Deutscher Bundestag

Deutscher Bundestag
Deutscher Bundestag
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Basisdaten
Sitz: Reichstagsgebäude,
Berlin
Legislaturperiode: vier Jahre
Erste Sitzung: 7. September 1949
Abgeordnete: 598 (+ 22 Überhangmandate)
Aktuelle Legislaturperiode
Letzte Wahl: 27. September 2009
Vorsitz: Bundestagspräsident
Norbert Lammert (CDU)
Sitzverteilung: CDU/CSU 237 Sitze
SPD 146 Sitze
FDP 93 Sitze
Die Linke 76 Sitze
Grüne 68 Sitze
Website
www.bundestag.de

Der Deutsche Bundestag ist das Parlament der Bundesrepublik Deutschland mit Sitz im Reichstagsgebäude in Berlin. Er wird im politischen System als einziges Verfassungsorgan des Bundes direkt vom Staatsvolk (Staatsbürger) gewählt (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG i. V. m. Art. 38 GG). Die gesetzliche (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BWahlG) Anzahl seiner Mitglieder beträgt 598. Die tatsächliche Anzahl ist aufgrund von Überhangmandaten meist höher.

Eine Legislaturperiode des Bundestags dauert grundsätzlich vier Jahre. Die Mitglieder des Deutschen Bundestages (MdB) können sich zu Fraktionen oder Gruppen zusammenschließen und genießen damit einen besonderen Verfahrens- und Organisationsstatus. Dem Bundestag steht der Bundestagspräsident vor.

Im aktuellen 17. Deutschen Bundestag gab es ursprünglich 24 Überhangmandate, jetzt noch 22, so dass er insgesamt aus 620 Abgeordneten besteht. Bundestagspräsident ist der CDU-Politiker Norbert Lammert.

Als Vizepräsidenten und Stellvertreter des Präsidenten sind Eduard Oswald (CDU/CSU), Wolfgang Thierse (SPD), Hermann Otto Solms (FDP), Petra Pau (Die Linke) und Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) gewählt.[1] Der Alterspräsident, aktuell der CDU-Politiker Heinz Riesenhuber, leitet gemäß Geschäftsordnung die 1. Sitzung des Deutschen Bundestages bei einer neuen Legislaturperiode.

Der Bundestag hat eine Vielzahl von Aufgaben: Er hat die Gesetzgebungsfunktion, das heißt, er schafft das Bundesrecht und ändert das Grundgesetz, die Verfassung. Hierbei bedarf es häufig der Mitwirkung des Bundesrats, der jedoch keine zweite Parlamentskammer ist. Der Bundestag genehmigt Verträge mit anderen Staaten und Organisationen (internationale Verträge) und beschließt den Bundeshaushalt. Im Rahmen seiner Kreationsfunktion wählt er unter anderem mit absoluter Mehrheit den Regierungschef (Bundeskanzler) und wirkt mit bei der Wahl des Staatsoberhauptes (Bundespräsident), der Bundesrichter und anderer wichtiger Bundesorgane. Der Bundestag übt die parlamentarische Kontrolle gegenüber der Regierung und der Exekutive des Bundes aus, er kontrolliert auch den Einsatz der Bundeswehr. Politisch bedeutsam ist die Öffentlichkeitsfunktion, wonach der Bundestag die Aufgabe hat, die Wünsche der Bevölkerung auszudrücken und umgekehrt die Bevölkerung zu informieren.

Zur Herkunft des Begriffes „-tag“ siehe Landtag (historisch).

Der Deutsche Bundestag hat als sogenannter Großempfänger eine eigene Postleitzahl, die 11011.[2]

Inhaltsverzeichnis

Plenarsaal

Plenarsaal

Der Plenarsaal, in dem neben dem Deutschen Bundestag auch die Bundesversammlung tagt, ist der größte Versammlungssaal im Reichstagsgebäude.

In der Mitte der Stirnseite befindet sich der Sitzungsvorstand mit dem Bundestagspräsidenten bzw. seinem Vertreter und zwei Schriftführern, dahinter der Direktor beim Deutschen Bundestag und die Mitarbeiter des Plenarassistenzdienstes. Vom Sitzungsvorstand aus auf der linken Stirnseite sitzt der Wehrbeauftragte und befindet sich die Bundesratsbank und auf der rechten Seite die Regierungsbank. Der jeweils dem Präsidium nächstgelegene Platz ist dem Bundeskanzler und dem Bundesratspräsidenten vorbehalten. Hinter dem Pult des Präsidiums stehen die Bundes- und die Europaflagge unter dem großen, 2,5 Tonnen schweren Bundestagsadler.[3] Den Mittelpunkt des Plenarsaals bildet das Rednerpult. Vor dem Redner sitzen die Stenografen und die Mitglieder des Bundestages.

Der Präsident sieht vor sich das Plenum. Von ihm aus rechts im Halbkreis sitzen die Abgeordneten der FDP, links davon die der CDU/CSU. In der Mitte sitzt die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, und in der linken Hälfte des Plenums hat die SPD-Fraktion ihren Platz. Obwohl die Grünen in ihrer Anfangszeit als „linker“ als die SPD betrachtet wurden, bestand die SPD 1983 darauf, dass links von ihr keine Fraktion sitzen darf. Bei dieser Aufteilung blieb es dann bis zur Wiedervereinigung. Seither sitzen ganz links außen die Abgeordneten der Linkspartei, da beim Einzug der damaligen PDS 1990 die SPD nicht mehr auf ihrem äußeren Platz bestand. Über den Abgeordneten sitzen auf eigenen Tribünen Besucher des Bundestages. Sie dürfen keine Zustimmungs- oder Missfallensbekundungen von sich geben, ansonsten können sie des Saales verwiesen werden.

Hinter den Bänken von Bundesregierung und Bundesrat befinden sich Tafeln, die mit Leuchtbuchstaben den gerade aktuellen Tagesordnungspunkt anzeigen. Ebenso wird mit einem grünen „F“ signalisiert, wenn das Fernsehen überträgt. Die Stühle im Deutschen Bundestag werden nach einer Bundestagswahl nach Fraktionen geordnet fest installiert. Der Plenarsaal wird durch ein Spiegelsystem, welches Tageslicht von der Kuppel in den Saal umleitet, zusätzlich erhellt.

Die Mandatsvergabe

Hauptartikel: Bundestagswahlrecht
Verhältniswahl bei der Wahl zum Bundestag

Nach den Wahlrechtsgrundsätzen der personalisierten Verhältniswahl werden Vertreter des Volkes in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl in 299 Wahlkreisen gewählt. Sie erhalten durch die Wahl ein sogenanntes Mandat, den politischen Vertretungsauftrag, den das Wahlvolk dem Mitglied des legislativen Gremiums erteilt. Die Mandatsträger werden Abgeordnete genannt. Der Wähler gibt zwei Stimmen ab: Mit seiner Erststimme (auf der linken Seite, siehe Grafik) bei der deutschen Bundestagswahl und bei einigen Landtagswahlen wählt man mit dieser (auch Wahlkreisstimme) einen Direktkandidaten in seinem Wahlkreis. Der Kandidat zieht direkt in das Parlament ein, sobald er die relative Mehrheit der Stimmen erreicht hat. Die so genannte Zweitstimme wird mit einem Kreuz auf der rechten Seite des amtlichen Stimmzettels abgegeben. Mit der Erststimme auf der linken Seite des Stimmzettels wird ein Kandidat aus dem jeweiligen Wahlkreis direkt gewählt.

Die gesetzliche Anzahl[4] der Mitglieder des Bundestags beläuft sich seit dem Beginn der 15. Legislaturperiode auf 598. Für die Verteilung der Sitze ist das Zweitstimmenergebnis entscheidend. Bei der Verteilung werden zunächst die Abgeordneten berücksichtigt, die anhand des Erststimmenergebnisses das Mandat in ihrem Wahlkreis direkt errungen haben – man spricht auch von Direktmandat. Die übrigen Sitze werden dann an Kandidaten auf den vorher festgelegten Landeslisten der Parteien vergeben. Hierbei wird eine Partei mit ihren Landeslisten nur berücksichtigt, wenn sie mindestens fünf Prozent der abgegebenen Zweitstimmen oder mindestens drei Direktmandate erhalten hat.

Es existieren drei typische Verteilungsfälle:

  • Eine Partei hat einen größeren Stärkeanteil errungen als die Direktmandatsanzahl. Es werden ihr dann weitere Mandate nach Landesliste zugeteilt.
  • Eine Partei hat in einem Bundesland einen kleineren Stärkeanteil errungen als die Direktmandatsanzahl. Sämtliche dieser überzählig errungenen Direktmandate sind gültig, die solcherart gewählten Abgeordneten ziehen unabhängig von der stärkemäßigen Sitzverteilung in das Parlament ein. Die Gesamtzahl der Abgeordneten erhöht sich also um diese Mandate, umgangssprachlich Überhangmandate, und vergrößert damit die gesetzliche Anzahl gemäß § 1 BWahlG.
  • Eine Partei hat einen Stärkeanteil errungen, der genau der Direktmandatsanzahl entspricht. Es werden dann keine weiteren Mandate zugeteilt.

Das System der personalisierten Verhältniswahl ermöglicht dem Wähler, einerseits für die von ihm präferierte politische Partei zu stimmen, und gleichzeitig eine davon unabhängige Wahl eines Abgeordnetenkandidaten seines Wahlkreises vorzunehmen. Die Wahlprüfung übernimmt nach Art. 41 Grundgesetz der Bundestag selbst, er entscheidet auch, ob ein Abgeordneter sein Mandat verloren hat. Gegen die Entscheidung des Bundestages kann beim Bundesverfassungsgericht Wahlprüfungsbeschwerde erhoben werden. Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage nach der Wahl zusammen (Art. 39 Abs. 2 GG).

Aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist der Deutsche Bundestag verpflichtet, in den kommenden Jahren das Wahlrecht zu verändern, da die derzeitige Praxis der Verteilung der Überhangmandate, wodurch ein negatives Stimmengewicht entstehen kann, nach Ansicht des Gerichts nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei.

Gesetzgebung

Gesetzgebungsverfahren im Überblick

Der Bundestag hat neben der Bundesregierung und dem Bundesrat das Recht, Gesetzentwürfe vorzuschlagen: Er hat ein Initiativrecht.

Ein Gesetzentwurf, der aus der Mitte des Bundestages eingebracht wird, muss von einer Fraktion oder 5 Prozent der Parlamentarier unterstützt werden. Die Gesetzesentwürfe werden in der Regel zuvor in den Bundestagsausschüssen beraten und ausgearbeitet um diese „abstimmungsreif“ zu machen. Der Entwurf wird gemäß Art. 77 GG zunächst im gesamten Bundestag beraten und dort beschlossen oder abgelehnt. Wird das Gesetz beschlossen, geht es zur Beratung weiter an den Bundesrat. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung wird zunächst an den Bundesrat überwiesen und dort beraten. Zusammen mit dessen Stellungnahme und der Gegenäußerung der Bundesregierung wird der Gesetzentwurf dann dem Bundestag übergeben. Umgekehrt geht ein Gesetzentwurf des Bundesrats zusammen mit der Stellungnahme der Bundesregierung an den Bundestag.

Wird ein Gesetz vom Bundestag beschlossen, bedarf es der weiteren Mitwirkung des Bundesrates, damit es zustande kommen kann. Zu unterscheiden ist hierbei, ob es ein Einspruchsgesetz oder Zustimmungsgesetz ist. Die Ablehnung eines Einspruchgesetzes durch den Bundesrat kann im Bundestag überstimmt werden. Stimmt der Bundesrat einem Zustimmungsgesetz nicht zu, ist es gescheitert.

Ist ein Gesetz nicht zustimmungsbedürftig, kann der Bundesrat Einspruch erheben. Dieser hat die Wirkung eines aufschiebenden Vetos. In einem solchen Fall wird das Gesetz erneut dem Bundestag zugeleitet und der Einspruch kann – wenn keine Änderungen beschlossen werden – überstimmt werden. Dies bedeutet auch, dass eine Zweidrittelmehrheit beim Beschließen des Einspruchs im Bundesrat nur durch eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag überstimmt werden kann. Wollte der Bundesrat bei einem zustimmungsbedürftigen Gesetz umfangreiche Änderungen erreichen, hat er manchmal auch Einspruch erhoben; dies ist in Art. 77 GG jedoch nicht vorgesehen. Ein solcher Einspruch ist deshalb nicht etwa unbeachtlich; damit verweist der Bundesrat die Sache vielmehr an den Bundestag zurück und bedient sich eines anderen Instruments als des Vermittlungsausschusses, um gegebenenfalls eine andere politische Willensbildung zu erreichen. Werden mehrere, inhaltlich nicht zusammengehörige Gesetzentwürfe zu einem „Paket“ verbunden, spricht man von einem Junktim, das zwischen ihnen hergestellt wird.

Behandlung von Gesetzen im Bundestag

Ein Gesetzentwurf wird zunächst in einer „ersten Lesung“ behandelt. Dabei findet je nach Wichtigkeit und politischer Interessenlage ein erster Meinungsaustausch oder eine Debatte im Plenum statt. Anschließend, sehr oft auch ohne Aussprache, wird der Gesetzentwurf an verschiedene Ausschüsse verwiesen. Meist sind neben dem „federführenden“ Fachausschuss auch der Rechts- und der Haushaltsausschuss mit einem Gesetzentwurf befasst, da die Gesetze juristische und fiskalische Auswirkungen haben. Bei den Ausschussberatungen wird die Haupt- und Detailarbeit an den Gesetzentwürfen geleistet. Der Entwurf von den Parlamentariern wird geprüft und nicht selten massiv verändert: sie ziehen regelmäßig Experten der Regierung, aus der Fachverwaltung und weitere Sachverständige aus Praxis und Wissenschaft heran.

In der Ausschussfassung geht der Gesetzentwurf erneut ins Plenum, wo er in einer „zweiten Lesung“ beraten wird. Die „zweite Lesung“ dient der Beratung von Details und Änderungsanträgen, die in großem Umfang aus den Ausschüssen kommen, aber auch von Fraktionen, Gruppen oder einzelnen Parlamentariern, die alternative Lösungen aufzeigen wollen. Häufig sind jedoch die Ausschussfassungen bereits untereinander abgestimmt und so gefasst, dass in einer Abstimmung die „zweite Lesung“ über den gesamten Gesetzentwurf beendet wird. Zu einer „dritten Lesung“ kann es nochmals kommen, wenn sich politischer Widerstand erkennbar formiert, so dass bestimmte Gruppen nur dann dem Gesetz zustimmen, wenn Bestandteile in ihrem Sinne verändert werden. Dies kann aus den Reihen der Opposition kommen, aus der Mitte der Ministerpräsidenten, die einen Einspruch des Bundesrates signalisieren oder auch von der Regierung bzw. den sie unterstützenden Fraktionen. Nach der dritten Lesung findet die Schlussabstimmung statt. Unabhängig von der Zustimmungsbedürftigkeit des beschlossenen Gesetzes muss es dem Bundesrat zugeleitet werden, damit es zustande kommt. Dort wird das Gesetzgebungsverfahren weiter fortgesetzt. Man spricht von einer „vierten Lesung“, wenn der Vermittlungsausschuss eine Änderung des Gesetzesbeschlusses vorschlägt und der Bundestag erneut Beschluss zu fassen hat. Nach einem Antrag auf Zurückweisung eines Einspruchs des Bundesrates kann eine so genannte „fünfte Lesung“ im Bundestag stattfinden.

Der Bundestag ist kein ewiges Organ, es gibt nur ein jeweils aktuelles Parlament. Mit Ende der Legislaturperiode beendet er seine Arbeit und alle Vorlagen und Projekte gelten als erledigt, unabhängig davon, in welchem Stadium sie sich befinden. Dies wird als Prinzip der Diskontinuität bezeichnet. Politische Initiativen müssen im neuen Parlament neu eingebracht werden, wenn sie denn weiter betrieben werden wollen. Letzteres ist nicht immer selbstverständlich, da im neuen Bundestag andere politische Kräfte zusammenwirken. Eine Ausnahme sind Petitionsvorlagen, weil sie vom Bürger stammen und das Anliegen des Bürgers unabhängig von Wahlperioden ist.

Besonderheiten der Gesetzgebung bei Abgaben und Steuern

Bei Abgaben ist durch die Finanzverfassung die Gesetzgebung auf den Bund konzentriert. Danach hat er auf fast allen Gebieten die Gesetzgebungshoheit. Daher gibt es in Deutschland fast keine Landessteuern. Davon zu unterscheiden ist die so genannte Ertragshoheit, also die staatsorganisatorische Berechtigung, welche Gebietskörperschaft zu welchem Grad das Aufkommen bestimmter Abgaben effektiv erhält. Änderungen von Steuergesetzen, die Erträge betreffen, die Länder oder Kommunen zustehen, sind gemäß Art. 105 Abs. 3 GG im Bundesrat zustimmungsbedürftig.

Besonderheiten der Gesetzgebung in völkerrechtlichen Fragen

Völkerrechtliche Verträge enthalten Regeln, die sehr oft Bestandteil der nationalen, innerstaatlichen Ordnung werden sollen. Hierfür gibt es zwei Mechanismen – die Inkorporation und die Transformation. Im ersten Fall erfolgt die Überführung des völkerrechtlichen Regelwerks in das nationale Rechtssystem bereits mit ordnungsgemäßem Vertragsschluss oder schlichter Ratifikation, so zum Beispiel in Großbritannien. Im zweiten Fall ist eine eigene Umsetzung als innerstaatlicher Erfüllungsakt notwendig, wobei ein Fehler- und Konfliktpotenzial darin angelegt ist, wie gut diese Erfüllung dem Staat gelingt. Der zwischenstaatliche Vertragsschluss lässt sich als Verpflichtungsgeschäft, die innerstaatliche Umsetzung als Erfüllungsgeschäft veranschaulichen. Die Begriffe sind allerdings in diesem Zusammenhang nicht immer üblich.

In Deutschland wird das Transformationsmodell praktiziert, und zwar mit der Besonderheit, dass es als Zustimmungsakt eines Vertragsgesetzes bedarf, sofern der völkerrechtliche Vertrag Gesetzgebungsmaterie berührt. Ohne ein solches Gesetz darf der Bundespräsident den Vertrag nicht ratifizieren (Art. 59 GG). Ist für die Umsetzung darüber hinaus der Erlass neuer Normen notwendig, erfolgt parallel die materielle Umsetzung auf Gesetzes- und Verordnungsebene. Da solche Elemente oft gesetzgebungstechnisch zusammengefasst werden, werden die Gesetze umgangssprachlich „Zustimmungsgesetze“ genannt, dies sagt jedoch nichts über die Frage aus, ob der Bundesrat einer Umsetzung zustimmen muss. Werden durch den Bund völkerrechtliche Verträge über Fragen geschlossen, die die besonderen Verhältnisse eines Landes betreffen, hat die Bundesregierung vor Vertragsschluss dieses Land anzuhören und bei der politischen Willensbildung zu beteiligen (Art. 32 Abs. 2 GG). Auf den Bundesrat kommt es nicht an, da er Bundesorgan ist.

Haushaltsrecht

Das Budgetrecht ist ein wichtiges Recht des Parlamentes. Mit dem Budgetrecht legt das Parlament fest, in welchen Gebieten der Bund Prioritäten setzt. Budgetierung ist keine Gesetzgebung im engeren Sinne. Das Parlament kann sein Budgetrecht genau so gut durch schlichten Parlamentsbeschluss ausüben. Der Bundeshaushalt wird jedoch traditionell in Form eines Bundesgesetzes – ohne Zustimmung des Bundesrates – beschlossen (Art. 110 GG).

Die deutsche Staatstradition hat das demokratische Prinzip der Parlamentsbudgetierung nur sehr zögerlich übernommen, obwohl es in der Entwicklung der Demokratie zum Kern der Parlamentsrechte gehörte und exemplarisch etwa im britischen House of Commons verwirklicht war. Im Gegensatz dazu hatte zur Zeit Bismarcks die Regierung in wichtigen Bereichen das Budgetrecht inne, und diese Erfahrung zeigte, dass ein Parlament ohne vollständige Budgetkontrolle ein schwaches Parlament ist. In der Debatte über den Haushalt des Bundeskanzleramtes findet sowohl in der ersten wie in der zweiten Lesung traditionell eine Generaldebatte über die Politik der Bundesregierung statt. Die Opposition nutzt die Gelegenheit, die Schwächen, die sie bei der Bundesregierung ausgemacht hat, der Öffentlichkeit aufzuzeigen; die Regierung wehrt sich ihrerseits mit Angriffen auf die Opposition.

Repräsentationsprinzip und Selbstauflösung

Dem Grundgesetz liegt das Prinzip der repräsentativen Demokratie zugrunde, nach dem dem Parlament eine zentrale Rolle in der Staatsorganisation zukommt. Das Volk als Souverän konzentriert damit die personellen und gestaltenden Aufgaben der Staatsgewalt auf die gewählte Volksvertretung und verzichtet im Weiteren auf direkte Entscheidung solcher Fragen. Andere Organe des Bundes werden nicht vom Volk gewählt, plebiszitäre Abstimmungen in Sachfragen sind zwar in Artikel 20 des Grundgesetzes vorgesehen, jedoch ist eine Volksabstimmung nur bei der Neugliederung von Bundesländern vorgeschrieben. Das Parlament ist damit das einzig unmittelbar gewählte Staatsorgan und genießt daher eine besondere demokratische Legitimation, die ihm im Verhältnis zu anderen Institutionen eine besondere Machtfülle verleiht.

Der Bundestag kann sich nicht selbst auflösen. Unter anderem mit Verweis auf die schlechte Erfahrung häufiger Parlamentsauflösungen und Regierungswechsel in der Weimarer Republik ist bei der Entstehung des Grundgesetzes ein solches Recht verworfen worden. Im Verfassungsverständnis des Grundgesetzes wird Demokratie vor allem als zeitlich begrenzte Machtausübung angesehen; Art. 20 und Art. 39 GG haben in diesem Zusammenhang eine normative Dimension, die die Auslegung anderer Verfassungsregeln, die politische Krisen betreffen, beeinflusst, etwa zur Vertrauensfrage, zum Gesetzgebungsnotstand oder zur Notstandsverfassung. Aus demselben Grund dürfen andere Verfassungsorgane nicht die Parlamentsperiode festlegen, sei es auch mit dem Ziel politischer Stabilität.

Die Einführung eines Selbstauflösungsrechts des Bundestags durch Grundgesetzänderung wird aus verfassungspolitischer Sicht überwiegend abgelehnt, weil es dem Repräsentationsprinzip zuwiderlaufe und zu Inkonsistenzen im politischen System führe. Insbesondere wird kritisch angemerkt, dass die parlamentarische Macht durch demokratische Legitimation in diesem Fall einer bedenklichen Inflation ausgesetzt sein würde und mittelbar gewählte Staatsorgane im Verhältnis zum direkt gewählten Parlament in ihrer politischen Macht aufgewertet würden. Das Souveränitätsprinzip wäre damit durchbrochen.

Wahlfunktion

Das Parlament wählt die Spitze der anderen Staatsorgane bzw. wirkt an deren Bestimmung mit. Auf untergeordneter Ebene vermitteln die obersten Staatsorgane nachgeordneten Organen nach diesem Prinzip ebenfalls demokratische Legitimation: So ernennt beispielsweise der Bundespräsident die Bundesbeamten und der Kanzler bestimmt die Minister.

Wahl des Bundeskanzlers

Hauptartikel: Bundeskanzler (Deutschland)

Der Bundeskanzler wird gem. Art. 63 GG vom Bundestag in geheimer Wahl ohne Aussprache gewählt. Zunächst erfolgt ein Vorschlag des Bundespräsidenten, der hinsichtlich der Person, die er vorschlägt, rechtlich frei, politisch jedoch sehr stark gebunden ist: Meist steht schon am Abend der Bundestagswahl fest, wer vom Bundespräsidenten vorgeschlagen wird. Dies ist in der Regel der Kanzlerkandidat der stärksten siegreichen Partei. Wählt der Bundestag den Vorgeschlagenen mit den Stimmen der Mehrheit seiner Mitglieder, so wird der Gewählte vom Bundespräsidenten ernannt. Bisher ist jeder Kandidat vom Bundestag gewählt worden. Wählt der Bundestag den Vorgeschlagenen nicht, so hat der Bundestag vierzehn Tage Zeit, nach Vorschlägen aus seiner Mitte einen Bundeskanzler mit den Stimmen der Mehrheit seiner Mitglieder (absolute Mehrheit) zu wählen. Gelingt es dem Bundestag nicht, in dieser Zeit eine Person zu wählen, so findet nach Ablauf der Frist unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Ist diese Mehrheit zugleich eine absolute Mehrheit, so muss der Bundespräsident den Gewählten binnen sieben Tagen ernennen. Konnte der Gewählte nur eine relative Mehrheit auf sich vereinen, so kann der Bundespräsident binnen sieben Tagen entscheiden, ob er den Gewählten zum Bundeskanzler ernennt oder den Bundestag auflöst.

Misstrauensvotum und Vertrauensfrage

Hauptartikel: Misstrauensvotum und Vertrauensfrage

Hat der Bundeskanzler nicht mehr die Mehrheit des Bundestages hinter sich, so kann dieser ihn nur seines Amtes entheben, indem er gleichzeitig mit den Stimmen der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt (Art. 67 GG). Der Bundespräsident muss dann den bisherigen Bundeskanzler entlassen und den neu gewählten ernennen.

Der Bundeskanzler kann auch dem Bundestag die Vertrauensfrage stellen (Art. 68 GG). Wird sie nicht positiv beantwortet, das heißt stimmt weniger als die absolute Mehrheit der Mitglieder des Bundestages dem Vertrauensantrag zu, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers den Bundestag auflösen oder mit Zustimmung des Bundesrates den Gesetzgebungsnotstand ausrufen.

Wahl des Bundespräsidenten

Hauptartikel: Bundespräsident und Bundesversammlung

Aufgabe der Bundesversammlung ist die Wahl des Bundespräsidenten. Die Mitglieder des Bundestages stellen eine Hälfte der Bundesversammlung. Die andere Hälfte besteht aus Personen, die von den Landtagen der Bundesländer nach dem Prinzip der Verhältniswahl gewählt werden. Der Bundestagspräsident ist Präsident der Bundesversammlung.

Wahl der Bundesrichter

Der Bundestag bestimmt gemäß Art. 94 GG durch einen speziellen Wahlausschuss die Hälfte der Richter des Bundesverfassungsgerichtes. Zur Wahl bedarf ein Kandidat der Stimmen von acht der zwölf Mitglieder. Damit ist gesichert, dass Verfassungsrichter nicht politisch einseitig gewählt werden. In der Regel einigen sich die zwei großen Fraktionen auf ein „Paket“, mit dem jeweils eine gleiche Zahl von Unions- und SPD-nahen Kandidaten gewählt wird. Gelegentlich wird auch je ein Kandidat von den Grünen und der FDP nominiert und gewählt. In ihrer Rechtsprechung haben die Verfassungsrichter jedoch selten entlang der politischen Linie der Parteien entschieden, die sie nominierten. Die andere Hälfte der Verfassungsrichter wird vom Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit gewählt.

Die Bundesrichter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes, also am Bundesgerichtshof, am Bundesverwaltungsgericht, am Bundesfinanzhof, am Bundesarbeitsgericht und Bundessozialgericht werden vom Fachminister des Bundes zusammen mit einem Richterwahlausschuss gewählt, der aus den jeweils zuständigen Fachministern der Länder und einer gleichen Zahl von Bundestagsmitgliedern gebildet wird (Art. 95 Abs. 2 GG).

Kontrolle der Exekutive

Eine weitere wichtige Aufgabe des Bundestages ist es, die Exekutive zu kontrollieren.

Rederecht, Anwesenheitsrecht und -pflicht

Neben den Mitgliedern des Bundestages haben auch die Mitglieder der Bundesregierung und des Bundesrates Rederecht im Bundestag. Sie müssen sogar jederzeit gehört werden. Mitglieder der Bundesregierung, zumindest aber deren Vertreter, nehmen an den meisten Sitzungen des Bundestages teil. Mitglieder des Bundesrates sind dagegen seltener im Plenum; sie nehmen oft nur an Sitzungen teil, bei denen es in besonderer Weise um Länderinteressen geht. Umgekehrt hat der Bundestag das Zitierungsrecht: Er kann jederzeit jedes Mitglied der Bundesregierung herbeirufen oder dessen Verbleib während der Verhandlung im Plenum oder in einem Ausschuss verlangen. Diese Möglichkeit dient der Kontrolle der Regierung und dem Zur-Rede-Stellen in tagesaktuellen Fragen ihrer Politik (siehe auch Aktuelle Stunde).

Daneben reden selten Gastredner im Bundestag, zum Beispiel Papst Benedikt XVI. im Jahr 2011.[5]

Anfragen

Ein wichtiges Instrument der Kontrolle sind die An- und Nachfragemöglichkeiten, die den Abgeordneten offen stehen. Besonders die Abgeordneten der Opposition nutzen sie sehr häufig, um Auskunft zu politischen Fragen und Sachverhalten zu erhalten.

  • Kleine Anfragen sind schriftliche Anfragen von fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages oder einer Fraktion an die Bundesregierung über alle möglichen Bereiche des Regierungshandelns. Sie dienen eher der Information der Abgeordneten über lokale oder spezielle Themengebiete, da sie in der Regel nur in Drucksachen beantwortet und selten veröffentlicht werden. Im 13. Deutschen Bundestag von 1994 bis 1998 gab es insgesamt 2070 Kleine Anfragen.
  • Große Anfragen dienen stärker als die „Kleinen Anfragen“ der Herbeiführung einer Debatte und zählen zu den stärksten parlamentarischen Instrumenten der Regierungskontrolle durch die Opposition. Weil ihre Antwort auf die Große Anfrage öffentlich im Plenum diskutiert werden kann, ist die Bundesregierung als Staatsorgan damit immerhin greifbar, indem sie den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber Rechenschaft ablegen muss. Auch diese Anfragen müssen zu einem bestimmten Thema schriftlich eingebracht und von fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages oder einer Fraktion gestellt werden. Im 13. Bundestag gab es insgesamt 156 Große Anfragen.
  • In der Fragestunde können von den einzelnen Mitgliedern des Bundestages grundsätzlich mündliche Anfragen an die Bundesregierung gestellt werden. Die Abgeordneten können durch direkte Nachfragen auf die Antwort des Vertreters der Bundesregierung eingehen. Genügt die Zeit nicht zur Beantwortung aller Fragen, so werden die restlichen Fragen schriftlich beantwortet. Im 13. Bundestag gab es insgesamt 18.477 mündliche Anfragen, 14.579 (79 %) davon allein durch die damalige Opposition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS.
  • Aktuelle Stunden“ sind kurze Debatten mit fünfminütigen Beiträgen, die im Anschluss an die Fragestunde oder auch von ihr losgelöst beantragt werden können. Sie sind ein relativ junges Element des Bundestagsgeschehens, als solche gibt es sie seit 1980, und sollen mit ihrer besonderen Struktur der Auflockerung der Debattenkultur im Bundestag dienen. Auch soll durch sie eine Diskussion über sehr aktuelle Themen schneller möglich sein. Sie werden entweder im Ältestenrat vereinbart oder von fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages oder einer Fraktion beantragt. Im 13. Deutschen Bundestag wurden 103 Aktuelle Stunden beantragt.
  • Anfragen aus dem Plenum heraus finden auch im Anschluss an Kabinettssitzungen statt, sie sind als „Regierungsbefragungen“ bekannt. Dabei informiert jeweils ein Vertreter der Bundesregierung über ein Thema, das in der zuvor stattfindenden Kabinettssitzung Gegenstand der Diskussion war; an diesen Vertreter können Fragen gestellt werden. Im 13. Bundestag gab es 41 Regierungsbefragungen.

Untersuchungsausschüsse

Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder – also auch einer opponierenden Minderheit – setzt das Parlament einen Untersuchungsausschuss ein, der ein im Antrag definiertes Untersuchungsthema öffentlich aufklären soll (Art. 44 GG). Der Verteidigungsausschuss kann sich auch selbst zum Untersuchungsausschuss erklären (Art. 45a Abs. 2 GG). Die Arbeit der Untersuchungsausschüsse wird durch das Untersuchungsausschussgesetz (PUAG) näher bestimmt.

Häufig wird ein Untersuchungsausschuss von der Opposition eingesetzt, um vermutete Missstände in der Arbeit der Regierung aufzudecken. An der Arbeit der Untersuchungsausschüsse wird häufig die Kritik geübt, sie diene eher der Schädigung des politischen Gegners als der wahrheitsgemäßen Aufklärung des Untersuchungsgegenstandes. Weil ein Minderheitsquorum von einem Viertel der Ausschussmitglieder dieselben Antrags- und Initiativrechte wie beim Einsetzungsbeschluss hat, kann die meist regierungsnahe Ausschussmehrheit die Untersuchung nicht blockieren, so dass eine gewisse Waffengleichheit gewährleistet ist. Da die Ausschussmehrheit dennoch sowohl die Detailarbeit in gewissen Grenzen lenken kann als auch den Abschlussbericht mit den Untersuchungsbewertungen vorlegt, stellt der Untersuchungsausschuss Missstände in der Bundesregierung meist nur in offensichtlichen Fällen fest. Seit 1949 gab es etwa 50 Untersuchungsausschüsse.

Wehrbeauftragter

Der Wehrbeauftragte des Bundestages (Art. 45b GG) ist ein Hilfsorgan des Bundestages, ohne selbst dessen Mitglied sein zu dürfen. Seine Aufgabe ist es, Eingaben und Beschwerden von Angehörigen der Bundeswehr entgegen zunehmen, die diese außerhalb des normalen Dienstweges stellen können. Er soll dafür sorgen, dass die Grundrechte der Soldaten, die zwar durch das Grundgesetz eingeschränkt, jedoch nicht abgesprochen werden können, gewahrt werden. Dabei prüft er insbesondere, ob die Grundsätze der „Inneren Führung“ eingehalten werden. Er vertritt in diesem Sinne auch das Bild der Bundeswehr als Parlamentsarmee, also einer Armee, deren Einsatz durch das Parlament bestimmt und kontrolliert wird.

Kontrolle der Nachrichtendienste

Das Parlamentarische Kontrollgremium, das aus neun Mitgliedern des Bundestages besteht, kontrolliert die Arbeit der deutschen Nachrichtendienste, die dem Bund unterstehen, also den Bundesnachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz. Die Mitglieder des Gremiums sind auch gegenüber ihren Bundestagskollegen zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die G-10-Kommission überwacht die Eingriffe der Nachrichtendienste in die in Art. 10 GG garantierten Geheimnisse Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis.

Genehmigung von Einsätzen bewaffneter Streitkräfte

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf gemäß Art. 24 GG die Bundeswehr außerhalb des NATO-Territoriums eingesetzt werden. Das Verfassungsgericht sieht aber einen generellen Parlamentsvorbehalt beim „Einsatz bewaffneter Streitkräfte“, weshalb die Einsätze vom Bundestag genehmigt werden müssen; dies wird als Prinzip der Parlamentsarmee bezeichnet. Allenfalls bei Gefahr im Verzug kann die Bundesregierung eine vorläufige Entscheidung treffen, die nachträglich vom Parlament genehmigt werden muss. Seitdem wird jeder Einsatz bewaffneter Streitkräfte, der von der Regierung beschlossen wird, in einem aus zwei Lesungen bestehenden Verfahren behandelt, analog zum Gesetzgebungsverfahren. Bei dieser Entscheidung ist keine Zustimmung des Bundesrats erforderlich. Es handelt sich hierbei um einen schlichten Parlamentsbeschluss. Im Jahr 2001 verband Bundeskanzler Gerhard Schröder eine solche Genehmigung mit der Vertrauensfrage.

Anklage von Staatsorganen

Der Bundestag und der Bundesrat können den Bundespräsidenten wegen vorsätzlicher Verletzung der Verfassung oder eines Bundesgesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht anklagen, um ihn damit seines Amtes zu entheben. Dazu bedarf es einer Zweidrittelmehrheit in dem jeweiligen Gremium (Art. 61 GG). Da der Bundespräsident von der Bundesversammlung gewählt wird und diese nicht wieder tätig werden kann, können Bundestag und Bundesrat jeweils für sich die Anklage beschließen.

Das Parlament kann hingegen kein Mitglied der Bundesregierung anklagen, da die Regierung teils direkt, teils indirekt, jedenfalls aber vollständig vom Parlament abhängig ist und durch ein Misstrauensvotum abgesetzt werden kann.

Mitglieder der Bundesregierung genießen als solche keine politische Immunität. Sind sie gleichzeitig Abgeordnete, muss der Bundestag allerdings ihre Abgeordneten-Immunität aufheben, bevor die Strafprozessordnung Anwendung finden kann.

Verteidigungsfall

Hauptartikel: Verteidigungsfall

Die Feststellung des Verteidigungsfalls wird, sofern er rechtzeitig zusammentreten kann, vom Bundestag, ansonsten vom Gemeinsamen Ausschuss, der zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates, zu zwei Dritteln aus Mitgliedern des Bundestages besteht, getroffen (Art. 115a GG). Der Beschluss bedarf jeweils einer Zweidrittelmehrheit. Ist der Verteidigungsfall beschlossen und kann der Bundestag nicht zusammentreten, so übernimmt der Gemeinsame Ausschuss dessen Rechte und ersetzt Bundestag und Bundesrat. Ist der Bundestag jedoch beschlussfähig, so beraten bei dringlichen Gesetzen Bundestag und Bundesrat Gesetzentwürfe gemeinsam. Die Wahlperiode des Bundestages wird bis sechs Monate nach dem Ende des Verteidigungsfalls verlängert. Der Bundestag kann jederzeit den Verteidigungsfall für beendet erklären, er muss es tun, wenn die Voraussetzungen für dessen Feststellung nicht mehr gegeben sind.

Organisation der Abgeordneten

Fraktionen

Die meisten Abgeordneten des Bundestages sind Mitglied einer Fraktion. Eine Fraktion wird in der Regel von Abgeordneten derselben Partei gebildet. Ein Sonderfall ist die CDU/CSU-Bundestagsfraktion: Da die CDU in allen Ländern außer in Bayern und die CSU nur dort antritt, stehen die beiden Parteien in keinem Wettbewerb zueinander und haben auch gemeinsame Ziele – aus diesem Grund dürfen die Abgeordneten dieser beiden Parteien eine gemeinsame Fraktion bilden. Eine Gruppe ist ein Zusammenschluss von Parlamentariern derselben Partei, die aber zu klein ist, um eine Fraktion zu bilden: Zur Gründung einer Fraktion bedarf es einer Anzahl von Mitgliedern, die mindestens fünf Prozent der Gesamtzahl der Mitglieder des Bundestages enthält; eine Gruppe benötigt nur drei Abgeordnete. Dementsprechend haben Gruppen im Bundestag weniger Rechte als eine Fraktion; sie haben beispielsweise keinen Anspruch darauf, aus ihrer Mitte einen Bundestagsvizepräsidenten zu stellen. Abgeordnete, deren Partei weniger als fünf Mitglieder in den Bundestag entsendet, oder die aus ihrer Fraktion ausgetreten sind oder von ihr ausgeschlossen wurden, sind fraktionslose Abgeordnete. Sie haben alle Rechte und Pflichten eines Abgeordneten in einer Fraktion oder Gruppe, nicht hingegen die Rechte der Fraktion beziehungsweise Gruppe selbst. Im 17. Deutschen Bundestag sind fünf Fraktionen (CDU/CSU, SPD, FDP, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen) vertreten.

Jede Fraktion bestimmt ihren Fraktionsvorstand selbst; dieser hat wichtige Aufgaben in der Koordination der Arbeit der Fraktion und damit des Bundestages insgesamt. Die Mitglieder des Fraktionsvorstandes haben häufig genau definierte Verantwortungsbereiche: Sie sprechen sich eng mit den Ausschussmitgliedern in „ihren“ Themengebieten ab und versuchen, dort zu Gunsten der Linie der Fraktionsführung einzugreifen. Der einzelne Abgeordnete profitiert von der Fraktion, beispielsweise durch Arbeitsteilung und Unterstützung bei eigenen Zielen, muss sich aber der Fraktionsdisziplin beugen. Diese Tatsache rief in der Vergangenheit Kritik hervor, da die Abgeordneten nach Art. 38 GG nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge und Weisungen nicht gebunden sind. Andererseits erscheint der Verweis auf die Wiederwahlchancen bei Nichtunterwerfung unter die Fraktionsdisziplin nicht als unmittelbare Nötigung. Ferner wird argumentiert, dass ein einzelner Abgeordneter nur aufgrund seiner Parteimitgliedschaft, nicht jedoch unbedingt als Einzelpersönlichkeit gewählt wurde und daher eine starke Rücksichtnahme auf die Parteilinie zulässig sei.

Eine besondere Aufgabe in der täglichen Arbeit kommt den Parlamentarischen Geschäftsführern zu: Diese oft auch als „Zuchtmeister“ bezeichneten Organisatoren sind unter anderem für die Absprache der Dauer der einzelnen Debatten, für die Einflussnahme zugunsten ihrer Fraktionen beim Bundestagspräsidium und für die Anwesenheit aller Abgeordneten ihrer Fraktion bei wichtigen oder engen Abstimmungen verantwortlich. Sie müssen auch detaillierte Kenntnisse der Geschäftsordnung haben. Die Fraktionen als solche erhalten für ihre Arbeit Geldmittel vom Bundestag. Diese werden etwa für Angestellte der Fraktion, nicht jedoch für Angestellte einzelner Fraktionsmitglieder verwendet.

Präsidium

Glocke des Bundestagspräsidenten, Plenum im Hintergrund

Das Bundestagspräsidium besteht aus dem Bundestagspräsidenten und seinen Stellvertretern. Der Präsident kommt einer ungeschriebenen Regel zufolge aus der größten Fraktion des Bundestages, unabhängig davon, ob diese Mitglied der Regierungskoalition oder in der Opposition ist. Seit 1994 hat jede Fraktion Anspruch darauf, einen der Vizepräsidenten zu stellen. Die Mitglieder des Präsidiums wechseln sich in der Leitung der Bundestagssitzungen ab; nur bei sehr wichtigen Sitzungen führt der Bundestagspräsident tatsächlich für die gesamte Dauer der Sitzung den Vorsitz.

Der Bundestagspräsident hat das Hausrecht und die Polizeigewalt im Bundestag; ihm untersteht die Polizei beim Deutschen Bundestag. Auch trifft er die wichtigsten Personalentscheidungen in der Bundestagsverwaltung. Formal werden alle Anschreiben von anderen Verfassungsorganen und auch Gesetzentwürfe aus dem Bundestag an ihn gerichtet. Er vertritt ferner den Bundestag nach außen und steht wegen der Direktwahl des Bundestages protokollarisch hinter dem Bundespräsidenten an zweiter Stelle.

Ältestenrat

Obwohl dem Ältestenrat keineswegs die an Lebens- oder Dienstjahren ältesten Mitglieder des Hauses angehören müssen, so sind die Mitglieder des Ältestenrates stets erfahrene Parlamentarier. Dies liegt daran, dass dieses dem Präsidium zur Seite stehende Gremium eine außerordentlich wichtige Rolle für den Ablauf der Plenarsitzung spielt. Zu seinen Aufgaben gehört die Festlegung, welches Thema wann und wie lange in der Tagesordnung vorgesehen ist. Auch den grundlegenden Plan der Sitzungswochen verabschiedet der Ältestenrat. Häufig gehören neben dem Bundestagspräsidium die Parlamentarischen Geschäftsführer dem Ältestenrat an, dessen parteipolitische Zusammensetzung ebenfalls der des Bundestages entspricht. Die Bundesregierung ist mit einem beratenden Mitglied im Ältestenrat vertreten.

Ausschüsse

Hauptartikel: Bundestagsausschuss

Zu jedem wichtigen Fachgebiet existiert ein Ausschuss des Bundestages. Die Ausschüsse bestehen aus 15 bis 42 Mitgliedern und spiegeln die Zusammensetzung der Fraktionen im Plenum wieder. Die Ausschussmitglieder werden von den Fraktionen bestimmt. Fraktionslose Abgeordnete dürfen in je einem Ausschuss mitarbeiten, haben dort aber kein Stimmrecht. Die Ausschüsse bereiten in ihren nichtöffentlichen Sitzungen Gesetzentwürfe vor beziehungsweise besprechen sie im Detail. Sie können aber auch öffentliche Anhörungen veranstalten und sich auf diese Weise über die Meinung außerparlamentarischer Experten zu grundlegenden Fragen informieren.

Neben der Aufgabe, den Gesetzgebungsbedarf in angemessener Zeit zu bewältigen, was bei Beratung aller Einzelheiten im Bundestagsplenum unmöglich wäre, haben die Ausschüsse auch den Auftrag, mit den aus den einzelnen Fraktionen bestellten Experten für die einzelnen Fachgebiete Kompetenzzentren aufzubauen, aus denen der größere Teil der jeweiligen Fraktion, der im betroffenen Fachgebiet keine überragenden Kenntnisse besitzt, Sachauskünfte einholen kann.

Parallel zu den Ausschüssen haben die Fraktionen jeweils unterschiedliche Arbeitsgruppen gebildet, in denen die parteipolitischen und fraktionsinternen Linien für die Beratungen in den Ausschüssen und für die Plenarsitzungen vorbereitet werden.

Wichtige Sonderrechte haben der Haushalts- und Rechtsausschuss: Sie arbeiten an nahezu jedem Gesetzentwurf mit, da fast immer haushaltsrechtliche und allgemeinjuristische Aspekte zu beachten sind. Auch der Verteidigungsausschuss kann sich – anders als jeder andere Ausschuss – selbständig zum Untersuchungsausschuss erklären. Eine bedeutende Sonderstellung hat auch der Ausschuss für Angelegenheiten der EU: Dieser Ausschuss kann nach Art. 45 GG Rechte des Bundestages gegenüber der Bundesregierung wahrnehmen. Der Auswärtige Ausschuss, der EU-, der Verteidigungs- und der Petitionsausschuss sind vom Grundgesetz vorgeschrieben. Die Anzahl und Stärke der übrigen Ausschüsse werden zu Beginn der Legislaturperiode festgelegt.

Die Vorsitze über die Ausschüsse werden ebenfalls spiegelbildlich zum Verhältnis der Fraktionen zueinander verteilt. Traditionell hat die Opposition den Vorsitz im Haushaltsausschuss.

Enquête-Kommissionen

Hauptartikel: Enquete-Kommission

Zur Diskussion wichtiger und fachübergreifender gesellschaftlicher Entwicklungen kann der Bundestag Enquête-Kommissionen einrichten, die den Umgang des Gesetzgebers mit diesen neuen Strömungen vorbereiten sollen. Dazu dient etwa die Enquête-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“, die sich mit der gesetzgeberischen Begleitung von DNA-Tests, Präimplantationsdiagnostik, Gentechnik, Klonen und anderen biologischen und biotechnischen Neuerungen beschäftigt.

Ordnungsmaßnahmen des Präsidiums

Das Präsidium kann, wenn es dies für notwendig hält, einen Abgeordneten zur Sache verweisen oder zur Ordnung rufen; dies regelt § 36 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Bei der dritten Verweisung zur Sache oder beim dritten Ordnungsruf muss das Präsidium dem Redner das Wort entziehen. Verletzt ein Mitglied des Bundestages „gröblich“ die Ordnung des Hauses, so kann er ausgeschlossen werden. Er darf dann an den Sitzungen des Bundestages und seiner Ausschüsse nicht mehr teilnehmen; entsprechende Fehlzeiten werden ihm nicht erstattet. Gegen den Ausschluss kann Widerspruch eingelegt werden. 1949 wurde Kurt Schumacher zunächst für zwanzig Sitzungstage ausgeschlossen, weil er Bundeskanzler Konrad Adenauer als „Kanzler der Alliierten“ bezeichnet hatte. Diese Disziplinarmaßnahme wurde nach einer Schlichtung zwischen Schumacher und Adenauer kurz darauf aufgehoben.

Die Arbeit der Mitglieder des Bundestages

Die Arbeit der Mitglieder des Bundestages muss in zwei Profile unterteilt werden: Die Arbeit während der Sitzungswochen unterscheidet sich erheblich von der Arbeit außerhalb dieser Zeit. In der Regel wechseln sich je zwei Sitzungs- und je zwei sitzungsfreie Wochen ab; es entstehen jedoch immer wieder, schon allein durch gesetzliche Feiertage, Unterbrechungen in diesem Rhythmus.

Arbeit während der Sitzungswoche

Die Arbeit in der Sitzungswoche beginnt für einige Abgeordnete bereits am Montag. Nachdem die Gremien der Parteien während des Vormittags (Präsidium und im Anschluss der Vorstand) zusammenkommen, treffen sich am Nachmittag die Fraktionsvorstände. Hierbei tagen zuerst die geschäftsführenden Fraktionsvorstände und im Anschluss die erweiterten Fraktionsvorstände. Außerdem tagen auch einige wichtige Untergremien der Fraktionen und bereiten die Ausschuss- und Plenumssitzungen der laufenden Woche vor. An Montagabenden tagen die meisten Landesgruppen der Fraktionen, um sich ebenfalls auf die am folgenden Tag stattfindende Fraktionssitzung vorzubereiten. Spätestens am Dienstagmorgen müssen alle Abgeordneten anwesend sein, denn dann treten in der Regel die einzelnen Ausschuss-Arbeitsgruppen der Fraktionen zusammen. Am Nachmittag finden die Fraktionssitzungen in der Regel um 15 Uhr statt. Am Mittwochmorgen finden Ausschusssitzungen statt. Ab spätem Mittag folgen die Fragestunde beziehungsweise die Aktuelle Stunde im Plenum. Donnerstags und freitags stehen schließlich die Plenumsdiskussionen auf dem Programm. Die Konzentration auf die zwei letzten Werktage in der Woche eröffnet den Ausschüssen die Möglichkeit, vor den Plenumssitzungen zusammenzukommen, außerdem kann so eine Überschneidung zwischen Ausschuss- und Plenumssitzungen besser vermieden werden. Die Sitzungswoche endet in der Regel am frühen Freitagnachmittag, damit die Abgeordneten in ihre Wahlkreise zurückreisen können. Dieses Schema der Arbeitswoche wird nicht immer strikt durchgehalten. So lässt sich in der Realität die Überschneidung von Ausschuss- und Plenumssitzungen nur schwer vermeiden.

Ein Bundestagsabgeordneter ist in der Regel acht bis fünfzehn Stunden pro Tag mit verschiedenen Tätigkeiten beschäftigt. Die Abgeordneten müssen dabei unter anderem die Sichtung von Post und Zeitungen, die oft mehrstündigen Fraktions-, Arbeitsgruppen-, Ausschuss- und Plenarsitzungen, welche sich womöglich noch überschneiden, Interview-Anfragen, Besuchergruppen aus ihrem Wahlkreis, die Vorbereitungen von Reden und die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen unter einen Hut bringen. Viele Abgeordnete haben also während der Plenarsitzungen andere verantwortungsvolle Verpflichtungen. Aus diesem Grunde verwundert es nicht, wenn bei der alltäglichen Arbeit im Bundestag nur einige Dutzend Mitglieder im Plenum sitzen – sie sind in aller Regel die Experten für das gerade besprochene Thema.

Arbeit außerhalb der Sitzungswochen

Außerhalb der Sitzungswochen stehen neben der Vorbereitung auf die Sitzungswochen auch wichtige Termine im Wahlkreis an: Viele Bundestagsabgeordnete bieten Bürgersprechstunden an, nehmen an örtlichen Veranstaltungen teil und pflegen eine Vielzahl von Kontakten auf lokaler, regionaler, deutscher und europäischer Ebene. Zudem üben einige Abgeordnete auch noch zeitweise einen eigenen Beruf aus, den sie allenfalls in den sitzungsfreien Wochen betreiben können.

Immunität, Indemnität und Zeugnisverweigerungsrecht

Nach Art. 46 GG kann kein Abgeordneter für irgendeine Äußerung oder Abstimmung, die er im Bundestag oder in einem seiner Ausschüsse getätigt hat, während oder nach seiner Zeit im Bundestag zur strafrechtlichen oder dienstrechtlichen Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen. Der Bundestagspräsident kann jedoch Rügen und Verweise erteilen und sogar Mitglieder des Bundestages von der Sitzung ausschließen.

Andererseits darf kein Abgeordneter des Bundestages ohne dessen Zustimmung wegen einer Straftat verhaftet oder zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht, wenn er bei Begehung der Tat, also „in flagranti“, oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen wird. Ebenso bedarf es zur Einleitung eines Verfahrens zum Entzug von Grundrechten nach Art. 18 GG der Zustimmung des Bundestages. Ferner muss jedes Ermittlungsverfahren und auch ein Verfahren zum Entzug von Grundrechten auf Anordnung des Bundestages ausgesetzt werden.

Diese Vorschriften dienen zum Schutz der Unabhängigkeit des Parlamentes, nicht zum Schutz des einzelnen Abgeordneten. Sie sind historisch bedingt: Zu Beginn des Parlamentarismus versuchte die Exekutive häufig, unliebsame Abgeordnete unter einem Vorwand von ihrem Mandat abzuziehen, dazu war die Verwicklung in vermeintlich oder tatsächlich begangene Straftaten ein beliebtes Mittel. Entsprechend wurde die In-flagranti-Regelung geschaffen, da innerhalb eines Tages ein Verbrechen, das so gar nicht stattgefunden hatte, sehr schwer zu konstruieren ist. Heute wird die Regelung überwiegend als anachronistisch angesehen. Der Bundestag hebt zu Beginn der Legislaturperiode regelmäßig die Immunität etwa für Verkehrsdelikte auf.

Nach dem Zeugnisverweigerungsrecht müssen die Abgeordneten nicht über Gespräche mit Personen aussagen, wenn sie diese Gespräche in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete geführt haben. Durch das Zeugnisverweigerungsrecht wird auch die Beschlagnahme von Dokumenten verboten, wenn diese Informationen über die Gespräche enthalten. Dieser Schutz für die Informanten soll den Abgeordneten die Wahrnehmung ihrer Kontrollfunktion ermöglichen.

Überwachung von Abgeordneten

Mehrere Kleine Anfragen der Bündnis 90/Die Grünen- sowie der Linksfraktion forderten die Bundesregierung auf, Auskunft darüber zu geben, ob Bundestagsabgeordnete durch Nachrichtendienste des Bundes beobachtet werden. Die Antwort der Bundesregierung stellte fest, dass es für Abgeordnete „keine privilegierende Sonderbehandlung“ gebe. Prinzipiell sei deshalb auch die Sammlung, Speicherung und Weitergabe von Informationen über Bundestagsabgeordnete durch Nachrichtendienste des Bundes – auch unter Zuhilfenahme nachrichtendienstlicher Maßnahmen – rechtens, es sei denn, die „innerparlamentarischen Statusrechte“ der Abgeordneten würden dadurch geschmälert. Die parlamentarische Opposition kritisierte diese Praxis heftig. Max Stadler, FDP-Innenexperte und Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums, bezeichnete die Antwort der Regierung als „inakzeptabel“ und forderte die Regierung auf, die Überwachung von Bundestagsabgeordneten schnellstmöglich zu beenden.

Versorgung der Abgeordneten

Hauptartikel: Abgeordnetenentschädigung

Um eine ihrem Amt angemessene Lebensführung zu gestatten, erhalten die Abgeordneten eine steuerpflichtige Diät, eine steuerfreie Kostenpauschale und einige andere Vergünstigungen wie eine Netzkarte der Bahn, Kostenerstattung für Flüge, die Übernahme von Mitarbeitergehältern, ein Übergangsgeld nach dem Ausscheiden und eine Altersversorgung. Ein spezielles Referat der Bundestagsverwaltung kümmert sich um diese Belange.

Die Arbeit des Bundestages

Geschäftsordnung

Die wesentlichen Vorschriften für die Arbeit des Bundestages sind in der Geschäftsordnung verankert. Sie muss zu Beginn jeder Legislaturperiode neu beschlossen werden. In der Regel wird die Geschäftsordnung der vorherigen Legislaturperiode mit leichten Anpassungen übernommen. Die Geschäftsordnung enthält als Anhänge wichtige Vorschriften, etwa die „Verhaltensregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages“ oder die „Geheimschutzordnung“, die für die Mitglieder des Bundestages ebenso verbindlich sind wie die Geschäftsordnung. Die Geschäftsordnung ist mit einfacher Mehrheit änderbar, von ihr kann abgewichen werden, wenn zwei Drittel der anwesenden Mitglieder zustimmen.

Debatten

Zwischenfrage während einer Debatte im Bundestag

Debatten im Deutschen Bundestag laufen manchmal recht emotional ab. Zwischenrufe sind an der Tagesordnung und sollen den Redner aus dem Konzept bringen, gegen die eigene Fraktion gerichtete Bemerkungen werden häufig mit empörtem verbalen Protest oder aber mit hämischem Lachen beantwortet. Wenn der Redner es zulässt, können auch Zwischenfragen an diesen gestellt werden. Der Fragesteller meldet seine Frage per Knopfdruck an. Wenn er aufgerufen wird, steht er auf, um seine Frage zu stellen. Der Fragesteller muss so lange stehenbleiben, bis seine Frage beantwortet wurde. Dem politischen Gegner wird nur in Ausnahmefällen applaudiert, während der Applaus bei Rednern der eigenen Fraktion obligatorisch ist. Vom hämischen „Lachen“ ist – auch im stenografischen Protokoll – die „Heiterkeit“ zu unterscheiden, die eher positiv belegt ist: Es kann vorkommen, dass die Bemerkung eines Mitgliedes der Regierungskoalition bei seinen Fraktionen „Heiterkeit“, bei der Opposition dagegen „Lachen“ hervorruft.

Die Debatten werden über das Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestages sowie über den Fernsehsender Phoenix live übertragen. Das Audiosignal kann zudem über die Telefonnummer (030) 227 20018 mitgehört werden.[6]

Abstimmungen

Die meisten Abstimmungen des Deutschen Bundestages finden durch Handzeichen statt. Bei der Schlussabstimmung wird jedoch mit Aufstehen und Sitzenbleiben abgestimmt. Ist sich der Sitzungsvorstand über eine Mehrheit uneins, so wird der „Hammelsprung“ angeordnet. Dabei verlassen alle Abgeordneten den Saal und kehren durch drei mit „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ zu identifizierende Türen wieder in den Plenarsaal zurück, während die Stimmen gezählt werden. Das Präsidium stimmt öffentlich ab. Ist eine geheime Wahl gesetzlich vorgeschrieben, so findet nur für diesen Fall die Wahl mit verdeckten Stimmzetteln statt. Dabei erhält jeder Bundestagsabgeordnete gegen Vorlage seines Stimmausweises einen Stimmzettel, den er in einer Stimmkabine ausfüllen muss. Anschließend wirft er den verdeckten Stimmzettel in die Wahlurne. Eine elektronische Abstimmungsanlage gibt es im Deutschen Bundestag nicht. Nach dem Selbstverständnis der Abgeordneten sollen Abstimmungen bewusste Handlungen sein, die nicht durch das bloße Drücken von Tasten ersetzt werden dürfen.

Namentliche Abstimmungen

Auf Antrag einer Fraktion oder mindestens fünf Prozent der Abgeordneten wird über eine Frage namentlich abgestimmt. Dabei wird bei jedem Bundestagsabgeordneten über in Urnen gesammelte Stimmkarten festgestellt, wie er gestimmt hat.[7] Die Stimmabgabe wird im stenografischen Protokoll vermerkt. Diese Abstimmungsart soll – gerade bei umstrittenen Sachfragen – jeden Abgeordneten zwingen, seine Entscheidung öffentlich darzulegen. Sie dient auch dazu, den politischen Gegner bloßzustellen, weil in Sachfragen von der Fraktionsmeinung abweichende Abgeordnete entweder gegen ihre persönliche Überzeugung fraktionskonform mitstimmen müssen und damit unglaubwürdig erscheinen oder stattdessen ihren eigenen Standpunkt vertreten und damit die inhaltliche Uneinigkeit ihrer Partei demonstrieren. Seit einiger Zeit werden die Ergebnisse solcher Abstimmungen auch im Internet veröffentlicht.[8]

Die Verwaltung des Deutschen Bundestages

Die Verwaltung des Deutschen Bundestages unterstützt das Verfassungsorgan mit ihren rund 2.600 Mitarbeitern. Sie stellt hierbei die Infrastruktur und Logistik für das Parlament zur Verfügung. Verwaltungstechnisch stellt die Bundestagsverwaltung eine oberste Bundesbehörde dar und steht damit auf einer Ebene mit den Ministerien der Bundesregierung und anderen obersten Bundesbehörden. Sie gliedert sich in vier Abteilungen. Jede Abteilung ist wiederum in vier Unterabteilungen unterteilt.

Parlament und Abgeordnete

Stenografin im Bundestag

Während der Plenarsitzungen schreiben die Parlamentsstenografen den Wortlaut der kompletten Debatte einschließlich der Zwischenrufe und Abstimmungsergebnisse mit.

Unterstützend und im Plenum sichtbar sind die durch ihren dunkelblauen Frack leicht zu erkennenden Saaldiener.

Die Bundestagsabgeordneten können aus Mitteln des Bundestages eigene Mitarbeiter einstellen. Ein eigenes Referat betreut die Abgeordnetenmitarbeiter und berät bei arbeitsrechtlichen Schwierigkeiten die Abgeordneten.

Wissenschaft und Außenbeziehungen

Den Mitgliedern des Bundestages stehen die wissenschaftlichen Fachbereiche, die in der Abteilung W seit dem 1. Mai 2006 im Zuge einer Verwaltungsreform neu zusammengefasst wurden, zur Verfügung. Die Fachbereiche verfassen Gutachten und stellen ganz im Sinne einer vorausschauenden Politikberatung selbst verfasste „aktive Informationen“ zur Verfügung. Während einer Legislaturperiode werden mehrere tausend Anfragen an die wissenschaftlichen Fachbereiche und oben genannte Informationsdienste gestellt.

Darüber hinaus bietet der Petitionsausschuss jedermann die Möglichkeit, sich mit Bitten und Beschwerden, das heißt mit Petitionen, an das Parlament zu wenden.

Information und Dokumentation

Von den Fachbereichen wurden am 1. Mai 2006 die wissenschaftlichen Informationsdienste getrennt, deren tragende Säulen die Bundestagsbibliothek, das Parlamentsarchiv, das Referat Sach- und Sprechregister sowie die Pressedokumentation sind.

  • Die Bundestagsbibliothek bietet auch auf Grund einer systematischen Vernetzung mit anderen Bibliotheken in den Ministerien und in Berlin sowie durch die Nutzung kostenpflichtiger Datenbanken, den Abgeordneten eine hervorragende Voraussetzung zur Beschaffung von Informationen. Mit 1,2 Millionen Bänden und darunter insgesamt 11.000 Periodika (wissenschaftlichen Fachzeitschriften) gehört sie zu den wichtigen wissenschaftlichen Hilfsorganisationen des Bundestags.
  • Das Parlamentsarchiv hält alle Plenarprotokolle und Drucksachen sowie insbesondere die Protokolle der Ausschüsse und sonstigen Bundestagsgremien für eine wissenschaftliche Nutzung bereit. Ferner wird dort das Amtliche Handbuch des Deutschen Bundestages sowie das Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages herausgegeben.
  • Das Referat Sach- und Sprechregister stellt die Amtlichen Drucksachen und Plenarprotokolle digitalisiert zur Verfügung. Diese Dokumente können seit der 13. Wahlperiode im Internet kostenlos eingesehen werden (Amtlichen Drucksachen, Plenarprotokolle). Eine weitere Aufgabe ist die inhaltliche Bearbeitung des DIP (Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge), in der alle im Bundestag und im Bundesrat eingebrachten Gesetzesvorhaben und deren parlamentarische Behandlung aufgeführt sind.
  • Die Pressedokumentation des Bundestages wertet täglich Zeitungen nach für den Bundestag relevanten Themen aus, hält sie für die Benutzung im Hause bereit und beantwortet Anfragen der Abgeordnetenbüros, der Fraktionen und der Verwaltung.

Zentralabteilung

Die Zentralabteilung stellt das administrative und technisch-organisatorische Rückgrat der Bundestagsverwaltung dar. Sie sorgt für die Bereitstellung der personellen, sächlichen und finanziellen Ressourcen, welche zur Durchführung des Parlamentsbetriebes notwendig sind.

Der 17. Deutsche Bundestag (seit 2009)

Sitzverteilung und Vorsitze der Bundestagsfraktionen

Sitzverteilung zu Beginn der Legislaturperiode

Der bei der Bundestagswahl 2009 am 27. September gewählte 17. Deutsche Bundestag ist am 27. Oktober 2009 zusammengetreten. Nach dem amtlichen Endergebnis des Bundeswahlleiters ergab sich zu Beginn der Legislaturperiode die nebenstehende Mandatsverteilung.[9]

  • Die CDU/CSU-Fraktion wählte am 29. September 2009 ihren bisherigen Vorsitzenden Volker Kauder mit 226 von 235 Stimmen wieder zum Fraktionsvorsitzenden.
  • Ebenfalls an diesem Tage wählte die SPD-Fraktion den bisherigen Bundesaußenminister und gescheiterten Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier mit 126 von 146 Stimmen zum Fraktionsvorsitzenden.
  • Am selben Tag hat die FDP-Fraktion einstimmig ihren bisherigen Vorsitzenden Guido Westerwelle wiedergewählt. Noch vor Beginn der Wahlperiode wurde an Stelle von Westerwelle, dem die Berufung in die Bundesregierung in Aussicht stand, Birgit Homburger am 26. Oktober 2009 zur Fraktionschefin gewählt, bis diese am 10. Mai 2011 von Rainer Brüderle ersetzt wurde.
  • Die Fraktion „Die Linke" wählte am 9. Oktober 2009 ihren bisherigen Co-Vorsitzenden Gregor Gysi zum Fraktionsvorsitzenden. Es ist noch unklar, ob – wie in der vergangenen Legislaturperiode – eine Doppelspitze gewählt wird oder ob Gysi alleiniger Fraktionschef bleibt.
  • Die Fraktion Bündnis '90/Die Grünen wählte am 6. Oktober 2009 ihre beiden Bundestagswahl-Spitzenkandidaten, Renate Künast (79 % der Stimmen) und Jürgen Trittin (91 % der Stimmen), zu Fraktionsvorsitzenden.

Geschlechterverteilung im Bundestag und seinen Fraktionen

Im 17. Deutschen Bundestag wuchs der Anteil der Frauen unter den Abgeordneten auf 32,8 %[10], gegenüber 32,1 % im Juli 2009 und 32,5 % nach der Wahl 2002. Der Frauenanteil im Bundestag stieg im Zeitraum von 1987 bis 1998 in vier Bundestagswahlen mit Schritten von jeweils gut 5 Prozentpunkten von 10 % auf über 30 %,[11] und liegt seit 1998 bei gut 30 %.

In der folgenden Tabelle geben die nachgeordneten Zahlen und Personen in Klammern zum Vergleich die Werte sowie die Fraktionsvorsitzenden des vorherigen 16. Bundestages im Juli 2009 wieder.

Partei Frauen Männer gesamt Frauenanteil Männeranteil Fraktionsvorsitz[12]
Frau Mann
CDU 42 152 194 21,6 % 78,4 %
CSU 6 (9[13]) 39 (36[13]) 45 (45[13]) 13,3 % (20,0 %) 86,7 %
CDU/CSU insgesamt 48 (46) 191 (176) 239 (222) 20,1 % (20,7 %) 79,9 % Volker Kauder
(    "    )
FDP 23 (15) 70 (46) 93 (61) 24,7 % (24,6 %) 75,3 % Birgit Homburger (bis Mai 2011) Rainer Brüderle (ab Mai 2011)
(Guido Westerwelle)
SPD 56 (80) 90 (141) 146 (221) 38,4 % (36,2 %) 61,6 % Frank-Walter Steinmeier
(Peter Struck)
Die Linke 40 (26) 36 (27) 76 (53) 52,6 % (49,1 %) 47,4 % Gregor Gysi
(    "   /Oskar Lafontaine)
Grüne 37 (29) 31 (22) 68 (51) 54,4 % (56,9 %) 45,6 % Renate Künast
(    “    )
Jürgen Trittin
(Fritz Kuhn)
Fraktionslose Abgeordnete –    (0) –    (3) –    (3) –    (0 %)
Bundestag gesamt 204 (196) 418 (415) 622 (611) 32,8 % (32,1 %) 67,2 %

(Die nicht in Klammern stehenden Zahlen der obigen Tabelle wurden der Internetveröffentlichung des Bundeswahlleiters zum endgültigen Ergebnis der Bundestagswahl 2009 entnommen.[14] Alle prozentualen Anteile wurden berechnet.[15])

Altersverteilung

Das Durchschnittsalter der Mitglieder des 17. Deutschen Bundestags beträgt 49,24 Jahre. Es gibt nur geringe Unterschiede des Durchschnittsalters zwischen den Parteien: Das Durchschnittsalter der Mitglieder der einzelnen Parteien schwankt um die 50 Jahre. Mit einem Durchschnittsalter von 51,64 Jahren hat die SPD das höchste Durchschnittsalter, gefolgt von der CSU mit 50,24, der CDU mit 49,23, der Linken mit 48,57 und der FDP mit 47,52 Jahren. Die Grünen sind mit einem Durchschnittsalter von 46,62 Jahren die „jüngste“ Partei im Deutschen Bundestag.[16]

Der jüngste Abgeordnete im 17. Deutschen Bundestag ist der 22-jährige FDP-Politiker und Student Florian Bernschneider. Er ist damit jedoch nicht der jüngste Abgeordnete, der je in den Deutschen Bundestag gewählt wurde: Anna Lührmann war mit 19 Jahren die jüngste Abgeordnete, die je in den Deutschen Bundestag gewählt wurde.[17] Die jüngste weibliche Abgeordnete im 17. Deutschen Bundestag ist die 24-jährige Grünen-Politikerin Agnieszka Malczak.[18] Das älteste Mitglied des Deutschen Bundestages ist der 75-jährige Alterspräsident des Deutschen Bundestages und CDU-Mitglied Heinz Riesenhuber.

Geschichte

Geschichtliche Entwicklung

Ähnlich wie in vielen anderen Ländern bildete sich in Deutschland eine parlamentarische Tradition nur langsam heraus. Die ersten deutschen Parlamente gab es in Süddeutschland am Anfang des Jahrhunderts. Mit Ausnahme des Hambacher Festes 1832 und erster parlamentarischer Verfassungen in Süddeutschland gab es bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts keine systematischen Bestrebungen in Richtung Parlamentarismus und Demokratie.

Ein erstes nach dem allgemeinen (Männer-)Wahlrecht gewähltes demokratisches Parlament für ganz Deutschland war die Frankfurter Nationalversammlung. Sie tagte 1848/1849 in der Frankfurter Paulskirche und sah mit der sogenannten Paulskirchenverfassung eine konstitutionelle Monarchie für Deutschland vor. Das Parlament sollte aus dem Reichstag bestehen, aufgeteilt in ein Staatenhaus und ein Volkshaus. Eine Fortentwicklung hin zur parlamentarischen Demokratie war hier insofern zu erwarten, als die Krone gegenüber Reichstagsbeschlüssen nur über ein suspensives (aufschiebendes) Veto verfügen sollte. Der Grundrechtskatalog der Paulskirchenverfassung wurde maßgeblich für die Weimarer Verfassung und das Grundgesetz. Die Paulskirchenverfassung und mit ihr die Nationalversammlung scheiterten jedoch am Widerstand der Fürsten.

Reichstagsgebäude ca. 1900
Reichstagsgebäude 2008

Bis zur Reichsgründung 1871 gab es daher kein gesamtdeutsches Parlament. Der im selben Jahr geschaffene Reichstag wurde zwar in allgemeiner, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt, hatte aber keinen Einfluss auf die Regierungsbildung; nur Männer besaßen zudem das aktive und passive Wahlrecht. Unmittelbarer Vorläufer dieses Parlaments war der Reichstag des Norddeutschen Bundes (seit 1867), der ebenfalls aus allgemeinen, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorging. Parlamentarisiert wurde das Regierungssystem erst unter dem Eindruck der bevorstehenden militärischen Niederlage im Ersten Weltkrieg durch die Verfassungsänderung vom 28. Oktober 1918. Bereits im Jahr zuvor hatten Parteien Einfluss auf die Regierungsbildung genommen.

Die Weimarer Nationalversammlung von 1919 arbeitete nach der November-Revolution des Jahres 1918 die erste republikanisch-demokratische Verfassung für das Deutsche Reich aus. Nach dem Inkrafttreten der Weimarer Verfassung fungierte die Nationalversammlung zunächst als Parlament, bis sie schließlich 1920 durch einen neu gewählten Reichstag abgelöst wurde. Das Wahlrecht des Kaiserreichs war 1919 grundsätzlich beibehalten, aber das Mehrheits- durch das Verhältniswahlrecht ersetzt sowie das Frauenstimmrecht eingeführt worden.

Mit dem Beschluss des Ermächtigungsgesetzes 1933 endete auch die demokratische Phase des Reichstags. Als Institution blieb er zwar bestehen, verlor aber seine Aufgabe als gesetzgebendes und die Regierung kontrollierendes Organ.

Nach der bedingungslosen Kapitulation am Ende des Zweiten Weltkrieges entstand eine parlamentslose Zeit, da die Deutschen keine Hoheitsrechte mehr innehatten. Mit dem Fortschreiten des Ost-West-Konfliktes sahen die drei westlichen Alliierten, die USA, das Vereinigte Königreich und Frankreich, allerdings die Notwendigkeit, einen westdeutschen Staat zu errichten. Am 1. September 1948 nahm der Parlamentarische Rat in Bonn seine Arbeit auf: Seine Aufgabe war die Schaffung eines (vorläufigen) Grundgesetzes für Westdeutschland. Die Hoffnung auf eine baldige Wiedervereinigung der drei westlichen und der Sowjetischen Besatzungszone zerfiel jedoch. Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verkündet, es trat am folgenden Tag in Kraft. Am 7. Oktober wurde die bisherige Ostzone zur Deutschen Demokratischen Republik.

Die Einrichtung eines „Volkstages“, diese Bezeichnung wurde erst relativ spät in „Bundestag“ geändert, mit weitreichenden Befugnissen war im Parlamentarischen Rat im Vergleich zur Struktur des späteren Bundesrates wenig umstritten. Auch die diskutierten Rechte und Pflichten stimmen im Wesentlichen mit denen überein, die der Bundestag heute tatsächlich innehat.

Nach der Wiedervereinigung wechselte der Bundestag 1999 im Zuge des Hauptstadtbeschlusses aus dem Jahre 1991 von Bonn in das Reichstagsgebäude in Berlin.

Erster Bundestag (1949–1953)

Briefmarke des Jahrgangs 1949 der Deutschen Bundespost zur Eröffnung des ersten Bundestages

Der 1. Deutsche Bundestag, der am 14. August 1949 gewählt worden war, trat am 7. September 1949 in Bonn zu seiner ersten Sitzung zusammen. Noch vor ihm war der Bundesrat erstmals zusammengekommen. Die beiden legislativen Staatsorgane waren damit konstituiert. Die erste Sitzung wurde von Alterspräsident Paul Löbe geleitet, bis schließlich Erich Köhler zum ersten Bundestagspräsidenten gewählt wurde. Am 12. September wurde Theodor Heuss von der Bundesversammlung zum ersten Bundespräsidenten, drei Tage später Konrad Adenauer vom Bundestag zum ersten Bundeskanzler gewählt. Nachdem Bundestagspräsident Köhler auch die Unterstützung seiner eigenen Fraktion verloren hatte, wurde 1950 Hermann Ehlers zum zweiten Bundestagspräsidenten gewählt.

Der 1. Bundestag hatte die schwierige Aufgabe, die Folgen von Krieg und Vertreibung durch gesetzliche Maßnahmen in einem erträglichen Rahmen zu halten. Ebenso musste er die gesetzlichen Rahmenbedingungen für ein Wirtschaftswachstum und den Wiederaufbau der Infrastruktur setzen. Wichtige Gesetze waren die zum Lastenausgleich, aber auch die Ratifikation des außenpolitisch wichtigen Vertrages über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion). Hinzu kamen Beschlussfassungen über das Betriebsverfassungsgesetz, das Wohnungsbaugesetz und das Kartellgesetz, das zum Aufkommen des Wirtschaftswunders beitrug. Auch die Wiedergutmachungsabkommen, die die Bundesregierung mit dem Staat Israel schloss, bedurften der Genehmigung durch den Bundestag. Bereits im November 1949 kam es zu einem Eklat, als der SPD-Fraktionsvorsitzende Kurt Schumacher Bundeskanzler Adenauer als „Bundeskanzler der Alliierten“ bezeichnete und dafür vorübergehend aus dem Bundestag ausgeschlossen wurde.

Zweiter Bundestag (1953–1957)

Der 2. Bundestag wurde am 6. September 1953 gewählt. Auf seiner ersten Sitzung, die zunächst von Alterspräsidentin Marie Elisabeth Lüders geleitet wurde, ist Hermann Ehlers wieder zum Bundestagspräsidenten gewählt worden. Auch die Wahl des Bundeskanzlers fiel zum zweiten Mal auf Konrad Adenauer. 1954 war die Wiederwahl von Theodor Heuss zum Bundespräsidenten unumstritten. Nach dem plötzlichen Tod von Bundestagspräsident Hermann Ehlers 1954 wurde Eugen Gerstenmaier dessen Nachfolger. Bei seiner Wahl am 16. November gab es dabei den im Bundestag einmaligen Fall, dass zwei Fraktionskollegen gegeneinander um das Amt des Bundestagspräsidenten kandidierten: Gegen den „offiziellen“ CDU/CSU-Kandidaten Gerstenmaier, der vielen Abgeordneten auch der Regierungskoalition zu kirchennah war, trat der von dem FDP-Abgeordneten Hans Reif vorgeschlagene Ernst Lemmer an und verlor erst im dritten Wahlgang mit lediglich 14 Stimmen Unterschied.

Auch der 2. Bundestag musste noch wesentlich für die Konsolidierung des deutschen Staatswesens kämpfen. Auch wenn durch das Wirtschaftswunder viele deutliche Verbesserungen möglich waren, bedurften die wesentlichen Weichenstellungen der Zustimmung des Bundestages. In seine Legislatur fielen die Rentenreform hin zur dynamischen Rente, die Zustimmung zu den Römischen Verträgen und zur letztlich scheiternden Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Auch die Tatsache, dass die Bundesrepublik 1955 wieder zum größten Teil souverän wurde und damit außenpolitisch handlungsfähiger wurde, erweiterte die Aufgaben des Bundestages. Schließlich war die Wiederbewaffnung und der Aufbau der Bundeswehr mit dem NATO-Beitritt eine wichtige Entwicklung, die gesetzgeberisch von ihm begleitet werden musste. Hierzu gehört auch der erste größere Umbau des Grundgesetzes mit der Einfügung einer Wehrverfassung. Diese Veränderungen erfolgten gegen den starken Widerstand der SPD-Opposition. Durch den Beitritt des Saarlandes erhöhte sich ab dem 4. Januar 1957 die Anzahl der Bundestagsabgeordneten um zehn weitere.

Dritter Bundestag (1957–1961)

Der 3. Bundestag wurde am 15. September 1957 gewählt. Auf seiner ersten Sitzung, die zunächst wiederum von Alterspräsidentin Marie Elisabeth Lüders geleitet wurde, wählten die Abgeordneten Eugen Gerstenmaier wieder zum Bundestagspräsidenten und Konrad Adenauer wieder zum Bundeskanzler. Bei der Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1959 fiel die Wahl nach dem Rückzug Adenauers auf den CDU-Politiker Heinrich Lübke, der damit zweiter Bundespräsident wurde.

Die Legislaturperiode verlief zunächst ohne große Besonderheiten. 1959 verkündete die SPD jedoch das Godesberger Programm, mit dem sie die Abkehr von einer Klassenkampfpartei hin zu einer sozialdemokratischen Volkspartei vornahm. 1960 erklärte der SPD-Abgeordnete Herbert Wehner, dass die SPD fortan die Westbindung und die Integration in die westeuropäischen Vertragssysteme mittragen würde. Der Bau der Berliner Mauer 1961 fiel mitten in den Wahlkampf.

Vierter Bundestag (1961–1965)

Stimmenauszählung 1961

Auf der konstituierenden Sitzung des am 17. September 1961 gewählten 4. Bundestages, die von Robert Pferdmenges als Alterspräsident geleitet wurde, ist Eugen Gerstenmaier erneut zum Bundestagspräsidenten und Konrad Adenauer zum vierten Mal zum Bundeskanzler gewählt worden. Nach Adenauers Rücktritt 1963 wurde Ludwig Erhard gegen den entschiedenen Widerstand seines Vorgängers neuer Bundeskanzler. Die Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1964 verlief dagegen unproblematischer: Heinrich Lübke wurde sogar mit Unterstützung der SPD wiedergewählt.

Gesetzgeberisch fielen wichtige Entscheidungen in die vierte Legislaturperiode: Der Vertrag über die Deutsch-französische Freundschaft wurde Anfang 1963 noch von Adenauer unterzeichnet und im Bundestag ratifiziert. Sozialdemokraten, Freidemokraten und auch viele Christdemokraten sorgten jedoch dafür, dass ihm eine Präambel vorangestellt wurde, die auf die Verpflichtungen gegenüber anderen westlichen Ländern hinwies. Die Spiegel-Affäre 1962 stellte den Anfang vom Ende der Ära Adenauer dar: Adenauer und sein Verteidigungsminister Franz Josef Strauß führten einen Rachefeldzug gegen das kritische Nachrichtenmagazin: Strauß musste zurücktreten, Adenauer war angeschlagen. Im Zuge der Affäre traten auch alle FDP-Minister zurück. Den Wiedereinstieg der FDP in die Regierung musste Adenauer mit dem Versprechen erringen, 1963 zurückzutreten.

Erhards Stil als Kanzler war konzilianter und nachgiebiger als der Adenauers, so ließ er mehr Diskussionen im Kabinett zu. Eine wichtige Debatte, die heute zu den „Sternstunden“ des Parlaments gezählt wird, war die Aussprache über die Verjährung von Morden in der Zeit des Nationalsozialismus; es obsiegte die Seite derer, die eine de facto Verlängerung der Verjährungsfristen verlangten. Auch die beginnende Entspannungspolitik zum Osten hin war Thema im vierten Bundestag.

Fünfter Bundestag (1965–1969)

Die Amtszeit des fünften Bundestags, die nach der Wahl am 19. September 1965 begann, war vom Ende der Kanzlerschaft Ludwig Erhards und von der Großen Koalition unter Kurt Georg Kiesinger geprägt. Auf der konstituierenden Sitzung, die von Alterspräsident Konrad Adenauer geleitet wurde, ist Eugen Gerstenmaier erneut zum Bundestagspräsidenten gewählt worden. Nach Erhards Rücktritt 1966 wurde schließlich Kiesinger zum dritten Bundeskanzler der Bundesrepublik gewählt. Erstmals kam die SPD mit Vizekanzler Willy Brandt in die Regierungsverantwortung. Die Wahl von Gustav Heinemann zum Bundespräsidenten 1969 gab schon einen Hinweis auf die sozialliberale Koalition ab 1969.

Die für damalige Verhältnisse starke Rezession führte zu einer Regierungskrise, in deren Verlauf im Oktober 1966 die FDP-Minister zurücktraten und Ludwig Erhard nach der Vereinbarung von CDU/CSU und SPD über eine Große Koalition zu Gunsten von Kurt Georg Kiesinger zurücktrat. Auf diese Weise wurde das „natürliche“ Gleichgewicht einer etwa gleichen Stärke von Regierungskoalition und Opposition ausgehebelt: Mehr als 400 Abgeordneten von Union und SPD standen nur noch gut 50 Abgeordnete der FDP entgegen. Zwar nahmen auch die Regierungsfraktionen zunehmend eine kritischere Haltung zur Bundesregierung ein, dennoch entstand eine außerparlamentarische Opposition (APO), die sich aus dem Protest gegen die ihrer Meinung nach undemokratische Große Koalition speiste. Wichtigstes Thema der Großen Koalition war die Verabschiedung der Notstandsgesetze und mit ihr die zweite große Veränderung des Grundgesetzes. Die APO protestierte hier besonders gegen die vermeintliche Möglichkeit eines Staatsstreiches durch Gemeinsamen Ausschuss und Bundesregierung, trat aber auch gegen die Verdeckung der Verwicklungen der Elterngeneration in den Nationalsozialismus ein und fand im ehemaligen NSDAP-Mitglied und nunmehrigen Bundeskanzler Kiesinger ein lohnendes Ziel. Die politisch zumeist links von der SPD angesiedelte APO protestierte jedoch auch gegen Vietnam-Krieg und Kapitalismus. Die Diskussion über die Einführung des Mehrheitswahlrechts, die zunächst sehr wahrscheinlich erschien, erstickte am Widerstand innerhalb der SPD. Wichtige weitere Themen waren die rechtliche Gleichstellung unehelicher Kinder und das Stabilitätsgesetz, das die wirtschaftspolitischen Maßstäbe der Politik der Bundesregierung setzte. Auch die Finanzverfassung wurde reformiert. Die Entspannung gegenüber dem Ostblock begann, wurde aber immer wieder von Rückschlägen unterbrochen.

Sechster Bundestag (1969–1972)

Der am 28. September 1969 gewählte sechste Bundestag war ein Bundestag der verfassungsrechtlichen Erstanwendungen: Erstmals wurde ein konstruktives Misstrauensvotum und die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers gestellt, erstmals wurde der Bundestag aufgelöst. Schon der Anfang der Legislaturperiode war von Umbrüchen geprägt: Erstmals koalierten SPD und FDP miteinander, erstmals wurde die Union in die Opposition gedrängt. Alterspräsident William Borm saß zwar noch der Wahl des CDU-Politikers Kai-Uwe von Hassel zum Bundestagspräsidenten vor, doch schon anschließend wurde mit Willy Brandt erstmals ein Sozialdemokrat ins Kanzleramt gewählt.

Der Beginn der Regierung Brandt war innenpolitisch davon gekennzeichnet, den von den Regierenden als „Mief“ bezeichneten Rest der Ära Adenauer zu beseitigen. Die neue sozialliberale Regierung wollte nach den Worten der Regierungserklärung Brandts in Staat und Gesellschaft „mehr Demokratie wagen“, das Strafrecht liberalisieren, unter anderem durch Entkriminalisierung von Homosexualität und Gotteslästerung, finanziell schwächer Gestellten mehr Chancen in der Bildungspolitik einräumen, den Sozialstaat ausbauen und den Umweltschutz anpacken. Die wichtigste Neuerung war jedoch ein völlig neues Konzept in der Außenpolitik: die so genannte Ostpolitik. Willy Brandt gelang es gegen heftigen Widerstand der konservativen Opposition, die Aussöhnung mit der Sowjetunion, mit Polen und mit der Tschechoslowakei voranzutreiben und auch die Beziehungen zur DDR auf eine neue Grundlage zu stellen. Einige Angehörige der Regierungsfraktionen verließen aus Protest gegen diese Politik die Koalition und schlossen sich der Opposition aus CDU und CSU an. Diese versuchte schließlich am 27. April 1972, Bundeskanzler Willy Brandt per konstruktivem Misstrauensvotum durch ihren Fraktionsvorsitzenden, Rainer Barzel, zu ersetzen. Durch eine (später bewiesenen Gerüchten zufolge) gekaufte Abstimmung verlor Barzel jedoch knapp das Misstrauensvotum. Schließlich einigten sich Bundesregierung und Opposition auf einen Kompromiss; der Bundestag beschloss die Ostverträge. Dennoch bestand weiterhin ein Patt zwischen Koalition und Opposition, sodass Brandt am 22. September 1972 die Vertrauensfrage stellte und absichtlich verlor. Bereits einen Tag später löste Bundespräsident Gustav Heinemann den Bundestag auf und schrieb Neuwahlen aus.

Siebter Bundestag (1972–1976)

Die konstituierende Sitzung des am 19. November 1972 gewählten 7. Bundestages nach der Bundestagswahl 1972 wurde von Alterspräsident Ludwig Erhard geleitet. Mit Annemarie Renger wurde erstmals eine Frau und erstmals eine Sozialdemokratin in das Amt des Bundestagspräsidenten gewählt. Willy Brandt wurde als Bundeskanzler wiedergewählt. Sein Rücktritt wegen der Spionage-Affäre um Günter Guillaume 1974 führte zur Wahl Helmut Schmidts zum Bundeskanzler. Wenige Wochen später wurde Walter Scheel von der Bundesversammlung zum vierten Bundespräsidenten gewählt.

Außenpolitisch spielten der Grundlagenvertrag mit der DDR, der die Einrichtung Ständiger Vertretungen beinhaltete, ebenso eine wichtige Rolle wie der Beitritt beider deutscher Staaten zu den Vereinten Nationen. Beide Verträge mussten vom Bundestag ratifiziert werden. Insgesamt deutete sich jedoch an, dass auch die Union der Ostpolitik der sozialliberalen Regierung zunehmend weniger feindselig entgegenstand. Innenpolitisch gab es aber bei der Diskussion um den Abtreibungsparagrafen 218 im Strafgesetzbuch und die Reform des Scheidungsrechts großen Streit zwischen den beiden Lagern. Ohne grundsätzliche Diskussionen wurde jedoch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAFöG) beschlossen. Der Terrorismus, der bei den Olympischen Spielen in München 1972 bereits sein Antlitz gezeigt hatte, spielte eine wichtigere Rolle, insbesondere durch das Aufkommen der Baader-Meinhof-Gruppe und später der RAF. Doch auch die Ölkrise 1973 hatte große Auswirkungen auf die Politik; die Umweltpolitik trat zunehmend in den Vordergrund.

Achter Bundestag (1976–1980)

Der achte Bundestag, der am 3. Oktober 1976 gewählt wurde, wurde von Alterspräsident Ludwig Erhard eröffnet, anschließend wurde Karl Carstens zum sechsten Bundestagspräsidenten gewählt. Er wurde nach der Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1979 fünfter Bundespräsident, Richard Stücklen trat seine Nachfolge als Bundestagspräsident an.

Die Legislaturperiode des achten Bundestages fiel in außen- wie innenpolitisch schwierige Zeiten. Während 1977 der Terror der RAF mit der Ermordung von Hanns Martin Schleyer und der Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach Mogadischu tobte, ging die Bundesregierung und mit ihr der Bundestag gesetzgebungstechnisch „bis an den Rand des verfassungsrechtlich Möglichen“. So wurde beispielsweise durch ein Eilgesetz eine Kontaktsperre über die in Stuttgart-Stammheim einsitzenden RAF-Terroristen verhängt, die somit nicht mit ihren Rechtsanwälten kommunizieren durften. Außenpolitisch sorgten der Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan und der NATO-Doppelbeschluss für ein Wiederaufleben der Friedensbewegung.

Am 12. Juni 1978 trat der CDU-Bundestagsabgeordnete Herbert Gruhl wegen unüberbrückbarer Differenzen aus Partei und Fraktion aus und gründete einen Tag später die Grüne Aktion Zukunft (GAZ). Diese nahm Anfang 1980 an der Gründung der GRÜNEN teil, womit diese durch Gruhl mit einem Abgeordneten im Bundestag vertreten waren. Gruhl, der noch bis Ende 1980 im Bundestag saß sowie die GAZ zogen sich als konservativer Parteiflügel noch im selben Jahr aus der Partei zurück und wirkten zwei Jahre später an der Gründung der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP, später ödp) mit, deren erster Vorsitzender Gruhl wurde.

Neunter Bundestag (1980–1983)

Der neunte Bundestag, gewählt am 5. Oktober 1980, erlebte zwei Vertrauensfragen sowie ein konstruktives Misstrauensvotum und wurde schließlich Anfang 1983 aufgelöst. In der von Alterspräsident Herbert Wehner geleiteten konstituierenden Sitzung wurde Richard Stücklen wieder zum Bundestagspräsidenten gewählt. Bundeskanzler Helmut Schmidt stellte Anfang 1982 eine positiv beantwortete Vertrauensfrage. Trotzdem war seine Regierung im Oktober 1982 zu Ende: Schmidt wurde durch ein konstruktives Misstrauensvotum von CDU/CSU und seinem ehemaligen Koalitionspartner FDP durch die Wahl von Helmut Kohl zum Bundeskanzler ersetzt. Dieser stellte im Dezember 1982 die Vertrauensfrage und verlor absichtlich. Trotz schwerer verfassungsrechtlicher Bedenken löste Bundespräsident Carstens schließlich den Bundestag auf.

Die Nachwirkungen des NATO-Doppelbeschlusses sorgten innerhalb der SPD, Spannungen über den Bundeshaushalt und den Sozialstaat innerhalb der Koalition für Zermürbung: Schließlich scheiterte die Regierung im Sommer 1982, die FDP wechselte unter schweren innerparteilichen Auseinandersetzungen die Koalition und wurde Partner in einer christlich-liberalen Regierung. Nachdem einige wenige als „dringlich“ bezeichneten Programme durch den Bundestag geschleust worden waren, endete der Bundestag auch schon nach der verfassungsrechtlich nicht unumstrittenen Auflösungsentscheidung des Bundespräsidenten.

Zehnter Bundestag (1983–1987)

Wasserwerk: Plenarsaal des Dt. Bundestages 1986–1992

Der am 6. März 1983 gewählte zehnte Bundestag, in den mit den Grünen erstmals seit Jahrzehnten wieder eine neue politische Kraft einzog, wurde von Alterspräsident Willy Brandt eröffnet. Anschließend wurden Rainer Barzel zum siebten Bundestagspräsidenten und Helmut Kohl erneut zum Bundeskanzler gewählt. Bei der Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1984 wurde Richard von Weizsäcker zum sechsten Bundespräsidenten gewählt. Im selben Jahr trat Barzel wegen seiner Verwicklung in die Flick-Affäre als Bundestagspräsident zurück, sein Nachfolger wurde Philipp Jenninger.

Die Politik der Bundesregierung Kohl und der sie tragenden Mehrheit im Bundestag war in der ersten Hälfte ihrer Amtszeit geprägt vom Versuch, die schon damals relativ hohe Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Dazu wurden verschiedene Gesetze vom Bundestag verabschiedet, die die wirtschaftliche Situation des Landes verbessern sollten. Die Flick-Affäre sorgte für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Der 40. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 1985 heizte die Diskussion um den Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg an.

1986 zog das Parlament in das benachbarte Gebäude des ehemaligen Wasserwerkes um und tagte dort bis 1992. In der Zwischenzeit wurde am Gebäudekomplex des Bundeshauses der alte Plenarsaal, das baufällig gewordene ehemalige Turnhallengebäude, abgerissen und anschließend durch einen Neubau ersetzt. Die erste Sitzung des Hohen Hauses in den Räumlichkeiten des umgebauten Wasserwerkes fand am 9. September 1986 statt. Die Katastrophe von Tschernobyl 1986 verstärkte die Debatte über eine bessere Umweltgesetzgebung. Die für 1983 geplante Volkszählung scheiterte am Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichtes. Außenpolitisch blieben die Bundesregierung und der Bundestag bei einem harten Kurs: Der NATO-Doppelbeschluss wurde umgesetzt. Dennoch wurde die Entspannungspolitik mit der DDR vorangetrieben. In diese Legislaturperiode fällt auch der berühmt gewordene, an Bundestagsvizepräsident Richard Stücklen gerichtete Satz des Grünen-Politikers Joschka Fischer: „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch.“ (Stücklen hatte zuvor den Grünen-Abgeordneten Jürgen Reents und Fischer selbst des Bundestags verwiesen.)

Elfter Bundestag (1987–1990)

Die Arbeit des elften Bundestags begann nach der Wahl vom 25. Januar 1987 durch die konstituierende Sitzung, die von Alterspräsident Willy Brandt geleitet wurde. Philipp Jenninger ist wieder zum Bundestagspräsidenten, Helmut Kohl wieder zum Bundeskanzler gewählt worden. Nach einer Rede zum 50. Jahrestag der sogenannten Reichskristallnacht musste Jenninger 1988 zurücktreten, da ihm sprachliche Ungenauigkeit bei der Benennung der Beweggründe der Täter vorgeworfen wurde. Seine Nachfolgerin wurde Rita Süssmuth. Bei der Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1989 wurde Richard von Weizsäcker wiedergewählt.

Die weltpolitischen Ereignisse, in deren Mittelpunkt 1989 und 1990 Deutschland stand, prägten auch die Arbeit des Bundestages. Einer größeren Gesundheitsreform 1989 folgte der Tag der Maueröffnung am 9. November desselben Jahres, bei deren Bekanntwerden im Bundestag die Nationalhymne angestimmt wurde. Wenige Wochen später stellte Helmut Kohl dem Bundestag und der Weltöffentlichkeit sein Zehn-Punkte-Programm zur deutschen Einheit vor. Nach der Genehmigung der Wiedervereinigung durch die Sowjetunion behandelte der Bundestag die durch den rasanten Einigungsprozess notwendigen Gesetzesänderungen. Insbesondere der Einigungsvertrag musste ratifiziert werden. Mit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurden 144 Mitglieder der letzten Volkskammer der DDR in den Bundestag aufgenommen; zuvor bekamen am 8. Juni die Berliner Bundestagsabgeordneten das volle Stimmrecht.

Zwölfter Bundestag (1990–1994)

Plenarsaal des Bundestags 1992–1999

Nach der Wahl vom 2. Dezember 1990 nahm am 20. Dezember 1990 zum ersten Mal seit 1932 ein frei gewähltes gesamtdeutsches Parlament seine Arbeit auf. Mit der PDS zog eine weitere politische Kraft in den Bundestag ein, allerdings nicht in Fraktionsstärke. In der von Alterspräsident Willy Brandt geleiteten ersten Sitzung wurde Rita Süssmuth erneut zur Bundestagspräsidentin und einige Wochen später Helmut Kohl erneut zum Bundeskanzler gewählt. Bei der Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1994 wurde Roman Herzog zum siebten Bundespräsidenten gewählt. 1992 fand erstmals eine Sitzung im neu erbauten Bundestagsgebäude in Bonn (dem heutigen World Conference Center Bonn) statt.

Hauptaufgabe des neuen Bundestages war die Bewältigung der schweren Aufgaben, die durch die so schnelle Wiedervereinigung auf Deutschland zukamen. Die Wirtschaft in den neuen Bundesländern war zusammengebrochen, ein Aufbau Ost nötig. Die Abwicklung der vielen Staatsbetriebe wurde durch die Treuhandanstalt übernommen. Dennoch musste ein milliardenschwerer Solidarpakt eingeführt werden, mit dem Westdeutschland die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage Ostdeutschlands finanzierte. Eine in Betracht gezogene Großrevision des Grundgesetzes fand nicht statt, dafür wurden mehrere kleinere Änderungen in die nunmehr gesamtdeutsche Verfassung übernommen. Erneut kam – wegen der unterschiedlichen Behandlung des Falles in Ost und West – die Frage des Schwangerschaftsabbruchs auf Tapet. Schließlich fiel die knappe Entscheidung, dass die Bundesorgane bis 1999 von Bonn nach Berlin umziehen sollten. Ein weiteres bedeutendes innenpolitisches Thema war die Eindämmung des Asylmissbrauchs. Da hierzu das Grundgesetz geändert werden musste, kam es zum Asylkompromiss zwischen Bundesregierung und Opposition. Erstmals seit 1956 wurden wieder Fragen der Generationengerechtigkeit (Demografie, Rentensystem) behandelt. Unter anderem wurde eine allgemeinverbindliche Pflegeversicherung eingeführt. Rechtspolitisch wichtig war die Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung.

Auch außenpolitisch änderte sich für das größere Deutschland Einiges: Nach der Ratifikation des Zwei-plus-Vier-Vertrags 1991 stand die Ratifikation des Vertrags von Maastricht zur Gründung der Europäischen Union auf dem Programm. Außerdem wies das Bundesverfassungsgericht dem Bundestag weitere Verantwortung zu, indem es zu jedem Einsatz der Bundeswehr außerhalb des NATO-Gebietes dessen Zustimmung verlangte. Eine etwas ungewöhnliche Debatte gab es am 25. Februar 1994, als im Bundestag kontrovers über die Verhüllung des Reichstagsgebäudes durch die Künstler Christo und Jeanne-Claude diskutiert wurde. Die Verhüllung fand schließlich im Juni 1995 statt.

Dreizehnter Bundestag (1994–1998)

Der dreizehnte Bundestag, der aus der Wahl vom 16. Oktober 1994 hervorgegangen war, wählte am 10. November 1994 in seiner konstituierenden Sitzung unter Leitung von Alterspräsident Stefan Heym, Rita Süssmuth erneut zu seiner Präsidentin. Helmut Kohl wurde zum fünften und letzten Mal zum Bundeskanzler gewählt.

Auch der zweite nach der deutschen Wiedervereinigung gewählte Bundestag musste sich mit den Problemen des Aufbaus Ost beschäftigen. Hinzu kam verschärfend die immer deutlicher werdende Globalisierung. Der Bundestag versuchte in Abstimmung mit der Bundesregierung, den Wirtschaftsstandort Deutschland wettbewerbsfähig zu halten und zu stärken, gleichzeitig aber den Sozialstaat so weit wie möglich aufrechtzuerhalten. Eine wichtige Änderung war die Rentenreform von 1997, die gegen den Widerstand der Opposition zustande kam. Außenpolitisch wichtig war die Zustimmung des Bundestages zum Vertrag von Amsterdam und zur Einführung des Euro.

Vierzehnter Bundestag (1998–2002)

Baustelle Reichstag 1999

Aus der Wahl vom 27. September 1998 ging ein völlig veränderter Bundestag hervor. Alterspräsident Fred Gebhardt konnte mit Wolfgang Thierse erstmals seit 26 Jahren einem SPD-Politiker zur Übernahme des Amtes des Bundestagspräsidenten gratulieren. Bedeutender war jedoch, dass Gerhard Schröder zum siebten Bundeskanzler der Bundesrepublik gewählt wurde. 1999 zog der Bundestag nach Berlin um. Die neu errichteten Parlamentsgebäude erhielten die Namen von bedeutenden Parlamentariern: Jakob Kaiser, Paul Löbe und Marie Elisabeth Lüders. Im selben Jahr wurde Johannes Rau im zweiten Wahlgang zum achten Bundespräsidenten Deutschlands gewählt und vereidigt. 2001 stellte der Bundeskanzler die Vertrauensfrage.

Kernpunkte der neuen rot-grünen Bundesregierung waren die ökologische Steuerreform, der Atomausstieg, die Rücknahme der sozialpolitischen Einschnitte der Vorgängerregierung und ein neues Zuwanderungsgesetz. Hinzu kam die Diskussion über eine Zwangsarbeiterentschädigung. Während die ersten drei Punkte umgesetzt wurden, musste die Koalition beim Zuwanderungsgesetz eine Niederlage durch den nunmehr unionsgeführten Bundesrat einstecken. Außenpolitisch prägend waren Kriegseinsätze, 1999 im Kosovo und 2001 in Afghanistan, nachdem Bundeskanzler Schröder diesen Einsatz der Bundeswehr mit der Vertrauensfrage verbunden hatte. Erst beim Irak-Krieg 2002 stellte sich die Bundesregierung gegen den Kriegskurs der USA. Diese Entscheidung kurz vor der Bundestagswahl wird zusammen mit dem als gut erachteten Krisenmanagement während der Jahrhundertflut als wichtige Grundlage für die knappe Wiederwahl gesehen.

Fünfzehnter Bundestag (2002–2005)

Plenarsaal des Bundestages im Reichstagsgebäude

Die Wahl vom 22. September 2002 konnten von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (rot-grün) knapp gewonnen werden. Daher konnte Alterspräsident Otto Schily auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und Bundeskanzler Gerhard Schröder zur Wiederwahl gratulieren. 2004 wurde Horst Köhler zum Bundespräsidenten gewählt.

Nach der Wiederwahl entschied sich Bundeskanzler Schröder, ein Reformprogramm anzugehen. Dazu stellte er im März 2003 seine Agenda 2010 vor, die massive Einschnitte ins Sozialsystem enthielt und dabei auch vor der Rücknahme der sozialpolitischen Einschnitte der Regierung Kohl nicht zurückschreckte. Gegen massiven Protest der Gewerkschaften beschloss der Bundestag Gesetze wie Hartz IV, mit denen das Staatswesen saniert werden sollte. Das Zuwanderungsgesetz wurde nach einem Kompromiss mit dem Bundesrat verabschiedet. Die Fortführung des innenpolitischen Reformkurses und der Kampf gegen den Rechtsextremismus – ein Verbotsantrag des Bundestages gegen die NPD scheiterte 2003 – standen ebenso auf dem weiteren Programm wie außenpolitisch die Ratifikation der Europäischen Verfassung. Nach der Niederlage bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen stellte der Bundeskanzler 2005 die Vertrauensfrage, die er absichtlich verlor. Anschließend löste Bundespräsident Köhler den Bundestag auf; diese Entscheidung wurde vom Bundesverfassungsgericht bestätigt.

Sechzehnter Bundestag (2005–2009)

Das Wahlergebnis vom 18. September 2005 brachte weder für die Unionsparteien und die FDP noch für die SPD und Grünen eine Mehrheit. Damit waren die von den genannten Parteien bevorzugten Koalitionen Schwarz-Gelb bzw. Rot-Grün unmöglich geworden. Eine Regierungsbildung mit der gestärkten Linkspartei schlossen die übrigen Parteien aus. Das Ergebnis hätte im Rahmen der Festlegungen der Parteien auch Koalitionsmodelle wie die sogenannte Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen oder Schwarz-Gelb-Grün (Jamaika-Koalition) erlaubt, stattdessen bildete sich jedoch eine Große Koalition aus CDU/CSU und SPD. Alterspräsident Otto Schily konnte dem CDU-Politiker Norbert Lammert zur Wahl ins Amt des Bundestagspräsidenten gratulieren. Einen Monat nach der Konstituierung wählte der Bundestag die CDU-Politikerin Angela Merkel zur Bundeskanzlerin.

Ein wichtiges Projekt der Großen Koalition war die Beratung und Verabschiedung der Föderalismusreformen: Bei der Föderalismusreform I (2006) ging es insbesondere um die Reform der Gesetzgebungskompetenzen und um die Zustimmungsbedürftigkeit von Gesetzen durch den Bundesrat; mit der Föderalismusreform II (2009) wurden Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu geregelt und eine Schuldenbremse in die Verfassung (Grundgesetz) aufgenommen.

Die Bewältigung der Finanzkrise ab 2007 war eine wichtige Aufgabe dieses Bundestages. Durch die dafür entworfenen Konjunkturpakete wurde die höchste Nettoneuverschuldung seit Bestehen der Bundesrepublik verursacht.[19]

Die Große Koalition verabschiedete eine kritisch bewertete Gesundheitsreform, führte Maßnahmen zum Klimaschutz fort, wobei das geplante Umweltgesetzbuch wegen zu unterschiedlicher Auffassungen zwischen Bund und Länder nicht zu Stande kam. Weiterhin war die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen eine wesentliche Aufgabe. Viele Gesetze zur Verbrechensbekämpfung stießen auf Kritik der Opposition und in Teilen der Regierungskoalition, die eine Einschränkung der Grundrechte beklagte.

Siebzehnter Bundestag (seit 2009)

Sonderbriefmarke zu 20. Jahre Deutsche Einheit

Die Wahl vom 27. September 2009 führte zu einer Mehrheit für CDU/CSU und FDP im Deutschen Bundestag, der sich am 27. Oktober konstituierte. Alterspräsident Heinz Riesenhuber konnte wieder dem CDU-Politiker Norbert Lammert zum Amt des Bundestagspräsidenten gratulieren; anschließend kam es zu einer Wiederwahl Angela Merkels zur Bundeskanzlerin.

Wahlperioden des Deutschen Bundestages

Bundestagswahlergebnisse und anschließend gebildete Regierungen

Von 1949 bis 1976 musste die Bundestagswahl im letzten Vierteljahr der Wahlperiode stattfinden; die Wahlperiode dauerte exakt vier Jahre. Im Fall der Auflösung des Bundestages gab es eine parlamentslose Zeit, ebenso zwischen dem Ende der Vierjahresperiode und dem Zusammentritt eines neuen Bundestages.

Von 1980 bis 1998 fand die Bundestagswahl frühestens 45, spätestens 47 Monate nach Beginn der Wahlperiode statt; die Wahlperiode endete aber in jedem Fall mit dem Zusammentritt des neuen Bundestages. Seit 2002 findet die Bundestagswahl frühestens 46, spätestens 48 Monate nach Beginn der Wahlperiode statt.

Bisher wurden der 6. Deutsche Bundestag (1972), der 9. Deutsche Bundestag (1983) und der 15. Deutsche Bundestag (2005) aufgelöst. In diesen Fällen musste die Neuwahl spätestens sechzig Tage nach der Auflösungsverfügung des Bundespräsidenten stattfinden, was in allen drei Fällen auch geschah. Die 60-Tage-Regelung gilt ebenfalls für etwaige zukünftige Auflösungen des Bundestages.

  • 01. Wahlperiode: 7. September 1949 bis 7. September 1953
  • 02. Wahlperiode: 6. Oktober 1953 bis 6. Oktober 1957
  • 03. Wahlperiode: 15. Oktober 1957 bis 15. Oktober 1961
  • 04. Wahlperiode: 17. Oktober 1961 bis 17. Oktober 1965
  • 05. Wahlperiode: 19. Oktober 1965 bis 19. Oktober 1969
  • 06. Wahlperiode: 20. Oktober 1969 bis 23. September 1972
  • 07. Wahlperiode: 13. Dezember 1972 bis 13. Dezember 1976
  • 08. Wahlperiode: 14. Dezember 1976 bis 4. November 1980
  • 09. Wahlperiode: 4. November 1980 bis 29. März 1983
  • 10. Wahlperiode: 29. März 1983 bis 18. Februar 1987
  • 11. Wahlperiode: 18. Februar 1987 bis 20. Dezember 1990
  • 12. Wahlperiode: 20. Dezember 1990 bis 10. November 1994
  • 13. Wahlperiode: 10. November 1994 bis 26. Oktober 1998
  • 14. Wahlperiode: 26. Oktober 1998 bis 17. Oktober 2002
  • 15. Wahlperiode: 17. Oktober 2002 bis 18. Oktober 2005
  • 16. Wahlperiode: 18. Oktober 2005 bis 27. Oktober 2009
  • 17. Wahlperiode: seit 27. Oktober 2009

Fraktionen im Deutschen Bundestag

Die CDU, die CSU (seit 1949 in Fraktionsgemeinschaft), die SPD und die FDP sind seit dem 1. Bundestag in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten.

Die Deutsche Partei war in den Bundestagen von 1949 bis 1961 vertreten, seit 1953 jedoch nur dank des Gewinns von Direktmandaten. 1957 gab es eine Absprache mit der CDU, die in einigen Wahlkreisen nicht antrat, damit die dortigen DP-Kandidaten deutlich größere Chancen hatten.

Von 1949 bis 1953 waren die Bayernpartei (BP), das Zentrum, die Wiederaufbauvereinigung (WAV) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) in Fraktionsstärke, sowie die Deutsche Reichspartei (DRP), der Südschleswigsche Wählerverband und drei unabhängige Direktkandidaten im Bundestag vertreten. Die Vielzahl der verschiedenen Gruppen ist daraus erklärlich, dass eine Partei nur in einem Bundesland die Fünfprozenthürde überspringen musste, um im Bundestag vertreten zu sein. Diese Regel wurde schon zur Bundestagswahl 1953 abgeschafft. Bereits im Dezember 1951 wurde die Mindestgröße für Fraktionen von 10 auf 15 Mitglieder erhöht, wodurch die WAV und später auch die KPD den Fraktionsstatus verloren, während sich BP und Zentrum zur Fraktion Föderalistische Union vereinigten.

Von 1953 bis 1957 waren neben den drei großen Fraktionen und der Deutschen Partei nur der Gesamtdeutsche Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten. Hinzu kamen drei Direktkandidaten des Zentrums. Am 1. März 1956 spaltete sich die Fraktion „Arbeitsgemeinschaft Freier Demokraten“, später Freie Volkspartei (FVP) von der FDP ab; am 14. März 1957 fusionierten die Fraktionen von DP und FVP.

Zwischen 1957 und 1961 waren CDU/CSU, SPD, FDP und DP im Bundestag vertreten, von 1961 bis 1983 nur die drei Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP.

1983 kamen die Grünen (ab 1993 Bündnis 90/Die Grünen) hinzu, die bis auf die Zeit von 1990 bis 1994, als nur im ostdeutschen Wahlgebiet das Bündnis 90 in den Bundestag einzog, stets Fraktionsstärke hatten.

1990 schließlich zog die PDS, die aus der SED hervorgegangen ist, in den Bundestag ein, sie war von 1990 bis 1998 in Gruppenstärke und von 1998 bis 2002 in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten. Von 2002 bis 2005 waren nur zwei fraktionslose Mitglieder der PDS Abgeordnete des Bundestages. Seit dem 16. Bundestag (2005–2009) ist sie mit einer gemeinsamen Liste mit der WASG (Fusion im Juni 2007 zu Die Linke) wieder in Fraktionsstärke vertreten.

Sitzverteilungen in den Bundestagen

Zeitleiste der in den Deutschen Bundestag gewählten oder in Bundesregierung vertretenen Parteien
Ausrichtung 1940er 1950er 1960er 1970er 1980er 1990er 2000er 2010er
9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 5 6 7 8 9 0 1 2
Christlich Zentrum
Nationalistisch NDP DRP
DRP
Konservativ DSU
div. BHE GB/BHE GDP
CDU/CSU
DP DP
WAV
FDP FVP
Liberal FDP
Regional Bayernpartei
SSW
Ökologisch Die Grünen Bündnis 90/Die Grünen
div. B'90
Sozialdemokratisch SPD
Sozialistisch WASG  Die Linke
PDS
Kommunistisch KPD
Sitzverteilungen in den Bundestagen (zu Beginn der Wahlperioden)
Bundestag Wahlperiode Mandate CDU/CSU SPD FDP Grüne1 PDS/Die Linke2 DP Sonstige
01. Bundestag 1949–1953 402 139 131 52 17 0633
02. Bundestag[20] 1953–1957 487 243 151 48 15 0304
03. Bundestag 1957–1961 497 270 169 41 17
04. Bundestag 1961–1965 499 242 190 67
05. Bundestag 1965–1969 496 245 202 49
06. Bundestag 1969–1972 496 242 224 30
07. Bundestag 1972–1976 496 225 230 41
08. Bundestag 1976–1980 496 243 214 39
09. Bundestag 1980–1983 497 226 218 53
10. Bundestag 1983–1987 498 244 193 34 27
11. Bundestag[21] 1987–1990 497 223 186 46 42
12. Bundestag 1990–1994 662 319 239 79 08 17
13. Bundestag 1994–1998 672 294 252 47 49 30
14. Bundestag 1998–2002 669 245 298 43 47 36
15. Bundestag 2002–2005 603 248 251 47 55 02
16. Bundestag 2005–2009 614 226 222 61 51 54
17. Bundestag seit 2009 622 239 146 93 68 76

1 1983 bis einschließlich 1990 Die Grünen, 1990 bis 1994 Bündnis 90, seit 1994 Bündnis 90/Die Grünen
2 1990 bis 2007 Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) bzw. Linkspartei.PDS, seit 2007 Die Linke
3 BP 17, KPD 15, WAV 12, Zentrum 10, DKP-DRP 5, SSW 1, Unabhängige 3
4 GB-BHE 27, Zentrum 3

Stärkste Fraktionen und Parteien

Stärkste Fraktion war in der Zeit von 1949 bis 1972, von 1976 bis 1998 und ist seit 2005 die Fraktion der CDU/CSU, während zwischen 1972 und 1976 sowie zwischen 1998 und 2005 die SPD-Fraktion die stärkste war.

Da CDU und CSU verschiedene Parteien sind, war die SPD bis auf die Bundestagswahlen 1953, 1957, 1990 und 2009 stets stärkste Partei. In den diesen vier genannten Jahren folgenden Perioden war die CDU stärkste Partei.

Öffentlichkeitsarbeit

Für die Bürgerinnen und Bürger sowie für Bildungsinstitutionen unterhält der Deutsche Bundestag das Referat Öffentlichkeitsarbeit. Es ist nicht nur für Besuchsveranstaltungen im Bundestag mit Führungen oder Besuche von Plenarsaalsitzungen zuständig, sondern auch für die Bereitstellung von Informationsmaterialien weitreichender Art. Es werden auf der einen Seite regional Messestände und Wanderausstellungen durchgeführt, auf der anderen Seite ist der Internetauftritt des Deutschen Bundestag aktuell zu organisieren. Zudem verfügt der Bundestag über ein Infomobil, welches regelmäßig die gesamte Bundesrepublik Deutschland bereist (nicht nur Großstädte). Das Infomobil ist im Vorführungsraum mit moderner Technik wie Großbildmonitor und Internetzugängen ausgestattet. Für weitere Anlässe steht im Fahrzeug auch ein Besprechungsraum zur Verfügung. Das Infomobil des Deutschen Bundestages ist vom 10. März bis 15. Oktober 2011 zur Bürgerinformation durch Deutschland unterwegs. Die jeweiligen Standorte für den Zeitraum der Tour 2011 können auf der Internetseite des Deutschen Bundestages[22] nachgelesen werden.

Siehe auch

Dieser Artikel existiert auch als Audiodatei.

Literatur

Film

  • Demokratie, wie funktioniert das? – Hinter den Kulissen des Bundestages. ARD-Dokumentation 2003. Buch und Regie: Torsten Sasse.

Weblinks

 Commons: Bundestag – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikiquote: Bundestag – Zitate

Einzelnachweise und -anmerkungen

  1. Deutscher Bundestag: Präsidium. Abgerufen am 9. Mai 2011.
  2. Kontaktseite des Bundestages. Abgerufen am 7. Juli 2011.
  3. Abgerufen am 29. Juni 2010
  4. gesetzliche Anzahl der Abgeordneten im Bundeswahlgesetz, § 1, bei bundesrecht.juris.de
  5. Gastredner, Deutscher Bundestag
  6. Deutscher Bundestag: Begründung zum Abschluss der Petition „Parlamentsfernsehen via Satellit“. Abgerufen am 15. März 2011.
  7. Glossar, Deutscher Bundestag: namentliche Abstimmung
  8. Deutscher Bundestag: namentliche Abstimmungen (Ergebnisse)
  9. Deutscher Bundestag: Sitzverteilung des 17. Deutschen Bundestages, aufgerufen am 4. Juli 2010.
  10. Errechnet nach: Der Bundeswahlleiter: Endgültiges Ergebnis der Bundestagswahl 2009. 11   Abgeordnete im 17. Deutschen Bundestag nach Alter, Geschlecht und Partei.
  11. Internetseite des Deutschen Bundestages: Parlaments- und Wahlstatistik 1949–2002/03, S. 17.
  12. Internetseite des Deutschen Bundestages: Fraktionen. (Stand 17. Dezember 2009)
  13. a b c süddeutsche.de: Einsame CSU-Frauen im Bundestag. 30. September 2009.
  14. Der Bundeswahlleiter: Endgültiges Ergebnis der Bundestagswahl 2009. 11   Abgeordnete im 17. Deutschen Bundestag nach Alter, Geschlecht und Partei.
  15. Prozentsatz: Anzahl der Frauen in einem Bereich geteilt durch die jeweilige Gesamtzahl von Abgeordneten, multipliziert mit 100. Vgl. auch Prozent.
  16. Veröffentlichung des Bundeswahlleiters über das Durchschnittsalter der Parteien des Deutschen Bundestages
  17. Spiegel-Artikel
  18. Spiegel-Artikel Erste Rede, erster Rücktritt, erste Diäten
  19. Neuverschuldung steigt auf Rekordhoch (nicht mehr online verfügbar)
  20. Aufgrund des Beitrittes des Saarlands kamen ab 4. Januar 1957 zehn weitere Abgeordnete hinzu, die zuvor vom Landtag des Saarlandes bestimmt wurden. Damit erhöhte sich die Anzahl der voll stimmberechtigten Bundestagsabgeordneten von 487 auf 497. Von diesen zehn Abgeordneten gehörten anfangs vier der CDU an sowie je zwei der SPD, der CVP und der DPS
  21. Aufgrund des Wiedervereinigungsprozesses bekamen ab 8. Juni 1990 die 22 West-Berliner Bundestagsabgeordneten (CDU 11, SPD 7, FDP 2, AL 2) das volle Stimmrecht, wodurch sich die Anzahl der stimmberechtigten Abgeordneten des Bundestages von 497 auf 519 erhöhte.
    Am 3. Oktober 1990 zogen 144 Parlamentarier aus der ehemaligen DDR in den Bundestag ein; sie waren zuvor von der DDR-Volkskammer bestimmt worden. Die Anzahl der (voll stimmberechtigten) Bundestagsabgeordneten erhöhte sich dadurch von 519 auf 663. Von den 144 von der Volkskammer bestimmten Abgeordneten gehörten 63 der CDU an, acht der DSU, 33 der SPD, neun der FDP, 24 der PDS und sieben dem Bündnis 90/Grüne (Ost) (inkl. Grüne Partei in der DDR).
  22. Deutscher Bundestag: Infomobil des Bundestages

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