Tarcisio Bertone

Tarcisio Bertone
Kardinal Tarcisio Bertone in der weißen Soutane für tropische Regionen

Tarcisio Kardinal Bertone SDB (* 2. Dezember 1934 in Romano Canavese, Provinz Turin, Italien) ist amtierender Kardinalstaatssekretär und Kardinalkämmerer der römisch-katholischen Kirche.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Tarcisio Bertone wuchs in dem kleinen Dorf Romano Canavese in der Region Piemont als fünfter von acht Söhnen auf. Nach der Schulzeit im Jahre 1950 trat er in die Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos ein. Er studierte in Turin und Rom die Fächer Philosophie und Katholische Theologie. Später erwarb er das Lizentiat im Fach Theologie mit einer Arbeit über Toleranz und religiöse Freiheit und wurde in Kanonischem Recht mit der Arbeit Die Leitung der Kirche im Denken von Benedikt XIV. - Papst Lambertini (1740–1758).[1] zum Dr. iur. can. promoviert.

Bertone empfing 1960 das Sakrament der Priesterweihe durch Erzbischof Albino Mensa und arbeitete anschließend sieben Jahre lang als Professor für Moraltheologie an der Hochschule der Salesianer in Rom. Dort lehrte er von 1976 bis 1991 Kanonisches Recht und nahm Leitungsaufgaben in der Fakultät wahr. Er hielt Gastvorlesungen an der Lateranuniversität und wirkte als Seelsorger in mehreren römischen Pfarreien.

1991 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Erzbischof der Erzdiözese Vercelli, der er bis 1995 vorstand. Von 1995 bis 2002 war Tarcisio Bertone Sekretär der Glaubenskongregation. In dieser Zeit übernahm er in Joseph Kardinal Ratzingers Auftrag teils schwierige Missionen, wie zum Beispiel den Fall Emmanuel Milingo, die zunächst in der Wiedereingliederung des Erzbischofes in die katholische Kirche endete, sowie auch die Enthüllung des dritten Geheimnisses von Fatima. Er forderte die Gläubigen auf, Dan Browns Bestseller Sakrileg nicht zu lesen und prangerte das Buch öffentlich an.

Kardinal Bertone in Polen
Kardinalswappen (links) an der Kathedrale San Pietro in Frascati

2002 ernannte Papst Johannes Paul II. Tarcisio Bertone zum Erzbischof von Genua. Dem Kardinalskollegium gehörte er seit dem 21. Oktober 2003 als Kardinalpriester mit der pro hac vice zur Titelkirche erhobenen Titeldiakonie Santa Maria Auxiliatrice in via Tuscolana an.[2] Am 15. September 2006 wurde er Nachfolger von Angelo Sodano im Amt des Kardinalstaatssekretärs. Bertone gilt als volksnah, aufgeschlossen und papabile.[3] Am 4. April 2007 wurde er Nachfolger von Eduardo Martínez Somalo im Amt des Camerlengo. Die Vereidigung als Kardinalkämmerer erfolgte am 7. Juli desselben Jahres. Am 10. Mai 2008 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Kardinalbischof von Frascati. Tarcisio Bertone wurde am 15. April 2009 in den Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem aufgenommen[4].

Bertones kirchenrechtlich bedingten Rücktrittsgesuch zum 75. Geburtstag wurde von Papst Benedikt XVI. nicht stattgegeben. Am 15. Januar 2010 wurde er in seinem Amt bestätigt.[5]

Zahlreiche Dokumente belegen, dass Bertone ab 1996 mit dem Fall Lawrence C. Murphy befasst war. Dieser Fall erregte 2010 weltweites Aufsehen, als zunehmend Fälle von sexuellem Missbrauch in der Kirche bekannt wurden. Der Fall Murphy ist für die Kirche unter anderem deshalb so brisant, weil amerikanische Opferanwälte in den USA gerichtlich die Freigabe der Akten aus dem Archiv der Erzdiözese von Milwaukee erzwungen hatten und Dokumente daraus veröffentlichten.[6]

Die Wochenzeitung Die Zeit dokumentierte die Verstrickung von Bertone[7] und veröffentlichte Ostern 2010 ein Geheimdokument.[8] Dies fand weltweite Beachtung; der Vatikan tat kund, er sei darüber „verstimmt“.[9]


Mitgliedschaften in der römischen Kurie

Tarcisio Bertone ist Mitglied der folgenden Kongregationen der Kurie:

Auszeichnungen und Ehrungen

Kritik

Im April 2010 wurde Bertone im Zusammenhang mit der Aufklärung zahlreicher Fälle des Kindesmissbrauchs von Homosexuellen-Verbänden rund um den Globus verurteilt. Bertone hatte die Aussage getroffen, dass Pädophilie und Homosexualität in Verbindung stünden. Die Vertreter von LGBT-Rechten aus unter anderem Deutschland, Italien, Frankreich und Chile kritisierten die Aussage als Ablenkungsmanöver und betonten, dass unter anderem die Aussage Bertones ein erneutes Indiz für die Kooperationslosigkeit der katholischen Kirche und deren Bekenntnis zu internen Fehlern sei.

Weblinks

 Commons: Tarcisio Bertone – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. VATICAN magazin, Die rechte Hand des Papstes, Heft 4 2007
  2. Der Heilige Stuhl: Angelus 28. September 2003
  3. Die Zeit: Vertrauter Ratzingers und Fußballfan 15. April 2005
  4. Radio Vatikan: „Vatikan: Bertone wird Ritter“, 16. April 2009
  5. „Kardinalstaatsekretär Tarcisio Bertone bleibt im Amt“, Radio Vatikan, 22. Januar 2010
  6. Patrik Schwarz, Martin Klingst: Dokumente des Vertuschens. In: Zeit online vom 2. April 2010
  7. Martin Klingst, Patrik Schwarz: Die Akte Bertone. In: Die Zeit, 30. März 2010
  8. Patrik Schwarz, Martin Klingst: Sexueller Missbrauch: Geheimprotokoll belastet wichtigsten Mitarbeiter des Papstes. In: Zeit online vom 5. April 2010
  9. Patrik Schwarz: Missbrauchsskandal: Die Kirche teilt aus. In: Zeit online vom 7. April 2010
Vorgänger Amt Nachfolger
Alfonso Kardinal López Trujillo Kardinalbischof von Frascati
seit 2008
Eduardo Kardinal Martínez Somalo Kardinalkämmerer
seit 2007
Angelo Kardinal Sodano Kardinalstaatssekretär
seit 2006
Dionigi Kardinal Tettamanzi Erzbischof von Genua
2002–2006
Angelo Kardinal Bagnasco
Alberto Bovone Sekretär der Glaubenskongregation
1995–2002
Angelo Amato SDB
Albino Mensa Erzbischof von Vercelli
1991–1995
Enrico Masseroni
Roberto Giannatelli Rektor der Päpstlichen Universität der Salesianer (UPS)
1989–1991
Angelo Amato nur einige Monate
Raffaele Farina

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