Abendmahl Jesu

Abendmahl Jesu
Fresko in Sant' Angelo in Formis bei Capua, um 1100

Als Abendmahl, auch als das „Letzte Abendmahl“, wird das Mahl bezeichnet, das Jesus von Nazaret nach jüdischem Vorbild des Sedermahles mit seinen zwölf Aposteln am Vorabend seines Kreuzestodes feierte und an das die Kirche am Gründonnerstag erinnert. Bei diesem Mahl stiftete er mit dem Auftrag „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (1 Kor 11,24.25 EU) das gemeinsame Mahl als Zeichen seiner bleibenden Gegenwart in seiner Gemeinde, aus der sich in den christlichen Konfessionen die Liturgie der Eucharistie, später auch „Abendmahl“ genannt, entwickelte.

Inhaltsverzeichnis

Biblisch-jüdische Wurzeln

Jüdische Sederteller

Im Tanach und Alten Testament hat das gemeinsame Mahl als Kulthandlung einen hohen Stellenwert. Es ist schon für die gewöhnliche Gastfreundschaft im ganzen Orient zentral: Wer einen Reisenden empfängt, der dient seinen Bedürfnissen, teilt mit ihm sein Brot und gewährt ihm damit wie einem eigenen Familienmitglied Schutz, Segen und Hilfe (z. B. Gen 18,1–8 EU).

Mit einem Opfer-Mahl in geglaubter Anwesenheit Gottes besiegeln und bekräftigen die Führer der Israeliten den Empfang der Zehn Gebote am Berg Sinai und den Bund JHWHs mit Israel (Ex 24,1–11 EU):

„Seht, das ist das Blut des Bundes, den der Herr mit euch geschlossen hat aufgrund all dieser Worte … Und als sie Gott geschaut hatten, aßen und tranken sie.“

Im einwöchigen Pessach wird Israels Auszug aus Ägypten gedacht und gefeiert. Auftakt dazu ist der Seder: ein abendliches häusliches Festmahl im Kreis der ganzen Familie, das einem genauen Ablauf folgt. Dieser wird auf Ex 12,3–20 EU zurückgeführt. Jeder Familienvater liest die Haggada (Erzählung) vom Auszug, spricht den Segen über die symbolischen Speisen – Opferlamm, ungesäuertes Brot (Mazzen), Bitterkräuter (Ysop) und Wein – und verteilt diese dann an die Anwesenden.

In Ps 22 EU, der appellativen Klage des ungerecht leidenden Juden, feiert der unerwartet aus Todesnot Gerettete ein Dankopfer als Gemeinschaftsmahl (hebr. toda), das eine Verheißung für alle Unterdrückten einschließt (V. 22): „Es werden essen die Gebeugten und gesättigt werden.“

In der Prophetie im Tanach ist das gemeinsame Mahl ein häufiges Bild für den endzeitlichen Schalom Gottes mit seinem Volk und den Völkern (Frieden, Heil, Erlösung), etwa in Jes 25,6ff EU. Dieses Völkermahl wird zudem mit dem Bundesmahl Israels typologisch verbunden (24,23 EU).

Eine endzeitliche Mahlfeier überliefern auch einige der Schriftrollen vom Toten Meer: Der Priester segnete Brot und Most; dabei wurde der Messias als anwesend gedacht. Diese Feier wurde als Vorwegnahme des Reiches Gottes verstanden und ersetzte für die Teilnehmer die Opfer im Jerusalemer Tempel, der wegen der römischen Besatzung und der Kollaboration der Tempelpriester als verunreinigt galt.[1]

Neues Testament

Das letzte Abendmahl von Jacopo Bassano

Mahltexte

Das letzte Mahl Jesu ist in den neutestamentlichen Schriften unterschiedlich dargestellt:

In den synoptischen Evangelien stehen Jesu Deuteworte im Zentrum, deren wohl älteste Fassung nach Mk 14,22ff lautet:

„Und während sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach es und gab es ihnen und sprach: Nehmt, das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch und dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus. Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des neuen Bundes, das für viele vergossen wird. Wahrlich ich sage euch: Ich werde fortan nicht trinken vom Gewächs des Weinstocks bis zu dem Tag, an dem ich neu trinke im Reich Gottes.“

Paulus von Tarsus überliefert in 1 Kor 11,23–26 EU eine aus der Jerusalemer Urgemeinde übernommene andere Fassung:

„Der Herr Jesus in der Nacht, als er verraten wurde, nahm er das Brot, dankte und brach es und sprach: Nehmt, esst, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; solches tut zu meinem Gedächtnis. Ebenso nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; solches tut, so oft ihr trinkt, zu meinem Gedächtnis. Denn so oft ihr von diesem Brot esst und von diesem Kelch trinkt, verkündigt ihr des Herrn Tod, bis er kommt.“

Das Johannesevangelium (Joh 13,1–20 EU) bringt anstelle der Deuteworte die Szene der Fußwaschung. Ihr folgt in Joh 13,21–30 EU die Brotausteilung Jesu an Judas Ischariot, die dessen Verrat einleitet.

In einigen Ostertexten hält der Auferstandene ein Mahl mit seinen Jüngern:

  • Lk 24,13–35 EU: Die Emmausjünger erkennen Jesus erst, „als er das Brot brach“.
  • Joh 21,1–13 EU: Jesus offenbart sich sieben seiner Jünger am See Genezareth und hält mit ihnen das Mahl.

Das Brotbrechen in der Jerusalemer Urgemeinde erwähnt Apg 2,42.46 EU. Die Abendmahlspraxis in Korinth beschreibt 1 Kor 10–11 EU.

Ferner werden verschiedene Mahltexte in den Evangelien von einigen Konfessionen und Exegeten auf das Abendmahl bezogen:

Unterschiede in Wortlaut und Kontext

Die Herrenmahlstexte des NT bieten verschiedene Versionen der Einsetzungsworte Jesu, die unterschiedliche urchristliche Auffassungen und Feierweisen zeigen. Als älteste Versionen gelten Mk 14,22–25 EU (synoptischer Typ) und 1 Kor 11,23–25 EU (paulinischer Typ). Sie zeigen folgende Unterschiede:

  • Markus: Das Abendmahl ist ein Passahmahl (Mk 14,12–16 EU). Jesus repräsentiert den Familienvater für seine Jünger, der die Mahlzutaten segnet und austeilt. Er stirbt in erster Linie für das Bundesvolk Israel, das die Zwölf repräsentieren.
    1. Korinther: Das Mahl ist nicht ausdrücklich auf den Sederabend, sondern in die „Nacht, in der er verraten wurde“ datiert. Jesus stirbt in erster Linie für seine Jünger, die ihn verraten und verleugnen.
  • Markus formuliert die Deuteworte parallel: „Das ist mein Leib … das ist mein Blut“.
    1. Korinther formuliert sie asymmetrisch: „Dies ist mein Leib …dieser Kelch ist …“
  • Markus deutet nur das Kelchwort soteriologisch: „ … für viele vergossen.“ Das erklärt sich aus dem Ablauf: Der Segenskelch wird hier nach dem Sättigungsmahl herumgereicht, so dass sich seine Deutung auf das ganze Mahl zurückbezieht.
    1. Korinther deutet nur das Brotwort: „ … für euch (gegeben)“. Gleichwohl gilt diese Deutung auch für den anschließend herumgereichten Kelch.
  • Markus deutet das „Blut des Bundes“ (zitiert Ex 24,8 EU), unterscheidet also den alten und den neuen Bund sprachlich nicht.
    1. Korinther spricht vom „neuen Bund in meinem Blut“ und spielt damit auf Jeremia 31,31 EU an. Dort ist der für die Endzeit verheißene neue Bund mit Sündenvergebung verbunden. Deshalb ist diese hier nicht ausdrücklich genannt.
  • Markus nennt keinen Wiederholungsbefehl Jesu.
    1. Korinther zufolge befahl Jesus jeweils nach Brot- und Kelchwort: „Das tut, so oft ihr esst / trinkt, zu meinem Gedächtnis!“
  • Bei Markus beschließt Jesus die Deutung des Weins mit dem Gelübde: „Ich werde hinfort nicht mehr vom Gewächs des Weinstocks trinken, bis ich es neu trinken werde im Reich Gottes.“ Er bekräftigt damit die unwiederholbare Einmaligkeit seines bevorstehenden Sterbens für Israel und die Völker.
    Bei 1. Korinther erhalten die Jünger den Auftrag: „Ihr verkündigt den Tod des Herrn, bis er kommt.“

Das Brotwort lautet

  • bei Markus und Matthäus: „Das ist mein Leib“,
  • bei Paulus: „Das ist mein Leib für euch“,
  • bei Lukas: „Das ist mein Leib, für euch gegeben“.

Der bestimmte Artikel „Das“ – hier als Demonstrativpronomen, wörtlich „dies“ – ist im Griechischen ein Neutrum, während „Brot“ dort maskulin ist. Diese grammatische Differenz verdecken manche Übersetzungen, etwa ins Deutsche oder Englische.[2]

Das Kelchwort lautet

  • bei Markus: „Das ist mein Blut des Bundes, für viele vergossen“,
  • bei Matthäus: „Das ist mein Blut des Bundes, für viele vergossen zur Vergebung der Sünden“,
  • bei Paulus: „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut“,
  • bei Lukas: „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, für euch vergossen.“

Die Paulusversion deutet eigentlich nicht das Blut, sondern den Kelch und nimmt damit auf jüdischen Anstoß Rücksicht, da Juden der Blutgenuss verboten war. Der Abschlussvers 1 Kor 11,26 EU betont den Verkündigungscharakter des Abendmahls. Markus betont, dass alle Beteiligten – auch Judas Iskariot, der bereits als Verräter identifiziert ist – im von Jesus gedeuteten und ausgeteilten Wein das Heil wirksam empfangen: „und sie tranken alle daraus“ (Mk 14,23). Paulus warnt dagegen vor einer „unwürdigen“ Teilnahme am Abendmahl: „Denn wer davon isst und trinkt, ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt.“ (1 Kor 11,27, 29 EU).

Nur Matthäus, der sonst weitgehend der Markusvorlage folgt, ergänzt das Kelchwort mit einer Aussage zur Sündenvergebung. Diese entfällt dafür bei seiner Darstellung der Taufe (Mt 3,6 EU). Sünden wurden für ihn also nicht nur einmal bei der Taufe vergeben, sondern wiederholt beim Abendmahl: auch und gerade die von Getauften begangenen Sünden.

Lukas stellt Jesu endzeitlichen Schwur an den Anfang des Passahmahls. Erst danach setzt Jesus das Abendmahl mit Wiederholungsbefehl ein. Das Passahmahl sollte also zu seiner Zeit von den Christen nicht mehr wiederholt, sondern vom wiederholten Abendmahl abgelöst werden. Lukas übernahm als einziger Evangelist die paulinische Version des Kelchworts und parallelisierte die Deutung von Brot und Wein: „für euch gegeben, für euch vergossen“. Damit glich er die Markus- und Paulusversion einander an. Andererseits werden in seinem Bericht zwei Kelche gereicht, einer zu Beginn und einer als Abschluss der Mahlfeier. Damit betonte Lukas die Übereinstimmung mit jüdischer Tradition. Wichtig war ihm auch Jesu Hinweis, dass das Abendmahl die Jünger nicht vor Anfechtung, Irreführung und Schuld bewahre. Darum hob er Jesu Fürbitte für Simon Petrus hervor: „Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhört!“

Theologisch bedeutsam ist die Tatsache, dass das Johannesevangelium anstelle der Deuteworte über Brot und Wein die Fußwaschung Jesu an seinen Jüngern in den Kontext des Mahles am Vorabend der Passion einfügt. Genauso wie die bleibende Hingabe Jesu in die Gestalten von Brot und Wein und die Lebenshingabe am Kreuz am nächsten Tag bezeugt auch der „erniedrigende“ Dienst der Fußwaschung Jesu „Lebensdienst“. „Im Grunde ist das ganze Leben Jesu als ‚Diakonie‘ zu beschreiben. In der Eucharistie verwahrt die Kirche dieses Lebensgeheimnis der Diakonia (Dienst) und Koinonia (Gemeinschaft) in einem.“[3]

Rekonstruktion einer Urform

Seit den Forschungen von Joachim Jeremias[4] nimmt man an, dass hinter den Berichten der Synoptiker und des Paulus eine Urform stand, die auf Jesus selbst zurückgeht und nach seinem Tod in der Liturgie der Jerusalemer Urgemeinde ausgeprägt wurde. Sie enthielt gemeinsame Motive der Mahlberichte:

  • Jesu Abendmahl fand im Rahmen eines Passahmahls statt. Die Jünger werden zum Zubereiten des Passahlamms (Ex 12,3–6 EU) an vorherbestimmtem Ort in der Hauptstadt gesandt (Mk 14,12–16 EU). Damit steht das Mahl unter dem Vorzeichen der Erinnerung an Gottes Befreiungstat für sein Volk Israel.
  • Zur Rahmenhandlung gehört zudem der Verrat des Judas Iskariot, mit dem Jesu Passion beginnt.
  • Jesus übernahm die Rolle des jüdischen Hausvaters, der den ungesäuerten Brotfladen in die Hand nimmt, Gott dafür dankt – mit der Beracha zu Beginn jeder Mahlzeit: „Gepriesen bist Du, Herr unser Gott, König der Welt, der das Brot aus der Erde hervorbringt“ –, das Brot in Stücke bricht und diese den Anwesenden reicht.
  • Der Kelch mit Wein entsprach dem dritten Segensbecher bei einem Passahmahl, der nach der Mahlzeit gereicht wurde.
  • Während sie aßen und tranken, deutete Jesus das Geschehen. Brot- und Kelchwort waren wahrscheinlich wie in 1 Kor 11 EU annähernd parallel gebaut und als direkte Anrede an die Mahlteilnehmer formuliert:

„Das ist mein Leib – für euch gegeben.
Das ist mein Blut – für die Vielen vergossen.“

Bedeutung der Einzelmotive

Abendmahl, Simon Ushakov, 1685
  • „Leib“ (griechisch σῶμα, soma, aramäisch guph) steht für die ganze Person: Eine Trennung von Körper und Seele ist dem Judentum fremd.
  • „Blut“ steht in allen Versionen für das gewaltsame Sterben Jesu (Blutvergießen = Töten). Es weist auf Jesu bevorstehenden Tod hin, der – wie das Blut des Passahlamms, mit dem die Israeliten ihre Türpfosten in der Nacht des Auszugs bestrichen, um von Gottes Racheengel verschont zu bleiben – das ganze Volk Israel, vertreten durch die Zwölf, und darüber hinaus „die Vielen“ aus Gottes Zorngericht rettet.
  • „Für die Vielen“ meint im Aramäischen „die Vielzahl“ als Gesamtheit aller Menschen. Der Ausdruck spielt auf die im Tanach einzigartige Verheißung vom stellvertretenden Sühneleiden des „Gottesknechts“ für die Sünden seines Volkes an (Jes 53,11 EU). Der Ausdruck deutet Jesu Sterben in jüdisch-apokalyptischer Tradition als Heilstod für die Völker (vgl. Mk 10,45 EU).
  • Der „neue Bund“, der in Jesu Sterben begründet ist, ist keine Ablösung des „alten“ Bundes Gottes mit seinem Volk, sondern dessen endgültige Bekräftigung – gerade weil er über diesen hinausgeht. So wurde auch der Sinaibund mit dem Blut des Opfertieres besiegelt (Ex 24,8 EU). Der Prophet Jeremia versprach dem Volk Israel nach der Zerstörung des ersten Tempels seine Erneuerung (Jer 31 EU). Für die Urchristen war Jesu Tod die Erfüllung dieser Verheißung (Hebr 8,8–12 EU). Indem Gott durch ihn auch den Völkern Anteil am Heil schenkte, wurde Israels Hoffnung auf Frieden mit den Völkern neu begründet.
  • „(dahin)gegeben“ ist eine feste liturgische Redewendung: Das griechische Verb παραδιδόναι (paradidonai) steht für das hebräische Wort für „ausliefern“ und erinnert an Jesu Leidensankündigungen (Mk 9,31 EU): „Der Menschensohn wird“ [von Gott] „in die Hände der Menschen ausgeliefert werden.“ Das erinnert an die apokalyptische Heilserwartung des Buches Daniel vom Kommen des Menschenähnlichen nach dem Endgericht über die Gewaltimperien (Dan 7,13 EU). Aber zugleich widersprach Jesus dieser Erwartung: Der Menschensohn werde selbst das Endgericht erleiden und so zum „Lösegeld für die Vielen“ (Mk 10,45) werden.
  • Darum wurden Brot- und Kelchwort „für euch gegeben“ von den Urchristen schon bald mit dem Bekenntnis beantwortet: „dahingegeben um unserer Übertretung willen“ (Röm 4,26), „gestorben für unsere Sünden gemäß der Schrift“ (1Kor 15,3). Das letzte Mahl Jesu begründete die nachösterliche Sinndeutung seines Todes. An allen Stellen des NT, die eine Wortverbindung mit „für euch“ (gegeben, gelitten, gestorben, geschlachtet) enthalten, ist der erlösende Gerichtstod Jesu gemeint.
  • Hinzu kommt bei Markus der endzeitliche Schwur: „Wahrlich, ich sage euch…“ Damit stellte Jesus sein bevorstehendes Leiden und Sterben in die Perspektive der kommenden Gottesherrschaft. Die erhoffte Befreiung aus der Sklaverei sollte also nicht auf das Volk Israel begrenzt bleiben, sondern alle Völker und die ganze Schöpfung einschließen. Der Abschied Jesu von seinen Jüngern ist endgültig, aber er enthält Hoffnung über den Tod hinaus: Weil er für sie starb, ist ihnen allen – auch dem Verräter Judas – die Sünde schon vergeben. Die kommende Verwandlung ist der Welt schon geschenkt und den Gläubigen daher gewiss.
  • Die paulinische Version betont das Wiederholungsmotiv: „Solches tut, so oft ihr trinket, zu meinem Gedächtnis.“ Im Gedenken an sein letztes Mahl ist Jesus fortan gegenwärtig unter seinen Nachfolgern.

Jerusalemer Urgemeinde

Agape-Feier, Katakomben

Die gemeinsame Mahlfeier hatte im Urchristentum zentralen Rang. Apg 2,42 EU nennt als eine der vier Kennzeichen christlicher Gemeinschaft das „Brotbrechen“. Der Ausdruck erinnert an die Brotausteilung Jesu in den synoptischen Herrenmahlberichten. Deshalb geht man davon aus, dass die Urchristen ein Mahl feierten, das an Jesu Tod und Auferstehung erinnern und auf seine Wiederkunft vorbereiten sollte.

Dieses war anfangs zugleich eine gemeinsame Sättigungsmahlzeit, die sie täglich in ihren Häusern einnahmen (Apg 2,46 EU). Bei diesem sogenannten Liebesmahl (Agape) wurde auch Nahrung an Bedürftige verteilt. Nachdem es dabei in Korinth aus seiner Sicht zu Missständen gekommen war, empfahl Paulus seiner Gemeinde, das gemeinsame „Herrenmahl“ im Gottesdienst vom Sättigungsmahl im eigenen Haus zu trennen (1 Kor 11,17–34 EU). Damit wurde eine für Judenchristen untypische Trennung der sakralen von der profanen Mahlzeit eingeleitet. Andererseits bekräftigte Paulus das Abendmahl als selbstverständliches und unaufgebbares Gemeindegeschehen.

Bald wurde die Agapefeier vom Abendmahl unterschieden, aber nicht völlig getrennt. Wahrscheinlich feierte die Gemeinde wenigstens an jedem ersten Tag der Woche, dem „Tag des Herrn“, die Eucharistie (Apg 20,7 EU), eingebunden in ein gemeinsames Essen (1 Kor 11,21 EU; 11,33 EU). Es fand wohl am Sonntagabend statt: Denn das verwendete griechische Wort für „Mahl“ (δεῖπνον, deipnon) bezeichnet ein festlich gestaltetes Mahl zum Tagesabschluss. Manches weist darauf hin, dass dabei – ähnlich wie beim Passahmahl – Gottes Heilsgeschichte in Erinnerung gerufen und verkündigt wurde. Dabei stand die Passionsgeschichte Jesu im Vordergrund (1 Kor 11,26 EU).

Ein besonderer priesterlicher Dienst lässt sich aus den neutestamentlichen Abendmahlsberichten nicht ableiten. In 1 Tim 3,1–10 EU wird Bischöfen und Diakonen keine besondere Rolle bei der „Sakramentsverwaltung“ zugesprochen. Nach Tit 1,7 EU verwalten die Bischöfe das „Haus Gottes“; ob dies eine besondere Sakramentsverwaltung einschloss, ist dem Text nicht zu entnehmen.

Abendmahlsdarstellung in einem Fenster der Wiesenkirche in Soest (um 1500)

Das letzte Abendmahl in der Kunst

Das Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern wurde wiederholt in künstlerischen Darstellungen aufgegriffen. Das bekannteste, Das Abendmahl (Cenacolo) von Leonardo da Vinci, wurde in vielfältiger Form bis in die Moderne zitiert und verfremdet.

Literatur

  • Willibald Bösen: Der letzte Tag des Jesus von Nazaret; Freiburg/Breisgau: Herder, 19953; ISBN 3-451-23214-6
  • Rupert Feneberg: Christliche Passafeier und Abendmahl: eine biblisch-hermeneutische Untersuchung der neutestamentlichen Einsetzungsberichte. München: Kösel, 1971 (Studien zum Alten und Neuen Testament 27), ISBN 3-466-25327-6
  • Hartmut Gese: Die Herkunft des Herrenmahls; in: Zur biblischen Theologie. Alttestamentliche Vorträge; München: Kaiser, 1977; ISBN 3-459-01098-3; S. 107–127 (zum alttestamentlichen Hintergrund des Abendmahls)
  • Joachim Jeremias: Die Abendmahlsworte Jesu; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 19674 (19351); ISBN B0000BRSOI
  • Hans-Josef Klauck: Herrenmahl und hellenistischer Kult; Münster: Aschendorff, 19982; ISBN 3-402-03637-1
  • Rudolf Pesch: Das Abendmahl und Jesu Todesverständnis. Freiburg [u.a.]: Herder, 1978 (Quaestiones disputatae 80), ISBN 3-451-02080-7
  • Jens Schröter: Das Abendmahl. Frühchristliche Deutungen und Impulse für die Gegenwart; Stuttgarter Bibelstudien 210; Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 2006; ISBN 3-460-03104-2
  • Heinz Schürmann: Der Abendmahlsbericht Lukas 22,7–38 als Gottesdienstordnung, Gemeindeordnung, Lebensordnung. Leipzig: St. Benno-Verlag, 19674 (Die Botschaft Gottes: Neutestamentl. Reihe 1)

Einzelnachweise

  1. David Flusser: Die Essener und das Abendmahl, in: David Flusser: Entdeckungen im Neuen Testament Band 2: Jesus – Qumran – Urchristentum, Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1999, ISBN 3-7887-1435-2, S. 89–93
  2. Ulrich Luz: Das Evangelium nach Matthäus, 4. Teilband, Düsseldorf/Neukirchen-Vluyn 2002, S. 112, Anmerkung 84
  3. Karl Lehmann: Nochmals: Caritas und Pastoral; in: Caritas 88 (1987), S. 3–12, hier S. 8 f.
  4. Joachim Jeremias: Die Abendmahlsworte Jesu, 1. Auflage 1935

Weblinks

 Commons: Das letzte Abendmahl Jesu in der Bildenden Kunst – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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