Standseilbahn

Standseilbahn
Standseilbahn Stuttgart zum Waldfriedhof
Harderbahn bei Interlaken

Eine Standseilbahn ist ein schienengebundenes Verkehrsmittel, mit dem auf kurzer Strecke beträchtliche Höhenunterschiede überwunden werden können. Auf der Bahn verkehren zwei Wagen, die fest mit einem Drahtseil verbunden sind, das in der Bergstation über eine Seilscheibe geführt wird. Die beiden Wagen am Drahtseil halten sich ungefähr im Gleichgewicht, so dass für den Antrieb der Bahn nur kleine Kräfte aufgebracht werden müssen. Der Antrieb erfolgte früher oft durch Wasserballast (Wasserballastbahn), heute meistens durch einen Elektromotor, der auf die Seilscheibe in der Bergstation wirkt. Bei den meisten Bahnen begegnet der talwärts fahrende Wagen dem bergwärts fahrenden Wagen in der Mitte der Strecke, wo eine Ausweichstelle angelegt ist. Kürzere Strecken sind alternativ oft zweigleisig angelegt.

Inhaltsverzeichnis

Abgrenzung zu anderen Systemen

Bei den folgenden Systemen werden zwar auch Fahrzeuge auf Schienen durch Seile bewegt, sie werden aber technisch nicht zu den Standseilbahnen gezählt.

Kabelstraßenbahn

Keine Standseilbahn:
San Francisco Cable Cars
Hauptartikel: Kabelstraßenbahn

Eine der Standseilbahn technisch ähnliche Bahn ist die Kabelstraßenbahn, deren endlos umlaufendes Seil von mehreren schienengebundenen Fahrzeugen gleichzeitig benutzt wird, wobei sich die Wagen für die Fahrt lösbar mit dem Seil verbinden. Die Anlage ist in den Verlauf der Straßen integriert und der Betrieb erfolgte fast ausschließlich innerhalb von Städten. Die einzige noch erhaltene Anlage sind die San Francisco Cable Cars. Ebenfalls in diese Kategorie gehört die mit Seilen angetriebene Luftkissenschwebebahn Skymetro am Flughafen Zürich. Die Wagen sind betrieblich nicht fest mit den Seilen verbunden und können mehrere Seilschleifen benutzen.

Schienenseilbahn

Hauptartikel: Schiefe Seilebene

Eine weitere technisch verwandte Bahn ist die heute verschwundene Schiefe Seilebene. Sie ist die älteste Form eines durch ein Seil gezogenen schienengebundenen Verkehrsmittels, bei dem im Unterschied zur Standseilbahn die zu befördernden Wagen nicht fest mit dem Seil verbunden sind. In den meisten Fällen waren diese Anlagen ein Teil von größeren Eisenbahnnetzen, deren übrige Strecken im normalen Adhäsionsbetrieb befahren wurden. Meistens wies nur das mit dem Seil verbundene Fahrzeug Spezialeinrichtungen auf, während die anderen Fahrzeuge normale Eisenbahnwagen waren.

Geschichte

Die Budavári Sikló in Budapest wurde 1870 eröffnet. Sie ist die älteste noch in Betrieb stehende Standseilbahn in Europa.
Die Turmbergbahn ist die älteste noch in Betrieb stehende Standseilbahn Deutschlands.

In einem militärischen Feuerwerksbuch des Jahres 1411 wurde erstmals eine Standseilbahn beschrieben. Die frühen Standseilbahnen dienten im Wesentlichen dem Transport von Material und Personen zu Burganlagen auf steilen Bergkuppen. Die älteste erhaltene Standseilbahn der Welt dürfte der um 1495 errichtete Reißzug auf die Festung Hohensalzburg sein.[1] Spätere Standseilbahnen entstanden vielfach als Schiffshebewerke im frühen 19. Jahrhundert im Kanalbau in Amerika.

Als älteste dem Personentransport dienende Standseilbahn zählt die 1845 eröffnete Wasserballastbahn Prospect Park Incline Railway bei den Niagarafällen in den Vereinigte Staaten.[2] In Europa verkehrte 1862 die erste Standseilbahn in Lyon auf der Strecke Rue Terme–Croix Rousse, die 1967 stillgelegt und durch eine Straße ersetzt wurde.[3] Die älteste auf originalem Gleis und Trasse verkehrende Standseilbahn Europas ist die seit 1870 verkehrende Budavári Sikló in Budapest.[4]

Frühe Standseilbahnen wurden als Wasserballastbahnen gebaut, wobei aber auch stationäre Dampfmaschinen zum Einsatz kamen. (Beispiele: Schloßbergbahn in Budapest mit Antrieb in der Talstation[5], Rue Terme–Croix Rousse in Lyon mit Antrieb in der Bergstation[5]) Bereits anfangs des 20. Jahrhunderts wurden viele Wasserballastbahnen auf elektrischen Antrieb umgestellt. Der elektrische Betrieb erlaubte leichtere Wagen, die kleinere Bremskräfte benötigen und deshalb auch schneller fahren konnten, so dass die Transportkapazität der Bahn gesteigert werden konnte.

Heute haben Standseilbahnen nicht nur für den Tourismus eine Bedeutung, sondern werden auch als modernes und leises Transportmittel in Städten und Flughäfen eingesetzt.[6]

Deutschland

In Deutschland eröffnete 1877 die erste Standseilbahn ihren Betrieb. Sie führte in Zeitz von der Unterstadt in die Oberstadt und transportierte auf einem steilen Straßenabschnitt Personen und Fuhrwerke. Der Antrieb erfolgte über eine stationäre Dampfmaschine in der Bergstation. Der Bahnbetrieb wurde 1959 wegen unzuverlässiger Sicherheitseinrichtungen eingestellt.[7] Die 1887 eröffnete Malbergbahn ist ebenfalls stillgelegt, womit die am 1. Mai 1888 eröffnete Turmbergbahn bei Karlsruhe-Durlach die älteste noch in Betrieb stehende Standseilbahn ist.

Schweiz

Giessbachbahn ist die älteste noch in Betrieb stehende Anlage in der Schweiz.

In der Schweiz eröffnete die Standseilbahnen Lausanne-Ouchy am 16. März 1877 ihren Betrieb. Die Bahn wurde im Jahr 1958 in eine Zahnradbahn umgebaut, die am 22. Januar 2006 ihren Betrieb einstellte und zur fahrerlosen U-Bahn-Linie 2 der Métro Lausanne umgebaut wurde. Die 1879 erbaute Giessbachbahn im Berner Oberland ist die älteste noch in Betrieb stehende Schweizer Standseilbahn.

In den 1930er-Jahren entstanden in mehreren Schweizer Skiorten Schlittenseilbahnen die Lokal im Volksmund als Funi bezeichnet werden. Diese Bahnen benötigten keine feste Infrastruktur, so dass sie kostengünstig erstellt werden konnten. Die Anlagen wurden bald durch leistungsfähigere Skilifte abgelöst.

1934 wurde für rund 50 Jahre die vorerst letzte Standseilbahn in der Schweiz eröffnet. Erst 1980 wurde mit dem Sunnegga Express in Zermatt wieder auf dieses Transportmittel zurückgegriffen, als in den Skigebieten die Luftseilbahnen an Kapazitätsgrenzen gestossen waren. Im Jahre 2001 kam mit der Fun'ambule in Neuenburg, die im Hinblick auf die Expo'02 erstellt wurde, erstmals auch wieder eine neue innerstädtische Standseilbahn dazu. Die meisten der bestehenden Bahnen wurden im Verlaufe der Zeit wiederholt gründlich erneuert oder gar auf dem bestehenden Trassee neu aufgebaut. Einige davon haben dabei bis Heute ihren ursprünglichen Charakter der Gründerzeit nicht verloren. So die Bürgenstock-Bahn, Heimwehfluhbahn, die Giessbachbahn, die Reichenbachfall-Bahn und die Sonnenbergbahn.

Österreich

In Österreich wurde die erste öffentliche Standseilbahn 1873 auf den Leopoldsberg eröffnet, aber bereits 1876 wieder stillgelegt. Die 1892 in Betrieb genommene Festungsbahn Salzburg ist die älteste noch in Benutzung stehende Anlage in Österreich. Zwei Jahre später, am 25. November 1894, ging in Graz die Schloßbergbahn in Betrieb.

Technik

Wagen

Personenwagen der Harderbahn bei Interlaken

Standseilbahnen dienen heute meist dem Personenverkehr. Kleinere Wagen haben ein Fassungsvermögen von ungefähr 20 Personen, teilweise werden aber auch Züge aus mehreren Wagen eingesetzt, die bis zu 450 Personen fassen können.[8]

In den Alpenländern wurden viele Standseilbahnen für den Personal- und Materialtransport beim Kraftwerksbau im Gebirge erstellt. Nach Abschluss der Bauarbeiten wurden diese Bahnen oft für den öffentlichen Personenverkehr freigegeben. Beispiele sind die Gelmerbahn, das Standseilbahn Ritom oder die Peterskopfbahn.

Bei den meisten Bahnen sind die beiden Wagen gleicher Bauart. Eine Besonderheit stellt die Oberweißbacher Bergbahn dar, welche 1923 zum Transport normalspuriger Eisenbahnwagen eröffnet wurde. Ein Wagen der Standseilbahn ist als normaler Personenwagen ausgeführt, der andere als Güterbühne, die einen Eisenbahnwagen aufnehmen kann. Wenn keine Güterwagen transportiert werden, lässt sich auf die Güterbühne ein normalspuriger Personenwagen aufsetzen, damit die Kapazität der Bahn für die Personenbeförderung erhöht werden kann.[9]

Bei einigen Standseilbahnen dienen die Wagen nicht der Beförderung von Nutzlast, sondern werden nur zum Schieben von anderen Fahrzeugen auf der Steilstrecke verwendet. Solche Schiebewagen werden Traktoren genannt.[5] (siehe auch den Abschnitt Standseilbahnen mit Traktorbetrieb)

Ausweichstück (Abtsche Weichen) der Bergbahn zum Königstuhl in Heidelberg
Polybahn in Zürich, vollautomatische Anlage mit historisch aussehenden Wagen
Antriebsscheibe mit Antriebsritzel der Merkur-Bergbahn von 1913-1967
Seiltragrollen der Biel-Magglingen-Bahn

Gleisanlage

Die Wagen der Standseilbahn laufen auf Schienen oder in Sonderfällen auf einer anderen festen Fahrbahn. Zu diesen gehört zum Beispiel die Dorfbahn Serfaus (Österreich), eine unterirdische Luftkissenschwebebahn mit Seilantrieb, oder die unterirdische luftbereifte U-Bahn Karmelit in Haifa.

Die ersten Standseilbahnen hatten für jeden Wagen ein eigenes Gleis, so dass auf der Strecke durchgängig zwei Gleise nebeneinander verlegt waren. Seit der Erfindung der Abtschen Weiche, die keine beweglichen Teile aufweist, kann die Strecke eingleisig mit in Streckenmitte liegender Ausweichstelle angelegt werden. Die Wagen besitzen auf einer Seite Räder mit zwei Spurkränzen, während die Räder der anderen Seite keine Spurkränze haben. Die Doppelspurkranzräder übernehmen die Führung der Wagen. Weil sie bei den beiden Wagen auf unterschiedlicher Seite liegen, folgen die Wagen in der Ausweiche ihrer Außenschiene und können sich dadurch ohne Gefahr begegnen.[10]

Fahrbetrieb

Die Fahrgeschwindigkeit liegt im Bereich von 20 km/h bis in Ausnahmefällen 50 km/h.[11] Die Fahrzeiten weichen je nach Bahn stark ab, die Fahrtintervalle betragen in der Regel 15 bis 20 Minuten.

Viele kleinere Bahnen werden fahrerlos betrieben und können von den Fahrgästen ähnlich wie ein Aufzug bedient werden. Beispiele sind die Merkurbergbahn in Baden-Baden, die Mühleggbahn in St. Gallen oder die Seilbahn Rigiblick in Zürich.

Streckenprofil und Kompensation des Seilgewichtes

Standseilbahnen sind die steilsten Schienenbahnen überhaupt. Die Angaben zu den steilsten Bahnen sind im Abschnitt Rekorde zu finden. Bei flach angelegten Bahnen mit weniger als 50 bis 60 Prozent Steigung müssen die Wagen auch talseitig durch ein Ausgleichsseil miteinander verbunden werden, das über eine nachgespannte Seilscheibe in der Talstation läuft. Das Ausgleichsseil verhindert, dass der talwärts fahrende Wagen wegen der fehlenden Hangabtriebskraft auf der Strecke stehen bleibt. Auf diese Weise sind auch Bahnen möglich, die überhaupt keine Steigung haben und zum Beispiel innerhalb von Städten und Flughäfen zwei auf gleicher Höhe liegende Stationen verbinden.

Bei geneigten Bahnen wirkt auch das Gewicht des Seiles auf die Kraftverhältnisse im System Standseilbahn. Wenn die Wagen in den Stationen stehen, befindet sich fast die gesamte Masse des Seiles auf einer Seite der Seilscheibe in der Bergstation, nämlich auf der Seite des in der Talstation stehenden Wagens. Fährt die Bahn los, muss die gesamte Masse des Seiles den Berg hochgezogen werden, die oft größer als die Zuladung des talseitigen Wagens ist. Die vom Antrieb aufzubringenden Kräfte nehmen mit dem Fahrtverlauf ab, weil die auf den beiden Seiten der Seilscheibe liegenden Seillängen immer ausgeglichener werden, bis sich die Wagen in der Mittelstation kreuzen. Danach nimmt die Seillänge auf der Seite des talwärts fahrenden Wagens gegenüber dem bergwärts fahrenden wieder zu.

Bei relativ langen Strecken oder sehr steilen Bahnen spielt die Besetzung der Wagen gegenüber dem Gewicht des Seiles so gut wie keine Rolle, weil das Gewicht des Seiles im Verhältnis zur Zuladung wesentlich größer ist. Die ideale Standseilbahn besitzt deshalb eine Streckenführung, die an der Talstation nahezu eben beginnt und gegen die Bergstation steiler wird. Bei der Abfahrt aus den Stationen ist die Hangabtriebskraft, welche auf den im steilen Streckenabschnitt stehenden talwärts fahrenden Wagen wirkt, gleich groß wie die Hangabtriebskraft des am bergwärts fahrenden Wagen hängenden Seiles. Mit dem Fahrtverlauf nimmt die Steigung der Strecke für den talwärts fahrenden Wagen proportional ab, wie die Seillänge am bergwärts fahrenden Wagen ebenfalls abnimmt. Einige Bahnen wurden annähernd diesem Ideal entsprechend ausgeführt, so zum Beispiel das Funicular de Montjuïc in Barcelona.

Vielfach lässt sich ein ideales Streckenprofil nicht erreichen, so dass die Antriebskraft sowie die Bremse der Bahn ständig nachgeregelt werden müssen, um die Fahrgeschwindigkeit der Wagen konstant zu halten. Bei der sehr steilen Bahn Le Châtelard-Château d'Eau ist die Hangabtriebskraft des Seiles so groß, dass sie durch einen speziellen Gewichtswagen kompensiert werden muss, der auf der Strecke aufgenommen wird.[12]

Anlagen mit nur einem Wagen

Gelmerbahn, eine Kraftwerks-Standseilbahn mit 106 Prozent Steigung

Viele als Baubahnen entlang der Druckleitungen von Speicherkraftwerken gebauten Standseilbahnen, wiesen nur einen Wagen zur Nutzlastbeförderung auf. Der Wagen wird entweder von einer Winde in der Bergstation die Strecke hochgezogen oder er ist über eine Seilscheibe in der Bergstation mit einem Gegengewicht verbunden.

Beispiele

Wasserballastbahn

Hauptartikel: Wasserballastbahn
Verschiedene Streckenausführungen von Standseilbahnen (hier als Wasserballastbahn mit dem früher häufig verwendeten Schwerkraftantrieb)
Die Nerobergbahn in Wiesbaden, einzige noch in Betrieb stehende Wasserballastbahn in Deutschland

Bei den Wasserballastbahnen wird die Masse des in der Bergstation stehenden Wagens durch Einleiten von Wasser in einen Tank künstlich erhöht. Die Schwerkraft, welche auf die zusätzliche Masse des Wagens wirkt, zieht diesen talwärts, wobei der in der Talstation stehende Wagen mittels des über die Seilscheibe laufenden Drahtseils bergwärts gezogen wird. Weil mit der Fahrt die Seillänge und somit das Gewicht des Seils zwischen der Bergstation und dem talwärts fahrenden Wagen stetig zunimmt, muss während der Fahrt die Geschwindigkeit durch Bremsen oder Wasserablassen geregelt werden. Die Bremse wirkt bei diesen Bahnen meist auf ein Zahnrad, das in eine Zahnstange zwischen den Schienen eingreift.

Das Wasser wird nach Möglichkeit einem Bach bei der Bergstation entnommen. Fehlt ein solcher, wird das Wasser von Pumpen bei der Talstation durch eine Druckleitung in ein Reservoir bei der Bergstation gefördert.

Die meisten Bahnen sind heute auf elektrischen Betrieb umgerüstet, weil das System mit dem Wasserballast einige Nachteile hat. Die Wagen mit bis 5 t Wasserballast sind ziemlich schwer, so dass die Gleise dementsprechend ausgelegt sein müssen und einen sorgfältigen Unterhalt nötig machen. Außerdem muss zwischen den Fahrten so lange gewartet werden, bis der Wassertank des Wagens in der Bergstation wieder gefüllt ist. Dadurch ist die Anzahl möglicher Fahrten pro Stunde eingeschränkt. Die wenigen noch in Betrieb stehenden Bahnen werden zum Teil mit Abwasser betrieben, um wertvolles Trinkwasser zu sparen.

Beispiele
  • Standseilbahn Neuveville–Saint-Pierre in Freiburg (Schweiz), erbaut 1897. Einzige noch in Betrieb stehende Wasserballastbahn in der Schweiz. Als Ballast dient das Abwasser des Ortsteils bei der Bergstation. Die Bahn wurde 1998 restauriert und gehört zum nationalen Kulturgut.
  • Nerobergbahn in Wiesbaden, einzige noch in Betrieb stehende Wasserballastbahn in Deutschland.[13]
  • Lynton and Lynmouth Cliff Railway, eröffnet 1890. Bei dieser Bahn wird abweichend vom oben beschriebenen System zum Regulieren der Antriebskraft nicht das Wasser aus dem talwärts fahrenden Wagen sondern, das aus dem bergwärts fahrenden Wagen abgelassen, der bei Ankunft in der Bergstation wieder aufgefüllt wird. Diese Betriebsart wird vereinzelt auch als subtraktive Methode bezeichnet.[14]

Schrägaufzug

Hauptartikel: Schrägaufzug

Schrägaufzüge könnten vereinfachend als Standseilbahn mit Aufzugssteuerung bezeichnet werden. Das heißt, sie können wie ein senkrechter Aufzug in einem Gebäude benutzt werden, aber sie verlaufen schräg, meistens auf Schienen. Werden solche Anlagen nicht zur Bedienung von Gebäuden und Bauten eingesetzt, sondern zur öffentlichen Personenbeförderung, fallen sie unter die Seilbahnrichtlinie.

Standseilbahnen mit Traktorbetrieb

Traktor der Tranvia di Opicina schiebt einen Straßenbahnwagen über die Steilrampe.

Einige Standseilbahnen befördern selbst keine Nutzlast in ihren Wagen, sondern dienen nur zum Schieben oder Bremsen von anderen Fahrzeugen auf Steilstrecken. Die beförderten Fahrzeuge konnten vor oder nach der Standseilbahn ihre Fahrt mit eigenem Antrieb fortsetzen. Diese Systeme gehören nicht zu den Schiefen Seilebenen, weil die mit dem Seil verbundenen Fahrzeuge betrieblich nicht von diesem lösbar sind. Die Schiebewagen solcher Bahnen werden meist als Traktoren bezeichnet.[5]

Beispiele
  • Standseilbahnabschnitt der Tranvia di Opicina in Triest. Die von einem ortsfesten Elektromotor in der Bergstation angetriebene Anlage mit zwei Traktoren hilft regulären Straßenbahnen, eine 26prozentige Steilrampe zu überwinden. Diese Anlage ist heute noch in Betrieb.
  • Standseilbahnabschnitt der Straßenbahn in Catanzaro, Kalabrien. Die Anlage hatte selbst keinen Antrieb, sondern verband mittels den Traktoren einen bergwärts und einen talwärts fahrenden Straßenbahnwagen miteinander. Der Antrieb erfolgte durch die stark motorisierten Straßenbahnwagen selbst. Die Anlage wurde 1970 stillgelegt und durch eine Zahnradbahn ersetzt.
  • Standseilbahnabschnitt der Tranvia di Monreale in Sizilien. Bei dieser Anlage fuhren die Traktoren auf einem schmalen Gleis zwischen dem Straßenbahngleis, was ihnen ermöglichte in der Talstation in eine Grube zu verschwinden, so dass sie von den Straßenbahnwagen überfahren werden konnten. Die Anlage hatte keinen ortsfesten Antrieb, sondern wurde von den mit Motoren ausgerüsteten Traktoren selbst angetrieben. Sie war von 1900 bis 1946 in Betrieb.
  • Standseilbahnen nach dem System Agudio

Sonderbauarten der Standseilbahn

System Agudio

Bahn Sassi-Superga nach dem System Agudio. Die Bahn wurde 1935 zu einer Zahnradbahn umgebaut.

Tommaso Agudio entwickelte eine Standseilbahn, deren Wagen sich ähnlich einem Kettenschlepper an einem fest verankerten Seil hochwinden, wobei der Antrieb des Windwerks auf dem Wagen durch ein endlos umlaufendes Seil erfolgte, das ortsfest angetrieben wurde. Der ebenfalls als Traktor bezeichnete angetriebene Wagen konnte wegen des aufwändigen Windwerkes keine Nutzlast aufnehmen, die deshalb in vorgestellten Wagen bergwärts geschoben werden musste. Die Talfahrt erfolgte am stillstehenden Triebseil, wobei die Geschwindigkeit nur durch die Bremsen auf dem Traktor kontrolliert wurde.[15]

Eine erste Versuchsstrecke für das System Agudio wurde 1863 bei Dusino am Giovipass eingerichtet. Hierbei erfolgte der Seilantrieb durch ortsfeste Dampfmaschinen, die aus alten Dampflokomotiven umgebaut wurden.

Für eine weitere Versuchsstrecke entlang der Bahn nach dem System Fell auf der Nordseite des Mont Cenis-Passes wurde das System Agudio bereits abgewandelt und vereinfacht. Der Traktor arbeitete sich nun nicht mehr entlang eines Seiles, sondern war mit Zahnrädern ausgerüstet, die ähnlich dem System Locher beidseitig in eine in Gleismitte liegende Zahnstange eingriffen. Das System Agudio hatte sich somit zu einer von einem umlaufenden Seil angetriebenen Zahnradbahn gewandelt. Der Antrieb der Anlage am Mont Cenis erfolgte mittels Wasserkraft durch Girard-Turbinen.[16] Die Strecke war nur kurze Zeit in Betrieb, jedoch wurden die Ausrüstungsteile teilweise für die dritte und letzte Anwendung des Systems auf der Strecke Sassi-Superga bei Turin eingesetzt, wo das System bis 1934 in Betrieb war.[5][17]

Es bestanden auch Pläne, die großen Alpenquerungen, wie die Gotthardbahn oder die Querung der Kordilleren in Chile, nach dem System Agudio auszuführen. Der Betrieb der Seilbahnen war aber doch zu kompliziert, so dass davon abgesehen wurde. Thomas Agudio gründete die nach ihm benannte Firma zur Herstellung von Seilbahnen.

Schlittenseilbahn

Hauptartikel: Schlittenseilbahn

Ähnlich einer normalen Standseilbahn sind zwei lenkbare Schlitten an einem Drahtseil befestigt, das in der Bergstation über eine Seilscheibe läuft. Wegen des hohen Reibungswiderstands der Schlitten müssen diese auch talseitig mit einem Zugseil miteinander verbunden sein. Der Antrieb erfolgt durch einen Elektromotor wahlweise in der Tal- oder Bergstation. Wegen der fehlenden Führung durch die Fahrbahn müssen die Schlitten vom Fahrpersonal gelenkt werden.

Obwohl schon der Reißzug auf die Festung Hohensalzburg anfänglich Schlitten statt Wagen benutzte, erlangten Schlittenseilbahnen erst in den 1930er- und 1940er-Jahren im gesamten Alpenraum eine gewisse Verbreitung als kostengünstige Erschließung von Skihängen. Nach Ende der Saison konnte die Anlagen jeweils weggeräumt werden. Die Schlittenseilbahnen wurden im Volksmund Funi genannt, eine Kurzform des französischen Funiculair. Die meisten Funis wurden nach kurzer Zeit durch leistungsfähigere Skilifte ersetzt, einige konnten sich aber sehr lange halten – in Braunwald GL stellten die Schlittenseilbahn erst 1973 den Betrieb ein, in Saanenmöser 1986 und in Grindelwald 1995.

Sonstige

Eine 250 m lange Standseilbahn u.a. über eine Straße hinweg verbindet das Forschungszentrum der CEA (staatliche französische Forschungseinrichtung für Kernenergie) am Standort Grenoble mit dem Forschungszentrum für Elektronik und Informationstechnologie CEA-Leti. Das Besondere daran ist, dass die Kabine als Reinraum ausgeführt ist um Geräte in partikelfreier Luft stoßfrei transportieren zu können[18].

Rekorde

Steilste Standseilbahn

Die zum Parc d’Attractions du Châtelard gehörende Bahn Le Châtelard-Château d'Eau ist mit einer Steigung von 87% die steilste Standseilbahn mit zwei Kabinen. Die als Schrägaufzug ausgeführte Gelmerbahn überwindet mit 106 Prozent eine noch größere Steigung. Sie befindet sich in der Schweiz und führt von Handegg an der Grimselpassstraße zum Gelmersee. Der weltweit steilste Schrägaufzug dürfte die Katoomba Scenic Railway in Australien mit einer Steigung von 128 Prozent sein.[19]

Längste Standseilbahn

Die längste in Betrieb stehende Bahn ist die Standseilbahn Sierre-Crans-Montana mit 4192 m Länge.

Eine der längsten Standseilbahnen Europas war die Gletscherbahn Kaprun 2 mit 3900 m Länge. Die Anlage wurde nach der Brandkatastrophe vom 11. November 2000, bei der 155 Personen durch Rauchvergiftung den Tod fanden, außer Betrieb genommen.

Weitere lange Bahnen sind die Standseilbahn Seefeld-Rosshütte mit 2469 m Länge[20], die Raschötzerbahn in St. Ulrich in Gröden mit 2402 m und die Mendelbahn bei Bozen mit 2374 m Betriebslänge in einer Sektion.

Kürzeste und kleinste Standseilbahn

Die weltweit wohl kürzeste Standseilbahn ist der nur 31 m lange Saint-Nicholas Cliff Lift in Scarborough, England.[21]

Die kürzeste Standseilbahn Italiens ist die Ferata GranRisa in Stern im Gadertal (Südtirol, Italien) mit nur 66,7 m Länge und einem Höhenunterschied von 21,77 m, erbaut 1997.[22]

Die kürzeste Standseilbahn in der Schweiz ist der Schrägaufzug zum Hotel Montana in Luzern aus dem Jahre 1909. Die Strecke ist 85 m lang und verbindet das an einem Hang gelegene Hotel mit dem Bereich der Seepromenade.[23]

Siehe auch

sowie

Literatur

  • Handbuch der Ingenieurwissenschaften, Band V. Leipzig 1906
  • Knupfer: Hoch über Heslach. Die Stuttgarter Standseilbahn. Stuttgart 2004

Weblinks

 Commons: Standseilbahn – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Reinhard Kriechbaum: Die große Reise auf den Berg, in der Tagespost, 15. Mai 2004, letzter Zugriff: 21. Februar 2009
  2. 1907 Incline Railway Crash. Abgerufen am 5. September 2009 (englisch).
  3. La ficelle de la rue Terme. Abgerufen am 5. September 2009 (französisch).
  4. Budapest – Castle Hill Funicular (Hungary). Abgerufen am 5. September 2009 (englisch).
  5. a b c d e Walter Hefti: Schienenseilbahnen in aller Welt. Schiefe Seilebenen, Standseilbahnen, Kabelbahnen. Birkhäuser, Basel 1975, ISBN 3-7643-0726-9
  6. Seilbahnen – zunehmend ein attraktives urbanes Verkehrsmittel. Abgerufen am 9. September 2009.
  7. Zeitzer Drahtseilbahn – die erste Standseilbahn Deutschlands. Abgerufen am 18. September 2009.
  8. 100 und 50 Jahre Seilbahngeschichte(n). Meilensteine, Raritäten und Rekorde in der Welt der Seilbahnen. ISR Internationale Seilbahn-Rundschau, S. 19, abgerufen am 9. September 2009 (PDF, 3.599 KB, dreisprachig deutsch, englisch, französisch, Teil 2 von 3): „NAPOLI CENTRALE für 450+1 Personen – Grösste Standseilbahn der Welt“
  9. Oberweißbacher Bergbahn: Einzigartige Standseilbahn zum Transport von Eisenbahnwagen
  10. Abt’sche Weichen auf der Steilstrecke der Oberweißbacher Bergbahn. Abgerufen am 14. September 2009.
  11. Standseilbahnen. Abgerufen am 9. September 2009.
  12. Der zusätzliche Gewichtswagen wartet mitten auf der Strecke – Bahnbilder.de. Abgerufen am 14. September 2009.
  13. Standseilbahn mit Wasserballast von 1888 in Wiesbaden
  14. Lynton & Lynmouth (England). Abgerufen am 7. September 2009 (englisch).
  15. Seilbahnen. Bauweise Agudio. In: Victor von Röll (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Auflage. Bd. 9. Urban & Schwarzenberg. Berlin, Wien 1923, S. 11 (Faksimile auf zeno.org)
  16. M. Couche: Système Agudio pour franchir les fortes rampes. Dunod, Paris 1873. (französisch, Blog-Eintrag mit einem Bild der Titelseite)
  17. Antonio Gamboni: L'antica Funicolare di Superga. Abgerufen am 17. September 2009 (italienisch).
  18. Firmenprospekt von Pomagalski, pdf-Datei, abgerufen am 14. November 2011
  19. Blue Mountain – Erlebniswelt. In: Australien Journal: Reisen – Abenteuer – Wissen. Abgerufen am 20. September 2009.
  20. Bergbahn-Details zu: Standseilbahn Seefeld-Rosshütte. Abgerufen am 6. September 2009.
  21. Michel Azéma: Saint-Nicholas Cliff Lift. 1998, abgerufen am 7. September 2009 (englisch).
  22. Ferata GranRisa. Abgerufen am 25. Jänner 2011.
  23. Michel Azéma: Drahtseilbahn Hotel Montana. Abgerufen am 25. Oktober 2009 (englisch).

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