der Instrumente wird in der fünften Spalte durch die Anzahl der Manuale und die Anzahl der klingenden Register in der sechsten Spalte angezeigt. Ein großes „P“ steht für ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ für ein angehängtes Pedal.

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1831 Utrecht Utrechter Dom Orgel Domkerk.JPG III/P 50 Bätz[2]
1831 's-Hertogenbosch Hervormde Kerk II/P 24 Bätz[3]
1838 Krommenie Hervormde Kerk II/p 16 Bätz[4]
1839 Delft Nieuwe Kerk III/P 47 Bätz[5]
1842 Mijdrecht Hervormde Kerk II/p 13 Bätz; 1915/2001 um selbstständiges Pedal erweitert[6]
1842 Den Haag Paleis Kneuterdijk (Gotischer Saal) Orgel Gotische zaal.JPG II/P 18 Bätz[7]
1843 Batavia Willemskerk Bätz
1843 Zeist Oude Kerk II/P 23 Bätz[8]
1843 Amsterdam Amstelkerk Amstelk c.jpg II/p 16 Bätz[9]
1846 Woerden Lutherse Kerk Batz orgel woerden.jpg II/p 11 Bätz[10]
1851 Buren Lambertuskerk II/P 17 [11]
1854 De Rijp Grote Kerk II/p 17 Firmenschild: „Bätz & Co, orgelmakers van ZM den koning“[12]
1854 Leerdam Grote Kerk II/P 21 [13]
1854 Tiel Maartenskerk II/P 25 [14]
1855 Delfshaven Pelgrimvaderskerk II/P 23 [15]
1857 Delft Oude Kerk (Hauptorgel) Delft - Església vella - Orgue.JPG III/P 41 [16]
1858 Beusichem Hervormde Kerk II/p 18 [17]
1858 Puttershoek Hervormde Kerk II/P 19 [18]
1858 Rotterdam Paradijskerk II/P 20 [19]
1859 Ophemert Hervormde Kerk II/p 11 [20]
1860 Putten Hervormde Kerk II/P 20 [21]
1860 Breukelen Oude Kerk II/p 15 Erweiterung der Orgel von Bätz (1787) um ein zweites Manual [22]
1861 Utrecht Janskerk II/P 18 [23]
1861 Culemborg Barbarakerk II/p 13 [24]
1862 Naarden Grote Kerk III/P 45 Firmenschild: „C.G.F. Witte, Fa Bätz & Co“[25]
1863 Amerongen Andrieskerk II/p 17 [26]
1863 Rijssen Zuiderkerk II/P 24 Firmenschild: „C.G.F. Witte, Fa Bätz & Co“; ursprünglich für Amersfoort gebaut, 1969 überführt[27]
1864 Purmerend Koepelkerk II/p 11 Brüstungsorgel[28]
1866 Kapelle Hervormde Kerk II/P 23 [29]
1867 Den Haag Nieuwe Kerk II/P 26 Umbau der Orgel von Johannes Duyschot[30]
1868 Beusichem Hervormde Kerk II/p 18 [31]
1868 Winschoten Hervormde Kerk II/P 23 [32]
1870 Utrecht Doopsgezinde kerk Doopsgezinde kerk - interieur.jpg II/p 13 1913 um ein selbstständiges Pedal erweitert[33]
1869 Delft Waalse Kerk II/P 25 [34]
1871 Wognum Katholische Kirche II/P 14 Verlust des Gehäuses im Zuge des Umzugs der Kirche (1970)[35]
1871 Hoorn Oosterkerk II/P 18 [36]
1872 Beemte Wilhelminakerk II/P 10 [37]
1872 IJzendijke Hervormde Kerk II/p 11 Als Ersatz für Orgel von J. de Voldere[38]
1872 Nederhorst den Berg Hervormde Kerk I/p 10 1939 Restaurierung und Verkauf; später Erweiterungsumbauten[39]
1873 Delft Oude Kerk (Orgel im Nordflügel) I/p 5 Ursprünglich für die Delfter Armenkerk gebaut[40]
1873 Doorn Maartenskerk II/p 11 [41]
1873 Hilversum Vituskerk II/P 11 1889 durch seinen Sohn restauriert, später Erweiterung des Pedals[42]

Literatur

  • Christian Gottlieb Friedrich Witte:' Tagebuch geschrieben auf der Reise von Achim nach Amsterdam, Orgel Archief der Universität Utrecht
  • Teus den Toom: De orgelmakers Witte, Een bijdrage tot de geschiedschrijving van de orgelbow in Nederland in de tweede helft van de negentiende eeuw, Teil I und II, J.J. Groen en Zoon, Heerenveen 1997, ISBN 90-5030-767-I (W), NUGI 933
  • Gert Oost: De orgelmakers Bätz (1739-1849), een eeuw orgelbouw in Nederland, 3e aangevulde druk 1981, uitgave: Canaletto Alphen aan den Rijn
  • Stichting Orgel Grote Kerk Gorcum: De Orgelmakers Witte, Gorinchem, Streekmuziekschool, 15 juli1978 – 19 august 1978

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Das Geburts- und Taufregister der ev.-luth. Kirchengemeinde in Rotenburg gibt als Geburtsdatum den 11. Januar 1802 „des Abends um 12 Uhr“ an. In der Familie von Witte selbst wurde jedoch der 12. Januar als eigentlicher Geburtstag angesehen.
  2. Orgel im Utrechter Dom, gesehen 17. November 2011.
  3. Orgel in 's-Hertogenbosch, gesehen 17. November 2011.
  4. Orgel in Krommenie, gesehen 17. November 2011.
  5. Orgel in Delft, Nieuwe Kerk, gesehen 17. November 2011.
  6. Orgel in Mijdrecht, gesehen 17. November 2011.
  7. Orgel in Den Haag, Gotischer Saal
  8. Orgel in Zeist, gesehen 17. November 2011.
  9. Orgel in Amsterdam, Amstelkerk, gesehen 17. November 2011.
  10. Orgel in Woerden, gesehen 17. November 2011.
  11. Orgel in Buren, gesehen 17. November 2011.
  12. Orgel in De Rijp, gesehen 17. November 2011.
  13. Orgel in Leerdam, gesehen 17. November 2011.
  14. Orgel in Tiel, gesehen 17. November 2011.
  15. Orgel in Delfshaven, gesehen 17. November 2011.
  16. Orgel in Delft, Oude Kerk, gesehen 17. November 2011.
  17. Orgel in Beusichem, gesehen 17. November 2011.
  18. Orgel in Puttershoek, gesehen 17. November 2011.
  19. Orgel in Rotterdam, gesehen 17. November 2011.
  20. Orgel in Ophemert, gesehen 17. November 2011.
  21. Orgel in Putten, gesehen 17. November 2011.
  22. Orgel in Breukelen, gesehen 17. November 2011.
  23. Orgel in Utrecht, Janskerk, gesehen 17. November 2011.
  24. Orgel in Culemborg, gesehen 17. November 2011.
  25. Orgel in Naarden, gesehen 17. November 2011.
  26. Orgel in Amerongen, gesehen 17. November 2011.
  27. Orgel in Rijssen, gesehen 17. November 2011.
  28. Orgel in Purmerend, gesehen 17. November 2011.
  29. Orgel in Kapelle, gesehen 17. November 2011.
  30. Orgel in Den Haag, Nieuwe Kerk, gesehen 17. November 2011.
  31. Orgel in Beusichem, gesehen 17. November 2011.
  32. Orgel in Winschoten, gesehen 17. November 2011.
  33. Orgel in Utrecht, Doopsgezinde Kerk, gesehen 17. November 2011.
  34. Orgel in Delft, Waalse Kerk, gesehen 17. November 2011.
  35. Orgel in Wognum, gesehen 17. November 2011.
  36. Orgel in Hoorn, gesehen 17. November 2011.
  37. Orgel in Beemte, gesehen 17. November 2011.
  38. Orgel in IJzendijke, gesehen 17. November 2011.
  39. Orgel in Nederhorst den Berg, gesehen 17. November 2011.
  40. Orgel in Delft, Oude Kerk, gesehen 17. November 2011.
  41. Orgel in Doorn , gesehen 17. November 2011.
  42. Orgel in Hilversum, gesehen 17. November 2011.

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