Fotografie

Fotografie
Die erste bekannte Fotografie (Nicéphore Nièpce 1826)
Fotograf bei der Arbeit (Foto: Rössing 1948)
Fotografin bei der Arbeit (2011)

Fotografie oder Photographie (aus griechisch φῶς, phos, im Genitiv:φωτός, photos, „Licht (der Himmelskörper)“, „Helligkeit“ und γράφειν, grafeïn, „zeichnen“, „ritzen“, „malen“, „schreiben“) bezeichnet

  • eine bildgebende Methode,[1] bei der mit Hilfe von optischen Verfahren ein Lichtbild auf ein lichtempfindliches Medium projiziert und dort direkt und dauerhaft gespeichert (analoges Verfahren) oder in elektronische Daten gewandelt und gespeichert wird (digitales Verfahren).
  • das dauerhafte Lichtbild (Diapositiv, Filmbild oder Papierbild; umgangssprachlich kurz Bild oder Foto genannt), das durch fotografische Verfahren hergestellt wird; dabei kann es sich entweder um ein Positiv oder ein Negativ auf Film, Folie, Papier oder anderen fotografischen Trägern handeln. Fotografische Aufnahmen werden als Abzug, Vergrößerung, Filmkopie oder als Ausbelichtung bzw. Druck von digitalen Bild-Dateien vervielfältigt.
  • Bilder, die für das Kino aufgenommen werden. Beliebig viele fotografische Bilder werden in Reihen von Einzelbildern auf Film aufgenommen, die später mit einem Filmprojektor als bewegte Bilder (Laufbilder) vorgeführt werden können. Siehe dazu: Film.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Der Begriff Photographie wurde erstmals (noch vor englischen oder französischen Veröffentlichungen) am 25. Februar 1839 vom Astronomen Johann Heinrich von Mädler in der Vossischen Zeitung verwendet.[2] Bis ins 20. Jahrhundert bezeichnete Fotografie alle Bilder, welche rein durch Licht auf einer chemisch behandelten Oberfläche entstehen.

Die Fotografie ist ein Medium, das in sehr verschiedenen Zusammenhängen eingesetzt wird. Fotografische Abbildungen können beispielsweise Gegenstände mit primär künstlerischem (künstlerische Fotografie) oder primär kommerziellem Charakter sein (Industriefotografie, Werbe- und Modefotografie). Die Fotografie kann unter künstlerischen, technischen (Fototechnik), ökonomischen (Fotowirtschaft) und gesellschaftlich-sozialen (Amateur-, Arbeiter- und Dokumentarfotografie) Aspekten betrachtet werden. Des Weiteren werden Fotografien im Journalismus und in der Medizin verwendet.

Die Fotografie ist teilweise ein Gegenstand der Forschung und Lehre in der Kunstgeschichte und der noch jungen Bildwissenschaft. Der Kunstcharakter der Fotografie war lange Zeit umstritten, wird jedoch seit einigen Jahren zunehmend anerkannt. Einige Forschungsrichtungen ordnen die Fotografie der Medien- oder Kommunikationswissenschaft zu, auch diese Zuordnung ist umstritten.

Die Fotografie unterliegt dem komplexen und vielschichtigen Fotorecht; bei der Nutzung von vorhandenen Fotografien sind die Bildrechte zu beachten.

„Die Photographie ist eine wunderbare Entdeckung, eine Wissenschaft, welche die größten Geister angezogen, eine Kunst, welche die klügsten Denker angeregt – und doch von jedem Dummkopf betrieben werden kann“

Nadar, 1856

Fotograf als Beruf

Deutschlandlastige Artikel Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Hilf mit, die Situation in anderen Ländern zu schildern.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Beruf des Fotografen zu erlernen und auszuüben:

  • eine autodidaktische Aneignung und Tätigkeit, zum Beispiel verbunden zunächst mit einer Assistentenstelle bei einem bereits etablierten Fotografen.

In Deutschland gibt es einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf mit der Berufsbezeichnung Fotograf, daher ist die Berufsbezeichnung geschützt, jedoch, ohne sich Fotograf nennen zu dürfen, steht die Ausübung des Berufes, im freiberuflichen Sinne, auch Autodidakten offen. Gemäß § 18 Abs. 2 gehört die Ausübung des Berufs Fotograf als selbstständiges Gewerbe nach dem Dritten Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 24. Dezember 2003, zu den zulassungsfreien Berufen, d. h., dass der Beruf des Fotografen in der Regel ohne Meisterbrief ausgeübt werden kann. Trotzdem ist eine Eintragung in die Handwerksrolle bei der für den jeweiligen Betriebssitz zuständigen Handwerkskammer notwendig. Die Berufsbezeichnung Fotograf ist nach wie vor, wie die Berufsbezeichnungen Fototechnischer Assistent, Fotolaborant und Fotoingenieur gesetzlich geschützt.

Der Titel Meister, staatl. geprüfter Techniker und die akademischen Grade bzw. staatlichen Abschlussbezeichnungen Diplom…, Bachelor oder Master werden nur nach einem absolviertem Fachschul- bzw. (Fach-)Hochschulstudium verliehen.

Während der Begriff Designer von jeher frei genutzt werden konnte, darf die Berufsbezeichnung staatl. gepr. Fotodesigner und der akademische Grad Diplom-Foto-Designer nur nach erfolgreich absolvierter Ausbildung geführt werden.

Hingegen sind die Begriffe Bildreporter, Bildjournalist, Bildberichterstatter, Fotoartist, Fotodesigner, Bildermacher oder schlichtweg nur Fotografie keine geschützten Bezeichnungen und werden überwiegend von Autodidakten genutzt.

Siehe auch: Berufsfotografie, Kunsthochschule

Fototechnik

Objektiv einer Großformatkamera

Prinzipiell wird meist mit Hilfe eines optischen Systems, in vielen Fällen einem Objektiv, fotografiert. Dieses wirft das von einem Objekt ausgesendete oder reflektierte Licht auf die lichtempfindliche Schicht einer Fotoplatte, eines Films oder auf einen fotoelektrischen Wandler, einen Bildsensor.

Fotoapparat

Hauptartikel: Fotoapparat

Der fotografischen Aufnahme dient eine fotografische Apparatur (Kamera). Durch Manipulation des optischen Systems (unter anderem die Einstellung der Blende, Scharfstellung, Farbfilterung, die Wahl der Belichtungszeit, der Objektivbrennweite, der Beleuchtung und nicht zuletzt des Aufnahmematerials) stehen dem Fotografen zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten offen. Als vielseitigste Fotoapparatbauform hat sich sowohl im Analog- als auch im Digitalbereich die Spiegelreflexkamera durchgesetzt. Für viele Aufgaben werden weiterhin die verschiedensten Spezialkameras benötigt und eingesetzt.

Lichtempfindliche Schicht

Bei der filmbasierten Fotografie (z.B. Silber-Fotografie) ist die lichtempfindliche Schicht auf der Bildebene eine Dispersion (im allgemeinen Sprachgebrauch Emulsion). Sie besteht aus einem Gel, in dem gleichmäßig kleine Körnchen eines Silberhalogenids (zum Beispiel Silberbromid) verteilt sind. Je kleiner diese Körnchen sind, umso weniger lichtempfindlich ist die Schicht (siehe ISO-5800-Standard), umso besser ist allerdings die Auflösung („Korn“). Dieser lichtempfindlichen Schicht wird durch einen Träger Stabilität verliehen. Trägermaterialien sind Zelluloseacetat, früher diente dazu Zellulosenitrat (Zelluloid), Kunststofffolien, Metallplatten, Glasplatten und sogar Textilien (siehe Fotoplatte und Film).

Bei der Digitalfotografie besteht das Äquivalent der lichtempfindlichen Schicht aus Chips wie CCD- oder CMOS-Sensoren.

Entwicklung und Fixierung

Durch das Entwickeln bei der filmbasierten Fotografie wird auf chemischem Wege das latente Bild sichtbar gemacht. Beim Fixieren werden die nicht belichteten Silberhalogenid-Körnchen wasserlöslich gemacht und anschließend mit Wasser herausgewaschen, sodass ein Bild bei Tageslicht betrachtet werden kann, ohne dass es nachdunkelt.

Ein weiteres älteres Verfahren ist das Staubverfahren, mit dem sich einbrennbare Bilder auf Glas und Porzellan herstellen lassen.

Ein digitales Bild muss nicht entwickelt werden; es wird elektronisch gespeichert und kann anschließend mit der elektronischen Bildbearbeitung am Computer bearbeitet und bei Bedarf auf Fotopapier ausbelichtet oder beispielsweise mit einem Tintenstrahldrucker ausgedruckt werden. Bei der Weiterverarbeitung von Rohdaten spricht man auch hier von Entwicklung.

Der Abzug

Als Abzug bezeichnet man das Ergebnis einer Kontaktkopie, einer Vergrößerung, oder einer Ausbelichtung; dabei entsteht in der Regel ein Papierbild. Abzüge können von Filmen (Negativ oder Dia) oder von Dateien gefertigt werden.

Abzüge als Kontaktkopie haben dieselbe Größe wie die Abmessungen des Aufnahmeformats; wird eine Vergrößerung vom Negativ oder Positiv angefertigt, beträgt die Größe des entstehenden Bildes ein Vielfaches der Größe der Vorlage, dabei wird jedoch in der Regel das Seitenverhältnis beibehalten, das bei der klassischen Fotografie bei 1,5 bzw. 3:2 oder in USA 4:5 liegt.
Eine Ausnahme davon stellt die Ausschnittvergrößerung dar, deren Seitenverhältnis in der Bühne eines Vergrößerers beliebig festgelegt werden kann; allerdings wird auch die Ausschnittvergrößerung in der Regel auf ein Papierformat mit bestimmten Abmessungen belichtet.

Der Abzug ist eine häufig gewählte Präsentationsform der Amateurfotografie, die in speziellen Kassetten oder Alben gesammelt werden. Bei der Präsentationsform der Diaprojektion arbeitet man in der Regel mit dem Original-Diapositiv, also einem Unikat, während es sich bei Abzügen immer um Kopien handelt.

Geschichte der Fotografie

13. Jahrhundert

Der Name Kamera leitet sich vom Vorläufer der Fotografie, der Camera obscura („Dunkle Kammer“) ab, die bereits seit dem 11. Jahrhundert bekannt ist und Ende des 13. Jahrhunderts von Astronomen zur Sonnenbeobachtung eingesetzt wurde. Anstelle einer Linse weist diese Kamera nur ein kleines Loch auf, durch das die Lichtstrahlen auf eine Projektionsfläche fallen, von der das auf dem Kopf stehende, seitenverkehrte Bild abgezeichnet werden kann. In Edinburgh und Greenwich bei London sind begehbare, raumgroße Camerae obscurae eine Touristenattraktion. Auch das Deutsche Filmmuseum hat eine Camera obscura, in der ein Bild des gegenüberliegenden Mainufers projiziert wird.

16. bis 17. Jahrhundert

Ein Durchbruch ist 1550 die Wiedererfindung der Linse, mit der hellere und gleichzeitig schärfere Bilder erzeugt werden können. 1685: Ablenkspiegel, ein Abbild kann so auf Papier gezeichnet werden.

18. Jahrhundert: Vorläufer und Vorgeschichte

Siehe auch Laterna magica, Panorama und Diorama.

Chemiker wie Humphry Davy begannen bereits, lichtempfindliche Stoffe zu untersuchen und nach Fixiermitteln zu suchen.

19. Jahrhundert: Die frühen Verfahren

Historische Kamera

Die erste Fotografie wurde 1826 durch Joseph Nicéphore Nièpce im Heliografie-Verfahren angefertigt. 1837 benutzte Louis Jacques Mandé Daguerre ein besseres Verfahren, das auf der Entwicklung der Fotos mit Hilfe von Quecksilber-Dämpfen und anschließender Fixierung in einer heißen Kochsalzlösung oder einer normal temperierten Natriumthiosulfatlösung beruhte. Die auf diese Weise hergestellten Bilder, allesamt Unikate auf versilberten Kupferplatten, wurden als Daguerreotypien bezeichnet. Bereits 1835 hatte der Engländer William Fox Talbot das Negativ-Positiv-Verfahren erfunden. Auch heute werden noch manche der historischen Verfahren als Edeldruckverfahren in der Bildenden Kunst und künstlerischen Fotografie verwendet.

Im Jahr 1883 erschien in der bedeutenden Leipziger Wochenzeitschrift Illustrirte Zeitung zum ersten Mal in einer deutschen Publikation ein gerastertes Foto in Form einer Autotypie, einer um 1880 erfolgten Erfindung von Georg Meisenbach.

20. Jahrhundert: Die Formate werden kleiner

 
Kompakte Kleinbildkamera
 
Faltbalgen-Kamera Beier Precisa aus dem Jahre 1952

Fotografien konnten zunächst nur als Unikate hergestellt werden, mit der Einführung des Negativ-Positiv-Verfahrens war eine Vervielfältigung im Kontaktverfahren möglich. Die Größe des fertigen Fotos entsprach in beiden Fällen dem Aufnahmeformat, was sehr große, unhandliche Kameras erforderte. Mit dem Rollfilm und insbesondere der von Oskar Barnack bei den Leitz Werken entwickelten und 1924 eingeführten Kleinbildkamera, die den herkömmlichen 35-mm-Kinofilm verwendete, entstanden völlig neue Möglichkeiten für eine mobile, schnelle Fotografie. Obwohl, durch das kleine Format bedingt, zusätzliche Geräte zur Vergrößerung erforderlich wurden, und die Bildqualität mit den großen Formaten bei Weitem nicht mithalten konnte, setzte sich das Kleinbild in den meisten Bereichen der Fotografie als Standardformat durch.

Ende des 20. Jahrhunderts: Einführung der Digitalfotografie

Digitale Spiegelreflexkamera

Hauptartikel: Digitalfotografie

Die erste CCD (Charge-coupled Device) Still-Video-Kamera wurde 1970 von Bell konstruiert und 1972 meldet Texas Instruments das erste Patent auf eine filmlose Kamera an, welche einen Fernsehbildschirm als Sucher verwendet.

1973 produzierte Fairchild Imaging das erste kommerzielle CCD mit einer Auflösung von 100 × 100 Pixel.

Dieses CCD wurde 1975 in der ersten funktionstüchtigen digitalen Kamera von Kodak benutzt. Entwickelt hat sie der Erfinder Steven Sasson. Diese Kamera wog 3,6 Kilogramm, war größer als ein Toaster und benötigte noch 23 Sekunden, um ein Schwarz-Weiß-Bild mit 100x100 Pixeln Auflösung auf eine digitale Magnetbandkassette zu übertragen; um das Bild auf einem Bildschirm sichtbar zu machen, bedurfte es weiterer 23 Sekunden.

1986 stellte Canon mit der RC-701 die erste kommerziell erhältliche Still-Video-Kamera mit magnetischer Aufzeichnung der Bilddaten vor, Minolta präsentierte den Still Video Back SB-90/SB-90S für die Minolta 9000; durch Austausch der Rückwand der Kleinbild-Spiegelreflexkamera wurde aus der Minolta 9000 eine digitale Spiegelreflexkamera; gespeichert wurden die Bilddaten auf 2-Zoll-Disketten.

1987 folgten weitere Modelle der RC-Serie von Canon sowie digitale Kameras von Fujifilm (ES-1), Konica (KC-400) und Sony (MVC-A7AF). 1988 folgte Nikon mit der QV-1000C und 1990 sowie 1991 Kodak mit dem DCS-System (Digital Camera System) sowie Rollei mit dem Digital Scan Pack. Ab Anfang der 1990er Jahre kann die Digitalfotografie im kommerziellen Bildproduktionsbereich als eingeführt betrachtet werden.

Die digitale Fotografie revolutionierte die Möglichkeiten der digitalen Kunst, erleichtert insbesondere aber auch Fotomanipulationen.

Die Photokina 2006 zeigt, dass die Zeit der filmbasierten Kamera endgültig vorbei ist.[3] Im Jahr 2007 sind weltweit 91 Prozent aller verkauften Fotokameras digital[4], die herkömmliche Fotografie auf Filmen schrumpft auf Nischenbereiche zusammen.

Siehe auch: Chronologie der Fotografie, Geschichte und Entwicklung der Fotografie

Fotografie als Kunst

Eugène Durieu: Sitzender weiblicher Akt, Entwurfsvorlage für das nachstehende Gemälde von Delacroix
Eugène Delacroix: Odalisque

Der Kunstcharakter der Fotografie war lange Zeit umstritten; zugespitzt formuliert der Kunsttheoretiker Karl Pawek in seinem Buch „Das optische Zeitalter“ (Olten/Freiburg i. Br. 1963, S. 58): „Der Künstler erschafft die Wirklichkeit, der Fotograf sieht sie.“

Diese Auffassung betrachtet die Fotografie nur als ein technisches, standardisiertes Verfahren, mit dem eine Wirklichkeit auf eine objektive, quasi „natürliche“ Weise abgebildet wird, ohne das dabei gestalterische und damit künstlerische Aspekte zum Tragen kommen: „die Erfindung eines Apparates zum Zwecke der Produktion ... (perspektivischer) Bilder hat ironischerweise die Überzeugung ... verstärkt, dass es sich hierbei um die natürliche Repräsentationsform handele. Offenbar ist etwas natürlich, wenn wir eine Maschine bauen können, die es für uns erledigt.“[5] Fotografien dienten gleichwohl aber schon bald als Unterrichtsmittel bzw. Vorlage in der Ausbildung bildender Künstler (Études d’après nature).

Schon in Texten des 19. Jahrhunderts wurde aber auch bereits auf den Kunstcharakter der Fotografie hingewiesen, der mit einem ähnlichen Einsatz der Technik wie bei anderen anerkannten zeitgenössische grafische Verfahren (Aquatinta, Radierung, Lithografie, ...) begründet wird. Damit wird auch die Fotografie zu einem künstlerischen Verfahren, mit dem ein Fotograf eigene Bildwirklichkeiten erschafft.[6]

Auch zahlreiche Maler des 19. Jahrhunderts, wie etwa Eugène Delacroix, erkannten dies und nutzten Fotografien als Mittel zur Bildfindung und Gestaltung, als künstlerisches Entwurfsinstrument für malerische Werke, allerdings weiterhin ohne ihr einen eigenständigen künstlerischen Wert zuzusprechen.

Der Fotograf Henri Cartier-Bresson, selbst als Maler ausgebildet, wollte die Fotografie ebenfalls nicht als Kunstform, sondern als Handwerk betrachtet wissen: „Die Fotografie ist ein Handwerk. Viele wollen daraus eine Kunst machen, aber wir sind einfach Handwerker, die ihre Arbeit gut machen müssen.“ Gleichzeitig nahm er aber für sich auch das Bildfindungskonzept des entscheidenden Augenblickes in Anspruch, das ursprünglich von Gotthold Ephraim Lessing dramenpoetologisch ausgearbeitet wurde. Damit bezieht er sich unmittelbar auf ein künstlerisches Verfahren zur Produktion von Kunstwerken. Cartier-Bressons Argumentation diente also einerseits der poetologischen Nobilitierung, andererseits der handwerklichen Immunisierung gegenüber einer Kritik, die die künstlerische Qualität seiner Werke anzweifeln könnte. So wurden gerade Cartier-Bressons Fotografien sehr früh in Museen und Kunstausstellungen gezeigt, so zum Beispiel in der MoMa-Retrospektive (1947) und der Louvre-Ausstellung (1955).

Fotografie wurde bereits früh als Kunst betrieben (Julia Margaret Cameron, Lewis Carroll und Oscar Gustave Rejlander in den 1860ern). Der entscheidende Schritt zur Anerkennung der Fotografie als Kunstform ist den Bemühungen von Alfred Stieglitz (1864–1946) zu verdanken, der mit seinem Magazin Camera Work den Durchbruch vorbereitete.

Erstmals trat die Fotografie in Deutschland in der Werkbund-Ausstellung 1929 in Stuttgart in beachtenswertem Umfang mit internationalen Künstlern wie Edward Weston, Imogen Cunningham und Man Ray an die Öffentlichkeit; spätestens seit den MoMA-Ausstellungen von Edward Steichen (The Family of Man, 1955) und John Szarkowski (1960er) ist Fotografie als Kunst von einem breiten Publikum anerkannt, wobei gleichzeitig der Trend zur Gebrauchskunst begann.

Im Jahr 1977 stellte die documenta 6 in Kassel erstmals als international bedeutende Ausstellung in der berühmten Abteilung Fotografie die Arbeiten von historischen und zeitgenössischen Fotografen aus der gesamten Geschichte der Fotografie in den vergleichenden Kontext zur zeitgenössischen Kunst im Zusammenhang mit den in diesem Jahr begangenen „150 Jahren Fotografie“.

Heute ist Fotografie als vollwertige Kunstform akzeptiert. Indikatoren dafür sind die wachsende Anzahl von Museen, Sammlungen und Forschungseinrichtungen für Fotografie, die Zunahme der Professuren für Fotografie sowie nicht zuletzt der gestiegene Wert von Fotografien in Kunstauktionen und Sammlerkreisen. Zahlreiche Gebiete haben sich entwickelt, so die Landschafts-, Akt-, Industrie-, Theaterfotografie und andere mehr, die innerhalb der Fotografie eigene Wirkungsfelder entfaltet haben. Daneben entwickelt sich die künstlerische Fotomontage zu einem der malenden Kunst gleichwertigen Kunstobjekt. Neuere Diskussionen innerhalb der Foto- und Kunstwissenschaften verweisen indes auf eine zunehmende Beliebigkeit bei der Kategorisierung von Fotografie. Zunehmend werde demnach von der Kunst und ihren Institutionen absorbiert, was einst ausschließlich in die angewandten Bereiche der Fotografie gehört habe.

Fotografen

Fotograf im Studio, um 1850

Die Fotografie als Objekt der Kunstwissenschaft wurde geprägt durch herausragende Fotografinnen und Fotografen wie beispielsweise – ohne Wertung quer durch die Zeit- und Stilgeschichte der Fotografie – Jacob Wothly, W. H. Talbot, E. S. Curtis, August Sander, Henri Cartier-Bresson, Paul Wolff, Ansel Adams, vor dem Zweiten Weltkrieg, Otto Steinert, Richard Avedon, Diane Arbus und unzählige andere bis hin zu „Modernen“ wie Helmut Newton, Manfred Baumann, Walter E. Lautenbacher, Thomas Ruff, Jeff Wall, Andreas Gursky, Gerhard Vormwald und Rafael Herlich. Mit jedem dieser berühmten Fotografen ist eine bestimmte Zeit, eine bestimmte Auffassung von Fotografie, ein persönlicher Stil – möglicherweise innerhalb eines bestimmten Fachgebietes der Fotografie – und eine eigene Thematik verbunden.

Einige Fotografen organisierten sich in Künstlergruppen wie f/64 um Edward Weston in den USA in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts oder arbeiteten zusammen in Foto- oder Bildagenturen wie Magnum Photos oder „Bilderberg – Archiv der Fotografen“, andere arbeiten dagegen bevorzugt alleine.

Oft sind künstlerisch bekannte Fotografen in ihrem „Brotberuf“ eher unauffällig und durchschnittliche „Handwerker“, erst in ihren freien Arbeiten treten sie mit Ausstellungen oder durch Preisverleihungen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Als Beispiel seien der Modefotograf Helmut Newton, der Werbefotograf Reinhart Wolf, der Landschafts- und Architekturfotograf Robert Häusser und der deutsche Eisenbahnfotograf Carl Bellingrodt genannt. Sie wurden mit völlig anderen Sujets als denen ihrer täglichen Arbeit bekannt, nämlich Akt-, Eisenbahn-, Food-, Architektur- sowie mit künstlerisch eigenwilliger Schwarz-Weiß-Fotografie.

Die Fotografie ist jedoch keine exklusive Kunstform, sondern wird auch von zahllosen Amateurfotografen betrieben; die Amateurfotografie ist der Motor der Fotowirtschaft und Motivation für die Produktion der allermeisten Bilder, deren Zahl weltweit monatlich in die Milliarden geht.

Siehe auch: Liste bedeutender Fotografen

Theorie und Praxis

Die Fotografie wird in zahlreichen Einzeltheorien diskutiert, eine einheitliche und umfassende „Theorie der Fotografie“ fehlt bisher. Die gestalterische Gratwanderung zwischen der fotografischen Technik und der gewünschten Bildaussage kennzeichnet die Fotopraxis. Sie hat sich in den vergangenen rund sechzig Jahren differenziert und umfasst zahllose Bereiche.

Einzelnachweise

  1. Gottfried Jäger, Fotografie als generatives System, Bielefeld: Verl. für Druckgrafik Gieselmann, 2007, Orig.-Ausg.
  2. Erich Stenger: Der Ursprung des Wortes „Photographie“. In: der freie lichtbildner (offizielles Organ des Arbeiter-Lichtbild-Bundes), Jg. 2, Nr. 2, 15. Februar 1933, S. 14f
  3. spiegel-online.de: „Die Zeit der Analogkameras scheint endgültig vorbei.“
  4. golem.de: 2007 sieben Millionen digitale Spiegelreflexkameras verkauft
  5. W.J.T. Mitchell: Bildtheorie. Frankfurt am Main 2008, S. 63
  6. vgl. Wolfgang Kemp: Theorie der Fotografie. München 2006

Literatur

Fototechnik, Gestaltung und Fotopraxis

Geschichte, Chronologie

  • Jörn Glasenapp: Die deutsche Nachkriegsfotografie: Eine Mentalitätsgeschichte in Bildern, Paderborn: Wilhelm Fink Verlag 2008, ISBN 978-3-7705-4617-6
  • John Hannavy (Hrsg.): Encyclopedia of Nineteenth-Century Photography, New York 2005 ISBN 978-0415972352
  • Hans-Michael Koetzle, Das Lexikon der Fotografen: 1900 bis heute, München: Knaur 2002, ISBN 3-426-66479-8
  • Walter E. Lautenbacher, Inszenierte Modefotografie 1953–1983 und wie sie entstand. Eine Chronologie., Cantz 1994, ISBN 3-89322-677-X
  • Walter E. Lautenbacher, Mode, Models und ihr Fotograf, 2000, ISBN 3-933989-06-X
  • Reinhold Mißelbeck: Prestel-Lexikon der Fotografen: von den Anfängen 1839 bis zur Gegenwart; mit Glossar. München u. a.: Prestel 2002 (287 S.), ISBN 3-791-32529-9
  • Therese Mulligan, David Wooters, Geschichte der Photographie – Von 1839 bis heute. 25 Jahre Taschen. Jubiläumsausgabe, Taschen-Verlag 2005 – ISBN 3-8228-4775-5
  • Beaumont Newhall, Geschichte der Photographie, Schirmer, Mosel, München 1998 / 2005 ISBN 3-88814-319-5
  • Franz-Xaver Schlegel, Das Leben der toten Dinge – Studien zur modernen Sachfotografie in den USA 1914-1935, 2 Bände, Stuttgart: Art in Life 1999, ISBN 3-00-004407-8
  • Wolfgang Kemp: Foto-Essays: Zur Geschichte und Theorie der Fotografie (Broschiert), Schirmer/Mosel; Auflage: 1 (August 2006)- ISBN 3829602405
  • Lynne Warren (Hrsg.): Encyclopedia of Twentieth-Century Photography, 1719 S., New York, NY [u.a.] : Routledge, 2006

Fototheorie, Kunst, Gesellschaft

  • Roland Barthes, Die helle Kammer. Bemerkung zur Photographie, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1994/2005 ISBN 3-518-38142-3
  • Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (neben Barthes eines „der“ Standardwerke)
  • Pierre Bourdieu, Eine illegitime Kunst: die sozialen Gebrauchsweisen der Photographie, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1983 /Europäische Verlagsanstalt 2006 ISBN 3-434-46162-0
  • Bernd Busch, Belichtete Welt: eine Wahrnehmungsgeschichte der Fotografie, München: Hanser 1989, ISBN 3-446-15089-7
  • Philippe Dubois, Der fotografische Akt. Versuch über ein theoretisches Dispositiv, hrsg. u. mit einem Vorw. v. Herta Wolf, übers. v. Dieter Hornig, Amsterdam u. Dresden: Verlag der Kunst 1998, ISBN 3-86572-457-4
  • Katalog zur documenta 6: Band 1: Malerei, Plastik/Environment, Performance; Band 2: Fotografie, Film, Video; Band 3: Handzeichnungen, Utopisches Design, Bücher; Kassel 1977 ISBN 3-920453-00-X
  • Gisèle Freund, Photographie und Gesellschaft, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1993 / 2002, ISBN 3-499-17265-8
  • Judith Freyer Davidov, Women's Camera Work: Self/Body/Other in American Visual Culture, Duke University Press 1998
  • Michel Frizot, Neue Geschichte der Fotografie., Köln: Könemann Verlag 1994 ISBN 3-8290-1327-2 (Eins der wichtigsten Bücher zur Fotografie
  • Peter Geimer: Theorien der Fotografie zur Einführung, Hamburg: Junius, 2. Auflage 2010, ISBN 3885066661
  • Jörn Glasenapp, Die deutsche Nachkriegsfotografie: Eine Mentalitätsgeschichte in Bildern, Paderborn: Wilhelm Fink Verlag 2008
  • Stefan Hartwig, Gestaltung und Wahrnehmung von Public Relations-Bildern. Lehren aus der Wissenschaft. In: www.gpra.de
  • Klaus Honnef: 150 Jahre Fotografie (Erweiterte Sonderausgabe von Kunstforum International: 150 Jahre Fotografie III / Fotografie auf der documenta 6, Band 22); Mainz, Frankfurt am Main (Zweitausendeins) 1977
  • Klaus Honnef (Hrsg.): Die Arbeit des Fotografen, Kunstforum International Band 16; Mainz 1976
  • Klaus Honnef (Hrsg.): Fotografie – Aspekte eines Mediums, Kunstforum International Band 18; Mainz 1976
  • Wolfgang Kemp (Hrg.), Theorie der Fotografie, Gesamtausgabe in einem Band, Schirmer/Mosel 2006, ISBN 3-8296-0239-1
  • Rosalind Krauss, Die Originalität der Avantgarde und andere Mythen der Moderne, hrsg. u. mit einem Vorw. von Herta Wolf, übers. v. Jörg Heininger, durchges. u. neu bearb. v. Wilfried Prantner, Amsterdam u. Dresden: Verlag der Kunst 2000, ISBN 3-86572-458-2
  • François Laruelle: "Die nichtphotographische Vision" in: Herzattacke 4/1994, VI. Jahrgang, Doppelnummer, Band II, S. 196-228
  • Herbert Molderings: Die Moderne der Fotografie, EVA, Hamburg 2007, ISBN 978-3-86572-635-3
  • Henner Reitmeier: Klappe zu, Affe tot. Kritik von Fotografie und Film. In: Die Brücke 139, 1/2006. ISSN 0931-9514.
  • Susan Sontag, Über Fotografie, Wien: Hanser 2002
  • Susan Sontag, Das Leiden anderer betrachten, Frankfurt am Main: Fischer 2005
  • Fabian Stech, Das Verhältnis von Taktilität und Visualität in der Entwicklung zum fotografischen Sehen. Dissertation. Microfiche. Berlin 1996.
  • Herta Wolf (Hg.), Paradigma Fotografie. Fotokritik am Ende des fotografischen Zeitalters, Bd. 1, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2002, ISBN 3-518-29198-X
  • Herta Wolf (Hg.), Diskurse der Fotografie. Fotokritik am Ende des fotografischen Zeitalters, Bd. 2, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2003, ISBN 3-518-29199-8

Sonstige

  • (Franz-Xaver Schlegel) Das Werk. Technische Lichtbildstudien (1931). Vorbemerkung von Eugen Diesel (1931). Neudruck der Erstausgabe 1931 nebst Materialien zur Editionsgeschichte. Einführender Essay von Franz-Xaver Schlegel (2002). Hrsg. von der Albertina, Wien. Königstein i. Ts. 2002 (= Die Blauen Bücher). ISBN 3-7845-3560-7
  • Sigrid Schneider und Stefanie Grebe, Wirklich wahr!: Realitätsversprechen von Fotografien, Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz], 2004

Siehe auch

 Portal:Fotografie – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Fotografie

Weblinks

 Commons: Fotografie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikiquote: Fotografie – Zitate
Wiktionary Wiktionary: Fotografie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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