Salvatorkirche (Duisburg)

Salvatorkirche (Duisburg)
Westseite der Salvatorkirche vom Alten Markt gesehen, Aufnahme: Juli 2005
Ansicht von Nordost
Langhaus nach Osten

Die Salvatorkirche ist die alte Stadtkirche in Duisburg und gehört der Evangelischen Kirchengemeinde Alt-Duisburg. Sie wurde an Stelle einer älteren Pfalzkirche seit dem 14. Jahrhundert errichtet. Zusammen mit dem Willibrordi-Dom in Wesel stellt das Gotteshaus eines der bedeutendsten spätgotischen Kirchenbauwerke am rechten Niederrhein dar.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Die Grundsteinlegung der jetzigen Kirche erfolgte vermutlich im Jahr 1316. Bauherren waren die Deutschen Ordensritter, was aus einigen Stadtrechnungen und aus den Notizen späterer Chronisten hervorgeht. Der Orden hatte seit 1254 die Patronatsrechte über die Kirche. Wahrscheinlich wurde mit dem Neubau des Kirchturms begonnen, der vor allem von den städtischen Bürgern finanziert wurde. Er diente nach seiner Fertigstellung auch als Wachturm für die Stadt. Nach Anlage des Chors und der Nebenchore nehmen erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts das Langhaus und die Seitenschiffe Gestalt an. Der Abschluss des Kirchenbaus wird in das Jahr 1415 datiert.

Der erste gotische Turmbau war 1367 vollendet. Der Turmhelm der Kirche wurde viermal erneuert. Mit seinem zweiten achtseitigen, spitz zulaufenden Helm und abgewalmten Füßen, der 106 Meter hoch in den Himmel ragte, war die Kirche die damals höchste Kirche in Nordwestdeutschland. 1467 brannte der Turm vollständig ab und wurde, etwas niedriger als zuvor, 1479 bis 1513 unter Leitung von Johannes Haller wiederhergestellt. Der Turmhelm brannte erneut im Jahre 1613 nach dem Einschlag eines Blitzes ab. 1692 wurde eine barocke Turmhaube von Meister Grevenbroek aufgesetzt.

Nach Entwürfen des Düsseldorfer Architekten Rudolf Wiegmann wurde die Salvatorkirche in den Jahren 1847–1852 in spätgotischem Stil renoviert und umgestaltet. Bei der großen Restaurierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt die Kirche einen achteckigen neugotischen Turmhelm, der auf den quadratischen Turm gesetzt wurde, so dass die Kirche eine Höhe von 90 Metern annahm. Außen wurde Strebewerk als rein gestalterisches Element an den Bau angefügt.

In der unmittelbaren Nähe der Kirche befand sich die Liebfrauenkirche, deren Türme zusammen mit den Türmen der Salvatorkirche und dem Rathausturm die typische Silhouette der Stadt Duisburg bildeten. Der neugotische Turmhelm der Salvatorkirche wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges im Luftkrieg durch Bomben zerstört und stürzte auf das Langhaus. Die Liebfrauenkirche wurde dem Erdboden gleich gemacht und durch einen Neubau in Innenstadtlage ersetzt. Die Salvatorkirche wurde in 15-jähriger Bauzeit wiederaufgebaut, und seit dem Jahre 1960 kann die alte Kirche wieder benutzt werden. Bis heute fehlt der Kirche der Turmhelm.

Die heute evangelische Kirche wurde Christus, dem Salvator mundi („Erlöser der Welt“) geweiht, dem Schutzpatron der Stadt Duisburg. In der Kirche liegen der berühmte Kartograph Gerhard Mercator und der Gründungsrektor der Alten Universität Duisburg, Johannes Clauberg begraben.

Vorgängerkirchen

Die Salvatorkirche geht zurück auf eine Kapelle aus Holz des Königshofes zu Duisburg, 893 erstmals erwähnt. Bei Grabungen im Inneren der Salvatorkirche konnte der hölzerne Bau archäologisch nachgewiesen werden. Bereits Anfang des 9. Jahrhunderts soll Kaiser Karl das Patronatsrecht an das Klosters St. Salvator in Herrieden an der Altmühl verliehen haben. Ein Zusammenhang mit der Wahl des Patroziniums der Salvatorkirche ist dann wahrscheinlich. Aber bald darauf gelangten die Patronatsrechte in den Besitz der Abtei Prüm in der Eifel.

Im 11. Jahrhundert wurde die Kapelle durch eine steinerne Pfalzkirche ersetzt, auch dieser Bau wurde archäologisch nachgewiesen. Aber schon hundert Jahre später musste auch diese Kirche durch einen Neubau ersetzt werden. Es entstand eine dreischiffige romanische Basilika mit einem Westturm. Grundmauern dieses romanischen Baus der Stauferzeit konnten ebenfalls durch Grabungen belegt werden. Im 13. Jahrhundert ließ sich in Duisburg der Deutsche Orden nieder. Er erwarb von der Abtei Prüm die Duisburger Pfalzgebäude mitsamt der Basilika und richtete dort eine Niederlassung ein. Der Orden behielt die Patronatsrechte bis 1533.

Im Jahre 1283 kam es zu einem verheerenden Brand, bei dem die Duisburger Königspfalz und die Kirche zerstört wurden. 1316 schließlich war der Bau der heutigen Salvatorkirche im Gange.

Baubeschreibung

Chor

Die Salvatorkirche ist eine gotische Basilika mit einem dreischiffigen, fünfjochigen Langhaus. An die quadratische Vierung schließen sich einjochige Querschiffe an. Der zweijochige Chor hat einen polygonalen 5/8-Schluss. Der Abschluss der südliche Seitenkapelle entspricht in seiner spätgotischen Form der des Hauptchores. Das Maßwerk zeigt reichen Fischblasenschmuck. Das Mauerwerk ist aus hellgrauem Tuffstein gefertigt. Das Kirchendach ist mit dunklem Schiefer gedeckt.

Das Strebewerk am Langhaus ist ein Schmuck der historisierenden Gestaltung zu Beginn des 20. Jahrhundert Statisch wäre es nicht erforderlich. Ebenso stammen die gemauerten Giebel der Querschiffe aus dieser Zeit.

Der Turm hatte im 14. und 15. Jahrhundert zeitweilig eine Höhe von 112 Metern. Er wurde erstmals 1367 fertiggestellt und ruht auf vier mächtigen Pfeilern im Westteil der Kirche. Die Westwand des Turmuntergeschosses präsentiert ein beachtliches Fenster zum Alten Markt hin. Den heutigen Abschluss des Turmes bildet ein oktagonales Glockengeschoss von 1903. Der zugehörige neogotische Turmhelm wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Ausstattung

Zur Ausstattung der Kirche zählen ein Taufstein aus dem 15. Jahrhundert, aufgestellt auf einem modernen Sockel, ein spätgotisches Sakramentshaus und eine Renaissancekanzel aus dem Jahre 1664. Beachtenswert sind auch insgesamt 18 Epitaphen, darunter dasjenige von Gerhard Mercator in der südlichen Chorkapelle, und neun Wappenschilder. Würdigung verdienen ebenfalls die Malereien der Kirchenfenster.

Salvator-Statuette

Bis in das 16. Jahrhundert zählte eine hölzernen Salvatorstatuette zur Kirchenausstattung. Der Figur schrieb man Wunderkraft zu und sie wurde im Spätmittelalter jährlich bei der Fronleichnamsprozession durch die Stadt getragen. Ab 1543 wurde auf Beschluss des Rates der Stadt im evangelischen Sinne gepredigt und in den Folgejahren auch das Abendmahl in beiderlei Gestalt („Brot und Wein“) gefeiert, so dass bis 1555 die Reformation endgültig Fuß fassen konnte. Den Überzeugungen des reformierten Bekenntnisses folgend wurde die Statue nun als „Ölgötz“ empfunden. Konsequenterweise wurde sie aus dem Altarraum entfernt und schließlich an die katholische Kirche St. Pankratius in Nievenheim verkauft, wo sie seitdem aufgestellt ist. Auch andere Teile der mittelalterlichen Ausstattung wurden wegen des Bekenntniswechsels aus der Kirche entfernt oder aus wirtschaftlicher Not verkauft, um eingeforderte Kriegssteuern aufbringen zu können.

Orgel

Blick auf das Westwerk mit Orgel

Die Orgel stammt aus dem Jahr 2002.[1] Sie wurde von der Orgelbaufirma Kuhn (Männedorf, Schweiz) erbaut. Das Instrument hat 41 Register auf drei Manualen und Pedal, und ist im deutsch-barocken bzw. französisch-romantischen Stil disponiert. Die Spieltrakturen sind mechanisch. Die Registertrakturen sind elektrisch.[2]

I Hauptwerk C–a3
1. Principal 16'
2. Octave 8'
3. Coppel 8'
4. Viola da Gamba 8'
5. Octave 4'
6. Hohlflöte 4'
7. Quinte 22/3'
8. Octave 2'
9. Mixtur V 2'
10. Fagott 8'
II Solowerk C–a3
11. Offenflöte 8'
12. Salicional 8'
13. Principal 4'
14. Rohrflöte 4'
15. Komet III 22/3'
16. Oktave 2'
17. Scharf III 1'
18. Trompete 8'
19. Clairon 4'
Tremulant
III Schwellwerk C–a3
20. Bourdon 16'
21. Doppelflöte 8'
22. Viola 8'
23. Vox coelestis 8'
24. Principal 4'
25. Traversflöte 4'
26. Nasard 22/3'
27. Flageolet 2'
28. Terz 13/5'
29. Mixtur III-IV 22/3'
30. Basson 16'
31. Trompette harm. 8'
32. Oboe 8'
33. Vox humana 8‘
Tremulant
Pedal C–f1
34. Principalbass 16'
35. Subbass 16'
36. Grossquinte 102/3'
37. Octavbass 8'
38. Spitzflöte 8'
39. Choralbass 4'
40. Posaune 16'
41. Trompete 8'
  • Koppeln: II/I, III/I (auch als Suboktavkoppel), III/II, I/P, II/P, III/P (auch als Superoktavkoppel)

Vermessungsarbeiten durch Corputius

Als Johannes Corputius um 1563 die Vermessungsarbeiten für seinen Plan der Stadt Duisburg ausführte, benötigte er einen geeigneten Punkt für seine Peilungen, der ihm eine ausreichende Übersicht bot. In seinen Zeichnungen hat er festgehalten, die Messungen Van den grooten tooren te Duysburg, dem Turm der Salvatorkirche ausgeführt zu haben. Um Zutritt zum Turm zu erlangen, zahlte er dem Türmer einen Albus.[3]

Erste Reformierte Generalsynode

Vom 7. bis 11. September 1610[4] fand in der Salvatorkirche die Erste Reformierte Generalsynode statt. Bei dieser Versammlung kamen 35 Delegierte der damaligen Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg zusammen. Sie fassten Beschlüsse, die bis heute das Selbstverständnis der Evangelischen Kirche im Rheinland prägen, wonach die Leitung der Gemeinde gleichberechtigt in der Hand von Laien und Theologen liegen soll. Die Erste Reformierte Generalsynode gilt als Geburtsstunde der presbyterial-synodalen Kirchenstruktur der Evangelischen Kirchen am Niederrhein.[5]

Kirchengemeinde

Das Gotteshaus wird von der Evangelischen Kirchengemeinde Alt-Duisburg genutzt. Pfarrer der Salvatorkirche seit 2005 ist Peter Krogull.

Ein Schwerpunkt der Kirchengemeinde ist die Kirchenmusik, herausragende Konzerte führt dort vor allem die Salvatorkantorei auf. Der dort seit 1991 tätige Kantor Uwe Maibaum wurde ab April 2007 zum Landeskirchenmusikdirektor der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck berufen. Sein Nachfolger ist Marcus Strümpe, der 1994–2007 Leiter der Pauluskantorei Duisburg-Hochfeld war und seit 2003 auch den Philharmonischen Chor Duisburg leitet.

Die Gemeinde Alt-Duisburg wird von engagierten ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (EMAs) unterstützt, die unter anderem an bestimmten Tagen Rundführungen durch die fast 700 Jahre alte Kirche durchführen.[6]

Am 31. Juli 2010 fand in der Salvatorkirche der Gedenkgottesdienst für die Opfer des Unglücks bei der Loveparade 2010 statt.

Ansichten

Literatur

  • Carl Dieter Hinnenberg: Die Salvatorkirche in Duisburg. 2. Auflage. Neuss 1990. ISBN 3-88094-651-5.
  • Joachim Müller: Die Salvatorkirche, in: Duisburg und der untere Niederrhein zwischen Krefeld, Essen, Bottrop und Xanten (Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland, 21), Stuttgart: Theiss, 1990, S. 180–184, ISBN 3-8062-0847-6.
  • Barbara Fischer: Salvatorkirche in Duisburg, Baugeschichte in Bildern, in: Denkmalpflege im Rheinland, - 17, Pulheim (2000), 4, S. 174–175, ISSN 0177-2619.
  • Reinhard Karrenbrock: Zur Apostelreihe der Salvatorkirche in Duisburg, oder: Ein Apostel kehrt zurück, in: Kultur- und Stadthistorisches Museum Duisburg / hrsg. von Susanne Sommer, Duisburg, 2002. - (Duisburger Forschungen 48), S. 321–324, ISBN 3-87463-335-7.
  • Hans-Peter Schletter: Zum neuen Befundplan der Salvatorkirche, in: Archäologie im Rheinland, Stuttgart, 2001 (2002), S. 87–89, ISSN 0935-9141.
  • Joseph Milz: Die Entfernung der Salvatorstatue aus Duisburg im Jahre 1555, in: Thörner, Ilka [Hrsg.]: Die Macht der Schrift: 5000 Jahre Medien und ihre Wirkung; Begleitband zur Ausstellung, Duisburg 2001, ISBN 3-89279-574-6.

Weblinks

 Commons: Salvatorkirche in Duisburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vorgängerorgel bis 1753: Duisburger Intelligenz-Zettel Nr. VIII.
  2. Informationen zur Orgel
  3. Joseph Milz: Der Duisburger Stadtplan des Johannes Corputius und seine Vermessungsgrundlagen. In: Cartographica Helvetica Heft 11 (1995) S. 2–10, ISSN 1015-8480, Volltext, Wiederabdruck in: Kraume, Hans Georg [Hrsg.]: Duisburger Forschungen Band 45. Duisburg: Mercator-Verl., 2000. S. 1–23. ISBN 3-87463-295-4.
  4. Programmheft zum Kongress Die 1. Reformierte Generalsynode 1610 – aus der Sicht der Wissenschaft
  5. http://www.evangelisch.de/themen/religion/kirchenstruktur-seit-vier-jahrhunderten-unver%C3%A4ndert22251
  6. http://evangelisch-im-ruhrgebiet.de/veranstaltungen-neu/historische-fuhrungen-rund-um-die-duisburger-salvatorkirche
51.4358333333336.7608333333333

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