Ragow (Ragow-Merz)

Ragow (Ragow-Merz)
Ragow
Gemeinde Ragow-Merz
Koordinaten: 52° 12′ N, 14° 18′ O52.19527777777814.30055555555647Koordinaten: 52° 11′ 43″ N, 14° 18′ 2″ O
Höhe: 47 m ü. NN
Eingemeindung: 1. Juni 2002
Postleitzahl: 15848
Vorwahl: 03366

Ragow ist seit dem 1. Juni 2002 ein Ortsteil der Gemeinde Ragow-Merz, Amt Schlaubetal, im Landkreis Oder-Spree in Brandenburg.[1] Der Ort liegt südlich der A 12 zwischen Rietz-Neuendorf im Westen und Müllrose im Osten, nördlich von Beeskow.

Inhaltsverzeichnis

Namensgebung

Ragow leitet sich vom altsorbischen rog = Horn, Landzunge, Winkel ab. Rogov bezeichnet eine Siedlung an einem Horn oder einer winkligen Stelle. Die Schreibweise des Namens ändert sich von ze Rogow im Jahre 1344, über Bewden zu Rago (1490), zcu Ragow (1521), bis ab 1652 Ragow als alleinige Schreibweise üblich wurde.[2]

Geschichte

Eiskeller, Rest des alten Rittersitzes
Schlossanlage im Park
Wappen der von Witte am Schloss
Kirche
Epitaph von Rohr
Grabplatte von Rohr

Ragow ist ein Straßenangerdorf an der Straße von Beeskow nach Müllrose, urkundlich erstmals 1344 erwähnt.[3]

Aus dieser Zeit stammt vermutlich auch die Feldsteinkirche.[4] Im Jahre 1393 erfolgte durch Johann von Biberstein zu Sorau und Beeskow[5] die Schenkung von Zins, Getreide und sieben Freihufen in Ragow und Görzig an die Stadtkirche, das Hospital und die St. Nikolauskapelle von Beeskow.[6] 1438 erwarb Hans von Lossow zu Friedland das Lehn über Biegen, das halbe Dorf Briesen und die Große Heide der Dörfer. Zu dieser Heide gehörte auch Ragow in der Herrschaft Beeskow, bereits im selben Jahr verkaufte er jedoch an das Kartäuserkloster in Frankfurt (Oder) weiter.[7]

Die Mixdorffsche Mühle wurde im Jahre 1508 von der Familie von Strumen (Streumen), welche auch in Besitz des Gutes Ragow war, erworben, und erhielt nun den Namen Ragower Mühle.[8] 1577 wurde das Ragower Gutshaus Weißes Haus als eines der besten Steinhäuser im Kreis erwähnt (1984 abgerissen). Zu dieser Zeit gehörte der Besitz der Familie von Rohr, deren Grabplatten sich noch heute an der Kirche befinden. Um diese Zeit hatte der Rittersitz nur zwei Hufen. Im Jahre 1588 war der Besitz in Ragow jedoch in die Herrschaft derer von Burgsdorf von Müllrose übergegangen.[8]

Nach kurzem Aufblühen des Ortes folgten die Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges, 1652 war der Ort vollkommen wüst. Ragow hatte vor dem Krieg 19 Bauern- und 12 Kossätenstellen. 1652 lebten nur noch fünf Kossäten am Ort, das restliche Land wurde dem Gut zugeschlagen.[9]

Das Dorf selbst wurde nach dem Dreißigjährigen Krieg in der alten Form wieder aufgebaut. Der Dorfanger entstand durch die Abzweigung einer zweiten Straße, welche parallel zur Hauptstraße verläuft und kurz vor dem Ortsausgang wieder in die Hauptstraße führt. Hier befand sich bis 1978 die Dorfschmiede, die Kapelle mit dem Kirchfriedhof, das Küsterhaus, welches in späteren Jahren als Schule genutzt wurde und ein Gasthof.

1738 war ein Graf von Barfuß der neue Besitzer des Gutes, nur drei Jahre später gehörte es Carl Wilhelm von Schönholtz. Durch Eheschließung seiner Tochter ging das Gut im Jahre 1758 an den Schwiegersohn Carl Otto von Schwerin über. Im Jahre 1778 wurde kein Bauer erwähnt, dafür 15 Kossäten, 2 Pachtschäfer, 12 Häusler, 1 Schmied, 1 Wassermüller, 1 Schneidemüller und 1 Schneider. Die Mühle befand sich an der Schlaube (Ragower Mühle). Bereits 1790 erfolgte der Verkauf des Rittergutes durch den Erben an den Grafen von Schmettau. Auch dieser behielt das Gut nur kurz und veräußerte 1803 an den Kriegsrat Hagemann. Durch seine Erben (Becker) wurde der Rittersitz 1852 ausgebaut und 1853 an den Baron Bernhard von der Schulenburg verkauft. Dieser war auch Mitglied des Landes-Eisenbahnrates von Preußen im Jahre 1882[10]. Es gab Mitte des 19. Jahrhunderts eine Brennerei, 2000 halbveredelte Schafe, sowie eine Rinderzucht der Oldenburger Rasse im Ort.[11]Mit Rittmeister Hans von Witte (* 1848)[12] erfolgte ein weiterer Ausbau 1887. Dieser wurde als zweigeschossiger, einfach gegliederter Putzbau ausgeführt, mit einem Walmdach und querrechteckigem Turm. Am 8. Juli 1893 eröffnete in Ragow eine Telegrafenhilfsstelle in der Posthilfstelle.[13] Von Witte wurde erneut zum Amtsvorsteher-Stellvertreter für den Amtsbezirk Merz gewählt.[14] Ebenfalls konnte vermeldet werden, das endlich die Maul- und Klauenseuche, welche zuvor auf etlichen Höfen in Ragow und Merz wütete, erloschen war.[15]

Das Rittergut hatte 1929 eine Fläche von 1450 Hektar, Besitzer war Rittmeister a.D. Hans von Witte, der Pächter Dietloff von Arnim war mit Marie Luise von Witte (* 1888) verehelicht.[16] Das Gesamtvermögen einschließlich der Immobilien der von Wittes schätzte man bereits 1912 auf ein bis zwei Millionen Reichsmark, Grundlage der Berechnung war die abgeführte Vermögens- und Einkommenssteuer.[17] Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Familie von Witte enteignet.[18]

Die etwa 100.000 große Parkanlage wurde im Jahre 1998 geteilt. Ein Fünftel befindet sich seit dem in Besitz von Edith von Heydebrand und der Lasa, die restlichen vier Fünftel sind Gemeindeeigentum der Gemeinde Ragow. Diese ließ ihren Teil in den Jahren 2001 und 2002 sanieren.

Kirche

Die Ragower Kirche ist ein Feldsteinbau aus dem 14. Jahrhundert. Der Anbau im Osten, welcher als Sakristei und Gruft dient, entstand erst im 18. Jahrhundert. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte ein kleiner Anbau an der Westseite und der Bau des Dachturmes aus Backstein und Fachwerk. In ihrem Inneren sind an der Nord- und Südwand Reste der mittelalterlichen Bemalung erhalten geblieben. Auf der Empore befindet sich eine Orgel mit einem Manual, einem Pedal und 10 Registern. Der hölzerne Kanzelkorb mit Schalldeckel über der Grufttür stammt aus dem Barock. Die Kirche bekam 1857 von ihrem Patron Baron von der Schulenburg-Ragow eine Altarbekleidung, zwei Altarleuchter, ein Kruzifix, einen Taufstein, eine kupferne, mit Silber plattierte Taufschüssel und eine gläserne Weinkanne gestiftet.[19] Die seit 1984 denkmalgeschützte Kirche wurde von 1993 bis 1995 saniert.[20]

Infrastruktur

Verkehr

Ragow liegt an der Bundesstraße 87, die Frankfurt (Oder) und Beeskow verbindet, östlich von Merz. Erreichbar ist der Ort durch den Busverkehr Oder-Spree, Linie 442, im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, welcher die Verbindung nach Beeskow herstellt. Die nächste Bahnhof ist in Beeskow, an der Bahnstrecke Frankfurt (Oder)–Königs Wusterhausen.

Bildung

Es stehen Schulen in Beeskow zur Verfügung.

Vereine

Firmen

Im örtlichen Gewerbepark findet sich eine größere Agrar-Technik Firma, im Ort der Sitz einer Mutterkuhhaltung und Rindfleisch GmbH.

Tourismus

Ragow profitiert von der günstigen Verkehrslage an der B 87. Es lassen sich von hier aus leicht beliebte Ausflugsziele des Naturparks Schlaubetal erreichen. Im Ort befindet sich neben der Parkanlage des ehemaligen Schlosses eine private Lama- und Alpakazucht.[21] In der Parkanlage gibt es eine Reitbahn.

Weblinks

 Commons: Ragow (Ragow-Merz) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Amtsblatt für Brandenburg – Nr. 22 vom 29. Mai 2002 S. 560
  2. Sophie Wauer, Klaus Müller: Brandenburgisches Namenbuch. Teil 12: Die Ortsnamen des Kreises Beeskow-Storkow (Berliner Beitrage zur Namenforschung), Franz Steiner, 2005, ISBN 3515086641, S. 96, Nr. 177
  3. Rudolf Lehmann: Urkundeninventar zur Geschichte der Niederlausitz bis 1400 (= Mitteldeutsche Forschungen, Band 55). Böhlau, 1968, S. 188
  4. Hans-Joachim Beeskow: Führer durch die evangelischen Kirchen des Kirchenkreises An Oder und Spree. Heimat-Verlag, Lübben 2002, ISBN 3-929600-25-0, S. 234
  5. Hermann Hallwich: Biberstein, Johann (II.) von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 2, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 611 f.
  6. Rudolf Lehmann: Urkundeninventar zur Geschichte der Niederlausitz bis 1400 (= Mitteldeutsche Forschungen, Band 55). Böhlau, 1968, S. 394
  7. Siegmund Wilhelm Wohlbrück: Geschichte des ehemahligen Bisthums Lebus und des Landes dieses Nahmens. In Kommission der Nauckoschen Bichhandlung, Berlin 1832, 3. Band, S. 390
  8. a b Heinrich Karl Wilhelm Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Lausitz in der Mitte des 19. Jahrhunderts oder geographisch-historischstatistische Beschreibung der Provinz Brandenburg. Zweiter Band, Adolph Müller, Brandenburg 1855, S. 590
  9. Günther Franz: Der Dreißigjährige Krieg und das deutsche Volk. Untersuchungen zur Bevölkerungs- und Agrargeschichte. Stuttgart 1961, ISBN 3437502336, S. 116
  10. Kleines Staatshandbuch des Reichs und der Einzelstaaten, II. Jahrgang 1884, Verlag von Velhagen und Klasing, Bielefeld und Leipzig 1884, S. 102
  11. Heinrich Karl Wilhelm Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Lausitz in der Mitte des 19. Jahrhunderts oder geographisch-historischstatistische Beschreibung der Provinz Brandenburg. Zweiter Band, Adolph Müller, Brandenburg 1855, S. 591
  12. Wochenblatt der Johanniter-Ordens-Balley Brandenburg,35. Jahrgang 1894, Nr. 1-52, Carl Heymanns verlag Berlin 1894 S. 308
  13. Amtsblatt der Regierung in Potsdam und der Stadt Berlin, Jahrgang 1893, Potsdam 1893, S. 299
  14. Amtsblatt der Regierung in Potsdam und der Stadt Berlin, Jahrgang 1893, Potsdam 1893, S. 507
  15. Amtsblatt der Regierung in Potsdam und der Stadt Berlin, Jahrgang 1893, Potsdam 1893, S. 13
  16. Ernst Seyfert, Hans Wehner: Landwirtschaftliches Adreßbuch der Rittergüter, Güter und Höfe der Provinz Brandenburg 1929. Niekammer’s Adressbücher GmbH, 1929
  17. René Schiller: Vom Rittergut zum Großgrundbesitz (= Ökonomische und soziale Transformationsprozesse der ländlichen Eliten in Brandenburg im 19. Jahrhundert), Elitenwandel in der Moderne Band 3, Akademie-Verlag 2003, ISBN 978-3-05-003449-2, S. 144
  18. Schwarzbuch der Bodenreform, Enthaltene Gemeinden und Orte Dipl.-Ing. Jürgen Gruhle
  19. Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin. Potsdam 1858, S. 154
  20. Hans-Joachim Beeskow: Führer durch die evangelischen Kirchen des Kirchenkreises An Oder und Spree. Heimat-Verlag, Lübben 2002, ISBN 3-929600-25-0, S. 233 ff
  21. Nachwuchs in der Ragower Lamazucht MOZ 22. Juni 2006

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