Isa Vermehren

Isa Vermehren

Isa Vermehren (* 21. April 1918 in Lübeck; † 15. Juli 2009 in Bonn) war eine deutsche Kabarettistin, Filmschauspielerin und später Ordensschwester.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit, Jugend und Schulzeit verbrachte Isa Vermehren in ihrer Heimatstadt Lübeck, wo ihr Großvater Julius Vermehren Senator und der Vater Kurt Vermehren zunächst als Rechtsanwalt tätig war. Weil sie sich weigerte, die Hakenkreuzfahne zu grüßen, wurde sie im Frühjahr 1933 vom Gymnasium Ernestinenschule verwiesen. Daraufhin übersiedelte sie mit ihrer Mutter, der Journalistin Petra Vermehren,[1] nach Berlin. Während Petra Vermehren im April 1934 auf Empfehlung des Berliner Rechtsanwalts und Freundes der Familie Paul Leverkuehn als erste Frau in der außenpolitischen Redaktion beim Berliner Tageblatt angestellt wurde, wurde Isa in Berlin (zugleich mit Ursula Herking) mit Auftritten im politisch-literarischen Kabarett von Werner Finck, der Katakombe, schnell bekannt. Mit ihren Sticheleien gegen das NS-Regime galt Isa Vermehren als Nachwuchstalent des Berliner Kabaretts.

Zu ihrem Markenzeichen wurde ihre Ziehharmonika „Agathe“, zu der sie flotte Seemannslieder und anmutige Liebesballaden sang. Ihr Lied Eine Seefahrt, die ist lustig, in dem sie Nazi-Größen listig karikierte, erschien auf Schallplatte und wurde zum Kassenschlager. Sie übernahm neben bekannten UFA-Stars Rollen in zahlreichen Filmen.

1935 wurde die Katakombe auf Anordnung der Nationalsozialisten geschlossen. Isa Vermehren holte ihr Abitur auf der Abendschule nach und wurde 1938 in die katholische Kirche aufgenommen. Während des Zweiten Weltkrieges wurde sie zur Truppenbetreuung an die Front einberufen.

Sie gehörte dem regimekritischen Solf-Kreis an.[2]

Nachdem einer ihrer Brüder, Erich Vermehren, 1944 als Diplomat zu den Briten übergelaufen war, wurde sie mit den Eltern und ihrem weiteren Bruder Michael verhaftet und im Zuge der „Sippenhaft“ interniert. Sie überlebte den Aufenthalt in den Konzentrationslagern Ravensbrück, Buchenwald und Dachau. Als Mitglied des Geiseltransports von prominenten KZ-Häftlingen und Sippenhäftlingen wurde sie nach Südtirol verschleppt und dort am 4. Mai 1945 befreit.[3]

Die Erlebnisse jener Tage schilderte sie 1946 in ihrem Buch Reise durch den letzten Akt, in dem sie auch zu einer Fehlinterpretation des Hitler-Attentäters Georg Elser beitrug.[4]

1947 übernahm sie eine Rolle in Helmut Käutners Trümmerfilm In jenen Tagen.

Da sie in einen Orden eintreten wollte, studierte Isa Vermehren von 1946 bis 1951 an der Universität Bonn Katholische Theologie, Deutsch, Englisch, Geschichte und Philosophie. Dort förderte sie tatkräftig 1949 bis 1951 das Studentenkabarett „Wintergärtchen“. Am 15. September 1951 trat sie in das Herz-Jesu-Kloster in Beuel-Pützchen der Kongregation der Schwestern vom Heiligsten Herzen Jesu ein. Dieser Frauenorden war während der Französischen Revolution von der hl. Sophie Barat in Frankreich gegründet worden, um Kindern aus dem Proletariat ein Mindestmaß an Bildung zu vermitteln.

Die Ordensoberen erkannten Isa Vermehrens Fähigkeit, anspruchsvolle Inhalte lebendig zu vermitteln. Sie durfte unterrichten und wurde ab 1961 mit der Leitung des Sankt-Adelheid-Gymnasiums in Beuel-Pützchen betraut; von 1969 bis zum Eintritt in den Ruhestand 1983 leitete sie die Sophie-Barat-Schule in Hamburg.

Auch nach ihrer Pensionierung wurde Isa Vermehren nicht müde, von ihrem Glauben an Jesus Christus Zeugnis abzulegen, der sich während der Auseinandersetzung mit der geistigen Unterdrückung durch die Staatsdoktrin gefestigt hatte. Erneut wurde sie einem breiten Publikum bekannt, als sie von 1983 bis 1995 in der ARD Das Wort zum Sonntag sprach.

Zuletzt lebte Schwester Isa Vermehren im Herz-Jesu-Kloster in Bonn-Pützchen, wo sie auch ihre letzte Ruhestätte auf dem Klosterfriedhof fand. Ihre Ziehharmonika „Agathe“ kann im Haus der Geschichte bewundert werden.

Zitate

„Um gerecht zu bleiben gegen uns selbst, müssen wir ein wenig weiter abrücken von uns selbst.“

Isa Vermehren[5]

Werke

Filme

Fernsehsendungen

  • Das Wort zum Sonntag. (ARD 1983 bis 1995)
  • Zeugen des Jahrhunderts - Isa Vermehren. (ZDF 2002)

Bibliographie

Jahreszahlen der Erstveröffentlichung nur teilweise gesichert

Tonträger

  • Isa Vermehren: Windstärke 12: Seemannslieder und Balladen. Edition Berliner Musenkinder. www.duo-phon-records.de. LC 08681.
  • „Ich bin nicht immer laut...“ - Vom Kabarett ins Kloster - Der lange Weg der Isa Vermehren, Hörbuch, gelesen von Judy Winter

Ehrungen und Preise

Literatur

  • Matthias Wegner: Ein weites Herz. Die zwei Leben der Isa Vermehren. Berlin 2004, ISBN 978-3548605166.
  • Barbara Degen: „Das Herz schlägt in Ravensbrück“ – Die Gedenkkultur der Frauen. Verlag Barbara Budrich, Opladen u. a. 2010, ISBN 386649288X. (Biografien im Anhang)

Einzelnachweise

  1. eigentlich: Wilhelmine Petra, ihren zweiten Vornamen Petra benutzte sie zunächst als Autorennamen und später ausschließlich, siehe Margret Boveri: Verzweigungen. Hrg. von Uwe Johnson, München: Piper 1977, S. 230,
  2. Isa Vermehren im Eintrag Hanna Kiep bei www.ravensbrueck-projekt.de
  3. Peter Koblank: Die Befreiung der Sonder- und Sippenhäftlinge in Südtirol
  4. Peter Koblank: Vierzigtausend Mark für eine Zeitbombe
  5. Isa Vermehren, Der Christ heute auf der Suche nach seiner Identität, 2000

Weblinks


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