Bundespräsident (Deutschland)

Bundespräsident (Deutschland)
Standarte des Bundespräsidenten mit dem Bundesadler

Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland. Durch das Grundgesetz ist seine Macht im politischen System des Landes beschränkt, und seine Aufgaben sind vor allem repräsentativer Art, weshalb er als pouvoir neutre (,neutrale Gewalt‘) bezeichnet wird. Mit der Entscheidungsgewalt über die Auflösung des Deutschen Bundestages im Falle der vom Bundeskanzler verlorenen Vertrauensfrage und bei der Wahl einer Minderheitsregierung kommt ihm jedoch auch eine wichtige staatspolitische Bedeutung zu. Der Bundespräsident kann der Exekutive zugeordnet werden,[1] er hat allerdings auch Befugnisse außerhalb der Exekutive und wird deswegen teils als „über den drei Gewalten stehend“[2] betrachtet.

Der Bundespräsident wird für eine Amtszeit von fünf Jahren von der Bundesversammlung gewählt. Die anschließende Wiederwahl ist nur einmal zulässig. Die Amtssitze des Bundespräsidenten sind das Schloss Bellevue in der Bundeshauptstadt Berlin und die Villa Hammerschmidt in der Bundesstadt Bonn. In der Ausübung seiner Aufgaben unterstützt ihn das Bundespräsidialamt.

Amtsinhaber ist seit dem 30. Juni 2010[3] der an diesem Tag gewählte Christian Wulff. Seinen Amtseid leistete er in einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat am 2. Juli 2010.

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben und Befugnisse

Der Bundespräsident hat in seiner Funktion als Staatsoberhaupt folgende Aufgaben:

  • er vertritt den Bund völkerrechtlich,
  • er beglaubigt diplomatische Vertreter und
  • er hat auf Bundesebene das Begnadigungsrecht, welches er allerdings teilweise an andere Bundeseinrichtungen delegiert hat; er kann aber keine Amnestie aussprechen,
  • Gegenzeichnung, Ausfertigung und Verkündung der Bundesgesetze durch Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt,
  • Vorschlagen eines Kandidaten zum Bundeskanzler zur Wahl durch den Deutschen Bundestag sowie dessen Ernennung und Entlassung,
  • Ernennung und Entlassung von Bundesministern auf Vorschlag des Bundeskanzlers,
  • Ernennung und Entlassung von Bundesrichtern, Bundesbeamten, Offizieren und Unteroffizieren, sofern nichts anderes durch Anordnungen und Verfügungen bestimmt ist,
  • Möglichkeit zur Auflösung des Deutschen Bundestages nach dreimalig gescheiterter Kanzlerwahl oder einer gescheiterten Vertrauensfrage.
  • Verkündung der Feststellung des Verteidigungsfalls und Abgabe völkerrechtlicher Erklärungen nach Beginn eines Angriffes sowie
  • Einberufung des Deutschen Bundestages (abweichend von den Parlamentsbeschlüssen)
  • Einberufung der Parteienfinanzierungskommission nach dem Parteiengesetz

In vielen dieser Fälle ist der Bundespräsident allein Ausführender oder es bedarf nach Art. 58 des Grundgesetzes der Gegenzeichnung durch ein Mitglied der Bundesregierung. Diese Tätigkeiten werden der Funktion des Bundespräsidenten als Staatsnotar zugeordnet. Die Gewalt über die Auflösung des Deutschen Bundestages in zwei verschiedenen Fällen umfasst hingegen nicht eine Gegenzeichnung durch Dritte. Man spricht insofern von einer Reservefunktion des Bundespräsidenten.

Völkerrechtliche Vertretung und außenpolitisches Engagement

Der Bundespräsident vertritt völkerrechtlich die Bundesrepublik Deutschland. Er beglaubigt deutsche Vertreter (in der Regel durch Akkreditierungsbrief) und empfängt und bestätigt Vertreter Internationaler Organisationen und ausländischer Staaten in Deutschland durch Entgegennahme ihrer Akkreditierung (→ Agrément). Für den Abschluss völkerrechtlicher Verträge stellt er deutschen Vertretern die erforderliche Vollmacht aus und wenn diese unterzeichnet ist, verkündet er das Zustimmungs- und Transformationsgesetz und fertigt die Ratifikationsurkunde aus. Damit erklärt die Bundesrepublik im Außenverhältnis, den Vertrag für verbindlich und wirksam anzusehen. Die politische und materielle Entscheidung hierzu treffen allerdings die Bundesregierung und der Bundestag.

Der Bundespräsident unternimmt Staatsbesuche. Regelmäßig machte der Bundespräsident seinen ersten Staatsbesuch im Amt in Frankreich. Bundespräsident Köhler ist von dieser Regel abgewichen, indem er seinen ersten Staatsbesuch seinem Geburtsland Polen, Deutschlands östlichem Nachbarn, abstattete.

Die Feststellung des Verteidigungsfalls, die auf Antrag der Bundesregierung durch Bundestag und Bundesrat erfolgt, wird vom Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt verkündet. Sobald der Verteidigungsfall verkündet ist, kann der Bundespräsident mit Zustimmung des Bundestages völkerrechtliche Erklärungen über das Bestehen des Verteidigungsfalls abgeben.

Ernennung und Entlassung der Mitglieder der Bundesregierung

Der Bundespräsident schlägt nach Art. 63 GG dem Bundestag einen Kandidaten für die Wahl zum Bundeskanzler vor. Dem Vorschlag gehen regelmäßig Gespräche mit den betroffenen Politikern voraus. Rechtlich ist der Bundespräsident in seiner Vorschlagsentscheidung frei. Jedoch hat bisher jeder Bundespräsident den Kandidaten der bei der Bundestagswahl siegreichen Koalition zum Bundeskanzler vorgeschlagen; jeder dieser Kandidaten ist dann auch gewählt worden. Sollte der vom Bundespräsidenten vorgeschlagene Kandidat nicht gewählt werden, so beginnt eine zweiwöchige Frist, in der der Bundestag unabhängig vom Vorschlag einen Bundeskanzler wählen kann. In jedem Fall muss der Bundespräsident einen mit absoluter Mehrheit gewählten Kandidaten ernennen. Kommt eine Wahl mit absoluter Mehrheit aber weder in den zwei Wochen noch in der sich unmittelbar anschließenden dritten Wahlphase zustande, so ist die Ernennung eines Minderheitskanzlers ebenso möglich wie die Auflösung des Bundestages. In diesen Fällen ist eine Gegenzeichnung durch die Bundesregierung nicht erforderlich.

Der Bundespräsident muss die vom Bundeskanzler Vorgeschlagenen zu Bundesministern ernennen. Er hat hier allenfalls ein formales Prüfungsrecht, etwa ob der Vorgeschlagene Deutscher ist; er besitzt jedoch kein materielles oder personelles Prüfungsrecht. Ein diesbezügliches Ansinnen von Theodor Heuss, der sich vor der Ernennung der Minister des ersten Kabinetts Adenauer eine Ministerliste vorlegen lassen wollte, wurde von Adenauer zurückgewiesen.

Auch bei der Entlassung eines Ministers hat der Bundespräsident kein Mitspracherecht. Er muss die vom Bundeskanzler getroffene Entscheidung formal nachvollziehen.

Der Bundespräsident kann einen Rücktritt des Bundeskanzlers nicht ablehnen; er muss den Bundeskanzler in diesem Fall entlassen. Er muss auch im Falle des erfolgreichen Misstrauensvotums den bisherigen Amtsinhaber entlassen und den neu Gewählten ernennen.

Der Bundespräsident kann nach Art. 69 des Grundgesetzes einen entlassenen Bundeskanzler oder Bundesminister ersuchen, die Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterzuführen. Er hat dies in der Regel so gehandhabt. Einzige bedeutende Ausnahme war die Entlassung von Willy Brandt nach dessen Rücktritt 1974. Hier hatte Brandt darum gebeten, nicht mit der Weiterführung der Amtsgeschäfte betraut zu werden. Bundespräsident Gustav Heinemann entsprach diesem Wunsch; somit amtierte der soeben entlassene Vizekanzler Walter Scheel für einige Tage als Bundeskanzler.

Der Bundespräsident wirkt auch nicht an der Ernennung des Stellvertreters des Bundeskanzlers mit. Dies ist eine Entscheidung, die nach Art. 69 Abs. 1 GG ausschließlich durch den Kanzler getroffen und vollzogen wird.

Unterzeichnung und Prüfung von Gesetzen

Jedes Gesetz bedarf zu seinem Inkrafttreten der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten nach Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG. Die Bundespräsidenten haben bisher acht Mal, jedes Mal unter großer öffentlicher Beachtung, Bundesgesetze nicht „ausgefertigt“, das heißt nicht unterzeichnet. In einigen Fällen monierte der Bundespräsident Fehler im Gesetzgebungsverfahren; andere Fälle wurden mit materiellen Verstößen gegen das Grundgesetz begründet.

  • Theodor Heuss unterschrieb 1951 das „Gesetz über die Verwaltung der Einkommen- und Körperschaftsteuer“ aus rein formalen Gründen nicht, da keine Zustimmung des Bundesrates vorlag.
  • Neun Jahre später verweigerte sein Nachfolger Heinrich Lübke dem „Gesetz über den Betriebs- und Belegschaftshandel“ seine Unterschrift. Er sah darin einen unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).
  • Zweimal zeigte Gustav Heinemann dem Gesetzgeber seine Grenzen auf: Sowohl für das Ingenieurgesetz (1969) als auch das Architektengesetz (1970) sah er keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes gegeben.
  • Das „Gesetz zur Erleichterung der Wehrdienstverweigerung“ wurde 1976 von Scheel gestoppt, der wie schon Heuss die Zustimmung des Bundesrates vermisste.
  • Bundespräsident von Weizsäcker hielt 1991 das „10. Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes“, welches die formale Privatisierung der Luftverkehrsverwaltung vorsah, für materiell verfassungswidrig und unterzeichnete es nicht. Dies führte zur Einfügung des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 in das Grundgesetz, der es dem Gesetzgeber freistellte, ob er die Luftverkehrsverwaltung in öffentlich-rechtlicher oder in privatrechtlicher Weise gestaltet. Daraufhin wurde das Gesetz erneut beschlossen und schließlich durch von Weizsäcker unterzeichnet.
  • Horst Köhler unterschrieb im Oktober 2006 das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung wegen Unvereinbarkeit mit Art. 87d Abs. 1 GG nicht.[4] Im Dezember 2006 wies er das Verbraucherinformationsgesetz zurück, da es aus seiner Sicht im Widerspruch zu Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG steht, der es dem Bund verbietet, per Gesetz den Gemeinden Aufgaben zu übertragen.[5]

In neun Fällen unterzeichneten Bundespräsidenten zwar Gesetze, verbanden dies jedoch mit einer öffentlichen Erklärung über verfassungsmäßige Bedenken. So verhielten sich u. a. Carstens beim Staatshaftungsgesetz 1981, von Weizsäcker bei der Neuregelung der Parteienfinanzierung 1994, Herzog beim Atomgesetz 1994, Rau beim Zuwanderungsgesetz 2002 und Köhler beim Luftsicherheitsgesetz 2006.

Formelle Prüfungskompetenz

Der Bundespräsident hat bei der Unterzeichnung von Gesetzen ein formelles Prüfungsrecht, ob diese verfassungsgemäß zustande gekommen sind. Teile der Rechtswissenschaft sehen dies sogar als Prüfungspflicht. Dabei gibt es unterschiedliche Auffassungen, wie weit das formelle Prüfungsrecht des Bundespräsidenten reicht. Die Vertreter einer sehr engen formellen Prüfungskompetenz wollen diese auf die Art. 78, Art. 81 Abs. 2 Satz 1, Art. 115d Abs. 2 Satz 3 GG beschränkt sehen, also auf die erforderliche Beteiligung des Bundesrates beschränkt.

Vertreter einer weitergehenden formellen Prüfungskompetenz sehen die Kompetenz auf das ganze Gesetzgebungsverfahren erstreckt.

Die Vertreter der weitestgehenden formellen Prüfungskompetenz wollen auch die Überprüfung der Verwaltungszuständigkeiten vom formellen Prüfungsrecht des Bundespräsidenten erfasst sehen, dies führt bspw. dazu, dass der Bundespräsident im Rahmen seiner formellen Prüfungskompetenz auch das Verbot der Aufgabenübertragung des Bundes an Gemeinden und Gemeindeverbände (Art. 85 Abs. 1 Satz 2 GG) überprüfen darf.

Materielle Prüfungskompetenz

Im Unterschied zur zugestandenen formellen Prüfungskompetenz ist diese hinsichtlich des materiellen Rechts umstritten. Es handelt sich hierbei um die Frage, ob der Bundespräsident ein ihm zur Unterzeichnung vorgelegtes Gesetz auf seine inhaltliche Übereinstimmung mit dem Grundgesetz überprüfen und seine Unterzeichnung von seinem Prüfungsergebnis abhängig machen darf. Damit würde das Gesetz nicht wirksam in Kraft treten können (→ Gesetzgebungsverfahren).

Bezüglich eines solchen Prüfungsrechts werden verschiedene Ansichten vertreten. Insgesamt ist aber festzuhalten, dass die überwiegende Meinung eine solche Prüfungskompetenz wenigstens in den Fällen zugesteht, in denen ein Verfassungsverstoß offensichtlich ist.

Danach ist der Bundespräsident nicht zur Unterzeichnung verpflichtet und das Gesetz tritt nicht in Kraft, denn es sei dem Bundespräsidenten als Teil der Verfassungsordnung nicht zuzumuten, einem offensichtlich verfassungswidrigen Gesetz sehenden Auges durch seine Unterschrift zur Rechtsgültigkeit zu verhelfen. Der Bundespräsident dürfe nur solche Akte vornehmen, die verfassungskonform seien, was aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Stellung als Staatsoberhaupt aus dem Grundgesetz abzuleiten sei, gemäß Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG. Ansonsten sei die Feststellung der Verfassungswidrigkeit Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts und es bestehe somit kein Anlass, allgemein davon auszugehen, es gebe ein Prüfungsrecht.

Dieser Auffassung wird entgegengehalten, dass das Bundesverfassungsgericht in Kraft getretene Gesetze prüfen könne. Zu einer vorsorglichen Normenkontrolle sei das Bundesverfassungsgericht aber durch die Verfassung nicht berufen. Also müsse die materielle Prüfungskompetenz des Bundespräsidenten auch über die offensichtlichen Fälle hinaus erweitert werden. Eine umfassende inhaltliche Kontrolle vorzunehmen sei zu gestatten, da dies der verfassungsrechtlichen Rollenverteilung entspräche. Zudem sei seine diesbezügliche Entscheidung vollumfänglich justiziabel und könne gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vom Parlament zur gerichtlichen Prüfung vorgelegt werden.

Für ein erweitertes materielles Prüfungsrecht wird auch angeführt, dass der Bundespräsident in bestimmten zugespitzten Situationen eine politisch-materielle Prüfungskompetenz habe, so zum Beispiel wenn er über eine Parlamentsauflösung in Folge einer verbundenen Vertrauensfrage oder über die Erklärung eines Gesetzgebungsnotstands entscheide. Ein verabschiedetes Gesetz anzuhalten sei dagegen nur ein juristisches Minus, also politisch und verfassungsrechtlich ein milderes Mittel (→ Vertrauensfrage).

Einige Autoren lehnen ein Prüfungsrecht überhaupt ab, da dem Bundespräsidenten dann eine außergesetzliche Kompetenz zur Verwerfung von Gesetzen zugestanden werde, die aber nur dem Bundesverfassungsgericht im Normenkontrollverfahren obliege.

Dem kann aber schon durch die angeführten Meinungen entgegnet werden, dass kein Staatsorgan blind der Verfassung folgen müsse und dadurch diese zu brechen helfe.

Konsequenzen

Wird ein Gesetz vom Bundespräsidenten nicht unterschrieben, so kommt es nicht zustande.

Der Politik verbleiben als Möglichkeiten

  • die (verfassungskonforme) Änderung des Gesetzes selbst,
  • die Änderung des als verletzt beanstandeten Artikels des Grundgesetzes (mit Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat, vgl. Art. 79 Abs. 2 GG),
  • Organstreit vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Ziel, die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes und damit die Unrechtmäßigkeit der Verweigerung festzustellen und
  • den Bundespräsidenten, was bisher noch nie erfolgt ist, vor dem Bundesverfassungsgericht anzuklagen, was zu dessen Amtsenthebung führen kann. Der Antrag auf Erhebung der Anklage muss dabei von mindestens einem Viertel der Mitglieder des Bundestages oder einem Viertel der Stimmen des Bundesrates gestellt werden (Art. 61 Abs. 1 GG).

Auflösung des Parlaments

Politische Befugnisse im weiteren Sinne wachsen dem Amtsinhaber nur in eng umrissenen Ausnahmesituationen zu, sind dann aber von weitreichender Bedeutung. So kann er in zwei Fällen den Bundestag auflösen: Sollte bei der Wahl des Bundeskanzlers der vorgeschlagene Kandidat für dieses Amt auch im dritten Wahlgang nur eine relative Mehrheit erhalten, hat der Bundespräsident die Möglichkeit, ihn zu ernennen (Minderheitsregierung) oder aber in den nächsten sieben Tagen den Bundestag aufzulösen (Art. 63 GG). In diesem Fall benötigt die Auflösungsanordnung keine Gegenzeichnung durch die Bundesregierung, zumal eine solche nicht im Amt ist.

Ebenso kann der Bundespräsident den Bundestag nach einer gescheiterten Vertrauensfrage auflösen (Art. 68 GG). Dies geschah bisher dreimal: 1972 durch Gustav Heinemann, 1983 durch Karl Carstens, 2005 durch Horst Köhler. Allerdings wurden diese Auflösungen von den jeweiligen Kanzlern bzw. Regierungsfraktionen bewusst herbeigeführt, um gewünschte Neuwahlen zu ermöglichen.

Gegen Carstens’ und Köhlers Auflösungsentscheidungen strengten Mitglieder des Bundestages Organklagen an. Das Bundesverfassungsgericht kam in beiden Entscheidungen zwar zu der Ansicht, dass der Bundespräsident zu prüfen hat, ob der Bundeskanzler tatsächlich nicht mehr das Vertrauen des Bundestages besitzt oder ob dieser die Auflösung missbräuchlich betreiben will, bestätigte aber letztlich die Auflösung des Bundestages.

Gesetzgebungsnotstand

Im Falle einer negativ ausgegangenen Vertrauensfrage des Bundeskanzlers im Bundestag ist der Bundespräsident auf Antrag der Bundesregierung und mit Zustimmung des Bundesrates befugt, aber nicht verpflichtet, den Gesetzgebungsnotstand nach Art. 81 GG zu erklären. Dieser Fall ist in der Geschichte der Bundesrepublik bisher noch nicht eingetreten.

Staatssymbole

Der Bundespräsident ist berechtigt, die Nationalhymne, Flagge, Wappen, Uniformen, Dienstkleidung, die Amtstracht der Richter des Bundes (mit Ausnahme der Richter am Bundesverfassungsgericht) und deren Verwendung, sowie Staatsakte und Staatsbegräbnisse anzuordnen, sofern jeweils nicht der Gesetzgeber wie etwa bei der Bundesflagge (Art. 22 GG) tätig geworden ist. Diese Anordnungen müssen jeweils von einem Mitglied der Bundesregierung gegengezeichnet werden. Als Hoheitszeichen führt der Bundespräsident – in Fortsetzung der Tradition der Reichspräsidenten der Weimarer Republik – eine Standarte mit einer Abbildung des früheren Reichsadlers, heute Bundesadler genannt.

Die deutsche Nationalhymne wurde in Briefwechseln zwischen Bundespräsident Heuss und Bundeskanzler Adenauer 1952 beziehungsweise zwischen Bundespräsident von Weizsäcker und Bundeskanzler Kohl 1991 festgelegt.[6] Die jeweilige Antwort der Bundeskanzler wird im Allgemeinen als Gegenzeichnung zur Verfügung des Bundespräsidenten interpretiert. Diese Deutung wird durch die Tatsache unterstützt, dass die Briefwechsel im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurden und damit einen quasi-offiziellen Charakter erhielten. Problematisch ist diese légere Praxis jedoch bei strafbewehrten Staatssymbolen unter dem Aspekt des Vorbehalts des Gesetzes.[7]

Diese Befugnisse haben keine Grundlage im Grundgesetz oder einem Bundesgesetz. Die Mehrheit der Staatsrechtslehrer begründet sie daher mit der traditionellen Definitionshoheit von Staatsoberhäuptern über Staatssymbole („Ehrenhoheit“).

Stellung im politischen Alltag

Geschichtlicher Überblick

Die schwache Position des Bundespräsidenten, die vor allem an dem Gegenzeichnungserfordernis und seinen relativ geringen realpolitischen Befugnissen abzulesen ist, ist auch eine Reaktion auf die Erfahrungen der Weimarer Republik (sog. Antwortcharakter einer Verfassung). Während der Beratungen des Parlamentarischen Rates herrschte weitgehender Konsens aller Beteiligten, dass dem Präsidenten nicht wieder eine solch überragende Stellung im politischen System zukommen sollte wie seinerzeit dem Reichspräsidenten (v. a. Paul von Hindenburg). Insbesondere das Notverordnungsrecht (Artikel 48 der Weimarer Verfassung), das Recht des Reichspräsidenten, im Notfall mit präsidentiellen Erlassen am gewählten Parlament vorbei zu regieren, und das Recht des Reichspräsidenten, den Reichskanzler selbst zu ernennen und zwar in eigener politischer Entscheidung, wurden als mitursächlich gesehen für die politische Krise der Weimarer Republik ab 1930 mit den Präsidialkabinetten unter den Kanzlern Heinrich Brüning, Franz von Papen und Kurt von Schleicher und schließlich das Abgleiten in die Diktatur unter Adolf Hitler. Die SPD-Fraktion sprach sich deshalb und angesichts der fehlenden Souveränität des deutschen Staates dafür aus, auf die Einrichtung des Amtes eines Bundespräsidenten zu verzichten und dessen Funktionen vom Präsidenten des Bundestags wahrnehmen zu lassen.[8]

Allerdings ermöglichte das Notverordnungsrecht der Weimarer Reichsverfassung nicht zwangsläufig den Weg in die Präsidialdiktatur: in Art. 48 WRV war die Einrichtung eines noch zu beschließenden Ausführungsgesetzes vorgesehen, das die präsidialen Vollmachten erheblich konkretisieren und einschränken sowie einem möglichen Missbrauch Einhalt hätte gebieten können. Im weiteren wurde auch die heute weggefallene allgemeine Befugnis des Präsidenten, das Parlament aufzulösen, in der Endphase der Weimarer Republik missbraucht. Noch während der Amtszeit Friedrich Eberts waren die umfangreichen Rechte in einer überwiegend als positiv bezeichneten Weise ausgeübt worden – das Scheitern der jungen Republik war also auch auf eine ungenügende Kontrolle der Verfassungseinhaltung zurückzuführen. Die Wegnahme der beiden wichtigen Rechte war schließlich eine deutliche Entmachtung des Präsidentenamts. Die Wahl und Absetzung des Bundeskanzlers liegt heute fast ausschließlich in der Hand des Bundestages.

Parallel zu dieser Schmälerung seiner Befugnisse wurde auch der Wahlmodus für den Präsidenten verändert: Wurde der Reichspräsident noch vom Volk direkt gewählt (1925 und 1932), so wird der Bundespräsident von der nur für diesen Zweck zusammentretenden Bundesversammlung gewählt. Damit wurde die demokratische Legitimation des Bundespräsidenten indirekter: Er ist nicht mehr unmittelbar vom Souverän gewähltes Organ der politischen Staatsführung. Die Ablehnung einer (Wieder-)Einführung einer Direktwahl des Bundespräsidenten wird auch damit begründet, dass ansonsten ein Missverhältnis zwischen starker demokratischer Legitimation (er wäre dann neben dem Bundestag das einzige direkt gewählte Verfassungsorgan) und geringer politischer Macht einträte.

Darüber hinaus erklärt sich die schwache Position des Bundespräsidenten durch die bereits zu Anfang der Bundesrepublik praktizierte „Kanzlerdemokratie“, die sich in ihrer starken Ausprägung in Adenauers Regierungszeit manifestierte. So ist der Grund für Adenauers Rückzieher von der eigenen Kandidatur zum Bundespräsidenten 1959 – neben seiner Abneigung seinem potentiellen Nachfolger Ludwig Erhard gegenüber – auch in der Erkenntnis zu sehen, dass er als Bundespräsident weniger Einfluss gehabt hätte denn als Bundeskanzler.

Reden und parteipolitische Neutralität

Bundespräsident Heinrich Lübke zu Besuch in Kirchheim in Schwaben

Der Bundespräsident erzielt politische Wirkung hauptsächlich durch Reden, die gesellschaftliche Debatten aufgreifen oder anstoßen. Als Beispiele hierfür gelten die Weizsäcker-Rede anlässlich des 40. Jahrestages der Beendigung des Zweiten Weltkrieges 1985[9] und die so genannte „Ruck-RedeRoman Herzogs von 1997.[10] Wie kein anderer Politiker ist der Präsident von der Tagespolitik unabhängig und kann daher wesentlich freier Themen und Zeitpunkt seiner Äußerungen bestimmen.

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von „Reden ohne Gegenzeichnung“ ist umstritten, da eine Rede in ihrer faktischen Wirkung möglicherweise einen stärkeren politischen Einfluss ausüben kann als ein formaler Akt, für den in nahezu jedem Fall eine Gegenzeichnung durch ein Mitglied der Bundesregierung notwendig ist. Die Mehrheit der Staatsrechtler geht allerdings bei Reden von einer gewissen Autonomie des Bundespräsidenten aus, zumal keine bindenden Entscheidungen gefällt werden und er immerhin zu den Verfassungsorganen zählt.

Gemeinhin wird vom Amtsinhaber eine parteipolitische Neutralität erwartet. Die Bundespräsidenten trugen dieser Verpflichtung bislang überwiegend Rechnung, indem sie Themen in einer eher abstrakten Weise ansprachen, die sich in keine parteipolitische Richtung interpretieren ließ, oder aber die Parteien insgesamt angriffen.

Die Tatsache, dass einige Bundespräsidenten sich zuerst in einer Partei verdient gemacht haben, von der sie später in der Bundesversammlung gewählt wurden, lässt Kritiker an der parteipolitischen Unabhängigkeit und Neutralität des Bundespräsidenten zweifeln.

Köhler war der erste Präsident, der seine wichtigsten Ämter nicht in Deutschland innehatte und damit wirklich von außen in die deutsche Politik kam. Befürworter hielten ihm entsprechend zugute, dass seine Reden nicht „rund geschliffen“ gewesen seien, um Kritikern keine Angriffsfläche zu bieten; vielmehr seien sie offen gewesen und hätten Probleme treffend benannt. Hingegen hielten Kritiker ihm vor, dass er damit die Überparteilichkeit des Amtes ebenso verletzt habe wie das Gebot der Nichteinmischung in die Sachpolitik. Grund war seine deutliche Positionierung für eine wirtschaftsorientierte Reformpolitik, wie sie im Bundestagswahlkampf 2005 auch von seiner Herkunftspartei CDU vertreten wurde.

Eine bislang ungebrochene, ungeschriebene Regel ist, dass ein Bundespräsident nach seiner Amtszeit keine weiteren politischen Ämter mehr anstrebt, sondern allenfalls als elder statesman am öffentlichen Leben teilnimmt.

Vertretung

Stellvertreter des Bundespräsidenten ist gemäß Art. 57 GG der Präsident des deutschen Bundesrates. Dies gilt unabhängig davon, ob der Bundespräsident nur zeitweilig abwesend oder aber amtsunfähig ist. Häufig findet das Vertretungsrecht faktisch nur auf Teile der Amtsbefugnisse des Bundespräsidenten Anwendung, etwa wenn der Bundespräsident auf Staatsbesuch ist und durchaus seinen (außenpolitischen) Verpflichtungen nachkommt, andererseits aber ein Gesetz unterschrieben werden muss. In einem solchen Fall wird das Gesetz regelmäßig vom Stellvertreter des Bundespräsidenten unterzeichnet.

Durch den Rücktritt Horst Köhlers vom Amt des Bundespräsidenten am 31. Mai 2010 erhielt das Vertretungsrecht zum zweiten Mal seit Gründung der Bundesrepublik eine gewichtige Stellung. Bis zum Amtsantritt des neuen Bundespräsidenten Christian Wulff am 30. Juni 2010 übernahm der Präsident des Bundesrates Jens Böhrnsen die Amtsgeschäfte des Bundespräsidenten.

Karitatives Engagement

Der Bundespräsident übernimmt eine Reihe von Schirmherrschaften über von ihm für sinnvoll erachtete Projekte. Auch wenn der Bundespräsident nicht an die Übernahme von Schirmherrschaften seiner Vorgänger gebunden ist, führt er etliche hiervon weiter, so die Schirmherrschaft über die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) und das Deutsche Rote Kreuz (DRK). Ebenso verleiht der Bundespräsident Preise, darunter den Deutschen Zukunftspreis, und gratuliert zu Jubiläen wie dem 65. Hochzeitstag oder dem 100. Geburtstag. Ebenfalls übernimmt er die Ehrenpatenschaft für das siebte Kind in einer Familie, wenn die Eltern dies wünschen.

Juristischer Sonderstatus und Möglichkeit der Amtsenthebung

Privilegien im Straf- und Zivilrecht

Wenn der Bundespräsident als Zeuge in einem Verfahren aussagen soll, muss er in seiner Wohnung vernommen werden. Zur Hauptverhandlung wird er nicht geladen. Das Protokoll über seine gerichtliche Vernehmung ist in der Hauptverhandlung zu verlesen. Dies ergibt sich für den Zivilprozess aus § 375 Abs. 2 ZPO und für den Strafprozess aus § 49 StPO.

Wer sich der Verunglimpfung des Bundespräsidenten (§ 90 StGB) strafbar macht, kann strafrechtlich nur verfolgt werden, wenn der Bundespräsident die Strafverfolgungsbehörden dazu ermächtigt. Eine Nötigung des Bundespräsidenten (§ 106 StGB) kann jedoch auch ohne dessen Einverständnis verfolgt werden.

Während seiner Amtszeit genießt der Bundespräsident strafrechtliche Immunität. Der Bundespräsident kann nicht abgewählt werden. Die einzige Möglichkeit, ihn seines Amtes zu entheben, ist die Präsidentenanklage vor dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 61 GG.

Präsidentenanklage

Hauptartikel: Präsidentenanklage

Die Präsidentenanklage kann gemäß Art. 61 GG auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des Bundestages oder des Bundesrates durch Beschluss mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit von Bundestag oder Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht eingereicht werden. Nach Erhebung der Anklage kann das Bundesverfassungsgericht per Einstweiliger Anordnung erklären, dass der Präsident an der Ausübung seines Amtes verhindert ist. Kommt es im Verfahren dann zu dem Schluss, der Bundespräsident habe vorsätzlich gegen das Grundgesetz oder gegen ein Bundesgesetz verstoßen, kann es ihn des Amtes entheben.

Das Instrument der Präsidentenanklage wurde in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bisher noch nie angewandt.

Wahl des Bundespräsidenten

Unvereinbarkeiten (Inkompatibilität)

Nach Art. 55 GG darf der Bundespräsident weder der Regierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören. Er darf ferner kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch dem Aufsichtsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.

Nach § 22 Europawahlgesetz verliert ein Abgeordneter die Mitgliedschaft im Europäischen Parlament bei Annahme der Wahl zum Bundespräsidenten.

Kandidatenauswahl

Zum Bundespräsidenten kann gemäß Art. 54 Abs. 1 GG gewählt werden, wer deutscher Staatsangehöriger ist, das Wahlrecht zum Bundestag besitzt und mindestens 40 Jahre alt ist. Der bisher jüngste Bundespräsident, Christian Wulff, war bei seiner Wahl 51 Jahre alt. Vorschlagsberechtigt ist jedes Mitglied der Bundesversammlung, dem Vorschlag ist eine schriftliche Zustimmungserklärung des Vorgeschlagenen beizufügen (§ 9 Abs. 1 BPräsWahlG).[11]

Die Kandidatenauswahl im Vorfeld der Wahl ist stark von der absehbaren parteipolitischen Stimmverteilung in der Bundesversammlung und parteitaktischen Überlegungen geprägt. Je nach Ausgangslage versuchen die Parteien, in einem innerparteilichen Prozess einen Kandidaten zu finden, für den sie sich in der Bundesversammlung entsprechende Zustimmungen erhoffen.

Die Dominanz solcher Überlegungen und Absprachen bei der Kandidatenauswahl führten zu Diskussionen, die Verfassung zu ändern und eine Direktwahl des Bundespräsidenten durch das Volk zu ermöglichen. Befürworter argumentieren, eine Direktwahl durch das Volk würde das gesamte Wahlverfahren transparenter machen und Entscheidungen wieder aus politischen Hinterzimmern in das Licht der Öffentlichkeit bringen. Gegner einer Direktwahl meinen, dass eine Direktwahl den Prinzipien einer repräsentativen Demokratie zuwider laufen würde und außerdem das Amt des Präsidenten zu wenig Machtbefugnisse habe, um für eine Direktwahl in Frage zu kommen.

Bundesversammlung und Ablauf der Wahl

Hauptartikel: Bundesversammlung (Deutschland) und Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung

Die Zusammensetzung der Bundesversammlung spiegelt das föderative System der Bundesrepublik Deutschland wider: Sie besteht aus den Mitgliedern des Bundestages und ebenso vielen von den 16 Landesparlamenten gewählten Wahlmännern und -frauen. Üblicherweise handelt es sich dabei um Mitglieder der Landesparlamente und Landesregierungen, um Mitglieder der Bundesregierung, sofern sie kein eigenes Bundestagsmandat haben, und um Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie Schauspieler, Sportler, Künstler oder Vertreter von Spitzenverbänden. Die Wahlmänner und -frauen sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden, weshalb es immer wieder zu parteipolitisch überraschenden Wahlergebnissen kommt.[12]

Der Bundespräsident wird von der Bundesversammlung ohne Aussprache und geheim gewählt. Bei der Wahl muss ein Kandidat die (absolute) Mehrheit der Mitglieder auf sich vereinen. Erst wenn dies in zwei Wahlgängen keinem Kandidaten gelingt, reicht in einem dritten Wahlgang die relative Mehrheit aus (was bisher erst dreimal der Fall war, 1969, 1994 und 2010). Die Wahl erfolgt auf fünf Jahre; eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Staatsrechtler sind überwiegend der Meinung, dass die Formulierung „Anschließende Wiederwahl ist nur einmal zulässig“ im Art. 54 des Grundgesetzes mehr als zwei Amtszeiten einer Person gestattet, sofern nicht mehr als zwei Amtszeiten unmittelbar aneinander anschließen.

Vereidigung

In einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat wird der neue Bundespräsident bei Amtsantritt vom Bundestagspräsidenten vereidigt. Der Eid lautet nach Art. 56 GG: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“ Die religiöse Beteuerung kann auch weggelassen werden. Der Eid muss auch als solcher geleistet werden; eine eidesgleiche Bekräftigung – wie sie im Strafgesetzbuch für Personen vorgesehen ist, die aus religiösen Gründen keinen Eid leisten möchten – ist nicht zulässig. Diese Verpflichtung wird als verfassungsmäßig angesehen, da die Übernahme des Amtes des Bundespräsidenten freiwillig sei und der Eid in der Verfassung selbst vorgesehen ist.

Wird ein Bundespräsident für eine zweite Amtszeit gewählt, erfolgt für diese üblicherweise keine neuerliche Vereidigung. Dies wurde bei allen bisherigen wiedergewählten Bundespräsidenten so gehandhabt.[13]

Ende der Amtszeit

Der Bundespräsident wird traditionell mit einem Großen Zapfenstreich aus seinem Amt verabschiedet. Bisher lehnte dies nur Gustav Heinemann ab.

Die Amtszeit endet vorzeitig, wenn der Bundespräsident

  • stirbt,
  • zurücktritt (Demissionserklärung Heinrich Lübkes vom 14. Oktober 1968 zum Ablauf des 30. Juni 1969,[14] Rücktritt von Horst Köhler am 31. Mai 2010 mit sofortiger Wirkung[15]),
  • seine Wählbarkeit verliert, indem er
  • nach Art. 61 GG seines Amtes enthoben wird (siehe oben).

In diesem Fall tritt die Bundesversammlung nach Art. 54 Abs. 4 Satz 1 GG spätestens 30 Tage nach der Erledigung des Amtes zusammen und wählt einen Bundespräsidenten, dessen Amtszeit unmittelbar nach der Annahme der Wahl beginnt. Bis zur Neuwahl übt der Präsident des Bundesrates die Befugnisse des Bundespräsidenten aus.

Im Verteidigungsfall kann sich die Amtszeit des Bundespräsidenten nach Art. 115h GG verlängern. Die Amtszeit des Bundespräsidenten oder die Wahrnehmung der Befugnisse durch den Präsidenten des Bundesrates im Vertretungsfall enden in diesem Falle neun Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles.

Einkommen

Der Bundespräsident erhält Amtsbezüge in Höhe von 10/9 des Amtsgehalts des Bundeskanzlers. Sie sind im Bundeshaushalt 2010 mit 199.000 Euro ausgewiesen zuzüglich 78.000 Euro Aufwandsgeld (Aufwandsentschädigung), aus dem auch die Löhne des Hauspersonals für die freie, voll eingerichtete Amtswohnung des Bundespräsidenten zu zahlen sind.[16]

Nach dem Ausscheiden aus dem Amt werden die Amtsbezüge mit Ausnahme der Aufwandsgelder auf Lebenszeit als Ehrensold weitergezahlt.[17] Der Altpräsident behält weiterhin ein Büro/Sekretariat im Bundespräsidialamt.

Amtssitz und Hoheitszeichen

Schloss Bellevue
Villa Hammerschmidt

Erster Amtssitz des Bundespräsidenten ist das Schloss Bellevue in Berlin, zweiter Amtssitz die Villa Hammerschmidt in Bonn. Das 1998 eingeweihte Bundespräsidialamt – wegen seiner Form auch „Präsidentenei“ genannt – befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Schloss Bellevue. Die Standarte des Bundespräsidenten ist ein rotgerändertes, goldfarbenes Quadrat, in dem sich der Bundesadler, schwebend, nach der Stange gewendet, befindet. Das Verhältnis der Breite des roten Randes zur Höhe der Standarte ist wie 1:12.[18] Wenn der Bundespräsident in Berlin verweilt oder abwesend ist, ohne am Aufenthaltsort eine offizielle Residenz (etwa bei einem Staatsbesuch) einzurichten, ist das Stander am Schloss Bellevue gesetzt, andernfalls nicht. Der Bundespräsident trägt als Amtsinsignie die höchste Klasse des Bundesverdienstkreuzes, die Sonderstufe des Großkreuzes.

Nach der Gründung der Bundesrepublik gab es zunächst nur den Amtssitz in Bonn; 1956 wurde das Schloss Bellevue zum zweiten Amtssitz erklärt.[19] Bevor der erste Bundespräsident Theodor Heuss Ende 1950 die Villa Hammerschmidt bezog, war 1949/50 die spätere sowjetische Botschaft auf der Bad Godesberger Viktorshöhe der Amtssitz.[20]

Dienstwagen

Ein Dienstwagen des Bundespräsidenten

Der Dienstwagen des Bundespräsidenten ist eine gepanzerte Limousine aus der Oberklasse eines in der Regel deutschen Herstellers. Er hat das bundespräsidiale amtliche Sonderkennzeichen0 – 1“. Im offiziellen Einsatz wird die Standarte des Bundespräsidenten am rechten Kotflügel gesetzt. Der Wagen wird stets von einem Beamten des Bundeskriminalamts (Personenschützer) mit Sonderqualifizierung im Führen von besonders schweren Fahrzeugen unter besonderen Bedingungen gesteuert.

Vom Bundespräsidenten verliehene und anerkannte Ehrenzeichen

Neben dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verleiht der Bundespräsident folgende Ehrenzeichen: das Silberne Lorbeerblatt für herausragende sportliche Leistungen, die Silbermedaille für den Behindertensport, das Grubenwehr-Ehrenzeichen für besondere Verdienste um das Grubenrettungswesen, die Zelter-Plakette aus Anlass des 100-jährigen Bestehens einer Chorvereinigung, die Pro-Musica-Plakette aus Anlass des 100-jährigen Bestehens einer Musikvereinigung, die Eichendorff-Plakette aus Anlass des 100-jährigen Bestehens von Wander- und Gebirgsvereinen, die Sportplakette aus Anlass des 100-jährigen Bestehens von Sportvereinen.

Außerdem gibt es eine Reihe von Ehrenzeichen staatlicher Stellen und nichtstaatlicher Organisationen, die vom Bundespräsidenten offiziell anerkannt sind, nämlich der Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste, das Ehrenzeichen des Deutschen Roten Kreuzes, das Deutsche Feuerwehr Ehrenkreuz, die Medaille für Rettung aus Seenot der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, das Ehrenzeichen der Deutschen Verkehrswacht, das Ehrenzeichen des Johanniterordens, die Goethe-Medaille, das Ehrenzeichen des Technischen Hilfswerks, das Ehrenzeichen der Bundeswehr, die Einsatzmedaille der Bundeswehr, die Einsatzmedaille Fluthilfe 2002, das Deutsche Sportabzeichen, das Deutsche Rettungsschwimmabzeichen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft und das Rettungsschwimmabzeichen des Deutschen Roten Kreuzes.

Die bisherigen Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland

Ein Briefmarkenblock der Deutschen Bundespost von 1982 zeigt alle bisherigen Bundespräsidenten. →Personen, die zu Lebzeiten auf einer Briefmarke der Bundesrepublik Deutschland abgebildet wurden
Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland
Nr. Name (Lebensdaten) Partei Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit Wahl(en)
1 Theodor Heuss (1884–1963) FDP 12. September 1949 1 12. September 1959 1949/1954
2 Heinrich Lübke (1894–1972) CDU 13. September 1959 30. Juni 1969 1959/1964
3 Gustav Heinemann (1899–1976) SPD 1. Juli 1969 30. Juni 1974 1969
4 Walter Scheel (* 1919) FDP 1. Juli 1974 30. Juni 1979 1974
5 Karl Carstens (1914–1992) CDU 1. Juli 1979 30. Juni 1984 1979
6 Richard von Weizsäcker (* 1920) CDU 1. Juli 1984 30. Juni 1994 1984/1989
7 Roman Herzog (* 1934) CDU 1. Juli 1994 30. Juni 1999 1994
8 Johannes Rau (1931–2006) SPD 1. Juli 1999 30. Juni 2004 1999
9 Horst Köhler (* 1943) CDU 1. Juli 2004 31. Mai 2010 2 2004/2009
10 Christian Wulff (* 1959) CDU 30. Juni 2010[3] 2010

Anmerkungen:

1 Art. 136 Abs. 2 GG bestimmt: „Bis zur Wahl des ersten Bundespräsidenten werden dessen Befugnisse von dem Präsidenten des Bundesrates ausgeübt. Das Recht der Auflösung des Bundestages steht ihm nicht zu.“ Der Bundesrat war erstmalig am 7. September 1949 zusammengetreten und hatte dabei Karl Arnold (CDU) zu seinem Präsidenten gewählt.
2 Vom Rücktritt Horst Köhlers am 31. Mai 2010 bis zum Amtsantritt Christian Wulffs am 30. Juni 2010 nahm der Präsident des Bundesrates, Jens Böhrnsen (SPD), nach Art. 57 GG die Befugnisse des Bundespräsidenten wahr.
Theodor Heuss

Theodor Heuss (1949–1959)

Theodor Heuss prägte als erster Bundespräsident dieses Amt in ähnlicher Weise wie Konrad Adenauer das Amt des Bundeskanzlers. Der Liberale, der schon in der Weimarer Republik Mitglied des Reichstages gewesen war, übte sein Amt weitestgehend überparteilich aus und konnte durch seinen demokratischen und kulturellen Hintergrund auch im Ausland Vertrauen in das neue demokratische Westdeutschland zurückgewinnen. Auch seine intellektuellen Reden zu aktuellen Streitfragen ließen ihn zum Vorbild für seine Nachfolger werden.

Eine dritte Amtszeit, zu der eine Grundgesetzänderung nötig gewesen wäre, lehnte er ab, da er die Schaffung einer „lex Heuss“ vermeiden wollte.

Heinrich Lübke (1959–1969)

Heinrich Lübke

Die Nominierung Heinrich Lübkes zur Wahl des Bundespräsidenten wurde notwendig, da der ursprünglich geplante Kandidat Konrad Adenauer sich zurückzog. Lübke versuchte als Bundespräsident aktiv die Politik mitzugestalten. Zum Teil scheiterte er dabei (er wollte sich, wie auch Heuss, eine Ministerliste vorlegen lassen). Wiederholt unterzeichnete er Gesetze nicht, wenn sie gegen das Grundgesetz verstießen.

Von seiner Präsidentschaft blieben viele rhetorische Fehlgriffe in Erinnerung, die auch auf Auslandsreisen zu fragwürdigen Situationen führten. Später wurde bekannt, dass seine stark nachlassende intellektuelle Leistungsfähigkeit durch eine fortgeschrittene Zerebralsklerose verursacht wurde. Wegen der anhaltenden Kritik auch an seiner angeblichen Tätigkeit im Dritten Reich trat er drei Monate vor dem Ende seiner zweiten Amtszeit zurück.

Gustav Heinemann (1969–1974)

Gustav Heinemann

Gustav Heinemann, zwar nicht mit absoluter Mehrheit der Bundesversammlung ins Amt gewählt, wurde dennoch als parteiübergreifender und neutraler Bundespräsident von allen gewürdigt. Seine Wahl kann auch politisch gesehen werden, da sie die später im Jahr 1969 gebildete sozialliberale Koalition widerspiegelte. Seine tiefen moralischen Überzeugungen, die ihn 1950 aus Protest gegen die Wiederbewaffnung zum Rücktritt als Bundesinnenminister und zum Austritt aus der CDU geführt hatten, prägten auch seine Amtszeit als oberster Vertreter der Bundesrepublik Deutschland. Er selber betrachtete sich als einen „Bürgerpräsident“ und betonte die demokratischen und liberalen Traditionen Deutschlands.

Obwohl ihm die Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung 1974 eine Wiederwahl ermöglicht hätten, verzichtete er auf die Kandidatur für eine zweite Amtszeit.

Walter Scheel (1974–1979)

Walter Scheel

Der erste ehemalige stellvertretende Bundeskanzler im Amt des Bundespräsidenten versuchte auch in seinem neuen Amt politisch mitzuwirken. Dieses Ansinnen scheiterte jedoch auch am entschiedenen Widerstand von Bundeskanzler Helmut Schmidt, so dass Walter Scheel vor allem als singender Bundespräsident in Erinnerung geblieben ist. Scheels bekannte Interpretation des Volksliedes Hoch auf dem gelben Wagen entstand allerdings vor seiner Präsidentenzeit.[21]

Angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung stellte sich Scheel nicht erneut der Wahl und schied nach einer Amtszeit am 30. Juni 1979 aus dem Amt des Bundespräsidenten.

Karl Carstens (1979–1984)

Karl Carstens

Karl Carstens war der fünfte Bundespräsident der Bundesrepublik. Seine staatsrechtlich bedeutsamste Entscheidung war die Auflösung des Bundestages nach der absichtlich verlorenen Vertrauensfrage Helmut Kohls 1982/1983. Gegen diese Anordnung des Bundespräsidenten hatten einige Abgeordnete geklagt, das Bundesverfassungsgericht bestätigte in einem umstrittenen Urteil allerdings Carstens’ Entscheidung.[22]

Ähnlich wie Scheel der breiten Bevölkerung als singender Präsident in Erinnerung geblieben war, ist Carstens durch seine Vorliebe für Wanderungen bekannt geworden, auf denen er die gesamte Bundesrepublik „erwandert“ hat.

Richard von Weizsäcker (1984–1994)

Richard von Weizsäcker

Richard von Weizsäcker ging als einer der bedeutendsten Bundespräsidenten in die Geschichte ein. Schon seine Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 1985 brachte ihm großen internationalen Respekt, aber auch Kritik aus konservativen Kreisen ein, da er die Interpretation des 8. Mai vom „Tag der Niederlage“ hin zum „Tag der Befreiung“ verschob.

Kein anderer Präsident agierte mehr gemäß der Maxime der Überparteilichkeit als von Weizsäcker. Seine teils scharfe Kritik am Parteienstaat kann aber auch mit einer persönlichen Distanz zu Bundeskanzler Kohl erklärt werden.

Bei seiner Wiederwahl 1989 gab es zum ersten Mal in der bundesdeutschen Geschichte keinen Gegenkandidaten.

Roman Herzog (1994–1999)

Roman Herzog

Der bis zu seiner Wahl als Präsident des Bundesverfassungsgerichts amtierende Roman Herzog wird besonders als Präsident der Ruck-Rede in Berlin 1997 wahrgenommen. Diese Rede war ein Beispiel seiner Kritik an der politischen Situation in Deutschland. Er begründete damit die Idee der Berliner Rede, die von Bundespräsident Rau fortgeführt wurde. Herzogs Amtszeit war geprägt durch seine Anprangerung von Versäumnissen der Politik in Anbetracht der wirtschaftlichen Situation. Auch ein anderes wichtiges Werk von Herzog begann 1997, als er den Deutschen Zukunftspreis ins Leben rief.

Angesichts der Tatsache, erst im dritten Wahlgang gewählt worden zu sein, und veränderter Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung verzichtete Herzog auf die Kandidatur für eine zweite Amtszeit.

Johannes Rau (1999–2004)

Johannes Rau

Johannes Rau führte die Berliner Reden fort und hielt sie jedes Jahr erneut. Er sprach in ihr Themen wie die Integration von Ausländern und die Auswirkungen von Gentechnologie, Ökonomismus und Globalisierung an.[23] Er vermied jedoch im Wesentlichen Angriffe auf handelnde Politiker. Seinen – durchaus nicht nur abwertend gemeinten – Spitznamen „Bruder Johannes“ hatte er jedoch schon wesentlich früher wegen seiner öffentlich gelebten Religiosität erhalten. Andere fanden sein Lebensmotto „Versöhnen statt Spalten“, an das er sich auch während seiner Amtszeit zu halten versuchte, für den Inhaber des Bundespräsidentenamtes ideal.

Johannes Rau hielt als erster Bundespräsident eine Rede auf Deutsch vor dem israelischen Parlament, der Knesset.

Horst Köhler (2004–2010)

Horst Köhler

Horst Köhler war der erste Bundespräsident, der vorher kein innenpolitisches Mandat innehatte. Manche trauten ihm deshalb größere Unabhängigkeit und Distanz zu. Allerdings war er von 1990 bis 1993 Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Mitglied der Trilateralen Kommission und Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) und bis zu seiner Wahl zum Bundespräsidenten war er Geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF). Auch mischte er sich öffentlich in die Tagespolitik ein. Er bezeichnete die Agenda 2010 als „noch zu wenig weit reichend“ und sprach sich 2004 gegen die von Bundeskanzler Schröder vorgeschlagene Verlegung des Tages der Deutschen Einheit aus. Während der Finanzkrise bezeichnete er in einem Interview im Mai 2008 die internationalen Finanzmärkte als „Monster“.[24]

In seiner Antrittsrede am 1. Juli 2004[25] sagte Köhler, „dass Deutschland als Land der Ideen vor allem ein Land für Kinder“ werden müsse. Lob, aber noch mehr Kritik zog er sich im September 2004 durch die Aufforderung in einem Interview des Focus zu, unterschiedliche Lebensverhältnisse in den neuen und alten Bundesländern zu akzeptieren und Flexibilität zu zeigen.[26]

Köhlers staatsrechtlich bedeutsamste Entscheidung war die Auflösung des Deutschen Bundestages im Jahr 2005, nachdem Bundeskanzler Gerhard Schröder mit dem Ziel von Neuwahlen im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt hatte. Dagegen klagten, wie im Jahre 1983, Abgeordnete beim Bundesverfassungsgericht, allerdings auch dieses Mal erfolglos.[27] Kritik an seinem Amtsverständnis trug es Köhler ein, dass er zwei im Oktober und Dezember 2006 verabschiedeten Gesetzen, die er für verfassungswidrig hielt, die Ausfertigung verweigerte.

Am 23. Mai 2009 wurde Köhler von der 13. Bundesversammlung für eine zweite Amtszeit im ersten Wahlgang wiedergewählt. Nach Kritik an einer Äußerung Köhlers in einem Interview, dass „im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege“,[28] erklärte Köhler am 31. Mai 2010 in einer einberufenen Pressekonferenz seinen Rücktritt mit sofortiger Wirkung.[29] Die Neuwahl des Bundespräsidenten wurde für den 30. Juni 2010 angesetzt.[30]

Christian Wulff (seit 2010)

Christian Wulff

Christian Wulff wurde am 30. Juni 2010, im dritten Wahlgang, zum Nachfolger Horst Köhlers gewählt. Da das Amt zum Zeitpunkt der Annahme der Wahl vakant war, trat Wulff das Amt unmittelbar mit Annahme der Wahl an.[3] Wulff war bei seinem Amtsantritt 51 Jahre alt und damit der jüngste Bundespräsident seit Bestehen der Bundesrepublik.

Ehefrauen der Bundespräsidenten

Nr. Ehefrau Bundespräsident
1 Elly Heuss-Knapp Theodor Heuss
2 Wilhelmine Lübke Heinrich Lübke
3 Hilda Heinemann Gustav Heinemann
4 Mildred Scheel Walter Scheel
5 Veronica Carstens Karl Carstens
6 Marianne von Weizsäcker Richard von Weizsäcker
7 Christiane Herzog Roman Herzog
8 Christina Rau Johannes Rau
9 Eva Luise Köhler Horst Köhler
10 Bettina Wulff Christian Wulff

Die Ehefrauen der Bundespräsidenten genießen auch ohne formelles Amt ein besonderes gesellschaftliches Ansehen. Sie engagieren sich karitativ und übernehmen traditionell die Schirmherrschaft über das von Elly Heuss-Knapp begründete Müttergenesungswerk. Mildred Scheel setzte sich zudem für die von ihr gegründete Deutsche Krebshilfe ein, Christiane Herzog für die Mukoviszidose-Stiftung, Eva Luise Köhler u. a. für die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen, Hilda Heinemann für geistig Behinderte, Marianne von Weizsäcker für Suchtkranke, Veronica Carstens für Naturheilkunde und Christina Rau für die Kindernothilfe.[31]

Oft sieht das Staatszeremoniell vor, dass der Präsident zu besonderen Anlässen mit seiner Gattin auftritt. Von dieser wird politische Neutralität und Zurückhaltung erwartet. Bislang gingen die meisten Ehefrauen der Bundespräsidenten zum Zeitpunkt ihrer Wahl und danach keinem Beruf nach. Veronica Carstens führte ihre Arztpraxis über 1979 hinaus fort. Bettina Wulff gab 2010 nach der Wahl Christian Wulffs zum Bundespräsidenten ihre Tätigkeit in der gewerblichen Wirtschaft auf.[32]

Literatur

  • Klaus Stern: Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd II. Staatsorgane, Staatsfunktionen, Finanz- und Haushaltsverfassung, Notstandsverfassung. C.H. Beck, München 1980, ISBN 978-3-406-07018-1.
  • Eberhard Jäckel, Horst Möller, Hermann Rudolph (Hrsg.): Von Heuss bis Herzog – die Bundespräsidenten im politischen System der Bundesrepublik. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1999. ISBN 3-421-05221-2
  • Robert Chr. van Ooyen: Der Bundespräsident als „Integrationsfigur“? In: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart. Bd. 57, Mohr Siebeck, Tübingen 2009, S. 235–254.
  • Günther Scholz: Die Bundespräsidenten: Biographien eines Amtes. Bouvier, Bonn 1997, ISBN 3-416-02573-3.
  • Daniel Lenski: Von Heuss bis Carstens. Das Amtsverständnis der ersten fünf Bundespräsidenten unter besonderer Berücksichtigung ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen, Edition Kirchhof & Franke, Berlin 2009, ISBN 978-3-933816-41-2 (Rezension).

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Bundespräsident (Deutschland) – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Bundespräsident – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Manfred G. Schmidt, Das politische System der Bundesrepublik Deutschland, C.H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-50871-5, S. 68 ff.; Politik Info – Bundespräsident, abgerufen am 21. Mai 2011.
  2. Information des Bundespräsidialamtes über das Wirken des Bundespräsidenten im Ausland.
  3. a b c „Das Amt des Bundespräsidenten beginnt mit dem Ablauf der Amtszeit seines Vorgängers, jedoch nicht vor Eingang der Annahmeerklärung beim Präsidenten des Bundestages.“ (§ 10 BPräsWahlG). Da die Amtszeit des Vorgängers bereits mit seinem sofortigen Rücktritt beendet war, beginnt Wulffs Amtszeit sofort mit Annahme der Wahl (Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages: Aktueller Begriff. Die 14. Bundesversammlung am 30. Juni 2010.; Zitat: „Die Amtszeit des neuen Staatsoberhaupts beginnt mit dem Eingang der Annahmeerklärung beim Präsidenten des Bundestages und dauert fünf Jahre.“). Die nach Art. 56 GG geforderte Eidesleistung markiert nicht den Zeitpunkt des Amtsantrittes. Dazu auch Maunz/Dürig, Grundgesetz, 56. Ergänzungslieferung 2009, Rn 2 zu Art. 56 GG: „Eidesleistung und Amtsantritt stehen nach Art. 56 Satz 1 zwar in einem nahen zeitlichen Zusammenhang, bedingen einander aber nicht. Von Verfassungs wegen ist sowohl der Fall denkbar, dass der neugewählte Bundespräsident noch vor seiner Vereidigung amtlich tätig wird (weil seine Amtszeit bereits begonnen hat), als auch der Fall, dass die Leistung des Eides noch vor dem Beginn der Amtszeit erfolgt (also noch während der Amtszeit des Vorgängers). Doch stehen dem zuletzt genannten Ablauf der Ereignisse zumindest Gesichtspunkte des politischen Taktes gegenüber dem Vorgänger im Wege. […] In keinem Falle aber trifft Art. 56 selbst irgendeine Bestimmung über den Beginn der Amtszeit des Bundespräsidenten.“
  4. „Bundespräsident Horst Köhler fertigt Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung nicht aus“ – Pressemitteilung des Bundespräsidenten vom 24. Oktober 2006
  5. „Bundespräsident Horst Köhler fertigt Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation nicht aus“ – Pressemitteilung des Bundespräsidenten vom 8. Dezember 2006
  6. Briefwechsel 1991
  7. BVerfGE 81, 298
  8. Der Parlamentarische Rat 1948–1949, Bd. 13: Ausschuß für Organisation des Bundes / Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, bearb. v. Edgar Büttner und Michael Wettengel, Oldenbourg, München, S. LXVII.
  9. Rede vom 8. Mai 1985
  10. Berliner Rede von Roman Herzog, vom 26. April 1997 – „Ruck-Rede“
  11. Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung (BPräsWahlG) (PDF; 11,1 kB)
  12. Etwa bei der Wahl von Horst Köhler 2004.
  13. rp-online.de: Köhler wird nicht erneut vereidigt
  14. Rücktritt als Präsident: Als Lübke den Köhler machte, Welt Online vom 31. Mai 2010.
  15. Erklärung von Bundespräsident Horst Köhler vom 31. Mai 2010 im Internet Archive. Abgerufen am 21. November 2011.
  16. www.bundesfinanzministerium.de: Der Bundeskanzler erhält nach § 11 des Bundesministergesetzes ein Amtsgehalt nebst Ortzuschlag in Höhe von 5/3 der Sätze der Besoldungsgruppe B 11, bei der das Grundgehalt seit 1. Januar 2009 monatlich 11026,40 Euro beträgt.
  17. Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten
  18. Anordnung über die deutschen Flaggen, 7. Juni 1950.
  19. Hans-Peter Schwarz: Konrad Adenauer, S. 379. Zeitgleich wurde beschlossen, im wiederhergerichteten Reichstag regelmäßig Bundestagssitzungen stattfinden zu lassen. Damit sollte demonstriert werden, dass man die deutsche Frage (Wiedervereinigung) und die Hauptstadtfrage für offen hielt.
  20. Weg der Demokratie
  21. Er sang es als Bundesaußenminister am 6. Dezember 1973 in der ZDF-Show Drei mal Neun zugunsten wohltätiger Zwecke.
  22. Das Bundesverfassungsgericht befand, der Bundespräsident dürfe seiner eigenen Beurteilung der politischen Gegebenheiten nicht den Vorrang vor der Einschätzung des Bundeskanzlers geben, wenn letzterer zu der Überzeugung gelangt sei, seine politischen Gestaltungsmöglichkeiten seien bei den gegebenen politischen Kräfteverhältnissen erschöpft. Der Bundespräsident habe „die Einschätzungskompetenz und Beurteilungskompetenz des Bundeskanzlers […] zu beachten, wenn nicht eine andere, die Auflösung verwehrende Einschätzung der politischen Lage der Einschätzung des Bundeskanzlers eindeutig vorzuziehen ist.“ (BVerfG, Urteil vom 16. Februar 1983 – 2 BvE 1, 2, 3, 4/83 –, BVerfGE 62, S. 1 ff., Leitsatz 8.2, Absatz-Nr. 139) – Allerdings sei die Voraussetzung für die Auflösung des Bundestages das Vorhandensein „einer echten Krise“. Somit war das Vorgehen der Bundesregierung Kohl zumindest problematisch.
  23. Berliner Rede von Bundespräsident Johannes Rau am 12. Mai 2004
  24. Köhler: „Finanzmärkte sind Monster geworden“, Tagesspiegel
  25. http://www.kas.de/wf/doc/kas_5028-544-1-30.pdf
  26. Köhler-Äußerung: Wahlkampf mit der Gleichheit, stern.de
  27. Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts
  28. Bundeswehr in Afghanistan: Köhler entfacht neue Kriegsdebatte, Spiegel Online
  29. Überraschung in Berlin: Bundespräsident Köhler tritt zurück, Spiegel Online
  30. Pressemitteilung des Deutschen Bundestages, abgerufen am 2. Juni 2010
  31. Die Varianten für Schloss Bellevue Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. Juni 2010.
  32. Lächeln für Deutschland Spiegel Online vom 13. Juli 2010

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