Trennung von Kirche und Staat

Trennung von Kirche und Staat
Trennung von Kirche und Staat weltweit.
  • Staaten ohne Staatsreligion
  • Staaten mit Staatsreligion
  • verschieden oder keine Daten

Die Trennung von Kirche und Staat bezeichnet staatskirchenrechtliche Modelle, in denen Staat und Religionsgemeinschaften nicht wie in Staatskirchentum oder Theokratie verbunden, sondern kraft staatlicher Anordnung organisatorisch getrennt sind. Diese Trennungsmodelle können unterschiedlich ausgeprägt sein. Sie reichen vom restriktiven Verbot der Religionsausübung im öffentlichen Raum, wie zum Beispiel Albanien 1968–1990 (Staatsatheismus), über die besonders strikte Trennung von Staat und Kirche in öffentlichen Schulen und sonstigen Körperschaften des Staates (Laizismus) bis hin zu verschiedenen Kooperationsformen, in denen eine Trennung der Aufgaben- und Durchführungsbereiche prinzipiell aufrechterhalten bleibt. Zwar werden in Kooperationsformen (Runder Tisch, Schulunterricht u.ä.) Religionen und Weltanschauungen nicht mehr traditionell als Verbündete mit ähnlicher Machtstellung aufgefasst, weil der Staat ihnen gegenüber ein Rechtsmonopol behauptet, aber ihre bevorzugte Behandlung und ein nachhaltiger Schutz zu ihrer freien Entfaltung werden noch als eine öffentliche Angelegenheit angesehen. Deshalb erlauben diese schwachen Formen der Trennung unter weitgehender Wahrung der weltanschaulichen Neutralität des Staates auch eine punktuelle Partnerschaft mit Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften.

Inhaltsverzeichnis

Verfassungsrechtliche Lage in verschiedenen Staaten

Deutschland

In Deutschland besteht kraft Verfassungsrecht keine Staatskirche.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und des bisherigen Systems von Staatskirchen regelte die Weimarer Nationalversammlung 1919 in der Weimarer Reichsverfassung das Verhältnis von Kirchen und Staat neu. Dabei griff diese nicht auf ein der Verfassung vorgelagertes Verständnis des Laizismus zurück, sondern schuf einen eigenen Regelungskomplex, der auf Religionsfreiheit, weltanschaulicher Neutralität des Staates und Selbstbestimmung aller Religionsgemeinschaften beruht. Die Religionsausübung wurde also nicht zur Privatsache erklärt, sondern blieb öffentliche Angelegenheit, die aber dem Staat entzogen war. Dieses Konzept wurde, zunächst 1926 von Ulrich Stutz, als „hinkende Trennung“[1] bezeichnet, weil die Trennung für Kooperation offen ist und diese unter Umständen geradezu erforderlich macht. Rechtliche Grundlage waren Art. 136 bis Art. 139 Weimarer Reichsverfassung (WRV). Diese sind durch Art. 140 GG weiterhin Bestandteil des geltenden Staatskirchen- und Verfassungsrechts.

In Deutschland ist das Verhältnis von Kirche (bzw. Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften) und Staat daher partnerschaftlich. Es gibt Konkordate und andere Staatskirchenverträge. Die weltanschauliche Neutralität des Staates, der sich mit keiner Religionsgemeinschaft identifizieren darf, lässt „gemeinsame Angelegenheiten“ (res mixtae) entstehen. So dürfen etwa die Gemeinschaften mit „KörperschaftsstatusKirchensteuer erheben. In der Praxis wird diese Steuer in den meisten Fällen von den staatlichen Finanzbehörden im Auftrag der Kirchen gegen Kostenersatz eingezogen sowie bei abhängig Beschäftigten als Quellensteuer durch die Arbeitgeber abgeführt. Christliche Feiertage sind aufgrund der Verfassung geschützt; der Religionsunterricht ist in vielen Bundesländern an staatlichen Schulen ordentliches Lehrfach. In manchen Gerichtssälen und Schulen hängen Kreuze. Im letzteren Fall müssen sie jedoch infolge des Kruzifix-Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts abgenommen werden, sofern sich ein Schüler in seiner (negativen) Religionsfreiheit verletzt fühlt und es sich nicht um eine Bekenntnisschule handelt. Christliche Kindergärten und Schulen werden vom Staat grundsätzlich wie andere Privatschulen im Rahmen der Grundversorgung und zur Verwirklichung der Privatschulfreiheit gefördert; zum Teil ist die Förderung höher, zum Teil niedriger als die der anderen freien Träger. Etwa 10 Prozent der Schulen in Deutschland befinden sich in kirchlicher Trägerschaft.

Viele staatlich finanzierte Universitäten unterhalten theologische Fakultäten. Wegen der weltanschaulichen Neutralität des Staates muss deren Lehrkörper und inhaltliche Ausrichtung wesentlich von den Kirchen bestimmt werden. Darüber hinaus unterhalten einige Universitäten außerhalb der theologischen Fakultäten sogenannte Konkordatslehrstühle, die staatlich finanziert sind, bei deren Besetzung die katholische Kirche jedoch ein Mitspracherecht hat. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Konkordatslehrstühle ist umstritten.

Ein wichtiger Rechtsgrundsatz in Deutschland ist, dass der Staat die Religionsgemeinschaften organisatorisch einbinden, ihnen aber nicht ihre Inhalte vorschreiben kann, weil der Staat die grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit beachten muss.

Zu kontroversen Debatten kommt es, wenn am Verhältnis von Staat und Kirche bzw. Religion etwas geändert wird, wie im Fall des brandenburgischen Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde-Unterrichts oder dem Verbot von Kruzifixen oder Kopftüchern in der Schule. Ebenso strittig ist die Einführung des islamischen Religionsunterrichts an staatlichen Schulen; in diesem Fall vor allem deshalb, weil hierfür bisher kein Partner für den Staat zur Verfügung steht, nach dessen Glaubensgrundsätzen unterrichtet werden könnte. Deshalb sind zum Teil Formen des islamischen Religionsunterrichts entwickelt worden, bei dem allein in staatlicher Verantwortung islamische Religionslehre unterrichtet wird, was jedoch unter dem Aspekt der staatlichen Neutralität und der Trennung von Staat und Religion verfassungsrechtlich äußerst problematisch ist. Auch im Zusammenhang mit der Rede von Papst Benedikt XVI. vor dem Bundestag im Rahmen des Papstbesuchs in Deutschland 2011 kam es zu intensiven Debatten über die weltanschauliche Neutralität des Staates.[2]

Religiöse Symbole im öffentlichen Raum sind teilweise zulässig, stoßen jedoch gelegentlich auf Ablehnung, wie es der Kruzifixstreit und der Kopftuchstreit zeigen.

Kritik am Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland gibt es seitens der Humanistischen Union und anderer konfessionsloser oder liberaler Kreise. Sie fordern eine Trennung von Staat und Religion im laizistischen Sinne.

siehe auch: Reichskonkordat; Reichsdeputationshauptschluss; Kulturkampf; Schächturteil

Österreich

Schweiz

In der Schweiz gibt es keine vollständige Trennung von Religion und Staat. Artikel 15 der Bundesverfassung[3] garantiert zwar die Glaubens- und Gewissensfreiheit: Jede Person hat das Recht, ihre Religion und ihre weltanschauliche Überzeugung frei zu wählen, niemand darf gezwungen werden, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören. Doch die Präambel der Bundesverfassung beginnt mit „Im Namen Gottes des Allmächtigen…“ Der Text der Landeshymne ist der von Religiosität und Patriotismus inspirierte „Schweizerpsalm“.

Die nähere Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat ist gemäss Artikel 72 der Bundesverfassung[4] Sache der Kantone. Jeder Kanton (beeinflusst durch seine Geschichte) regelt diese Beziehung anders.

Geschichtliche Entwicklung

Die Spaltung der Kirche während der Reformation führte in der Schweiz dazu, dass der Staat (die Kantone) seine Kontrolle über die Kirche verstärkte. In den reformierten Kantonen übernahm der Staat die Oberaufsicht über die Kirchenorganisation und eignete sich die Kirchengüter an, womit er bisher kirchliche Aufgaben im Sozialwesen und auf kulturellem Gebiet finanzierte.[5] Es gab in den meisten Kantonen keine Religionsfreiheit. Im 17. Jahrhundert verfestigte sich in den meisten reformierten Orten das Staatskirchentum. Auch in den katholisch bleibenden Kantonen verstärkte der Staat die Kontrolle über die Kirche, jedoch im Sinn einer Abwehrmassnahme gegen den neuen Glauben.

Erst die Verfassung der Helvetischen Republik von 1798 sah die Gewissens- und Kultusfreiheit vor. Die Geistlichen wurden vom politischen Leben ausgeschlossen, die Klöster enteignet und die Aufnahme von Novizen verboten.[6] Mit der Mediationsakte von 1803 erhielten die Kantone wieder die Zuständigkeit für die kirchlichen Angelegenheiten, wobei für jeden infolge der neuen Grenzziehungen eine oder zwei Staatsreligionen (die reformierte, die katholische oder beide) festgesetzt und die Restituierung der Klostergüter vorgeschrieben wurden.

Der Sonderbundskrieg von 1847 brachte den Sieg der liberalen Kantone und die Durchsetzung einer bundesstaatlichen Ordnung. Die Bundesverfassung von 1848 überließ jedoch das Kirchenwesen weiterhin der Zuständigkeit der Kantone. Sie begnügte sich im Wesentlichen mit der Garantie der Kultusfreiheit für die beiden Hauptkonfessionen in der ganzen Schweiz, dem Verbot des Jesuitenordens und dem Ausschluss der Geistlichen aus National- und Bundesrat.

Im Zusammenhang mit dem Kulturkampf dehnte dann die Bundesverfassung von 1874 diese staatskirchenrechtlichen Rahmenbestimmungen noch aus: Sie gewährleistete einerseits den allgemeinen Grundsatz der Religionsfreiheit sowie das Recht auf Ehe (bei Verstaatlichung des Zivilstandswesens), andererseits verschärfte sie die vor allem gegen die katholische Kirche gerichteten Ausnahmeartikel.[7] Fragen der Bistumsorganisation regelten die Kantone mit dem Heiligen Stuhl in Konkordaten. In traditionell reformierten, von den Liberalen regierten Kantonen erfolgte eine Demokratisierung der Kirchenorganisation. Aus der von einer konfessionell verpflichteten Obrigkeit geleiteten Staatskirche wurde eine den liberal-demokratischen Ordnungsprinzipien entsprechende Landeskirche, welcher der Staat eine gewisse Autonomie zuerkannte. In katholischen Gebieten gelang es liberalen Regierungen unter Duldung durch den Apostolischen Stuhl, in den römisch-katholischen Kirchen neben der kanonischen Ordnung ebenfalls staatskirchenrechtliche Strukturen (Kirchgemeinden) einzurichten.

Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil entspannte sich das Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche sowohl in politisch-liberalen wie in kirchlich-reformierten Kreisen. Dies führte 1973 zur Aufhebung zweier konfessioneller Ausnahmeartikel (Verbot des Jesuitenordens und der Errichtung neuer Klöster). 1999 wurde das Wahlverbot für Geistliche aufgehoben und schließlich 2001 der Bistumsartikel (Errichtung neuer Bistümer nur mit Genehmigung des Bundes) aus der Bundesverfassung gestrichen.

Am 2. März 1980 stimmte die Schweizer Bevölkerung über eine Volksinitiative „betreffend der vollständigen Trennung von Staat und Kirche“ durch Änderung des Art. 51 der (alten) Bundesverfassung ab. Der Empfehlung des Parlaments, die Initiative abzulehnen, folgte eine klare Mehrheit von 78,9 Prozent der gültigen Stimmen.[8] Eine Trennung auf kantonaler Ebene wurde im Kanton Zürich 1977 und ein zweites Mal 1995 verworfen.

Das Bundesgericht beurteilte 1990 Kruzifixe in Klassenzimmern als Verstoß gegen die Pflicht zur religiösen Neutralität an öffentlichen Schulen (BGE 116 Ia 252ff.).

Am 29. November 2009 haben die Schweizer Stimmberechtigten mit einer Mehrheit von 57 % der Stimmen einem neuen Ausnahmeartikel in der Bundesverfassung zugestimmt (Minarettverbot).[9]

Regelung auf kantonaler Ebene

In allen Schweizer Kantonen – ausser den Trennungskantonen Genf und Neuenburg – gilt ein System der staatlichen Kirchenhoheit (auch Landeskirchentum genannt).[10] Im Unterschied zum Staatskirchentum berücksichtigt es die Zweckverschiedenheit von Staat und Kirche. Im Unterschied zum System der Trennung bleiben die Kirchen mit dem Staat verbunden, der Staat verhält sich jedoch religiös neutral. Er anerkennt die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts und zeigt damit, dass er deren Aufgaben als wichtig einstuft.

Welche Rechte und Pflichten im Einzelnen mit der öffentlich-rechtlichen Anerkennung verbunden werden, kann von Kanton zu Kanton verschieden sein. Verallgemeinernd ist in den traditionell reformierten Kantonen eher eine engere Bindung der einstigen Staatskirche an den Staat festzustellen, während die katholischen Kantone den Kirchen mehr Freiheit für ihre Selbstorganisation gewähren.[6]

Kantonale Gesetze regeln die „äusseren Angelegenheiten“ der Religionsgemeinschaften (Vorgabe einer demokratischen Organisationsform, Finanzen, Gebäude), wahren jedoch die Autonomie der Kirchen in inneren Angelegenheiten (Lehre, Verkündigung, Kult, Seelsorge). Für die römisch-katholische Kirche führt dies zu einem „dualen System“, d.h. neben den nach Staatskirchenrecht demokratisch organisierten Kirchgemeinden existiert die nach kanonischem Recht funktionierende, nicht demokratische Leitungsstruktur (Papst-Bischöfe-Pfarrer, zuständig für Seelsorge, sakramentale und pastorale Belange). Diese Parallelorganisation führt manchmal zu innerkirchlichen Spannungen (zum Beispiel bei Pfarrwahlen: Fall Röschenz[11]).

In der Regel haben die anerkannten Religionsgemeinschaften das Recht, auf der Basis der staatlichen Steuerveranlagung Kirchensteuern zu erheben. Die Kantone (Ausnahme: Basel-Stadt) übernehmen das Steuerinkasso. In 17 Kantonen (Ausnahmen: Aargau, Appenzell Ausserrhoden, Basel-Stadt, Genf, Neuenburg, Schaffhausen, Tessin, Waadt und Wallis) werden auch juristische Personen obligatorisch der Kirchensteuer unterworfen.[12] Im Gegensatz zu den natürlichen Personen können sie sich davon nicht durch Kirchenaustritt befreien. Das Bundesgericht hat mehrfach entschieden, letztmals im Juni 2000 (BGE 126 I 122), dass sich juristische Personen nicht auf die Glaubensfreiheit berufen können. In der Rechtslehre wird dies allerdings zunehmend kritisiert.

In vielen Kantonen haben die anerkannten Religionsgemeinschaften das Recht, Räume an den öffentlichen Schulen für ihren Religionsunterricht zu nutzen. Der Staat finanziert die theologischen Fakultäten an den staatlichen Universitäten: Evangelische Theologie in Basel, Bern, Genf, Lausanne, Neuenburg und Zürich, katholische Theologie in Freiburg und Luzern, christkatholische Theologie in Bern. Daneben gibt es eine theologische Hochschule in kirchlicher Trägerschaft in Chur, die vom Kanton finanziell unterstützt wird.

Alle Kantone (ausser Genf und Neuenburg) haben die evangelisch-reformierte und die römisch-katholische Kirche, neun Kantone ausserdem die christkatholische Kirche öffentlich-rechtlich anerkannt. Vier Kantone (Bern, Freiburg, Basel-Stadt und St. Gallen) gewähren auch den jüdischen Gemeinden den öffentlich-rechtlichen Status. Alle andern Religionsgemeinschaften haben sich privatrechtlich als Vereine oder Stiftungen zu organisieren. Momentan (September 2009) steht im Kanton Luzern die Anerkennung des Islams als Landeskirche zur Diskussion.[13]

Spezielle Regelungen

Neuenburg / Genf: Nur die Kantone Genf und Neuenburg kennen eine weitgehende Trennung von Kirche und Staat, Genf seit 1907, Neuenburg seit 1941. Da die Kirchensteuer in beiden Kantonen zwar vom Staat eingezogen, jedoch freiwillig ist, erweist sich die Finanzierung der Kirchen als schwierig. Die Trennung von Kirche und Staat sowie die Laizität des Staates sind in der revidierten Neuenburger Verfassung von 2000 explizit festgeschrieben. Trotzdem wurden 2001 in einem Konkordat die reformierte, die katholische und die christkatholische Kirche als von öffentlichem Interesse anerkannt und ihnen eine jährliche Subvention von insgesamt 1,5 Millionen Franken zugesprochen.[14]

Im Kanton Waadt war die reformierte Kirche ab 1885 Staatskirche. Mit der neuen Verfassung von 2003 wurde sie selbständig und erhielt – wie neu auch die römisch-katholische Kirche – öffentlich-rechtliche Anerkennung. Die beiden Kirchen werden weitgehend aus den ordentlichen Staatssteuern finanziert, so dass sowohl die natürlichen wie auch die juristischen Personen indirekt an ihrer Finanzierung beteiligt sind. Wer keiner der beiden Kirchen angehört, kann den Kirchgemeindeanteil (Kultuskosten) seiner Gemeindesteuern zurückverlangen, nicht aber den kantonalen Steueranteil.

Im Kanton Bern werden die Pfarrerinnen und Pfarrer der drei Landeskirchen (reformierte, katholische und christkatholische Kirche) durch den Staat besoldet, also aus allgemeinen Steuergeldern, nicht aus der Kirchensteuer. Im Gegenzug müssen deren Stellen durch das Kantonsparlament bewilligt werden. Die jüdischen Gemeinden Biel und Bern sind als „Jüdische Gemeinden im Kanton Bern“ seit 1997 öffentlich-rechtlich anerkannt und den Landeskirchen weitgehend gleichgestellt. Der Rabbiner wird vom Kanton besoldet.

Bistum Basel: Die Finanzierung der Bistumseinrichtungen der katholischen Kirche erfolgt mit Hilfe konkordatär mit den Kantonen vereinbarter Staatsleistungen sowie seit 1971 durch Beiträge der kantonalen Landeskirchen.

USA

In den USA ist einerseits die strikte Trennung von Staat und Kirche im ersten Verfassungszusatz (First Amendment) festgeschrieben, es gibt weder Religionsunterricht in staatlichen Schulen noch staatliche finanzielle Unterstützung noch Steuereinzug für Kirchen oder religiöse Privatschulen. Weihnachten ist dort der einzige staatliche Feiertag mit christlichem Ursprung. Andererseits ist das öffentliche Leben von einer akonfessionellen, aber christlich orientierten Zivilreligion geprägt; selbst auf den Geldscheinen steht zu lesen In God We Trust. Heftige, stark politisierte Diskussionen und Rechtsstreitigkeiten über die Grenzen der Trennung sind in der amerikanischen Öffentlichkeit häufig. So waren die Maßnahmen der Bush-Regierung, Bildungsgutscheine auf Kosten der Steuerzahler für den Besuch von privaten (oftmals kirchlichen) Schulen und die staatlichen Subventionen für Sozialprogramme in kirchlicher Trägerschaft (sog. „faith-based initiatives“) äußerst kontrovers, und wurden von Organisationen wie der ACLU heftig kritisiert.

Russland

In Russland kam es nach der Oktoberrevolution zu einer radikalen Trennung von Staat und Kirche. Der Rat der Volkskommissare verfasste unter Lenin am 5. Februar 1918 ein Dekret Über die Trennung der Kirche vom Staat und der Schule von der Kirche.[15] Diese Trennung war eine einseitige Trennung der Kirche vom Einfluss auf den Staat und ging nicht einher mit einer Trennung des Staates vom Einfluss auf die Religionen, also einer freien Religionsausübung. Vielmehr gab es bis zum Zweiten Weltkrieg eine weltanschaulich motivierte intensive Verfolgung jeglicher Religion. Anstelle der russisch-orthodoxen Staatsreligion war die Staatsweltanschauung des Marxismus-Leninismus getreten.

Seit der Wende 1990 ist die Trennung von Staat und Religion oder Weltanschauung weitgehend durchgeführt. Aus der christlich-orthodoxen Prägung Russlands und der Eigenschaft einer Nationalkirche ergibt sich eine gemessen an westeuropäischen Standards hohe Identifikation des russischen Staates mit der russisch-orthodoxen Kirche. Eine entsprechende Identifikation lässt sich jedoch auch in anderen Staaten mit orthodoxer Prägung beobachten.

Frankreich und die Türkei

Frankreich und die Türkei sind zwei Staaten, in der die Trennung von Kirche und Staat sehr weit geht – beide lassen sich als laizistische Staaten beschreiben, in denen zum Beispiel religiöse Symbole in öffentlichen (staatlichen) Einrichtungen (auch an der Schule) grundsätzlich nicht zulässig sind. Zumindest in der Türkei sollte man jedoch eher von einer „Unterordnung der Religion unter den Staat“ als von einer Trennung sprechen, da die Imame vom Staat ausgebildet werden und dieser durch das Präsidium für Religiöse Angelegenheiten (Diyanet İşleri Başkanlığı) auch enge inhaltliche Vorgaben für deren Arbeit macht.

In Frankreich betrieb die Französische Revolution einen Prozess der Trennung von Kirche und Staat.

Am 15. Juli 1801 schloss Napoleon mit dem Vatikan ein Konkordat. Es betraf die Beziehungen zwischen der französischen Regierung und dem Papst. 1802 erlassene 'organische Artikel regelten den Umgang mit der Religionsausübung in ganz Frankreich; sie galten bis 1905.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts herrschte in der katholischen Kirche der Antimodernismus. Diese Strömung wendete sich – ausgehend von Dekreten Papst Pius IX. – gegen gesellschaftliche und politische Reformen zur Durchsetzung von Menschenrechten und Demokratie.

1905 kam es – nicht zuletzt infolge der Dreyfus-Affäre – mit dem Gesetz zur völligen rechtlichen Trennung von Kirche und Staat. Nachdem nach langen und hitzigen Debatten sowohl die französische Nationalversammlung am 3. Juli als auch der Senat am 6. Dezember dem Gesetzesvorhaben zugestimmt hatten, erlangte es Gesetzeskraft. Ausgenommen hiervon sind die Départements Moselle, Bas-Rhin und Haut-Rhin, die zu diesem Zeitpunkt nicht zu Frankreich, sondern von 1871 bis 1918 zum Deutschen Reich gehörten; ihnen wurde in staatskirchenrechtlicher Hinsicht im Repatriierungsgesetz die Weitergeltung des lokalen Rechts und damit der Status des napoleonischen Konkordats von 1801 gewährt. Dadurch sind römisch-katholische, evangelisch-lutherische und evangelisch-reformierte Pfarrer in diesen drei Départements Staatsbeamte.

In der Folge der Trennung von Staat und Kirche wurden die Kirchen all ihrer Kirchengebäude enteignet: Kathedralen fielen an den Staat, Pfarrkirchen und Kapellen an die Kommunen. Dadurch, dass die Kirchen nun nicht mehr autonom über ihre Gebäude verfügen können, sondern bezüglich der Nutzung immer – mal in stärkerem, mal in geringerem Maß – von Staat und Kommunen abhängig sind, ergab sich eine Unterordnung der Kirchen unter den Staat.

Die Kirchen sind seit 1905 auf den kultischen Bereich beschränkt. Sozialkaritative Aufgaben müssen durch eigenständige Organisationen erledigt werden; ein solches Beispiel ist das Flüchtlingshilfswerk der Église Reformée, CIMADE.

Siehe auch:

Einzelnachweise

  1. Ulrich Stutz: Die päpstliche Diplomatie unter Leo XIII. nach den Denkwürdigkeiten des Kardinals Domenico Ferrata, Berlin 1926, S. 54.
  2. spiegel.de: Benedikt spaltet den Bundestag
  3. Schweizer Bundesverfassung, Art. 15
  4. Schweizer Bundesverfassung, Art. 72
  5. Historisches Lexikon der Schweiz: Kirche und Staat 1 [1]
  6. a b Historisches Lexikon der Schweiz: Kirche und Staat 2 [2]
  7. Historisches Lexikon der Schweiz: Die Ausnahmeartikel [3]
  8. Website der Schweiz. Eidgenossenschaft: Volksabstimmung vom 2. März 1980 [4]
  9. Volksinitiative „Gegen den Bau von Minaretten“, vorläufige Ergebnisse [5]
  10. Urs Brosi, Einführung in das Staatskirchenrecht der Schweiz, Luzern 2002 [6]
  11. Es wird einen zweiten Fall Röschenz geben. Tagesanzeiger 10. Juli 2009 [7]
  12. Einzelne Steuern – Die Kirchensteuern PDF [8]
  13. NZZ vom 11. September 2009 [9]
  14. Konkordat Kanton Neuenburg mit den Religionsgemeinschaften [10] (französisch)
  15. Susanne Janssen: Vom Zarenreich in den amerikanischen Westen: Deutsche in Rußland und Rußlanddeutsche in den USA 1871–1928. Die politische, Sozio-ökonomische und kulturelle Adaption einer ethnischen Gruppe im Kontext zweier Staaten; Studien zur Geschichte, Politik und Gesellschaft Nordamerikas, 3; Berlin, Hamburg, Münster: LIT Verlag, 1997, ISBN 9783825832926, S. 190.

Siehe auch

Literatur

  • Axel von Campenhausen, Heinrich de Wall: Staatskirchenrecht. Eine systematische Darstellung des Religionsverfassungsrechts in Deutschland und Europa. 4. überarbeitete und ergänzte Auflage. C. H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-51734-X insbesondere S. 338ff. (Kurzlehrbücher für das juristische Studium).
  • Claus Dieter Classen: Religionsrecht. Mohr Siebeck, Tübingen 2006, ISBN 3-16-149034-7 (Mohr-Lehrbuch).
  • Gerhard Czermak: Religions- und Weltanschauungsrecht. Eine Einführung. Springer, Berlin u. a. 2007, ISBN 978-3-540-72048-5 (Springer-Lehrbuch).
  • Erwin Fischer: Volkskirche ade! Trennung von Staat und Kirche. Die Gefährdung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland. 4. völlig neu bearbeitete Auflage. IBDK, Berlin u. a. 1993, ISBN 3-922601-17-0.
  • Burkhard Kämper, Hans-Werner Thönnes (Hrsg.): Die Trennung von Staat und Kirche. Modelle und Wirklichkeit in Europa. Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 40. Aschendorff, Münster 2007, ISBN 978-3-402-04371-4.
  • Volker Wick: Die Trennung von Staat und Kirche. Jüngere Entwicklungen in Frankreich im Vergleich zum deutschen Kooperationsmodell. Mohr Siebeck, Tübingen 2007, ISBN 3-16-149342-7 (Jus ecclesiasticum 81), (Zugleich: Bochum, Univ., Diss., 2006).

Weblinks


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