Tiergartentunnel

Tiergartentunnel
Lage der Verkehrsanlagen im zentralen Bereich
Brücke der U2 am Gleisdreieck an der Ausfahrt des Tiergartentunnels

Der Tiergartentunnel ist ein Tunnelbauwerk, das unter Berlins größtem Stadtpark, dem Tiergarten, verläuft und von 1995 bis 2006 erbaut wurde. Es umfasst die Kombination aus Tunnelbauten für Kraftfahrzeuge und Bahnen:

Auftraggeber waren die Deutsche Bahn AG und die zuständige Senatsverwaltung des Landes Berlin. Er war Teil des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 8 von Berlin nach München über Halle, Leipzig, Erfurt, Nürnberg.

Der Tunnel Tiergarten Spreebogen (B 96) erhielt 2007 bei einem Test des ADAC, der verschiedene Tunnel im Hinblick auf die Sicherheit bewertete, die Note „sehr gut“ und erreichte unter den geprüften Tunneln den ersten Platz in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Eröffnungstermine

  • Bundesstraße 96: 26. März 2006
  • Regional- und Fernbahn: 28. Mai 2006
  • U-Bahnlinie U55: 8./9. August 2009

Tunnelverlauf

Die Tunnel unterqueren in Nord-Süd-Richtung den Berliner Tiergarten mit dem Regierungsviertel und kreuzen am Berliner Hauptbahnhof die in West-Ost-Richtung in Hochlage verlaufende Stadtbahn und südlich des Hauptbahnhofs die Spree.

Straßenverkehr

Der 2,4 Kilometer lange Straßentunnel hat zwei Röhren mit je zwei Fahrspuren und schmalem Standstreifen. Am Nordende gibt es zwei Zufahrten, eine an der Invalidenstraße, die andere an der Minna-Cauer-Straße. Die südlichen Zufahrten sind am Nordrand des Potsdamer Platzes (Ben-Gurion-Straße) und am Reichpietschufer/George-C.-Marshall-Brücke. Der Tunnel bildet den westlichen Abschnitt des Innenstadtrings.[1][2]

Bahnverkehr

Nördliches Ende des Tiergartentunnels in der Ausfahrt des Berliner Hauptbahnhofs
Hauptartikel: Tunnel Nord-Süd-Fernbahn

Der Bahntunnel ist 3,586 Kilometer lang und besitzt vier Gleise. Die Einfahrt im Norden liegt in Höhe der Döberitzer Straße, das Südende am Gleisdreieck. Für die Trasse der U55, die von Anfang an kontrovers diskutiert wurde, entstand zuerst nur ein kleiner Abschnitt im Spreebogen und unterhalb der Spree.

Durchführung

Am 13. Oktober 1995 setzte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl den symbolischen ersten Spatenstich für den Tunnel. Die Fertigstellung des Straßentunnels war dabei für 1999 vorgesehen, die des Eisenbahntunnels für 2002.[3]

Es kam beim Straßentunnel die offene Bauweise zur Ausführung. Zwischen 1996 und 1998 musste für den Tunnelbau die Spree umgeleitet werden. Bis auf das Kreuzungsbauwerk im Hauptbahnhof waren die Röhren im Jahr 2000 zum größten Teil im Rohbau fertiggestellt. Mangelnde Belüftung sorgte bereichsweise für Pilzbefall.

Kritik am Bauvorhaben

„Tag des offenen Tunnels“ am 19. März 2006

Der Tunnelbau war schon während der Planungen ab 1992 Gegenstand von Streitigkeiten und Gerichtsverfahren sowie öffentlicher Kontroversen. Inhaltlich standen die Umweltverträglichkeit, die Lärmbelastung für Anwohner und die prinzipielle Notwendigkeit bzw. ausreichende Dimensionierung des Vorhabens im Mittelpunkt.

1995 wurde ein Eilantrag auf Baustopp von einem Naturschutzbund (Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e. V.) und mehreren Mietern von Wohnungen im Bereich des Bauvorhabens gestellt, der vom Bundesverwaltungsgericht abgelehnt wurde.[4]

Weiterer Kritikpunkt sind die enormen Bau- und Unterhaltungskosten des Straßentunnels. Der Bau des Straßentunnels kostete rund 390 Mio. Euro, der Unterhalt jährlich 750.000 Euro. Zum Vergleich: Berlin gab im Jahr 2006 67,2 Mio. Euro für Straßenbau und 115,4 Mio. Euro für Reparaturen und Instandhaltung der Straßen aus.[5]

Abluftkamin am Potsdamer Platz mit debis-Logo

Die Abgase aus dem Tunnel werden ungefiltert über Abluftkamine am Hauptbahnhof und am Potsdamer Platz ausgestoßen. Auf den Einbau einer Filtertechnik für 5,4 Mio. Euro wurde verzichtet.[6]

Betrieb

In der Anfangsphase nach der Eröffnung des Tiergartentunnels am 26. März 2006 blieb das Straßenverkehrsaufkommen weit hinter den prognostizierten 50.000 Fahrzeugen pro Tag zurück.[7] Ein Jahr nach der Eröffnung hat sich die Auslastung auf 44.000 pro Tag erhöht.[8]

Nördliche Einfahrt an der Minna-Cauer-Straße

Bereits zwei Jahre vor seiner Inbetriebnahme wurde der Tiergartentunnel 2004 für Dreharbeiten genutzt. Im Kinofilm Die Bourne Verschwörung liefern sich mehrere Fahrzeuge darin eine wilde Verfolgungsjagd. Die Szene spielt zwar in Moskau, wurde aber im Berliner Tunnel-Rohbau gedreht.

Mögliche Erweiterungen

Die Trasse des Tiergartentunnels (Straßentunnel) entspricht einem Teilstück der jahrzehntelang geplanten und dann verworfenen Westtangente. In deren Fortführung kann das südliche Ende des Tiergartentunnels verlängert werden, dabei angrenzend zum Verlauf der Eisenbahn am Südausgang des Nord-Süd-Tunnels verlaufend, und am Sachsendamm mit dem nördlichen Ende der bestehenden A 103 nach Steglitz verbunden werden. Aufgrund historisch gewachsener politischer Kontroversen um die Westtangente ist dieser Weiterbau nicht geplant, auch die angeregte Vorleistung einer kreuzungsfreien Ausfahrt am Südausgang wurde verworfen.

Entgegen der historischen Planung der Westtangente, die in nordwestlicher Richtung am Westhafen vorbei in die ehemalige A 105 nach Tegel münden sollte, wurde am Nordende des Tiergartentunnels eine Vorleistung in nordöstlicher Richtung erbracht. Dort wurde ein Blindvortrieb in östliche Richtung erstellt, der einen Weiterbau nach Gesundbrunnen ermöglicht. Spekulativ bleiben Anbindungen von dort an einen Ausbau des Berliner Stadtrings (A 100) an der Seestraße sowie an den Abzweig Pankow (A 114). Insgesamt liegt das Bauwerk des Tiergartentunnels aktuell unverbunden mit anderen leistungsfähigen Straßenwegen.

Eisenbahnseitig ist die Einführung der Potsdamer Stammbahn für den Fall ihrer Reaktivierung baulich vorbereitet. Südlich vom Bahnhof Potsdamer Platz sind die Tunnelstutzen der Abzweigstelle Landwehrkanal vorhanden, auch in der festen Fahrbahn sind bereits die Weichenschwellen eingebaut.

Literatur

Weblinks

 Commons: Tiergartentunnel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0512/berlin/0046/index.html Neue Invalidenstraße - es wird geplant und geklagt
  2. http://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/strassenbau/de/lehrter_vorhaben.shtml Berlin Hauptbahnhof - Das Vorhaben
  3. Die Spree muß zur Seite rücken. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 11, 1995, S. 10.
  4. Pressemitteilung des BVerwG Nr. 37/1995 vom 28. November 1995
  5. Die Welt, 27. März 2008
  6. Abgeordnetenhaus Berlin (2006): Kleine Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling (Bündnis 90/Die Grünen) vom 11. Januar 2006 und Antwort
  7. Klaus Kurpjuweit: Angst vorm Abtauchen. In: Der Tagesspiegel, 5. April 2006
  8. Thomas Fülling: 44 000 Autos fahren täglich unter dem Tiergarten hindurch. In: Berliner Morgenpost, 5. Juni 2008
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