Projekt 641

Projekt 641
Projekt 641
Ein libysches Projekt-641-Boot

Ein libysches Projekt-641-Boot

Schiffsdaten
Bauwerft Werft 196 Leningrad
Bauzeitraum 1957 bis 1983
Außerdienststellung -
Gebaute Einheiten 75
Schiffsmaße und Besatzung
Länge
91,3 m (Lüa)
Breite 7,5 m
Tiefgang max. 5,09 m
Verdrängung aufgetaucht: 1.952 t
getaucht: 2.550 tdep1
 
Besatzung 70 Mann[1]
Maschine
Maschine 3 x Typ 37D Dieselmotoren 2000 PS

2 x PG-101 Elektromotoren 1.350 PS
1 x PG-102 Elektromotor 2.700 PS

Propeller 3
Einsatzdaten U-Boot
Tauchtiefe, normal 250 m
Tauchtiefe, max. 280 m
Geschwindigkeit getaucht max. 16 kn[1]
Geschwindigkeit aufgetaucht max. 16,8 kn[1]
Bewaffnung
  • 6 × Torpedorohre (Bug) ∅ 53,3 cm
  • 4 × Torpedorohre (Heck) ∅ 53,3 cm

Munition

Sensoren

Arktika-M Sonar
Nakat ESM-System
Flag Radar

Projekt 641 ist die Bezeichnung für eine Klasse sowjetischer dieselelektrischer U-Boote, die von der NATO als Foxtrot-Klasse bezeichnet wird. Nicht zuletzt aufgrund der besonderen Zuverlässigkeit der Klasse wurde Projekt 641 zu einem Exportschlager und in zahlreichen Staaten außerhalb der Sowjetunion betrieben.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Das Projekt 641 folgte den Klassen Projekt 611 und Projekt 633. In den Planungen von Projekt 641 spiegelten sich zahlreiche Merkmale der Vorgängerklassen wieder, so wurden Antriebssystem, Rumpfform und die Verteilung der Torpedobewaffnung weitgehend übernommen, aber einige der bekannten Schwachstellen entschärft. Ein Schwerpunkt der Planung war eine größere Reichweite des einzelnen Bootes, die durch eine Verlängerung und Verbreiterung des Rumpfes erreicht wurde, so dass mehr Treibstoff und Vorräte mitgeführt werden konnten und der Mannschaft mehr Platz zur Verfügung stand, so dass sich die Seeleute zwischen ihren Wachen besser erholen konnten. Man steigerte die Konstruktionstauchtiefe auf 200 Meter und traf Vorkehrungen für den Einsatz moderner Torpedo- und Seeminentypen.

Rumpf

Zeichnung der Steuerbordansicht eines Projekt 641 Bootes

Die Formgebung des Rumpfes war stark an Projekt 611 angelehnt. Beide Projekte teilten sich eine vergleichbare Antriebsanlage mit drei Wellen, so dass die Verwendung einer vergleichbaren Rumpfform nahe lag. Bei Projekt 641 reduzierte man aber den Strömungswiderstand durch die Verlagerung des Sonarsensors von der Unterseite des Rumpfes in die Spitze des Bugs. Gleichzeitig veränderte man das Strömungsverhalten an den Schiffsseiten durch eine andere Krümmung, so dass sich die Geschwindigkeit von Projekt 641, trotz Zunahme an Verdrängung, im Vergleich zum Vorgänger, kaum änderte.

Maschinenanlagen

Zwei der drei Typ 37D Dieselmaschinen im oberen Teil des Hauptmaschinenraums von B-39. Im Hintergrund ist der Zugang zum E-Maschinenraum zu sehen.

Die U-Boote wurden mit dem Standard-Schiffsdieselmotor sowjetischer U-Boote ausgerüstet, identisch mit der Konfiguration auf Projekt 611: Drei Typ 37D Motoren mit je 2.000 PS (1.471 kW). Diese Motoren lieferten Antriebsenergie indem sie Treiböl und Sauerstoff aus der Umgebungsluft verbrannten. Dieses System funktionierte nur wenn genug Außenluft zugeführt werden konnte, also nur an der Oberfläche oder bei Tauchfahrt in geringer Wassertiefe, bei der Luft durch einen Schnorchel am hinteren Teil des U-Boot-Turms zugeführt werden konnte. An der Oberfläche konnten so 16,8 kn erreicht werden.

Zur Tauchfahrt in größeren Tiefen waren Elektromotoren notwendig, die ihre Energie aus Bleiakkumulatoren bezogen. Zwei PG-101 Motoren mit je 1.350 PS (993 kW) trieben bei Tauchfahrt die beiden äußeren Wellen an, die mittlere wurde von einem PG-102 Elektromotor mit 2.700 PS (1.985 kW) angetrieben. Die mittlere Welle konnte alternativ durch einen PG-104 Elektromotor mit 140 PS (103 kW) angetrieben werden, der sehr viel weniger Strom verbrauchte als die PG-102 Motoren und deutlich leiser lief.[2]

Reichweite

Bei 8,13 Knoten Marschgeschwindigkeit konnten die Boote des Projekts 641 30.000 Seemeilen mit ihren Dieselmotoren zurücklegen bevor der mitgeführte Treibstoff verbraucht war. Getaucht reichte die Batteriekapazität bei 15,30 Knoten für 16 Seemeilen.[2] Die Vorräte an Bord erlaubten Einsätze von bis zu 90 Tagen.

Bewaffnung

Projekt 641 erhielt sechs Bug- und vier Hecktorpedorohre im Kaliber 533 mm. Eine ähnliche Kombination war bereits bei Projekt 633 verwendet worden, allerdings nur mit zwei Hecktorpedorohren. Es konnten 22 Torpedos oder, alternativ, 32 MDT Seeminen mitgeführt werden. Im Bugtorpedoraum konnten 18 dieser Torpedos gelagert werden, im Heckraum dagegen nur vier.[3]

Das Spektrum der verwendbaren Torpedos war sehr breit und erstreckte sich von alten Modellen wie dem 53-39 aus dem Zweiten Weltkrieg über den 53-51 von 1951, bis hin zu den, Ende der 1960er Jahre entwickelten, Torpedotypen 53-65M und 53-65K.[3] Die Torpedos der 65er Serie waren mit knapp 70 Knoten Spitzengeschwindigkeit bereits sehr schnell, besaßen eine automatische Zielführung, einen Annäherungszünder und konnten aus bis zu 150 Metern Tiefe abgesetzt werden. Sie eigneten sich jedoch nur zum Angriff auf Ziele an der Wasseroberfläche und konnten nicht gegen gegnerische U-Boote eingesetzt werden.[4] Bei Bedarf konnten auch 533-mm Torpedomodelle mit Atomsprengkopf verwendet werden.

In den 1970er und 1980er Jahren für den Export nach Indien gebaute Projekt 641 U-Boote erhielten einen anderen Typ von Hecktorpedorohren im Kaliber 400 mm.[5]

Sensoren

Sonarraum von B-821 in Zeebrügge[6][7][A 1]
B-101 1982 oder 1983 während der Vermessungsmission „Regul“

Projekt 641 war mit einem „Arktika-M“ Sonarsystem ausgerüstet. Sie konnten Aktiv- und Passivsonarsysteme einsetzten. Ein „MG-10“[5] oder „MG-15“[8] System zur akustischen Unterwassertelefonie war neben dem Sonarsystem im Bug verbaut. An der Oberfläche konnten ein „Nakat“ ESM-System, ein „Flag“ Radar und verschiedene Funkantennen ausgefahren werden.

Einheiten

Nach der Fertigstellung von 62 Booten wurde der Bau von Projekt 641 im Jahr 1967 für die Sowjetische Marine eingestellt. Die letzte vier dieser Boote gingen bereits in den Export. Zwischen 1972 und 1983 wurden 13 weitere Boote speziell für den Export gebaut, davon gingen sechs an Libyen, vier an Indien und drei an Kuba.

Eine Auswahl:

B-29

Das Boot wurde am 25. März 1966 in Leningrad auf Kiel gelegt. Es lief am 20. Mai des Jahres vom Stapel und wurde der Nordmeerflotte zugeteilt. B-29 wurde in den folgenden Jahren schwerpunktmäßig im Mittelmeer eingesetzt und patrouillierte, unter anderem, während des Jom-Kippur-Krieges von 1974 in der Region. Nach einer Überholung wurde 1988 an die polnische Marine übergeben und leistete dort als Dzik mit der Kennung 293 ihren Dienst. Es wurde 2003 ausgemustert und abgewrackt.

B-33

B-33 wurde am 3. Februar 1961 in Leningrad auf Kiel gelegt und lief bereits am 27. April des Jahres vom Stapel. 1962 wurde es der Pazifikflotte zugewiesen. Am 18. Februar 1987 kam es während einer Tauchfahrt auf Sehrohrtiefe zu einem Kabelbrand in einer Schalttafel in der zweiten Abteilung. Das Feuer griff auf brennbare Verkleidungen aus Holz über und Löschbemühungen blieben erfolglos, so dass Abteilung zwei evakuiert wurde. Das Feuer brannte über 1 Stunde und der Kommandant ließ schließlich den Torpedoraum (Abt. 1) fluten um eine Explosion der dort gelagerten Waffen zu verhindern. 5 Seeleute starben, weitere 15 erlitten Rauchvergiftungen. Das Boot wurde repariert und 1991 kam es zu einem weiteren Unfall, als ein Matrose den inneren Verschluss eines Torpedorohrs öffnete, obwohl das Rohr zum Meer hin geöffnet war. B-33 wurde geflutet und sank im Hafenbecken. Nachdem das Boot gehoben worden war, entschied man sich für seine Verschrottung.

B-37

Hauptartikel: B-37

B-37 wurde am 18. Juli 1958 in Leningrad auf Kiel gelegt und lief am 5. November 1958 vom Stapel. Es wurde der Nordmeerflotte zugeteilt und bei Poljarny stationiert. Am 11. Januar 1962 explodierten nach einem Feuer, das bei Wartungsarbeiten im Hafen ausgebrochen war, 11 Torpedos im Bugtorpedoraum. Das Boot sank und 59 Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. 1963 wurde das Wrack verschrottet.

B-59

Das Boot wurde am 21. Februar 1960 in Leningrad auf Kiel gelegt und lief am 6. Juni des gleichen Jahres vom Stapel. Es wurde der Nordmeerflotte zugeteilt und in Poljarny stationiert. Am 21. Oktober 1962 brach es, gemeinsam mit drei anderen U-Booten, in Richtung Kuba auf. Am 20. Oktober 1962, auf dem Höhepunkt der Kubakrise, erreichte B-59 die Quarantänezone, die die Amerikaner um die Insel errichtet hatten. B-59 versuchte, getaucht seine Fahrt fortzusetzten, wurde aber entdeckt und pausenlos von amerikanischen U-Jagd-Schiffen, Flugzeugen und Hubschraubern verfolgt. B-59 konnte getaucht keine Funkübertragungen senden oder empfangen, so dass die Besatzung weder Informationen über die Gesamtlage besaß, noch Nachfragen konnte. Als amerikanische Schiffe schliesslich in sicherem, aber noch deutlich wahrnehmbaren Abstand zum Boot Wasserbomben abwarfen, waren viele Seeleute von B-59, basierend auf den Informationen über die angespannte Lage vor dem Abtauchen, überzeugt, sie würden angegriffen und inzwischen sei der 3. Weltkrieg ausgebrochen. Da die Tauchzeit des U-Bootes sich dem Ende näherte, weil das Aufladen der Batterien an der Oberfläche nötig wurde, entschied sich der Kommandant, einen Torpedo mit Nuklearsprengkopf einsatzbereit machen zu lassen. Durch das Einschreiten von Wassili Alexandrowitsch Archipow und anderen Seeleuten wurde die Waffe nie eingesetzt und so der Krieg, von dem die Besatzung glaubte, er sei bereits ausgebrochen, verhindert. B-59 tauchte auf und kehrte einen Monat später zurück in die Sowjetunion. Es folgten Einsätze im Atlantik und Mittelmeer, bevor das Boot 1990 in Sewastopol außer Dienst gestellt wurde. B-59 wurde 1992 verschrottet.

B-98

Das Boot wurde am 4. April 1963 auf Kiel gelegt und lief 15. Juni des Jahres vom Stapel. Es wurde der sowjetischen Nordmeerflotte zugeteilt. Von 1968 bis 1970 führte das Boot eine Reise nach Wladiwostok mit Zwischenstops in Kenia, Somalia und Äquatorialguinea durch. Am 3. November 1987 wurde das Boot an die polnische Marine übergeben, wo es als 292 Wilk seinen Dienst leistete, bis es schließlich 2001 ausgemustert wurde.

B-101

B-101 wurde am 19. Juni 1963 in Leningrad auf Kiel gelegt und lief am 30. August 1963 vom Stapel. 1964 wurde es der 182. Flottille der Pazifikflotte unterstellt. 1982 wurde es im Zuge eines Forschungsauftrages der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften unter dem Namen „Regulus“ (russisch:"Регул“) für die Messung gravimetrischer Felder abgestellt. Während des Einsatzes, der bis Jahresmitte 1983 dauerte, legte B-89 fast 25.000 Seemeilen zurück. 1991 wurde das Boot aus dem aktiven Dienst genommen, 1993 aus der Flottenliste gestrichen und zur Verschrottung vorgesehen. 1996 kenterte das verlassene Wrack an seinem Ankerplatz.

S-20

S-20 wurde unter der Kennung B-420 in Leningrad am 25. Dezember 1968 auf Kiel gelegt und lief am 25. Februar 1969 vom Stapel. Das Boot wurde in S-20 umgetauft und 1970 durch die Ostsee über Spanien und Mauritius zum indischen Marinestützpunkt Visakhapatnam verlegt. Der Heimathafen änderte sich durch den Konflikt mit Pakistan, währenddessen das Boot in Bombay stationiert war. Von November bis Dezember 1971 wurde es nach Ausbruch von Feindseligkeiten zur Überwachung der Schifffahrtrouten nach Karatschi eingesetzt. Das Boot wurde 2001 außer Dienst gestellt und 2002 als Museumsschiff an einem Strand seines ehemaligen Heimathafens aufgestellt.

Belege und Verweise

Anmerkungen

  1. Als Bildunterschrift und auf Museumsseiten wird B-143 genannt. Das in Zeebrügge ausgestellte Boot ist nach russischen Quellen jedoch B-821.

Einzelnachweise

  1. a b c nach A.B. Shirokorad: Sowjetische U-Boote Nachkriegsbauten, S. 68 und Y. Apalkow: Корабли ВМФ СССР. Многоцелевые ПЛ и ПЛ спецназначания S. 41
  2. a b A.B. Shirokorad: Sowjetische U-Boote Nachkriegsbauten, S. 68
  3. a b Y. Apalkow: Корабли ВМФ СССР. Многоцелевые ПЛ и ПЛ спецназначания', S. 41
  4. Norman Friedman: The Naval Institute guide to world naval weapon systems, S. 732
  5. a b [www.deepstorm.ru%2FDeepStorm.files%2F45-92%2Fdts%2F641%2Flist.htm Projekt 641 auf deepstorm.ru, gesichtet am 17. Juli 2011]
  6. Seafront Museum Zeebrügge homepage, gesichtet am 23. Juli 2011
  7. B-143 bei deepstorm.ru, gesichtet am 23. Juli 2011
  8. A.B. Shirokorad: Sowjetische U-Boote Nachkriegsbauten, S. 64

Literatur

  • А.Б. Широкорад: Советские подводные лодки послевоенной постройки (A.B. Shirokorad: Sowjetische U-Boote Nachkriegsbauten) Moskau, 1997, ISBN 5-85139-019-0 (russisch)
  • Y. Apalkow: Корабли ВМФ СССР. Многоцелевые ПЛ и ПЛ спецназначания (etwa: „Schiffe der UdSSR - Mehrzweck-U-Boote und Spezial-U-Boote“), Sankt Petersburg, 2003, ISBN 5-8172-0069-4 (russisch)
  • Norman Friedman: The Naval Institute guide to world naval weapon systems, 5. Auflage, 2006, US Naval Institute Press, ISBN 978-1557502629 (englisch)
  • Jeffrey Tall: Unterseeboote und Tiefseefahrzeuge, Neuer Kaiser Verlag, 2002, ISBN 3-7043-9016-X

Weblinks


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